Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken - Januar

Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken - Januar

Am 1. Januar

Der Herr ist nahe. Sorget nicht. (Phil. 4, 5.)

Wenn kein Gott wäre, so möchtest du dich billig vor den Bösen fürchten; aber nun ist nicht allein ein Gott, sondern Er ist nahe; Er wird dein nicht vergessen, noch dich verlassen; sei du nur gelinde allen Menschen, und laß Ihn für dich sorgen, wie Er dich ernähre und schütze. Hat Er dir Christum gegeben, das ewige Gut, wie sollte Er dir nicht auch geben des Bauches Nothdurft? Er hat noch viel mehr denn man dir nehmen kann: Du hast auch schon mehr denn aller Welt Gut, weil du Christum hast; davon sagt Ps. 55, 23: wirf dein Anliegen vor den Herrn, so wird Er dich versorgen. Und 1 Petr. 1, 7: werfet alle Sorge auf Ihn, denn Er sorget für euch. Und Christus, Matth. 6, 25: Sehet an die Lilien auf dem Felde, und die Vögel des Himmels. Das ist alles so viel gesaget: Der Herr ist nahe; drum folget: Sorget nicht. - Nicht eine Sorge habet für euch, lasset Ihn sorgen, Er kann sorgen, den ihr nun erkannt habt. - Heiden sorgen, die nicht wissen, daß sie einen Gott haben; wie Christus auch saget (Matth. 6, 31, 32): Sorget nicht für eure Seele, was ihr essen oder trinken sollt, noch für euren Leib, was ihr anthun sollt. Nach solchem allen trachten die Heiden; aber euer Vater im Himmel weiß, daß ihr solches bedürft. Darum laß nehmen und Unrecht thun die ganze Welt, du wirst gnug haben und nicht Hungers sterben oder erfrieren, man habe dann dir deinen Gott genommen, der für dich sorget. Wer will dir aber Den nehmen, wo du Ihn dir nicht selbst fahren lassest? Darum haben wir keine Ursache zu sorgen, weil wir Den zum Vater und Schaffner haben, der alle Dinge in seiner Hand hat, auch die, so uns was nehmen und beschädigen, mit alle ihrem Gut; sondern wir sollen immer fröhlich auf Ihn sehen und allen Menschen gelinde sein, als die gewiß sind, daß wir gnug haben werden an Leib und Seele, und allermeist, daß wir einen gnädigen Gott haben; welchen, so nicht haben, die müssen wohl sorgen. Unsere Sorge soll sein, daß wir ja nicht sorgen und nur Gott fröhlich und den Menschen gelinde sein; davon sagt auch der 37te Ps. V. 25: Ich bin jung gewesen und alt geworden, und habe nicht gesehen den Gerechten verlassen und seine Rinder nach Brodt gehen. Und Ps. 40,18: Der Herr sorget für mich.

Am 2. Januar.

Die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Gebet. (1 Petr. 3, 12.)

Diesen Vers schreibe in dein Herz mit festem Glauben, und siehe, ob er dir nicht Friede und Gutes schaffen wird. Kannst du das glauben, daß Gott droben sitze und nicht schlafe, oder anderswo hinsehe und dein vergessen habe, sondern mit wackern, offenen Augen siehet auf die Gerechten, die da Gewalt und Unrecht leiden; was willst du denn klagen und Unmuths werden über Schaden oder Leid, so dir wiederfähret, so Er seine gnädigen Augen gegen dir wendet, und freilich auch gedenket, als der rechte Richter und Gott, dir zu helfen. Dieses Auge wollte ich um aller Welt Gut kaufen, ja solchen Glauben, so ich ihn haben könnte; denn es fehlet gewißlich nicht an seinem Ansehen, sondern an unserem Glauben. Zu dem spricht Er: stehen auch seine Ohren offen auf das Gebet des Gerechten. Wie Er dich ansiehet mit gnädigen, lachenden Augen, so höret Er auch mit leisen, offenen Ohren dein Klagen, Seufzen und Bitten; und höret's nur gerne und mit Wohlgefallen, daß es sobald, so du nur den Mund aufthust, erhöret und Ja ist. - Wiederum spricht Er auch hierum auf den anderen Haufen, daß der Herr mit seinem Angesicht stehet auf die, die da Böses thun. Er hat ja seine Augen auf die Frommen; aber dennoch siehet Er auch hierum auf den anderen Haufen mit seinem Angesichte. Das ist nicht ein freundlicher Anblick oder gnädig Gesicht, sondern ein sauer, zornig Ansehen, darob sich die Stirn runzelt, die Nase rümpfet und die Augen roth und glühend funkeln, wie ein zorniger Mensch thut. Denn das heißt die Schrift, das Angesicht des Herrn, so Er zürnet; wie wiederum die Augen das fröhliche, freundliche Ansehen. - Nun solch Angesicht Gottes, was thut es, und warum, oder wozu stehet Er auf die, so Böses thun? Freilich nicht, daß Er sie erhöre oder helfe, und Segen oder Glück gebe zu ihrem bösen Thun; sondern dazu spricht Er weiter, daß Er ihr Gedächtniß ausrotte von der Erde. Das ist ein greulicher, schrecklicher Spruch, dafür ein Herz wohl möchte als von einem Donnerschlag zur Erde sinken, wo nicht die Gottlosen mit so verstockten Herzen könnten Gottes Wort verachten.

Am 3. Januar.

Er machet fest die Riegel deiner Thore und segnet deine Kinder drinnen. (Ps. 147, 13.)

Feste will und kann Er machen, aber es sollen deine Riegel da sein und deine Thore, die Er fest machen könne; ohne deine Riegel machet Er nicht feste. Und siehet doch dabei, daß die Riegel an sich selbst nicht feste sind. Darum soll es beides da sein: Du sollst Riegel und Thore machen und haben, aber Er will sie feste machen. Du sollst sie nicht feste machen, so will Er nicht Riegel machen. So theile es nun recht. Schaffe du Riegel und Thore, und lasse Ihn sie feste machen. Arbeite du, und lasse Ihn Früchte bescheren. Regiere du, und lasse Ihn Glück dazu geben. Kriege du, und lasse Ihn den Sieg geben. Predige du, und laß Ihn die Herzen fromm machen. Nimm du, Mann oder Weib und laß Ihn Kinder zeugen. Iß und trink du, und laß Ihn dich nähren und starken, und so fort in allem unsern Thun soll Er es alles in und durch uns thun, und Er allein die Ehre davon haben!

Am 4. Januar.

Ein Vogel singt und ist fröhlich in dem, das er kann, und murret nicht, daß er nicht reden kann. Ein Hund springt fröhlich und ist zufrieden, ob er nicht vernünftig ist. Alle Thiere lassen ihnen begnügen und dienen Gott mit Lieb und Lob, ohne das schalkhaftige, eigennützige Auge des Menschen, das ist unsättig. Und, schickt sich doch nicht recht, daß es möchte voll werden, um seines Undanks und Hochmuths willen, daß es will obenan sitzen und der Beste sein, will nicht Gott ehren, sondern von Ihm geehret sein. Also lesen wir, daß zu Zeiten des Costnitzer Concilii zween Cardinäle, im Felde reitend, sahen einen Hirten stehen und weinen; und der eine Cardinal, ein gütiger Mann, wollte nicht fürüber reiten, sondern den Mann trösten und ritt zu ihm, fragte ihn, was ihm wäre, da der Hirte sehr weinete und lange nicht sagen wollte, daß sich der Cardinal bekümmerte. Zuletzt hebt er an und zeigt auf eine Kröte und sprach: „Das weine ich, daß mich Gott so eine feine Creatur geschaffen, nicht so ungestalt wie ein Wurm, und ich das nie erkennet, noch Ihm Dank und Lob gesagt.“ Der Cardinal schlug in sich und entsetzte sich vor dem Worte, daß er vom Gaul fiel, und man mußte ihn hineintragen, und schrie: O St. Augustin, wie wahr hast du gesagt: Die Ungelehrten stehen auf und nehmen den Himmel vor uns hin, und wir mit unserer Kunst wallen im Fleisch und Blut. Nun achte ich, der Hirte sei nicht reich, noch hübsch, noch mächtig gewesen, und hat dennoch Gottes Güte so tief betrachtet und bedenkt, daß er mehr in Ihm funden, denn er hat übersehen können.

Am 5. Januar.

Siehe, wie gar schlecht und einfältig die Dinge zugehen auf Erden, und doch so groß gehalten werden im Himmel. Maria, zu Nazareth gar Nichts geachtet und unter den geringsten Bürgerinnen der Stadt gehalten. Da wird Niemand gewahr des großen Wunders, das sie träget, sie schweiget auch stille, nimmt sichs nicht an, hält sich für die Geringste in der Stadt, sie machet sich auf mit ihrem Hausherrn Joseph, haben vielleicht keine Magd, noch Knecht, sondern er ist Herr und Knecht, sie Frau und Magd im Hause, haben also das Haus lassen stehen, oder Andern befohlen. Nur laß sein, sie haben einen Esel gehabt, darauf Maria gesessen sei, wiewohl das Evangelium Nichts davon saget und glaublich ist, sie sei zu Fuß gangen mit Joseph. Denk, wie sie unterwegen in Herbergen verachtet gewesen sei, die doch würdig war, daß man sie mit güldenen Wagen und aller Pracht geführet hätte. Wie Viel sind wohl der großen Herren Weiber und Töchter zu der Zeit gewesen in gutem Gemach und großem Ansehen, dieweil diese Gottes-Mutter mitten im Winter, zu Fuße, mit schwerem Leibe, über Feld reisete? Wie ungleich gehet es zu? Nun ists ja mehr, denn eine Tagereise gewesen, von Nazareth in Galiläa, bis gen Bethlehem im jüdischen Lande. Sie haben ja vor Jerusalem über, oder durchhin reisen müssen. Denn Bethlehem liegt von Jerusalem gegen den Mittag, Nazareth gegen Mitternacht. Da sie nun gen Bethlehem kommen, zeigt der Evangelist, wie sie die Allergeringsten und Verachtetsten sind gewesen, sie haben Jedermann müssen räumen, bis daß sie in einen Stall geweiset, mit dem Viehe eine gemeine Herberge, einen gemeinen Tisch, gemeine Kammer und Lager haben müssen annehmen; indeß mancher böser Mensch im Gasthaus oben angesessen, sich hat einen Herrn ehren lassen. Da merket, noch erkennet Niemand, was in dem Stalle Gott wirket, lasset die großen Häuser und köstlichen Gemach leer bleiben, lasset sie essen, trinken und guten Muth haben; aber dieser Trost und Schatz ist ihnen verborgen. O welch eine finstere Nacht ist über dem Bethlehem damals gewesen, die eines solchen Lichts nicht ist innen worden? Wie zeiget Gott an, daß Er so gar Nichts achte, was die Welt ist, hat und vermag; wiederum die Welt beweiset auch, wie gar sie Nichts erkennet, noch achtet, was Gott ist und wirket.

Am 6. Januar.

Meine Seele erhebt den Herrn.

Das Wort gehet daher aus großem Brunst und überschwänglicher Freude, darin sich ganz ihr Gemüth und Leben von inwendig im Geist erhebt. Darum spricht sie nicht: Ich erhebe Gott, sondern: Meine Seele; als sollte sie sagen: Es schwebt mein Leben und alle meine Sinne in Gottes Lieb, Lob und hohen Freuden, daß ich mein selbst nicht mächtig, mehr erhaben werde, denn mich selbst erhebe zu Gottes Lob. Wie denn geschieht allen denen, die mit göttlicher Süßigkeit und Geist durchgossen werden, daß sie mehr fühlen, denn sie sagen könnten. Denn es ist kein Menschenwerk, Gott mit Freuden loben. Es ist mehr ein fröhlich Leiden und allein ein Gotteswerk, das sich mit Worten nicht lehren, sondern nur durch eigene Erfahrung kennen laßt, wie David, Ps. 34, 9, sagt: Schmecket und sehet, wie süße ist Gott der Herr, selig ist der Mensch, der nun trauet. Erst setzt er das Schmecken, dann das Sehen, darum, daß sichs nicht erkennen laßt, ohne eigene Erfahrung und Fühlen, zu welcher doch Niemand kommt, er traue denn Gott mit ganzem Herzen, wenn er in der Tiefe und Noth ist. Darum setzt er betend darauf: Selig ist der Mensch, der Gott trauet; denn derselbe wird Gottes Werk in ihm erfahren, und also zu der empfindlichen Süßigkeit, dadurch zu allem Verstand und Erkenntniß kommen.

Am 7. Januar

Und mein Geist freuet sich in Gott, meinem Heilande.

Der Geist ist es, der die unbegreiflichen Dinge fähet durch den Glauben. Darum nennet sie auch Gott ihren Heiland, oder Seligkeit, das sie doch nicht sahe, noch empfand, sondern in fester Zuversicht trauet, Er wäre ihr Heiland und Seligkeit. Welchen Glauben sie aus dem Gottes Werk, in ihr geschehen, empfangen.

Und fürwahr, ordentlich fähet sie an, daß sie Gott ehe nennete ihren Herrn, denn ihren Heiland, und ehe ihren Heiland, denn sie seine Werke erzählete, damit sie uns lehret, wie wir sollen Gott blos und recht ordentlich lieben und loben, und ja nicht das Unsere an Ihm suchen.

Der liebet aber, und lobet blos und recht Gott, der ihn nur darum lobet, daß er gut ist, und nicht mehr, denn seine bloße Gütigkeit ansiehet, und nur in derselben seine Lust und Freude hat. Welches ist eine hohe, reine, zarte Weise zu lieben und loben, die wohl sich eignet, einem solchen hohen, zarten Geiste, als dieser Jungfrauen ist.

Die unreinen und verkehrten Liebhaber, welche nicht mehr, denn lauter Rießlinge sind, und das Ihre an Gott suchen, die lieben und loben nicht blos seine Gütigkeit, sondern sehen auf sich selbst, und achten nur, wie viel Gott über sie gut sei, das ist, wie viel er seine Güte empfindlich ihnen erzeige, und thue ihnen wohl, und halten viel von ihm, sind fröhlich, singen und loben ihn, so lange solch Empfinden wahret.

Wenn sich aber Gott verbirget und seiner Gutheit Glanze zu sich zeucht, daß sie blos und elend sind, so gehet auch Liebe und Lob zugleich aus, und mögen nicht die bloße, unempfindliche Güte, in Gott verborgen, lieben, noch loben, damit sie beweisen, daß nicht ihr Geist sich in Gott, dem Heilande, erfreut hat, ist nicht rechte Lieb und Lob der bloßen Güte da gewesen; sondern viel mehr haben sie Lust gehabt in dem Heil, denn im Heilande; mehr in denen Gaben, denn in dem Geber; mehr in den Creaturen, denn in Gott. Denn sie können nicht gleich bleiben im Haben und Mangeln, in Reichthum und Armuth, wie St. Paulus sagt, Phil. 4, 11. 12: Ich habs gelernt, daß ich kann übrig haben und Mangel haben. Von diesen sagt der 49ste Ps., V. 19: Sie loben dich, so lange du ihnen wohl thust. Als sollte er sagen: Sie meinen sich, und nicht dich; hatten sie nur Lust und Gut von dir, sie geben nichts auf dich, wie auch Christus, Joh. 6,26, sagt zu denen, die ihn suchten: Fürwahr sage ich euch, ihr suchet mich nicht darum, daß ihr Zeichen gesehen, sondern daß ihr gegessen und gesättiget seid. Solche unreine, falsche Geister beschmeißen alle Gottes Gaben, und hindern ihn, daß er ihnen nicht viel gibt, auch nicht seliglich mit ihnen wirken kann. Davon wollen wir ein fein Exempel hören:

Es hat einmal ein fromm Weib ein Gesichte gesehen, wie 3 Jungfrauen bei einem Altar saßen, und unter der Messe lief ein hübsch Knäblein von dem Altar und ging zu der ersten Jungfrauen, thät freundlich zu ihr, herzte sie, und lachte sie lieblich an. Darnach ging er zu der andern, und thät nicht so freundlich zu ihr, herzte sie auch nicht; doch hub er ihren Schleyer auf, und lächelte sie freundlich an. Der dritten aber that er kein freundlich Zeichen, schlug sie ins Angesicht, raufete sie und stieß sie, ging ganz unfreundlich mit ihr um, und lief schnell wieder auf den Altar und verschwand. Da ward demselben Weibe dies Gesicht ausgelegt, daß die erste Jungfrau bedeute die unreinen, genießsüchtigen Geister, welchen Gott muß viel Gutes und mehr ihren Willen, denn seinen thun, wollen Nichts mangeln, allezeit Trost und Lust an Gott haben. Die andere bedeutete die Geister, die angefangen, Gott zu dienen, und wohl etwas Mangel leiden, doch nicht ganz noch ohne eigen Genieß und Gesuche sind. Er muß ihnen zuweilen einen lieblichen Blick geben, und sie empfinden lassen seine Güte, daß sie damit lernen auch seine bloße Gütigkeit lieben und loben. Aber die dritte, das arme Aschenprödlein, hat Nichts, denn eitel Mangel und Ungemach, sucht keinen Genieß, laßt ihm begnügen, daß Gott gut ist, ob sie es auch nimmer mehr empfinden sollte, (das doch unmöglich ist,) bleibt gleich und einförmig auf beiden Seiten, liebet und lobet eben sowohl Gottes Gütigkeit, wenn sie nicht empfunden, als wenn sie empfunden wird; fället nicht auf die Güter, wenn sie da sind; fället auch nicht ab, wenn sie abe sind. Das ist die rechte Braut, die zu Christo spricht: Ich will nicht das Deine, ich will dich selber haben, bist mir nicht lieber, wenn mir wohl ist, auch nicht unlieber, wenn mir übel ist.

Am 8. Januar.

Deß, so Gott uns bescheeret, sollen wir brauchen, wie wenig es ist, und mit Danksagung annehmen und wissen, daß Christus solches auch segnen will, daß es soll wohl gedeihen und reichen, ja, auch unter Händen mehren; denn solches gefället Ihm, wo man seine Gaben erkennet und Ihm dafür danket, und gibt seinen Segen dazu, daß solches besser bekommet und weiter reichet, denn groß Reichthum und überflüssig Gut der Ungläubigen; wie auch die Schrift sagt, Ps. 37, 16: Es ist besser das wenige, das ein Gerechter hat, denn groß Gut vieler Gottlosen. Item, Sprüchw. 10, 22: Der Segen des Herrn machet reich, das ist, was von Gott gegeben und mit Glauben und gutem Gewissen empfangen wird. Und St. Paulus auch solches ausgeleget, 1 Tim. 6, 6: Es ist ein großer Gewinn, wer gottselig ist, und lasset ihm genügen u. s. w. Denn, was haben die, so viel groß Gut haben ohne Glauben und Christo, und was gewinnen sie? ohne daß sie Gottes und seines Segens sich berauben, sind Abgöttische, des Mammons Gefangene, so da ihr eigen Gut nicht dürfen angreifen und andere auch nicht brauchen lassen, oder ja nicht mit gutem Gewissen brauchen, daß sie des Bissens, so sie essen, nicht froh werden vor ihrem Geiz und bösen Gewissen, damit sie nur denken, immer mehr und mehr zusammen zu kratzen mit allerlei bösen Händeln und Tücken, und doch immer müssen in Gefahr und Sorgen sitzen, daß sie weder von Gott, noch den Leuten nicht Friede haben, müssen viel sehen und hören und erleben in ihrem großen Gut und an ihren eigenen Kindern und sonst, daß ihr Herz sich kränket; und also in eitel Stricke des Teufels und Schmerzen sich selbst geworfen haben, wie er daselbst auch sagt, daraus sie nicht kommen können.

Am 9. Januar.

Welchen die Welt nicht kann empfangen; denn sie siehet ihn nicht und kennet ihn nicht.

Das gehöret auch zur Tröstung der Christenheit. Denn wenn sie sich umsehen in die weite Welt, weil ihr unzählich viel sind, die unsere Lehre verachten, lästern und verfolgen, und nicht schlechte, geringe Leute, sondern allermeist die Hochverständigsten, Gelehrtesten, Gewaltigsten und auch die da wollen die Frömmsten und Heiligsten sein, das stößet ein schwachgläubig Herz vor den Kopf, daß es anfanget zu denken: Sollten denn so große Leute allzumal irren, und alles falsch und verdammt sein, was sie thun und sagen, setzen und schließen? Dawider stellet er hiermit das Urtheil dürr und Nur, daß wir deß sollen gewiß sein, daß es nicht anders gehet, noch gehen kann, und schleußt, daß sie es nicht können verstehen, noch zu warten oder zu hoffen sei, daß der große Haufe, welche sind die Größten, Edelsten, Besten und der rechte Kern der Welt, sollten die Wahrheiten haben.

Also siehet Christus in dieser Predigt immer beiseits auf die, so sein kleines Häuflein wollen erschrecken, blöde und verzagt machen, daß sie sollen zweifeln und denken: Solltest du allein weise, klug und heilig sein und so viel trefflicher Leute alle Nichts sein, noch wissen? Was soll ich allein, oder mit so wenigen machen und Verfolgung leiden und mich lassen von so viel hohen, trefflichen Leuten verdammen und dem Teufel geben? Wohlan, dazu (spricht er) mußt du gerüst sein und dich solches nicht lassen anfechten, sondern gewiß sein, daß du habest den Geist der Wahrheit, welches die andern, so dich verfolgen, nicht werth sein, ja ihn nicht können sehen, noch kennen, wenn sie noch viel gelehrter, weisere und höhere Leute waren, und daß dein Thun und Wesen soll gelten und recht sein und bleiben vor Gott und ihres dagegen verdammt sein. -

Am 10. Januar.

Doctor M. Luther sagete, daß kein Mensch auf Erden sei, der da vermöchte zu bezahlen die Unkosten, so unserm Herrn Gott täglich aufgehen, daß er nur die unnützen Vögel ernähret und speiset; und ich glaube es gänzlich, daß der König von Frankreich mit alle seinem Reichthum, Zinse und Renten, nicht vermöchte zu bezahlen, was allein auf die Sperlinge gehet; was soll ich denn von den andern Vögeln, als Raben, Dohlen, Krähen, Zeisig, Stieglitz, Finken und dergleichen Vögeln Speise sagen? So denn nun Gott die Vögel so reichlich und überflüssig ernähret, wer wollte denn von Menschen verzweifeln, daß Gott ihnen nicht Nahrung, Futter, Decke und alle Nothdurft geben sollte?

Am 11. Januar.

Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Weib, denn ihr seid allzumal Einer in Christo Jesu. (Gal. 3, 28.)

Das sind große und herrliche Worte. Vor der Welt und nach des Gesetzes Regiment ist ein großer Unterschied und Ungleichheit der Personen, welche man auch auf's allerfleißigste halten soll, denn wenn die Frau im Hause wollte Mann sein, der Sohn Vater, der Schüler Meister, der Knecht Herr, der Unterthan Obrigkeit, was wollte hieraus werden? Freilich ein wüst Gemenge, daß Niemand wüßte, wer Koch oder Kellner wäre. Aber weil Christi Reich nicht ein Reich des Gesetzes ist, sondern der Gnaden, so ist auch kein Unterschied der Personen darinnen, darum spricht St. Paulus: Sie sind allzumal Einer, denn da ist Ein Leib, Ein Geist, Einerlei Hoffnung, dazu wir alle berufen sind, Ein Evangelium, Ein Glaube, Eine Taufe, Ein Gott und Vater aller, Ein Christus, aller Herr. Den Christum, den St. Paulus und St. Petrus mit allen andern Heiligen gehabt haben, denselben habe auch ich, du und alle Gläubigen. Darum weiß ein christgläubig Gewissen gar nichts vom Gesetze, sondern sieht nur allein auf Christum, durch den es zu der unaussprechlichen Herrlichkeit kommt, daß es Gottes Kind ist. Derhalben auch St. Paulus pflegt hinzuzusetzen: in Christo Jesu, denn wenn wir denselbigen aus den Augen verlieren, so ist's mit der Herrlichkeit aus. Was heißt nun aber, wir sind in Christo, Christus ist in uns? Es reden in dieser Zeit die Schwärmermeister vom Glauben an Christum gleich also, als sei der Glaube allein ein Gedanken, der im Herzen klebe und Christus sei über 1000 Meilen weit von uns. Dies ist ein schädlicher Irrthum. Der Glaube, ist er anders rechtschaffen, hat nichts anders vor Augen, sieht auch anderswo nicht hin, denn auf Christum, zweifelt auch nicht daran, daß Christus gegenwärtig und bei uns sei. Denn er sitzt freilich nicht müßig droben im Himmel verschlossen, sondern aufs allernächste ist Er bei uns gegenwärtig, wie Er selbst sagt, Matth. 28, 20: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende; er wirkt und lebt in uns, wie St. Paulus droben im 2. Cap. gesagt: Ich lebe, doch nur nicht ich, sondern Christus lebet in mir. Und hier (V. 27): Ihr habt Christum angezogen. Darum ist der Glaube ein steter Hinblick auf Christum, der auch sonst auf nichts Anderes gerichtet ist, noch haftet, denn an Christo allein, der die Sünde und den Tod hingerichtet hat, und Gerechtigkeit, Leben und ewige Seligkeit gebracht. Daher predigt St. Paulus so oft und viel in seinen Episteln vom Glauben an Christum, daß der allein gerecht und selig mache. Solchen Glauben aber, der Christum ergreift, erlangt man durch die Predigt des Evangelii, Röm. 10,14. Solches wird auf's allerfeinste angezeigt durch die eherne Schlange, die Christum bedeutete; denn als die Juden von den feurigen Schlangen in der Wüsten gebissen wurden, hieß sie Moses nichts anders thun, denn allein mit unverwandten Augen die eherne Schlange ansehen, die solches thaten, wurden alle gesund durch solches Ansehen allein, die andern aber, die Mose nicht gehorchten, sondern sahen allein ihren empfangenen Schaden an, die mußten sterben. Also muß ich auch thun, wenn ich in Anfechtung meines Gewissens oder in Todesnöthen Trost empfangen soll, nemlich, daß ich gar nichts Anderes, denn den einigen Christum durch den Glauben ergreife und sage: Ich glaube an Jesum Christum, Gottes Sohn, der für mich gelitten hat, gekreuzigt und gestorben ist, in welches Wunden und Tode ich meine Sünde sehe, in seiner Auferstehung aber sehe ich, daß er überwunden hat meine Sünde, Tod und Teufel, und mir dazu Gerechtigkeit und ewiges Leben erworben, ohne den will ich kurzum Nichts haben, noch sehen. Solches ist und heißt der rechte Glaube, den wir an Christum haben sollen, durch den werden wir Ihm eingeleibt und seine Glieder, von seinem Fleisch und Blut, ja wir leben, weben und sind in Ihm. Daraus genug zu verstehen ist, daß der Rotten Gedanken vom Glauben eitel und gottlos sind, die da träumen, als sei Christus nur in unsern Gedanken und Speculationen bei uns, wesentlich sei er droben im Himmel. So muß es aber sein, daß Christus und Glaube nicht allein mit Gedanken, sondern wahrhaftig beisammen seien, und daß Er sei, lebe und wirke in uns.

Am 12. Januar.

Folget nicht euren Lüsten, sondern verachtet dieses Leben und hoffet auf ein besseres; denn wo ist Noth und Unglück, das in diesem Leben nicht wäre? Wie vielen Krankheiten, wie mancher großen Gefahr, wie vielen schrecklichem Unfall ist es unterworfen? Daß wir der höchsten Noth geschweigen, nämlich der geistlichen Noth, so das Gewissen übt und plagt, als da ist das Gesetz, die Sünde und der Tod selbst. Was ist es denn, darum ihr dies Leben so heftig begehrt und scheinet, daß ihr deß nicht könnt satt werden? Sollte man es ihm doch selbst verkürzen, wo uns Gott nicht drin ließe, daß wir ihn preisen, ihm danken und unsern Brüdern dienen sollen. Sollten wir denn nicht seufzen nach den zukünftigen Dingen und diesen zeitlichen feind sein? Darum sollen wir dieses Leben und diese Welt großmüthig verachten und von Herzen Seufzen und Verlangen haben zu der zukünftigen Ehre und Herrlichkeit des ewigen Lebens. Aber hier fühlen wir, wie groß die Schwachheit ist unsers Fleisches, welches vor Fleiß und Liebe der zeitlichen Dinge wüthet und tobet, aber des allergewissesten künftigen Lebens freuet es sich gar Nichts. Darum sind die gottlosen Epicuräer wohl werth, daß ihnen Gott und Menschen feind seien, und unser eigen Fleisch ist zwar deß auch werth, das uns auch oft zum epicurischen Wesen reizt, weil wir zu tief in zeitlichen Sorgen ersaufen und die ewigen Güter so sicher verachten.

Am 13. Januar.

Selig ist, der sich nicht an Mir ärgert. (Matth. 11,6)

Willst du recht glauben und Christum wahrhaftig erlangen, so mußt du die Werke alle fahren lassen, damit du gegen Gott und vor Gott handeln (dich darauf berufen) willst; es sind eitel Aergernisse, die dich von Christo und von Gott führen. Vor Gott gilt kein Werk, denn Christi Selbsteigene Werke; die mußt du lassen für dich gegen Gott handeln und du kein ander Werk vor Ihm thun, denn solches glauben, daß Christus seine Werke für dich thue und setze gegen Gott, auf daß also dein Glaube lauter bleibe, Nichts thue, denn stille halte, lasse ihm wohlthun und empfange Christi Werk, und lasse Christum seine Liebe an ihm üben. Du mußt blind, lahm, taub, todt, aussätzig und lahm sein, Oder wirst dich an Christo ärgern. Das Evangelium leugt dir nicht, das Christum nur unter solchen Dürftigen laßt sehen und wohl thun. Siehe, das heißt Christum recht erkennen und aufnehmen, das heißt recht christlich glauben. Gott fordert von uns kein Werk an Ihm zu thun, denn allein den Glauben an Christum; daran hat Er gnug. Damit geben wir Ihm seine Ehre, als Dem, der gnädig, barmherzig, weise, gut, wahrhaftig ist.

Darnach denke nicht mehr, als: thue deinem Nächsten, wie dir Christus gethan hat, und laß alle deine Werke mit ganzem Leben auf deinen Nächsten gerichtet sein. Suche, wo Arme, Kranke und allerlei Gebrechliche sind, denen hilf, da laß deines Lebens Uebung stehen, daß sie deiner genießen, wer dein darf, so viel du vermagst, mit Leib, Gut und Ehre, und wisse, daß Gott dienen ist nichts anders, denn deinem Nächsten dienen und mit Liebe wohl thun, es sey Kind, Weib, Knecht, Feind, Freund, ohne allen Unterschied, wer dein bedarf, an Leib und Seele, und wo du helfen kannst, leiblich und geistlich; das ist Gottesdienst und gute Werke.-

Ach Herr Gott! wie gehen wir Narren in der Welt und lassen solche Werke nach, und sind doch an allen Enden überflüssig, an denen wir sie üben könnten; Niemand suchet, noch dringet sich dran. Und ob wir wohl sehen, hören, greifen und bekennen müssen, daß christlich Leben sei der Glaube zu Gott und die Wohlthat oder Liebe zu dem dürftigen Nächsten, dennoch will's nirgend thun. Dieser hanget an seinem Gottesdienst und eigenen Werken, der andere scharret allein zu sich und hilft Niemand. Auch die, so diese Lehre des lautern Glaubens gern hören und verstehen, greifen's doch nicht an, dem Nächsten zu dienen, gerade als wollten sie durch den Glauben selig werden ohne Werke, sehen nicht, daß ihr Glaube nicht Glaube, sondern ein Schein vom Glaube ist. Gleichwie ein Bild im Spiegel ist nicht das Angesicht, sondern ein Schein davon, wie St. Jakobus (1, 22 - 24) gar fein von demselben schreibet und spricht: Seid Thäter des Worts und nicht Hörer allein, damit ihr euch selbst betrüget. Denn so Jemand ein Hörer ist des Worts und nicht ein Thäter, der ist gleich einem Manne, der sein Angesicht schauet im Spiegel, denn nachdem er sich beschauet hat, gehet er von Stund an davon, und vergißt, wie er gestaltet war. Also sehen diese in sich selbst wohl ein Bild des rechten Glaubens, wenn sie es hören oder reden; aber sobald das Hören oder Reden aus ist, gehen sie mit andern Sachen um und thun nicht darnach. Damit vergessen sie es immerhin der Frucht des Glaubens, der christlichen Liebe. Darum siehe auf dein Leben; findest du dich nicht auch, wie Christum das Evangelium weiset, unter den Dürftigen und Armen, so wisse, daß dein Glaube noch nicht rechtschaffen ist und du gewißlich Christi Wohlthat und Werk an dir noch nicht geschmecket hast.

Am 14. Januar.

Man soll Gott allein trauen und sich eitel Gutes zu Ihm versehen, und von Ihm gewarten, als der uns giebt Leib, Leben, Essen, Trinken, Nahrung, Gesundheit, Schutz, Friede und alle Nothdurft zeitlicher und ewiger Güter, dazu bewahret von Unglück, und so uns Etwas widerfahret, rettet und aushilft, also, daß Gott, allein Der ist, von Dem man alles Gutes empfähet und alles Unglücks los wird. Daher auch achte ich, wie Deutschen Gott eben mit dem Namen von Alters her nennen (feiner und artiger, denn keine andere Sprache) nach dem Wörtlein gut, als der ein ewiger Quellbrunn ist, der, sich mit eitel Güte übergeusset, und von dem Alles, was gut ist und heißet, ausfleußt. Denn ob uns gleich sonst viel Gutes von Menschen widerfahret, so heißet es doch Alles von Gott empfangen, was man durch seinen Befehl und Ordnung empfähet. Denn unsre Eltern und alle Obrigkeit, dazu ein Jeglicher gegen seinen Nächsten, haben den Befehl, daß sie uns allerlei Gutes thun sollen, also, daß wirs nicht von ihnen, sondern durch sie von Gott empfahen. Denn die Creaturen sind nur die Handröhre und Mittel, dadurch Gott Alles gibt, wie er der Mutter Brüste und Milch gibt, dem Kinde zu reichen; Korn und allerlei Gewächs aus der Erden zur Nahrung; welcher Güte keine Creatur keines selbst machen kann. Derhalben soll sich kein Mensch unterstehen, Etwas zu nehmen oder zu geben, es sei denn von Gott befohlen, daß man es erkenne für seine Gaben; und ihm darum danke, wie dies Gebot fordert. Darum auch solche Mittel, durch die Creaturen Gutes zu empfahen, nicht auszuschlagen sind, noch durch Vermessenheit andere Weise und Wege zu suchen, denn Gott befohlen hat. Denn das hieße nicht von Gott empfangen, sondern von ihm selbst suchen.

Am 15. Januar.

Da ist nun die Kunst des Glaubens, daß man ergreife dasjenige, so matt nicht stehet. Wie denn Alles, was wir von Christo haben, verborgen ist, und wird gleich das Widerspiel davon gesehen; denn der Glaube siehet, das er nicht fühlet oder prüfet. Das ist die Kunst des Glaubens, ein solch scharf Gesichte hat der Glaube, daß, wenn ich sehe, daß der Henker mir den Kopf abhauet, oder mich verbrennet, und ich getödtet werde, das fühle ich, und habe den Tod vor den Augen, so soll ich dennoch sehen das Leben und sagen: Ob ich gleich getödtet werde, so will ich doch wieder leben. Dieser Leib und das zeitliche Leben gehet wohl hinweg, aber ich ergreife dagegen das ewige Leben, so man nicht stehet. Also, wenn mich die Sünde erschreckt, so fühle ichs wohl, und werde traurig drüber; aber ich sehe gleichwohl auch Trost, Gottes Gnade und Barmherzigkeit, auch Gerechtigkeit, die Seligkeit und das Leben, so ich in Christo habe, welcher spricht: Ich will dich nicht verlieren. Item, in Trübsalen und Anfechtungen hören wir Trost in Christo Jesu. Wer nun das versuchet, der sage mir wieder, was es für eine schlechte Kunst um den Glauben sei. Denn alles andere Leben ist Heuchelei.

Am 16. Januar.

Christus will den Frommen und Armen, die vor Noth haben gelitten, mit seinem Segen helfen. Denn die Christen müssen sich auf Erden leiden und versucht werden. Wenn sie aber versucht sind und dennoch treulich am Wort, bei ihrem Beruf, oder an ihrer Arbeit bleiben, alsdenn will Christus da sein und durch reichen Gegen helfen. Das ist ein Trost, der uns hier vorgehalten wird, daß wir glauben sollen; und obschon uns zuweilen mangelt und wir nicht Alles haben, daß wir doch nicht zweifeln, noch ungeduldig sollen werden, sondern hoffen, es werde der Segen noch kommen. Denn also gehets Petro und seinen Gesellen auch, die arbeiten die ganze Nacht umsonst und können Nichts fangen. Aber da kommt Christus, unser lieber Herr, und giebt ihnen erstlich sein Wort und macht Christen aus ihnen. Darnach heißet er sie aufs Meer fahren und sich noch einmal versuchen.' Da folget Petrus und geräth ihm sehr wohl. Also soll es mit uns auch gehen. Gott will uns nicht alle Fülle alsbald im Anfang geben. Denn, so er es sobald gäbe, als wir getauft und Christen sind worden, würden wir meinen, wir haltens von uns selbst. Darum laßt er uns vor eine Zeit lang mangeln und des Unglücks gewöhnen, daß ein Mensch bei sich selbst verzagen, und sagen muß: Wer weiß, wie es mir noch gehen wird, wie ich versorget werde? Alsdenn will, er, der liebe Herr und gute Haushalter , bei uns sein und sprechen: Sei du zufrieden, ich weiß sehr wohl; thue einen Zug, lasse dich von der Arbeit nicht treiben, und warte des Segens. Denn das soll bei den Christen nicht sein, ob sie schon Mangel leiden, daß sie darum verzagen, Christum verleugneten und ungeduldig darüber werden wollten; sondern hoffen sollen sie, es werde der Herr mit der Zeit noch geben, was sie bedürfen; sollen derhalben mit der Arbeit immerdar fortfahren und anhalten. Denn Christus gibt dem Petro hier die Fische nicht also, daß sie von ihnen selbst in den Kahn hineinspringen; er muß auf die Höhe fahren, sein Netz bereiten und sich, wie die andern Fischer, zu dem Handel schicken, ob er gleich jetzt zum Christen worden ist; und muß den Herrn dafür sorgen lassen, ob er Etwas fangen werde. Also soll es mit uns auch sein, in was Stand Gott einen Jeden gesetzt hat. Bist du Knecht, Magd, Herr, Frau, Bürgermeister, Fürst, so thue, was deines Amts ist; denn es hindert dich an deinem Glauben nicht, und kannst Gott in solchem Stande recht und wohl dienen; lasse darnach Gott dafür sorgen, wie Er dich ernähret und wie Er dir deine Nothdurft schaffen werde, und erschrecke nicht dafür, ob du gleich eine Zeit lang Noth leiden und mangeln mußt. Denn es kann eine Zeit kommen, die du nicht weißest, da Glück und Segen sich finden wird, wie sichs hier findet. Allein halte treulich an, und lasse dich nicht müde, noch ungeduldig machen. Wer aber solches nicht thut, sondern will bald, wenns ihm einmal mißräth, das Netz wegwerfen und in Ungeduld von seinem Beruf und Handel ablassen und ein Anderes anfahen, der wird sein Lebetage ein Hübler bleiben und wird weder hinter sich, noch vor sich kommen.

Am 17. Januar.

Wir sagen: Ich glaube eine heilige christliche Kirche. Das nichts Anders ist, denn als sagten wir: Wir glauben, daß in der Kirche gar keine Sünde, noch Tod sei; denn die, die an Christum glauben, sind nicht Sünder, noch des Todes schuldig, sondern sind schlechtsheilig, gerecht, Herren über die Sünde und Tod, die da in Ewigkeit werden leben. Aber solches siehet und erkennet allein der Glaube; denn wir sagen: Ich glaube eine heilige Kirche. Wo du aber deine Vernunft allein Raths fragen, und nach deinen Augen richten willst, wirst du gar viel anders reden. Denn du siehst auch an den Gottseligen noch Viel und Mancherlei, das dich ärgert, nämlich, daß sie bisweilen fallen, sündigen, schwach werden im Glauben, zornig, und mit andern bösen Lüsten beladen sind. Darum höre ich wohl, ist die Kirche nicht heilig? Nicht also, das folget nicht anders. Wo ich meine eigene, oder meines Nächstens Person anschauen will, so ist's wohl wahr, daß sie nimmermehr wird heilig sein; wo ich aber Christum ansehe, welcher die Kirche mit seinem theuren Blut Gott dem Vater versöhnet, und sie von Sünden gereiniget hat, so ist sie allerdings ganz und gar heilig, wo sie anders an ihrem Bräutigam hält, seinem Wort glaubet und bekennet und um Hülfe und Erlösung von Sünden und allem Unglück zu ihm schreiet.

Am 18. Januar.

Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstetes und zerschlagen Herz wirft du, Gott, nicht verachten.

Dieser Vers wäre wohl werth, daß man ihn mit güldenen Buchstaben schriebe. Denn hier siehet man, was Gott für Opfer gefallen, welche Er allen Opfern des Gesetzes und der ganzen Welt vorziehet. So tröstet nun der Prophet hier alle betrübte Herzen damit, daß er spricht, daß Gott kein angenehmer Opfer gegeben könne werden, denn wenn wir erschreckt und zuschlagen sind, und doch in solcher Furcht und Angst glauben, daß wir einen gnädigen Gott durch Christum haben. Darnach erinnert uns auch dieser Vers, daß wir wissen sollen, daß Gott zu allen andern Opfern, Gottesdiensten und Werken nicht Lust, sondern allein an denen ein Gefallen habe, die ihn fürchten und auf seine Barmherzigkeit hoffen, und glauben, daß Gott auch uns dann gnädig sei, wenn wir im größten Elend stecken und meinen, wir seien allerdings von ihm verlassen, wie wir an Davids Exempel sehen. Da Nathan zu ihm sagte, 2 Sam. 12, 7: Du bist der Mann, der solches gethan hat! da erschrak David, und schickte sich, dem Herrn dies Opfer zu thun, davon hier stehet, eben in dem, da er sprach: mit geängstetem Geiste und zerschlagenen Herzen: Ich habe gesündiget wider den Herrn. Da er aber von Nathan wiederum gehöret: So hat auch der Herr deine Sünde weggenommen, du wirst nicht sterben! da war das Opfer bereits vollbracht. Denn David ergreift, mitten im Schrecken und Fühlen des Zornes Gottes und Todes die Hoffnung der Barmherzigkeit und des Lebens. Und gewißlich, aus dieser Erfahrung ist dieser Vers hergeflossen, darinnen wir gelehret werden, daß Gott das angenehmste Opfer sei, wenn der Sünder am höchsten Gottes Zorn und des Todes Stachel fühlet, doch sich auf seine grundlose Barmherzigkeit verläßt, die er uns in Christo verheissen und geleistet hat, und also im Zorn der Gnade und im Tode des Lebens gegenwärtig ist. Diese Kunst aber muß durch Erfahrung gelernet werden, ohne welche sie nicht recht verstanden wird, daß ein geängsteter Geist wisse, daß er eben dann in Gottes Gnade sei, wenn er Gottes Zorn am stärksten und heftigsten fühlet; auf daß also ein betrübt Herz in Verzweifelung die Hoffnung der Barmherzigkeit, und in Sicherheit, Glück und Wohlfahrt, Gottes Furcht vor Augen habe, wie an einem andern Orte aufgeschrieben stehet, Ps. 147, 11: Der Herr hat Gefallen an denen, so ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen. Also mahlet uns dieser Vers Gott für, daß lauter Gnade und Güte mit ihm sei, aber allein denen, so eines geängsteten Geistes und zerschlagenen Herzens sind. Solches lehret und prediget man wohl täglich; wenn wir es aber ins Werk bringen sollen, ach, da sind ihrer gar wenig, die in dieser Kunst geübt sind, will geschweigen, daß sie sich, nach Laut dieses Verses, sollten zu halten wissen, sondern es findet sich denn, daß ihrer Viel, ehe sie solche Anfechtung recht fühlen, flüchtig werden, und wie verzagte Krieger den Rücken wenden und davon laufen, aber mit ihrem Verderben. Denn sie entlaufen dem Regen und fallen ins Wasser, da es am tiefsten ist und ersaufen drinnen. Wir sollten aber alsdann stille stehen und feste halten und nicht feldflüchtig werden, sondern dann erst auf Gottes Barmherzigkeit hoffen und trauen, wenn wir mitten im Kampf stehen, und dies Opfer, welches der Heilige Geist hier so herrlich rühmet, vollbringen.

In dieser Kunst aber wirst du gewißlich keinen Meister finden, sondern Alle, auch die versucht, geübt und etwas in dieser Kunst erfahren sind, bleiben Schüler, wie St. Paulus selbst bekennt, Phil. 3,12: Nicht, daß ich es ergriffen habe, oder schon vollkommen sei, ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möchte.

Am 19. Januar.

Der Schöpfer aller Creaturen gibt nicht allein einen guten Morgen, oder lächelt freundlich an, sondern liebet und liebet so herzlich, daß er gibt, nicht allein ein Bettelstück vergänglichen Guts, sondern seinen höhesten, liebsten Schatz, seinen Sohn, der auch ist der Herr Himmels und der Erden, und solche Liebe erzeiget er nicht seinen Freunden, sondern denen, die seine Feinde sind, obschon keine Creatur, ausgenommen der Teufel selbst, der Liebe weniger würdig ist; und liebet also, daß er sich selbst für sie gar dahin gibt; dazu, daß sie aus dem Tode und Hölle gerissen, des ewigen Lebens gewiß seien. Was kann doch Größers und Höhers gesagt oder gedacht werden in allen Stücken? Aber wie groß und unaussprechlich dies Alles ist, so ist dagegen doch viel größer, und wunderbarlicher, daß ein menschlich Herz solches Alles soll können glauben. Denn das muß ein Herz sein, daß da mehr fassen kann, denn Himmel und Erde vermag zu begreifen, daß man muß sehen, was für eine treffliche, göttliche Kraft und Werk der Glaube ist, der da kann der Natur und aller Welt unmöglich Ding thun, und nicht weniger Wunder ist, denn alle Gottes Wunder und Werk; auch größer, denn das, daß Gott ist Mensch worden, von einer Jungfrau geboren (wie St. Bernhardus sagt); denn es ist gar zu weit und fern von einander, wenn man gegen einander halt die Größe der Dinge, so wir hier hören: der Liebe deß, der da gibt, und deß, so gegeben wird; und der Unwürdigkeit deß, dem gegeben wird. Alles ist zu gar groß und des Menschen Herz so gar klein, enge und schwach, daß er für solcher Größe sich entsetzen und erschrecken muß.

Am 20. Januar.

Christum erkennen, heißt erkennen, daß er für uns gestorben sei, und habe meine Sünde auf sich geladen, also, daß ich dafür halte, daß alle mein Ding Nichts sei, alles das Meine fallen lasse und es allein dafür halte, daß Christus mir geschenket sei, sein Leiden, seine Frömmigkeit und alle seine Tugend allzumal mein sind. So ich das erkenne, so muß ich ihn wiederum lieb haben, denn einem solchen Mann muß ich hold sein. Darnach steige ich weiter am Sohn hinauf zum Vater und sehe, daß Christus Gott sei, und habe sich in meinen Tod, in meine Sünde, in mein Elend gesteckt, und gibt mir auch seine Hulde. Item, da erkenne ich seinen freundlichen Willen und die höchste Liebe des Vaters, die kein Herz empfinden, noch fühlen kann. Also ergreife ich denn Gott, wo er am weichsten ist, und denke: Ei, das ist Gott, das ist Gottes Willen und Wohlgefallen, daß der Christus das für mich gethan hat. Und in dem Gesichte empfinde ich die hohe unaussprechliche Barmherzigkeit und Liebe Gottes, indem, daß er sein liebes Kind für mich in Schmach, Schande und Tod gestellet hat, das freundliche Ansehen und liebliche Gesicht erhält mich denn. Also muß Gott in dem Christo allein erkennet werden. Darum spricht Christus selbst zu seinen Jüngern: Niemand kennet den Sohn, denn nur der Vater, und Niemand kennet den Vater, denn nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren, Matth. 11, 27. Wiederum die mit ihren Werken hergehen, die kennen Christum nicht, sie wissen auch nicht, was der Vater durch Christum gemacht hat, und wissen nicht, daß Gott ihr Ding nicht haben will, sondern allein seinen Sohn. Also erkennen sie den Vater nicht, wissen auch nicht, was sie durch Christum empfangen haben vom Vater. Darum müssen sie verderben und fallen dahin, und sehen Gott an, da er am Hartesten ist wie ein Richter, und wollen dann das Gerichte schweigen mit ihren guten Werken; so finden sie denn kein Werk, das genugsam ist, und müssen denn endlich also verzagen. Aber das heißet Gott erkennen, die da sehen, daß sie Nichts sind, des Herzens Grund auf den Christum setzen, und für das höchste Gut halten, Gott für einen Vater erkennen im Sterben und im Leben.

Am 21. Januar.

Nichts kann so gering und klein sein, das nicht ein Opfer oder Gottesdienst werden könnte. Und soll man in allen Worten und Werken stäts auf Gott sehen, auf daß die Menschen die Gaben, so ihnen von Gott gegeben sind, verstehen lernen, und ihm dafür dankbar sind. Alles ist Gottes Gabe; ist sie nicht groß, so ist sie doch klein. Denn es ist ein Gott, der es beides giebt; darum gebühret Gott wiederum sein Dienst dafür, nämlich Danksagung und Dankbarkeit im Kleinen sowohl, als im Großen, damit ja die Frommen nimmer aus ihrem Herzen lassen die Furcht Gottes und die Gedanken, daß Gott der sei, der alle Dinge geschaffen hat, und noch immer erhalte.

Am 22. Januar.

Sorget Nichts. Sehet die Vögel unter dem Himmel.

Im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brod essen, 1 Mos. 1, 19, und: So jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen, 2 Thess. 3, 10. Aber das Sorgen ist verboten, daß die Menschen gedenken, Gott habe ihrer vergessen, als meinen sie, sie müßten es mit ihren Sorgen ausrichten. Etliche auch wollen Gott nicht vertrauen, in ihrem großen Ueberfluß, wenn sie Alles genug haben. Solches ist verboten, denn wir sind doch lauter Narren mit unserm Sorgen. Soll das Korn auf dem Felde gerathen, so muß es Gott allein geben, unser Sorgen wird nichts ausrichten. Denn was können wir dazu thun, daß es heuer alles auf dem Felde so verbrannt und verderbet ist? Man siehets und greifts, daß es Alles in Gottes Händen stehet, der muß es thun. Aber wir sind verzweifelte Leute, lernen nicht glauben, sondern setzen anstatt des Glaubens die Sorge.

Denn da fliegen die Vögelein vor unsern Augen über, uns zu kleinen Ehren, daß wir wohl möchten unsere Hütlein gegen ihnen abthun und sagen: Mein lieber Herr Doctor, ich muß je bekennen, daß ich die Kunst nicht kann, die du kannst. Du schläfst die Nacht über in deinem Nestlein, ohne alle Sorge; des Morgens stehest du wieder auf, bist fröhlich und guter Dinge, setzest dich auf ein Bäumlein und singest, lobest und dankest Gott; darnach suchest du deine Nahrung und findest sie. Pfui, was hab ich alter Narr gelernet, daß ichs nicht auch thue, der ich doch so viel Ursach dazu habe? Kann das Vögelein fein Sorgen lassen und halt sich in solchem Fall) wie ein lebendiger Heiliger und hat dennoch weder Acker, noch Scheunen, weder Kasten, noch Keller; es singet, lobet Gott, ist fröhlich und guter Dinge, denn es weiß, daß es einen hat, der für es sorget; der heißt unser Vater im Himmel; warum thun wirs denn nicht auch, die wir den Vortheil haben, daß wir können arbeiten, das Feld bauen, die Früchte einsammeln, aufschütten und auf die Noth behalten? Dennoch können wir das schändliche Sorgen nicht lassen.

Am 23. Januar.

Ein christlich Leben ist, daß wir den unsichtbaren Christum annehmen und glauben, daß er unser einiger Herr und Heiland ist, der uns von Sünden, Tod, Teufel und Hölle erlöset. Darnach, wenn wir ihn also als unsern Herrn erkannt haben, daß wir auch mit dem ganzen Leben ihm dienen, und ihn als unsern Herrn zinsen, und sprechen: Herr, zuvor bin ich unter des Teufels Gewalt und Dienst gewesen, und habe deiner Gaben, die ich dazumal zum Theil auch gehabt habe, auf das schändlichste unter dem Teufel mißbrauchet; aber nun hab ich gelernet und weiß gewiß, daß du allein mein Gott und Herr bist.

Ich glaube an dich; darum will ich dir auch in diesem Glauben dienen, von Herzen glauben, daß du Herr und Heiland bist, und in meinem Stande dir gehorsam sein und thun, was dir wohlgefällig ist. Das heißt recht unterscheiden das christliche und das äußerliche Leben. Doch soll beides Christo unterthänig sein und bleiben, obwohl ein Christ nach dem Leibe weltlicher Obrigkeit unterworfen ist; denn wir ehe Leib und Leben, Gut und Ehre und Alles, was wir haben, fahren lassen sollen, ehe wir Christum fahren lassen.

Am 24. Januar.

Ein ungläubiges Herz vertraut Gott nicht langer, denn weil leibliche Güter vorhanden sind, werden aber dieselben entzogen, so weichet es von Gott ab und lästert ihn. Darauf redet Moses (5 Buch 7, 23): Daß der Herr dich hungern ließe, das sollte dir eine Demüthigung sein, Gott um Speise, Nahrung und Leibes Nothdurft anzurufen und solches von Ihm gewiß gewärtig zu sein. Gott will dein Schulmeister sein und dich lehren das erste Gebot verstehen, daß dein Herz auf Ihn sehe und auf Ihn vertraue, wenn Nichts vorhanden ist, und sich ansehen lasset, als wollte Er uns gar verlassen. Denn Gott hat die Art und Weise: Ehe denn Er den Seinen hilft, so lässet Er sie zuvor erst in Leiden und Anfechtung kommen; darnach, zu seiner Zeit, hilft Er ihnen desto wunderbarlicher heraus. Allhier, in der Wüsten, kann Er die Kinder Israel 40 Jahre lang speisen und tränken, auf daß man sehe, Gott könne viel mehr Rath schaffen und bei allen Sachen thun, denn alle Welt; Er kann es auch mehr, denn alles Gold, Silber, Geld, Gut, Speise, Trank und Kleider. Denn das muß mir ein hübscher Schneider und Schuster sein, der auch 40 Jahre Kleider und Schuhe machen kann; und diesen Gott lasse man einen Speisemeister oder Hausvater sein, der hat einen solchen Kornboden oder Söller, daß er aus der Luft oder steinichter Erden alsbald Korn und Brod, auch aus den Felsen Wasser hervorbringen kann, Ps. 65, 10 u. s. w. Ps. 145, 15. 16; Ps. 147, 9 u. s. w. Wenn ich sollte Brod suchen nach der Vernunft, so suchte ich es bei dem Backer und Korn auf den Schlössern; so bringet es Gott aus der ledigen Luft. Da kein Handwerk, noch Vorrath ist, muß das Brod und alle Genüge sein. Das ist ein Meisterstück, welches man wohl merken soll. Es könnte Solches Gott noch alle Augenblick beweisen. Esa. 50, 2. 3. Da sehen wir, daß alle Gläubigen, so Gott vertrauen und sein Wort lieben, müssen genug haben; obgleich keine leibliche Mittel von Essen und Trinken vorhanden waren, so weiß Gott doch wohl Hülfe zu schicken. Wie er den Eliam in der Wüsten durch Raben speiste und hernach durch die Wittwe zu Sarebda ernähren ließ, 1 König. 17, 4. 15, und jedesmal die Juden durch eine neue Speise, als das Manna, ernähret worden sind, darauf sie nie gedacht haben, auch mußten ihre Kleider nicht veralten, noch zerreißen. Diesen Trost sollten wir unserm Abgott, dem Bauche, vor die Nase halten, daß wir lerneten das erste Gebot, Gott und seinem Worte und Verheißung in der Mangelszeit vertrauen.

Am 25. Januar.

Wenn zu mir gesagt würde, daß mich Gott vor allen Leuten so begabt hätte, daß ich sollte auf Erden etliche tausend Jahr leben, Friede und Glück haben und Alles, was mein Herz begehret, so würde ich doch sagen: Ei, das kann nicht Gottes Wort sein; es ist zu viel und zu groß, wer bin ich, daß mir Gott solches sollte geben? Wie viel weniger gehts ins Menschen Herz, daß Gott sollte geben solchen Schatz, seinen Sohn, und mit ihm das ewige Leben und Seligkeit? Wer kann das aussagen, wie groß es sey? Wie köstlich und edel ist allein dies leibliche Leben; und wer wollte dasselbe geben für alle Königreiche, Geld und Gut auf Erden? Nun ist aber das gegen dem ewigen Leben und Gütern viel weniger, denn ein Augenblick. Summa, es ist nicht zu denken, ehe daß man es ein wenig möchte abnehmen, so man dagegen könnte bedenken den Schaden und Jammer, der da heißt: Ewig verloren sein. Nun muß dennoch ein Christ dahin kommen, daß er Gott und dem Herrn Christo die Ehre thue, daß solch sein Wort die Wahrheit sei und seinen Unglauben Lügen strafen. Und wo solches geschieht, da hat schon der Heilige Geist seine Kraft und Werk des Glaubens angefangen, und ist das Herz so weit aufgethan, daß es diesen Schatz, der größer ist, denn Himmel und Erden, kann fassen; wiewohl es noch in großer Schwachheit zugehet, und kann es doch auf Erden nimmer also erlangen, noch den Glauben also fühlen, wie es sollte; sondern noch immer bleibt ein Wünschen und Seufzen des Geistes, welches auch dem Menschen selbst unaussprechlich ist, da das Herz sagt: O, daß es wahr wäre. Item, Ach! wer es könnte glauben u. s. w.

Am 26. Januar.

Also falsch ist das Herz des Menschen, daß es nicht lieben kann, es sehe denn die Wohlthat vorhin. Darum, da Gott im Alten Testament unter sie schlug, wie unter die Hunde und ging graulich mit ihnen um, da hatten sie ihn nicht lieb. Da dachte Gott: Ei, ich muß es einmal also mit dir machen und so süße, daß du mich mußt lieber haben. Da nahm Er seinen Sohn und schickte Ihn in unsern Schlamm, Sund und Elend, und schüttete seine Barmherzigkeit mit Grund und Boden aus, daß wir haben uns zu rühmen von allen seinen Gütern, als sind sie unser eigen und machte sich zu einem lieben Vater, und stehet uns so viel durch die Finger, daß wir wiederum müssen Alle unser Herz und Liebe in Gott setzen und unseren Nächsten wiederum thun, wie uns von Gott geschehen ist. Da gehet denn das Wort daher aus dem Herzen und die Gebote Gottes werden mit Lust erfüllet. Da ist denn erstlich kein anderer Gott; darnach rufet er Gottes Namen an und preiset den allein. Zum dritten, läßt er Gott walten, Er mache es, wie Er will und halt stille und stiert den Sabbat. Damit sind denn erfüllet die Gebote der ersten Tafel. Darnach stellet er sich freundlich und demüthiglich zu allen Leuten, ehret Vater und Mutter und dienet dem Nächsten nach aller Lust und nach aller Liebe und denket immer, ich will meinem Nächsten thun, wie mir Gott gethan hat. Also ist allein die Liebe die Erfüllung des Gesetzes, wie Paulus spricht zu den Römern (13, 10).

Am 27. Januar.

Um deßwillen so ergreifet den Harnisch Gottes.

Bisher hat der Apostel (Eph. 6) den Teufel gemalet mit seiner rechten Farbe: nicht, wie ihn die Maler malen, schwarz und scheußlich, mit scharfen Klauen und Zähnen und feurigen Augen u. s. w., sondern wie er die Christen angreifet, sonderlich mit seinem listigen Anlauf und geistlicher Schalkheit, da er sich schmücken kann über alle Weisheit und dazu mit unserm eigenen Evangelio und sich fürgeben als ein Bruder, oder Christus selbst, weil ihr nun solches wisset (will er sagen), daß ihr solchen Feind wider euch habt und mit ihm in stätem Kampf stehen sollt und müsset, und doch so schwach gegen ihm seid, euer eignen Kräfte und Weisheit halben; so sehet zu, daß ihr nicht laß werdet, noch euch darauf verlasset, als habt ihr Gottes Wort und den Glauben, und seid nun sicher, daß er euch nun unverwahret angreife und stürze, sondern denket und ergreifet den rechten Harnisch, nicht den Strohharnisch eurer Vernunft. Denn wenn ihr solltet mit ihm kämpfen und nicht besser gerüstet sein, denn mit eurer Weisheit und Kraft, so hat er euch gar bald weggeblasen, als der Wind ein Baumblatt hinwegwehet. Darum müßt ihr anders geharnischt sein, daß er sehe nicht menschliche Wehre und Waffe, sondern Gottes Harnisch, den er vor nicht gesehen hat; welches ist nicht unsere, sondern Gottes Starke und mächtige Kraft. Denn ich habe gesagt, daß er diesen Worten unterscheidet den leiblichen und geistlichen Harnisch oder Waffen. Leiblicher Harnisch gehöret in dieß Regiment auf Erden, Fürsten und Herren zu führen wieder böse Buben und Feinde, das gehet uns nicht an. Denn wir dürfen nicht kämpfen um Gold und Silber, oder um Land und Leute, Schlösser und Städte, noch um zeitlichen Frieden und äußerliche Gerechtigkeit, daß ein Jeglicher behalte, was sein ist. Dazu sind andere Leute geordnet, Juristen und was für Personen und Aemter dazu gehören, die da wissen, was recht ist und wie sie es erhalten sollen. Aber wir Christen sind andere Leute, und stehen in einem andern Kampfe, da wir fechten um ein ander Leben, Land, Gut, Schatz und Reich, welches ewig währen soll; so haben wir auch solche Feinde, die wir nicht mit Eisen, noch Stahl, Schwerdt, noch Büchsen wegschlagen oder hinrichten könnten, darum müssen wir auch mit einem andern Harnisch gerüstet sein, nämlich vom Himmel herab, von Gott selbst gezeugt und gegeben.

Am 28. Januar.

Wenn es nicht nach unserm Rath und Vernehmen hinausgehen will, so können wir sagen: Ich bin zu denen Dingen allein ein Werkzeug, und stehen diese Sachen nicht in meiner, sondern viel in einer höhern und größern Gewalt und Weisheit. Wenn dir nun das Weib oder die Kinder sterben, oder in deinem Lande Unfriede wird, oder sonst ein Unglück zu Händen kommt, so sprich: Die Dinge stehen nicht in meiner Gewalt, ich bin allein ein Werkzeug, ich thue so viel, als mir möglich ist, ich arbeite, lasse es mir sauer werden, wache und regiere; du aber, Herr, mein Gott, in welches Macht die Dinge alle sind, wirst du nicht zu meiner Arbeit Glück und Segen geben, so wird es Alles verloren sein. Denn, wenn Er nicht Haus halt und regieret, so ist es Nichts mit unserm Haushalten und Regieren. - Was wir besitzen, sind Gottes Gaben, und Er soll allein dadurch geehret, gelobet und gepreiset werden, und wir nicht darinnen unsre Ehre, Freude, Wollust u. s. w. suchen sollen. Also, wenn es uns in diesen Sachen wohl und glückselig gehet, sollen wir also sagen: Das hat der Herr gethan, der hat es also glückselig hinausgeführet, dem sei Lob, Ehre und Dank in Ewigkeit; ich bin allein ein Werkzeug gewesen, es ist allein seine Gabe, nicht mein Werk, ich habe es nicht, sondern Er hat es gethan. Ackern soll ich, dazu kann ich ein Werkzeug sein; daß aber das Getreide wohl geräth, das ist Gottes Gabe, ich habe es durch meine Arbeit nicht zuwege gebracht. Denn, wenn wir es thun könnten, so ertränkete das Wasser das Getreide nimmermehr nicht, es verdorrte auch vor großer Hitze nicht, schlügen es auch die Platzregen und der Hagel nicht darnieder u. s. w. Daran wir sehen, daß es Gottes Gabe ist. Also auch in dem Ehestande. Wenn das Weib unfruchtbar ist; alsdann sehen wir erst, daß Kinder Gottes Gaben sind.

Am 29. Januar.

Wir sind solche undankbare Unfläther, daß wir Gott für so viele und große Wohlthaten, die wir täglich, reichlich und aus lauter Güte und Barmherzigkeit empfahen, nicht ein Deo Gratias singen. Ist das nicht eine Schande? Roch lässet der gütige Vater sich dadurch nicht abschrecken, sondern thut uns immer wohl und alles Gutes. Wenn Er aber in seinen Gaben auszutheilen und zu geben karger wäre, so würden wir Ihm dankbarer sein. Als wenn Er einen jeglichen Menschen nur mit einem Beine oder Fuße ließe geboren werden, und gäbe ihm hernach im siebenten Jahr das andere Bein; im vierzehnten Jahre gäbe Er ihm erst eine Hand, und im zwanzigsten Jahre die andere Hand, so würden wir Gottes Wohlthaten und Gaben besser erkennen, auch viel lieber und werther halten und Gott dankbarer sein, wenn wir derselbigen müßten eine Zeitlang beraubt sein und entbehren. Nun aber überschüttet uns Gott und gibt uns seine Gaben schier alle auf einen Haufen. Jetzt hat Er uns ein ganz Meer voll seines Worts geschenkt; Er gibt uns auch allerlei Sprachen und gute freie Künste umsonst; allein gute Bücher kauft man jetzt wohlfeil und um ein gering Geld; dazu gibt es gelehrte Leute, die da fein, ordentlich und richtig lehren können; also daß ein junger Knabe, der anders nicht gar ein Töpfel ist, in Einem Jahr mehr studieren und lernen kann, denn zuvor in etlichen vielen Jahren. So wohlfeil ist jetzt die Kunst, daß sie schier muß nach Brod gehen. Wehe uns, daß wir so faul, unachtsam, nachlässig und undankbar sind.

Am 30. Januar.

Es reime sich von der Vernunft, wie es wolle, so müssen wir dennoch lernen, daß uns die Vergebung der Sünden, Christus, der Heilige Geist, u.s.w. vergeblich, umsonst und aus lauter Gnaden gegeben werden, ob wir gleich mit unsern großen und gräulichen Sünden das Widerspiel verdienet haben. Man muß, noch soll aber darauf sehen, wie übermäßig und überschwänglich groß der Schatz sei, so uns gegeben wird, und wie gar unwürdig wir solches Schatzes sind. Denn, wo solches geschieht, schrecket ab und zeucht uns zurücke beides, die Größe dieses Schatzes und unsre Unwürdigkeit. Aber so soll man denken, daß Gott wohl gefalle, diesen unaussprechlichen Schatz uns Unwürdigen, die dazumal verdienet hatten den ewigen Gottes Zorn und Strafe, aus lauter Barmherzigkeit, allerdings vergeblich und umsonst frei dahin zu schenken. Gleichwie Christus selbst spricht, Luc. 12, 32: Fürchte dich nicht, du kleine Heerde, denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben. Das Reich, sagt Er, zu geben. Wem will Ers aber geben? Euch Unwürdigen, die ihr eine kleine Heerde seid. Weil ich denn klein und geringe bin, der Schatz aber, so mir gegeben wird, ist groß, ja freilich groß, und überaus groß, so muß ich wiederum gedenken, daß der auch groß sei, ja alleine groß, der mir solchen Schatz schenket und gibt. Weil mir nun, wie Christus sagt, der barmherzige Vater solchen Schatz anbeut und geben will, frage ich gar Nichts nach meiner Sünde oder Unwürdigkeit; sondern sehe allein auf seinen gnädigen väterlichen Willen, so Er gegen mich trägt, und nehme solchen großen Schatz mit allen Freuden an, bin fröhlich und von Herzen dankbar für solche unaussprechliche Gabe, die mir armen, unwürdigen Sünder aus Gnaden, umsonst, durch die Predigt vom Glauben, geschenkt und gegeben ist.

Am 31. Januar.

Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupte alle gezählt. Nicht allein ihr seid bei Ihm gezählet und in seiner Obacht, sondern auch alle eure Glieder, alle Finger, alle Glieder derselben, endlich auch selbst die Nagel, und auch selbst die Haare auf eurem Haupte (welche das allergeringste am Leibe und ein ganz todtes Stück desselben ist,) sind alle gezählet. Und es ist auch nicht ein einziges davon, um das sich Gott nicht bekümmerte, oder das Er nicht wüßte.

In Wahrheit, dieses ist ein herrlicher Trost, und der wichtig herausgestrichen worden, daß nicht allein der Leib und die Seele mit allen Theilen und Gliedern, sondern auch jegliche Haare also gezählet sind, daß der Teufel und die Welt auch nicht ein einziges Haar uns nehmen können, ohne den Willen unsers Vaters. Also sagen wir im Deutschen: Nicht ein Haar krümmen. O was ist das für eine unaussprechliche Sorgfalt eines solchen Vaters? O, was ist der Teufel vor ein elender und ohnmächtiger Teufel, der auch nicht über ein einziges Haar an dem Leibe derer Gläubigen Macht und Gewalt hat! O, wie verflucht ist unser Unglaube, die wir solche so reiche, so herrliche Verheißungen Gottes nicht glauben. Wie könnte einige Furcht, einiger Kummer, einige Traurigkeit, mitten in der Hölle, Statt finden, wo dieses geglaubt wird? Das heißt mit Paulo hochmüthig sein und sagen: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein, Röm. 8, 31. Also mußten die furchtsamen Schäflein ermuntert und beherzt gemacht werden, die mitten unter die Wölfe gesandt wurden. Also mußten die schwachen Sünder aufgeblasen werden, die das Reich des Teufels und der Welt zerstören, den Tod, die Sünde und alles Uebels unter ihre Füße treten und überwinden und das ewige Leben bringen sollten. Da es nun also gewiß ist, daß wir alles mit ohnfehlbaren Vorbewußt und Willen unsers Vaters leiden, so sollen wir mit fröhlichem und freudigem Herzen diesen väterlichen Willen fassen, und diese herrliche und väterliche Sorgfalt Gottes allen Uebeln und Leiden, ob sie gleich noch so wunderlich sind, entgegensetzen, ja alle Trübsalen verschlingen und wie ein Funken ersäufen in diesem Meere der unendlichen Liebe und Sorge Gottes für uns, und mit Verspottung von selbigen reden.

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