Melanchthon, Philipp - Von der Gewalt der Schlüssel
Originaltitel: Etliche sprüche herrn Philipps Melanchthons/ vom gewalt der schlüsseln.
- Eben als der tzepter bedeut das Königreich odder Königliche gewalt/ also bedeut der Schlüssel/ durch verblümte rede den gewalt des Haus-Regiments. Denn wir sehen/ das man durch die vberreichung der schlüssel den leuten das haus Regiment befilt.
- Als nemlich/ das das Euangelion leret ein ewige gerechtigkeit vnd frumigkeit des hertzens/ vnd das ewige leben. Aber jnn des/ wider das haus Regiment noch das welt Regiment vmbstösset.
- Es ist auch nicht genug das man solchs wisse/ sondern man mus aus wissen/ das das Haus Regiment/ LAndt vnd Stadt Regiment/ Obrigkeit/ Gesetze/ Gerichte/ peinliche rechtferdigung/ Kriege/ Ritterschafft/ Vntherschied der eigenthumb/ handlung/ vertrage vnd der gleichen weltliche ordnung/ alles rechtschaffene Göttliche ordnung sint.
- Vnd solche ehrerbietung bringt guten fried jnn welt Regimenten.
- Vnd solche ordnung komen nicht allein also von Gott/ als das er sie allein zuliesse/ wie man denn plegt zu sagen/ das Gott vbel zulasse.
- Denn wiewol es ordnung sint/ durch menschliche vernunfft gestalt/ dennoch vermöcht die menschliche vernunfft den fried im welt Regiment keins weges zu erhalten/ bey solchem schwinden/ rasen/ toben vnd wüten des Teuffels/ wo Gott nicht durch sein sonderlich werck die Comun/ Landt vnd leut erhielte/ Vnd wo Gott nicht erlicher Regenten gemüt/ vnd sinn regiert solche ding vnd gesetz zu erfinden/ damit man den fried erhelt vnd fasset.
- Derhalben sagt der weise König Salomon im zwenzigsten Capitel seiner sprüche/ das das auge siehet/ vnd das ohre höret/ das machet Gott/ Das ist/ das die Fürsten vnd ander Obrigkeit klug vnd weise sint/ vnd das dir vnterthanen gehorsam sint/ das machet alles Gott/ vnd ist Gottes werck.
- Vnd S. Augustinus sagt recht/ das Gott die menschlike Rechte durch die Keyser vnd weltliche Fürsten austeilt dem menschlichen geschlecht.
- Darumb sint die welt Regiment vnd Politzey recht vnd warhafftichlich Gottes werck/ Eben wie die abteilung der zeit/ der sonnen lauff/ die fruchtbarigkeit des erdtrichs. Es hat auch nicht allein diese ordnung geschaffen/ sondern erheldt sie auch ewiglich. Letztlich so hat er sie auch mit seinem lieben wort bestetigt/ da er spricht im lxxxij Psalm. ICh hab gesagt/ Jr seit Gottes/ das ist/ das jr regiert vnd herschet/ das geschicht durch meine gewalt vnd vorordnung/ vnd jr verwaltet mein Ampt.
- Derhalben sint weltliche Ordnung jnn Regimenten gute Creaturen vnd gescheffte Gottes.
- In dem so hat Xenophon löblich vnd weislicih gesagt/ das eben wie die vnuernunfftige thie/ können nicht anders denn durch obere natur regiert werden/ Als nemlich durch die menschliche natur. Also mögen die menschen nicht anders denn durch Gott selbs regiert werden.
- Das natürlich Recht ist warhafftiglich das Göttlich Recht/ durch Göttlich verordnung jnn der menschen hertzen und gemüt geschrieben. Vnd der Römisch Keiser sagt recht/ das die natürliche Recht durch Göttliche versehung verordent vnd auffgericht sint.
- Die beschriebene Recht werden dieser gestalt angenomen vnd gebillicht/ wenn sie nicht wider natürlich Recht sint.
- Das ist eine gottlose vnd auffrürische meinung/ wenn mans dafur haltet/ das ein Christenmensch nicht thüre etwas eigens haben/ Odder das ein Gottes dienst odder die Christliche volkomenheit darinn stehe/ wenn einer haus vnd hoff vnd andere seine güter verlasse.
- Das ist ein jrthumb/ wenn mans dafür helt/ das Christus MAtthei am fünfften wider die Rach ein rath/ vnd nicht ein gebott gegeben habe. Denn es hat Christus daselbst gewislich selbweldige Rache allen denen verboten, die nicht im Regiment sitzen.
- Das Gott gesagt im fünfften buch Mosi am xxxii. Capitel. Die rach ist mein/ Ich wil vergelten/ bedeut vnd zeigt an/ das die Rach ein solch werck sey/ das Gottes ehre zugehöre.
- Derhalben wenn ein Obrigkeit Rach vbet/ so vbet sie ein frebdes/ vnd nicht ein eigenes werck.
- Denn die Obrigkeit ist schuldig aus pflicht/ Gottes gebott das vbel zu rechen. Denn also sagt S. Paul zun Römern ma dreyzehenden Capitel. Die Obrigkeit ist Gottes dienerin/ ein Racherin zur straff/ vber den der böses thut.
- Allen andern menschen die nicht im Regiment vnd Obrigkeit sitzen/ ist Rach zu vben verbotten/ durch Gottes gebott selbs. Derhalben mus man von noth wegen die wort Christi also verstehen/ damit sie ye nicht dahin gebogen werden/ das man die Obrigkeit wolt abstossen vnd abthun. Denn Christus hat an bemelten ort nicht wöllen weltliche Regiment ordnung vmbstossen/ sondern ein ytzlichen wöllen leren/ wie er mit reinigkeit seines hertzen gegen Gott stehen sol.
- Denn eben wie man lieset/ das die Risen sich haben vntherstanden den himel zu bekriegen/ vber ziehen vnd stürmen/ Also kriegen die München mit der gantzen Natur/ die der meinung sint/ das die Christliche volkomenheit darinn stehe/ das ein mensch haus vnd hoff/ weib vnd kindt/ vnd andere zeitliche güter verlest/ Vnd heben jr Closter leben vber das haus vnd statwesen/ dienst vnd Ampt/ die doch Gottes gebott/ befehl vnd Word fur sich haben. Desgleichen auch die Widderteuffer thun/ die es dafur achten/ das man nicht könne mit Gott im Regiment sitzen/ kriegen/ gericht halten/ eyde schweren.
- Aber eben als ein Christen mensch mag sich dieses liechts vnd dieser lufft/ vnd anderer Gottes Creaturn gebrauchen/ Also mag er gebrauchen der welt ordnung/ Denn die welt ordnung sint eben so wol Gottes Creaturn als das liecht/ lufft/ vnd anders mer.
- Derhalben mag ein Christen mensch wol ein Fürst/ Amptmann oder ander Regent sein/ gericht halten/ eyde schweren/ vor gericht handeln/ beklagen vnd verantworten/ kriegen/ vnd sich sonst/ auch anderer stat vnd welt ordnung/ gesetz vnd rechte gebrauchen/ So wol als er an einem ort/ dieser an einem andern anderer raumme der Tage gebrauchet/ Denn wir Christen sint nicht wie die Juden auff ein gewisse bestempte weise vnd form des welt Regiments gebunden/ denn das Euangelium setzt kein eusserlich welt Regiment wie das gesetzt thut/ sondern verordnet die ewige gerechtigkeit des hertzen.
- Die leut irren und sint vnrecht/ die es dafur achten/ das der Obrigkeit gebot nicht mehr denn ein zeitliche pen vnd straff haben.
- Denn S. Paul zun Römern am xiij. gebeut der Obrigkeit gehorsam zu sein/ nicht allein von wegen der zeitlichen pen vnd straff/ sondern auch vmb der gewissen willen. Derwegen auch Gott alle die bedrawet mit ewiger pene zu straffen/ die wider der Obrigkeit gebott handeln.
- Der Römer Drusus hat recht vnd weislich geredt/ das das Regiment ein heilig ding sey. Darumb sollen alle die durch das Regiment vnd Obrigkeit gestraffetwerden/ die wider die Obrigkeit handeln.
Gedruckt zu Magdeburg bei Michael Lotther.