Luther, Martin - Vorrede auf den Propheten Habacuc.
Dieser Habacuc ist ein Trostprophet, der das Volk soll stärken und aufhalten, daß sie nicht verzweifeln an Christus Zukunft, es stelle sich, wie seltsam es wolle. Darumb braucht er alle Kunst und Stücke, die dazu dienen, daß der Glaube fest bleibe in ihrem Herzen, von dem verheißen Christo, und predigt also:
Es sei wohl wahr, daß umb ihrer Sünde willen das Land vom Könige zu Babel werde müssen verstöret werden; aber doch solle darumb Christus und sein Reich nicht außen bleiben, sondern es solle auch der Verstörer, der König zu Babel, nicht viel Glücks davon haben, und auch untergehen. Denn es sei Gottes Werk und Art also, daß er helfe, wenn es noth thut, und komme mitten in der rechten Zeit, und wie sein Lied singet: Er gedenkt an Barmherzigkeit, wenn Trübsal da ist. Und wie man spricht: Wenn der Strick am härtesten hält, so bricht er.
Gleichwie wir auch müssen die Christen mit Gottes Wort aufhalten, zum jüngsten Tage, obs wohl scheinet, daß Christus fast verziehe, und wolle nicht kommen, als er auch selbs sagt, daß er kommen werde, wenn mans am wenigsten denkt, wenn sie bauen, pflanzen, kaufen, verkaufen, essen, trinken, freien und heirathen werden rc., auf daß doch etliche, so nicht alle, können im Glauben erhalten werden. Denn hie ist Glaubens und Predigens noth, wie man wohl täglich für Augen siehet.
Aus dem Allen siehet man wohl, daß dieser Habacuc sei gewesen vor der babylonischen Gefängniß, vielleicht umb die Zeit JEremia, und auch leicht zu verstehen ist, was er will und meinet.
Daß aber etliche Bücher von dem Habacuc melden, er habe dem Propheten Daniel zu Babylon Essen gebracht ins Gefängniß aus dem jüdischen Lande, hat weder Grund noch Schein. So triffts auch nicht wohl zu mit der Rechnunge der Zeit, sintemal, so viel die Weissagung Habacuc gibt, so ist er älter denn Jeremias, welcher hat erlebt die Verstörung Jerusalems; aber Habacuc weissagt davon. Daniel aber war nach Jeremia, und lebt lang, ehe er in das Gefängniß ward geworfen.
Habacuc aber hat einen rechten Namen zu seinem Ampt; denn Habacuc heißt auf Deutsch ein Herzer, oder der sich mit eim Andern herzet und in die Arm nimpt. Er thut auch also mit seiner Weissagung, daß er sein Volk herzet und in die Arm nimpt, das ist: Er tröstet sie, und hält sie auf, wie man ein arm weinen Kinde oder Mensch herzet, daß es schweigen und zufrieden sein solle, weil es, ob Gott will, soll besser werden.