Ruotsalainen, Paavo - Warum werden nicht alle Erweckten selig?
Von einem Finnen.
Gedruckt bei Nygren und Johansson, 1847.
Hier folgt eine kurze Ansprache an den geehrten Bauernstand: Was ist die Ursache dafür, daß nicht alle vom Herrn Erweckten selig werden? Diese Ursachen sind nun schon vorher beschrieben und gedruckt worden; aber ihr seid ein hartherziges Volk, ihr meine Mitbrüder! Ihr habt noch nicht die Liebe zur Wahrheit angenommen, wie es in der Bibel geschrieben steht.
Jetzt habe ich in großer Schwachheit in dieser kleinen Schrift zu erkennen gegeben eure, der Bauern, Sorglosigkeit und listige Ränke. Die Betrügereien der Bauern versteht kein anderer besser als ich, der ich der Listigste von allen bin. Aus diesem Grunde schrieb ich einige Zeilen im Namen des Herrn, damit ihr euch nicht verirrt.
Und nun inzwischen, der Herr sei Richter und Zeuge: Wenn diese wenigen Zeilen unrecht geschrieben sind, so bezeugt, daß es unrecht ist und verzeiht meine Beschuldigung; wenn es aber wahr ist, so tut schnelle Besserung, ehe Gott in seinen gerechten Gerichten euch unter das Gericht der Verhärtung schlägt!
Nun, leb wohl, geliebte Gemeinde, in der Fürsorge des Herrn, der am Kreuze ausrief: „Jetzt ist alles vollbracht!“ Was ist vollbracht? Der allergrößte Sünder, der zu dem Heiland kommt, der am Kreuze hing, soll volle Vergebung für seine Sünden haben. Mit diesen Worten, unser geringer Stand, leb wohl!
Ich komme zu dir, du Bauernstand mit einer kurzen Frage: Was ist die Ursache dafür, daß nicht alle Erweckten selig werden? Ich glaube aber wohl, daß die Hauptursache dafür darin liegt, daß sie — obwohl sie gerade erweckt sind —, nicht sofort durch die enge Pforte gegangen sind, die gleich am Anfang des Weges zum Leben liegt.
Jetzt folgt sogleich wieder die nächste Frage: Warum sind sie nicht durch die enge Pforte gekommen, obwohl sie vom Herrn erweckt sind? Die Ursache dafür ist folgende: Dieses Volk ist ein halsstarriges Volk. Es geht ihm so wie dem Volk zur Zeit des Mose, das gegen Gottes Verbot begann, ins Land Kanaan zu ziehen, ohne die Führung des Herrn. Der Bauernstand hat zur Zeit die gleiche Gesinnung.
Jetzt bleibt noch die Frage: Wie mag das wohl unter ihnen zugehen? Es geht dort auf folgende Weise zu: Wenn sie erweckt sind von der Finsternis zum Licht, nämlich zur Erkenntnis ihrer Sünden, so sind sie demütig und bußfertig, so wie Bunyan von ihnen folgendermaßen schreibt: „Wenn die Flammen der Hölle ihnen um die Ohren schlagen, dann sind sie bußfertig.“
Nun ist die nochmalige Frage: Was ist die Ursache dafür, daß es so geht, obwohl sie von Gott erweckt sind? Die Hauptsache liegt darin: Wenn das Gericht des Gesetzes im Gewissen nachläßt, so nehmen sie an — wie es ein jeder gerade braucht —, auf dem Lebensweg der Gerechtigkeit zu sein, der jetzt ihrem eingebildeten Glauben folgen sollte. Aber da nun die Gerechtigkeit des Lebens keinen Fortschritt zeigt nach der Erleuchtung des Gewissens, so fällt ein Teil dieser Menschen in knechtische Furcht, die wiederum Unglauben gebiert. Ein anderer Teil dieser Menschen, die eine weisere Vernunft haben, sind betrübt unter Anfechtungen und Bestrafungen, aber während ihres täglichen Lebens sind sie dennoch leichtsinnig und sicher. Fragst du: Warum sind sie so? Darum, weil sie nicht durch die enge Pforte hineingekommen sind, die am Anfang des Lebensweges liegt, von der Bunyan viel berichtet und von der auch Christus selbst sagt: „Viele suchen hineinzukommen durch die enge Pforte und werden es nicht können.“
Die Ursache dazu liegt in dem vorher Genannten, daß sie vorzeitig von der Sorge der Buße zu heiligen Übungen übergehen; und ein Teil mit Gesang, andere mit Gebeten und ähnlichen Mitteln ersticken diese Sorgen nach Gottes Sinn, obwohl sie ihren Taufbund gebrochen haben. Und durch diese Mittel geht nun bei ihnen die rechte Sündenerkenntnis verloren, die Gott in ihnen zu wirken begann.
Nun, es gibt doch jetzt in Finnland erweckte Pfarrer: Können diese sie nicht zum Rechten führen? Nein, die können sie keineswegs zum Rechten führen; denn sie betrügen die Pfarrer und kommen zum Pfarrer wie das Volk, das bereits die Rechtfertigung erlangt hat. Diese fordern vom Pfarrer freudeweckende Seelennahrung.
Der erweckte Pfarrer wiederum ist von Herzen mitleidig. Er bietet sich an, sie aus ihrer knechtischen Betrübnis mit der Milch des Evangeliums zu nähren und zu heilen; was aber nicht auf die Dauer ausreicht. Aus welchem Grunde nicht? Darum, weil sie nicht durch die enge Pforte auf den Weg des Lebens gekommen sind.
Jetzt kommt wieder eine neue Frage: Welches ist die enge Pforte, von der die Schrift so viel spricht?
Ist dieses nicht die enge Pforte: Weil der Sünder Gottes Zorn auf sich ruhen sieht und er ein Übertreter des Taufbundes ist, sollte er darum nicht hier gern vor dem Herrn stehenbleiben unter allen Bestrafungen, die sich im Gewissen vollziehen, stillestehen vor dem Herrn so lange, bis er inwendig erfahren darf, daß er die fühlbare Gnade rühmen kann?
Nun, warum geben die erweckten Pfarrer ihnen nicht diesen Rat? Die Ursache dazu liegt darin, daß die philosophischen Lehren sie daran hindern. Diese wissen selbst, wie eine große Mühe es kostet, sich auf dem Weg des Kreuzes zu erniedrigen, welches ja die Beschaffenheit des Reiches Christi so erfordert. Aber mein Ziel ist es nicht, zu Philosophen oder Gelehrten zu reden. Sie wissen am besten selbst, ob ihr Weg gerade oder krumm ist.
Aber jetzt ist hier schon wieder eine neue Frage: Haben diese denn gar keine Gnade mehr, die in die eben erwähnten Irrungen geraten sind? Hierauf muß geantwortet werden: Sie haben die große Gnade nach der eigenen Verheißung des Herrn, wenn sie sich von ganzem Herzen zum Herrn bekehren. So bezeugt es ja der Herr selbst: An welchem Tag der größte Sünder zu ihm kommt, soll seiner Übertretungen nicht mehr gedacht werden; so wie auch der Heiland selbst seine Güte erwies dem Schächer am Kreuz in letzter Stunde und dem verlorenen Sohn; alle wurden errettet als ein ermutigendes Beispiel.
Jetzt möchtest du gern die einfältige Ordnung zur Seligkeit wissen, du Bauernstand! Aber ich antworte dir in Kürze: Du mußt in dieser Zeit des großen Lichtes dir eine rechte Kenntnis von Gottes Wort zulegen, in welcher Ordnung Gott auch den allergrößten Sünder gerechtsprechen will. Du mußt erkennen lernen die Ursache der Erlösung Christi; obwohl die Pfarrer viel Aufhebens von dieser Erlösung machen, so sagen sie doch nur selten den rechten Anfang davon für den einfältigen Bauernstand. Nun, wenn wir uns eine rechte Kenntnis davon verschaffen wollen, dann müssen wir uns zur Geschichte der Heiligen Schrift wenden, wo das Wort lautet: „Welches Tages du von der Frucht des verbotenen Baumes issest, wirst du des Todes sterben.“ Nun, wie ging es? Der Mensch brach das Gebot und fürchtete nicht den berechtigten Zorn Gottes.
Nun, du willst jetzt wiederum von Gott wissen, da geschrieben steht: Er ist barmherzig, konnte er nicht in diesem Zusammenhang Adams Übertretung verzeihen? Nein, das konnte er auf keine Weise, ohne seine eigene Heiligkeit aufzuheben. Aber jetzt erbarmte sich der Herr über Adam, er gab die Verheißung von Christus, der vor dem gerechten Gott Adams Verbrechen bezahlte.
Jetzt bleibt noch die Frage: Wie ist denn dieser Christus? Das, lieber Freund, hast du doch schon gewußt von deiner Kindheit an und vom Konfirmandenunterricht. Der allmächtige Gott ließ einen Teil seines Geistes als Mensch geboren werden, der leiden und sterben sollte.
Da taucht jetzt die Frage auf: Warum konnte nicht auch ein heiliger Mensch dieses ausrichten? Die Schuld war zu groß, als das ein bloßer Mensch deren Bezahlung vollbringen konnte, was du ja aus dem Katechismus weißt. Hierin liegt nun die Ursache, warum unsere Gerechtigkeit vor dem Herrn nichts taugt. Da ein bloßer Mensch nicht dazu taugte, Adams Schuld zu bezahlen, so taugt noch viel weniger unsere Gerechtigkeit zu irgend etwas, es sei denn zur Wiedergeburt. Aber diese Kunst siehst du gering an, obwohl die Pfarrer so viel davon predigen und poltern.
Nun, möchtest du wiederum gern wissen wollen, was die neue Geburt ist. Der erste Schritt zur neuen Geburt ist folgendermaßen: Sobald du in deinem Gewissen in größerem oder geringerem Maße spürst, ich kann nicht glückselig werden in diesem Zustand, so wisse, daß dieses Gottes Ruf ist! So gib auch dem Ruf die Ehre! Aber auf welche Weise kannst du ihm Ehre geben, wenn du doch geistlich tot bist? Hier folgt ein kurzer Rat: Stell' Gottes Allwissenheit vor die Augen deines Verstandes! Du kennst ihn nicht, aber er kennt dich. Und wenn du nicht beten kannst, wie das Wort es fordert, so sehne dich danach, daß der Herr in Gnaden dich ansehen möge! Wackle hierbei nicht hierin und dorthin, wenn du keine Antwort bekommst! Halte so lange vor dem Herrn aus mit deinem Sehnen, bis du innerlich erfahren kannst: „Jetzt wage ich es, Christus innerlich als meinen Helfer anzueignen, auch wenn ich ein noch so großer Sünder bin.“
Das ist nun das, was in der Heiligen Schrift als Kindschaft bezeichnet wird. Und wenn der Herr es dann für gut befinden sollte, dich länger im „Trauerhaus“ bleiben zu lassen, so ist das für dich heilsam und nützlich, damit du schon am Anfang dein Verderben gründlich kennenlernst, wovon der Heiland schon sagt, gerade in bezug auf diese Trübsale: „Selig sind die Trauernden, selig sind die geistlich Armen.“
Aber warum bist du trotzdem so ungeduldig? Wenn du nicht nach deinem Sinn Trost und Erquickung bekommst, so fällst du schnell in sklavische Furcht, die dann in dir Unglauben erzeugt. Und in diesem Zustand läufst du, um Hilfe bei Menschen zu suchen und nicht in aller Einfalt beim Erlöser, obwohl du schon von Anfang an den einfältigen Weg kennengelernt hast.
Doch wie kann es zugehen, daß du Hilfe bei Menschen suchst? Das geschieht auf diese Weise: Du zählst den Gelehrten auf alle Gewissensübertretungen und betrüglichen Ränke in der Absicht, daß du auf diese Weise Seelenruhe und Frieden bekommen würdest. Aber diese brauchen nur dem allwissenden Erlöser und nicht den Menschen aufgezählt zu werden.
Aber ihr habt entgegen Gottes Warnung euer betrügerisches Herz zu einem Abgott für euch selber gemacht. Wie geht das zu? Das geht auf diese Weise zu: Wenn von euren Herzen gute Gedanken aufsteigen sollten, da setzt ihr euer Vertrauen auf den Heiland. Aber wenn daraus böse Gedanken aufkommen, weil das Herz die Wohnung alles Bösen ist, so versteckt ihr euch in diesem Zustand vor dem Herrn wie Adam im Paradiese. In diesem Zustand sucht ihr mehr Hilfe von Menschen als von Gott, wie eben gesagt.
Nun, gewiß raten euch auch die Gelehrten, zu Christus zu gehen. Aber warum hilft dieser Rat euch nicht? Der Rat hilft nicht, und der Grund dafür ist dieser: Wenn du dir Sorgen machst, im Sinne Gottes, zum Unglauben, so erquickt das dich keineswegs, auch wenn Hunderte von Erlösern sich mit dir verloben würden. Lies die Schriften der Apostel, in welchen folgendes geschrieben steht: „Daß ihr betrübt seid nach Gottes Sinn, welche Sorge hat das in euch hervorgerufen!“ Und solange du ungeduldig bist über die göttliche Sorge, so bist du gehorsam deinem eigenen betrüglichen Herzen, das allezeit nur aus dir heraus Furcht vor Gott und vollen Unglauben gebiert.
Jetzt wende ich mich, liebe Freunde, in großer Schwachheit an euch. Ich bin von all diesen Versuchungen auch geplagt, die ich euch hier Vorhalte, aber ich habe mich nicht als Sklave unter diese Versuchungen begeben. Ich habe auf das Beispiel der alten Heiligen gesetzt, die der Herr züchtigen mußte bis zum Sterben des Fleisches, die sich im Glauben an Gott gerühmt haben: „Wenn auch der Herr töten sollte“; das ist ihr Zeugnis.
Ich gönne euch Besseres, meine Freunde, daß ihr solltet lieber öffentlich zu der Welt übergehen, nachdem ihr nicht mit dem Weg des Kreuzes zufrieden seid. Und dieses, liebe Freunde, diese wenigen Zeilen habe ich nicht auf irgendeine Weise euch zur Verärgerung schreiben wollen, sondern um euch eure angeborene Trägheit zu zeigen, wie wenig ihr geistliche Bücher lieben wollt, aus denen für uns alle der einfältige Weg vorgeschrieben ist, so wie in den Schriften des verstorbenen Fresenius sich alles findet, was ein Christ braucht.
Und jetzt sage ich zum Schluß zu euch: „Demütigt euch unter die allmächtige Hand Gottes, daß er euch auch erhöhe zu seiner Zeit“, wie er versprochen hat. Lebt nun wohl, liebe Mitbrüder, im Namen des Herrn, der euch erweckt hat!