Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen – Der 79. Psalm.
1. Ein Psalm Assaphs. HErr, es sind Heiden in dein Erbe gefallen, die haben deinen heiligen Tempel verunreinigt, und aus Jerusalem Steinhaufen gemacht. 2. Sie haben die Leichname deiner Knechte den Vögeln unter dem Himmel zu fressen gegeben, und das Fleisch deiner Heiligen den Tieren im Lande. 3. Sie haben Blut vergossen um Jerusalem her, wie Wasser; und war Niemand, der begrub. 4. Wir sind unseren Nachbarn eine Schmach geworden, ein Spott und Hohn denen, die um uns sind. 5. HErr, wie lange willst du so gar zürnen, und deinen Eifer wie Feuer brennen lassen? 6. Schütte deinen Grimm auf die Heiden, die dich nicht kennen, und auf die Königreiche, die deinen Namen nicht anrufen. 7. Denn sie haben Jakob aufgefressen, und seine Häuser verwüstet. 8. Gedenke nicht unserer vorigen Missetat; erbarme dich unserer bald, denn wird sind sehr dünne geworden. 9. Hilf du uns, GOtt, unser Helfer, um deines Namens Ehre willen; errette uns, und vergib uns unsere Sünde, um deines Namens willen. 10. Warum lässt du die Heiden sagen: Wo ist nun ihr GOtt? Lass unter den Heiden vor unseren Augen kund werden die Rache des Bluts deiner Knechte, das vergossen ist. 11. Lass vor dich kommen das Seufzen der Gefangenen; nach deinem großen Arm behalte die Kinder des Todes. 12. Und vergilt unseren Nachbarn siebenfältig in ihren Busen ihre Schmach, damit sie dich, HErr, geschmäht haben. 13. Wir aber, dein Volk und Schafe deiner Weide, danken dir ewig, und verkündigen deinen Ruhm für und für.
Der 79. Psalm heißt 1) in seiner Überschrift: Ein Psalm Assaphs, darin nämlich Assaph nicht seine Zeiten, sondern in einem prophetischen Geist die kümmerlichen Zeiten bei Zerstörung des Tempels zu Jerusalem und der babylonischen Gefangenschaft, auch den nachmaligen Jammerstand zu den Zeiten der Maccabäer beschrieben, und also in diesem zuvor geschriebenen Geduld und Trost-Wort, den Samen zum Glauben, Beten und Ausharren, auch in solchen Umständen zuvor bereitet hat, welcher dann auch wirklich zu der Zeit der Not seine Kraft und Trieb zu Früchten der Geduld bewiesen hat. Man sehe, wie ausdrücklich auf 2) eine klägliche sich der 16. 17. Vers im 1. Buch der Maccab. 7. diesen Psalm bezieht. Es enthält aber der Psalm Vorstellung von des Volks Jammerstand, V. 14. 3) Eine bewegliche Bitte um göttliche Gnade, teils zur Erlassung der Schuld und Strafe, V. 58., teils um wirkliche Hilfe durch Rache an den Feinden, V. 9-12. 4) Ein dankbares Gelübde, V. 13. Auch uns ist es auf unsere und nächstkünftige Zeiten vorausgesagt, dass Babel noch werde trunken werden von Zions Blut. Die elende Beschaffenheit unserer Kirche verkündigt uns selbst, dass uns nichts als Gerichte bevorstehen, und dass dem Guten nicht anders werde Raum gemacht werden können. Wie sollten wir uns also in Erkenntnis des Namens GOttes und in der Freudigkeit, Ihm denselben vorzuhalten, bewahren. Wie sollten wir uns aber auch durch Ungewöhnung, mit Wenigem zufrieden zu sein; durch Betrachtung der Exempel anderer Leiden, die vor uns und neben uns über unsere Brüder in der Welt ergangen sind, durch gemeinschaftliche Aufmunterung untereinander waffnen, damit uns nicht der Feind als Liebhaber unsers eigenen Lebens zu Schanden mache, oder wir nicht zur vergeblichen Selbsthilfe greifen, sondern durch die Verheißungen GOttes uns im Glauben und Geduld stärken, wie es den Heiligen aufgegeben ist.