Rieger, Carl Heinrich - Über die zwölf kleinen Propheten - Der Prophet Micha

Rieger, Carl Heinrich - Über die zwölf kleinen Propheten - Der Prophet Micha

Sein Geschlecht und die Zeit, darin er gelebt, unterscheidet ihn von dem andern bekannten Propheten Micha, der zu den Zeiten Ahabs und Josaphats gelebt hat, und von seiner Prophezeiung wegen Ahabs Untergang besonders berühmt ist. 1. Buch d. Könige 22, 5. ff. Nach Anzeige der Zeit V. 1. hat er sein Prophetenamt zu gleicher Zeit geführt, als in Juda der Prophet Jesaja, und in Israel der Prophet Hosea lebten und weissagten. Mit Jesaja besonders hat er viel gemein. Es ist je und je die Weise GOttes, Seiner Knechte zwei zu senden, und auch dadurch ihr gemeinschaftliches Zeugnis zu bestärken, auch unter mancherlei Leiden und Anfechtung einen durch den Andern aufzurichten. Es liegt deswegen auch viel daran, wie man sich gegen seine Zeitgenossen verhält. Der Engel zu Pergamon hatte es bei dem HErrn JEsu in gutem Angedenken stehen, wie er sich gegen Antipas, den treuen Zeugen verhalten. Offenb. 2, 13. Hingegen wird es den Schriftgelehrten und Pharisäern zu großer Heuchelei angerechnet, dass sie die vorigen Propheten und Gerechten hintennach lobten, aber die zu ihrer Zeit zu ihnen Gesendeten so wenig erkannten. Matth. 23, 2934. Auch der künftig noch zu erwartenden Zeugen werden zwei sein. Offenb. 11, 3. Micha hat den durch ihn selbst angedrohten Untergang des Israelitischen Reichs noch in seinen Tagen erlebt, da er in die Zeiten Hiskiä hineingereicht; Israel aber gleich im sechsten Jahr der Regierung Hiskiä gefangen weggeführt wurde. Bis aufs letzte hinaus zeigt GOtt eben, dass Er keinen Gefallen habe am Tod des Sünders, sondern vor Einbruch solcher Gerichte noch einmal durch Sein Wort zu retten suche, was zu retten ist. Er lehrt uns aber auch, dass man den Reichtum Seines Worts, die Menge begabter Knechte GOttes, den Ernst, womit sie das Werk des HErrn treiben, nicht in Sicherheit ziehen, noch sich deswegen ferne vom bösen Tag achten solle; sondern wenn es oft diesen Umständen nach dem Pflanzen und Bauen gleich sieht; so ist es doch oft nahe beim Umgehauen werden, wie beim Baum, der noch dies Jahr auf hoffende Frucht stehen blieb.

Aus dieser Beschaffenheit der Zeit ist auch der Inhalt und Zweck solcher Weissagungen am leichtesten zu erkennen, nämlich die damals herrschenden Sünden des Volks, auch ihrer Fürsten und Priester zu bestrafen, die Gerichte GOttes deswegen anzukündigen, aber immer auch die Verheißungen von Christo mit anzubringen, und damit zur Buße zu rufen, besonders aber die Gläubigen aufzurichten, dass sie sich in dem gemeinen Unfall gründlich trösten, und am geduldigen Warten auf das Reich GOttes und Christi halten könnten; ja wenn Manche auch erst unter ihrer Sündenstraße aus dem Schlaf aufwachten, sie durch ein solches Wort zu ihrem Bundes - GOtt gewiesen würden, und an der Verheißung Desselben nicht verzagten.

Außer dem, was hierin manche Propheten GOttes mit einander gemein haben könnten, verlieh GOtt auch durch einen. Jeden etwas Besonderes, wie z. E. Micha den Ort der Geburt Christi zu verkündigen bekam; mit welcher eigenen Gabe sie sich aber freilich an das, was GOtt durch Andere bescherte, gehörig anschlossen. Dass seine Weissagung noch zu seinen Lebzeiten nicht ohne Ehrerbietung aufgenommen worden, sieht man daraus, dass man sich unter dem Jüdischen Volk noch geraume Zeit hernach darauf bezogen hat, Jerem. 26, 18., und wie man es in folgenden Zeiten genutzt, sieht man aus Matth. 2, 51. ff. Die Absätze sind meist so deutlich, dass man ihrer bei der Einteilung des Propheten nicht leicht verfehlen kann.

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autoren/r/rieger_k/12_kleine_propheten/micha/start.txt · Zuletzt geändert: von aj
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