Hollaz, David - Von der Kostbarkeit des Blutes Christi
Aus David Hollazens, weyland evangelischen Predigers in Güntersberg in Hinterpommern, eben nicht sehr bekannten Schrift von der Kostbarkeit des Blutes Christi.
Den Armen wird das Evangelium geprediget! Was soll ich euch denn sagen, ihr armen Schäflein, die ihr euch nun so recht elend fühlet, daß alle eure vorhin gebrauchte Trostmittel und Beruhigungsgründe nicht mehr zureichen wollen, und daß alle Schlüsse nichts helfen, noch euch einen wahren Frieden geben können, alle eure guten Sachen und scheinbaren Gerechtigkeiten findet ihr voller Befleckungen und Mängel. Ihr habt nun ein Gesicht der Sünde bekommen; wo ihr hinsehet, sehet ihr Sünde; Eure eigne Gerechtigkeit und euer Bestes wird euch zur Sünde gemacht; Euern Unglauben fühlt ihr mit größter Wehmuth eurer Seele, des gnadenlosen, glaublosen, gottlosen Lebens seyd ihr ganz überdrüßig, und das Andenken des vorigen fällt öfters, wie eine große Last, auf euer armes Herz. Ihr wisset weder aus noch ein, und müstet ganz verloren seyn, wenn nicht eins wäre, daß Christus gestorben, und sein Blut für die Sünder vergossen; Da habt ihr wohl euer Verlangen und Hoffnung hingerichtet, darnach spürt ihr wohl einen Zug und Sehnsucht im Herzen; ihr sehet, daß im Himmel und Erde sonst kein Rath für euch ist; Aber eure eigne Schnödigkeit und Unwürdigkeit hält euch zurück; ihr steht ganz blöde und schüchtern von ferne, indem ihr glaubt, daß weiter auf dem ganzen Erdboden keine so durch und durch verdorbne Menschen wären, als Ihr; und ihr wäret diejenigen nicht, für die das süße Evangelium von unsrer Erlösung durchs Blut Jesu gehöre; Wenn man euch davon sage, so kenne man euch nicht; ihr glaubt, es müssen ganz andre Leute seyn, denen man solche herrliche Gnade anpreise. Ihr lieben, ich verkündige euch im Namen eures, ja eures blutigen Heilandes, die fröliche Botschaft: Wisset, daß ihr mit dem theuern und unschätzbaren Blute Christi erlöset seyd; - Eine andre Erlösung schickte sich für euer großes Elend nicht. - Wollt ihr gern eure Seligkeit, euer Heil wissen, sehet auf den Gecreuzigten; sehet einen rechten Trost in dem Blute und in den Wunden Jesu. - Lasset das das Ein und Alles eurer Seele seyn. - Weil ihr aber meint, ihr wäret nicht die Leute, für die solches gehöre, so sage ich euch: ihr, ha eben ihr seyds, ihr seyd gemeint! Ruft nicht der Heiland solche Mühselige und Beladene? Preiset er nicht solche arme Sünder selig? Ruft er nicht solche zu sich? Nimmt Er nicht solche an? Hat er wohl einen einzigen, der so arm zu ihm gekommen, weggestoßen? Sind nicht bereits viele Millionen, die sich eben so, wie ihr, gefühlet, in die volle Fülle hingegangen? Ja, es ist eine Gnade, daß ihr euch so unwürdig fühlet, daß ihr euch nach seinem Blute so sehnet: Ist daß nicht ein Werk des heiligen Geistes? Ist der Mensch auch wohl von Natur so beschaffen? und - war es nicht nöthig, daß ihr ein solches Gefühl von euerm Zustande bekämet? Konnte euch wohl außerdem der Heiland mit seinem Blute beykommen? - Will Er doch der ganzen Welt gern mit seinem Blute helfen; Sie mag es ja nicht, sie mag nicht einmal gern davon hören. Wie sollte Ers euch, ihr Gnadenhungrige, obwohl Kleingläubige! versagen oder abschlagen? Ihr glaubt schon; euer brünstiges Sehnen und Verlangen ist nicht ohne Glauben; auch ein solches glimmendes Töchtlein will er nicht auslöschen; sondern mehr anblasen; aber glaubet immer mehr, werdet getroster; der heilige Geist wird euch aufhelfen! Denn das sage ich euch, daß es bey dieser großen Gnade lediglich auf den Glauben ankomme; - darum muß euch der Unglaube, und alles mißtrauische Wesen recht aufgedeckt, greulich und abscheulich werden. Denn eben von diesem Unglauben kommen alle eure elenden Umstände, wenn ihr selbigem so viel Raum lasset; daher eure Unruhe, Verdrossenheit, Trägheit, Schläfrigkeit zu göttlichen Dingen; bey allen Uebereilungen werdet ihr finden, daß ihr gerade zu der Zeit ohne den Heiland gewesen, daß ihr euch sein liebes Herz zudecken, und euch von der blutigen Versöhnung abbringen lassen, als in welchem Zustande man allen Sichtungen des Satans offen steht. Dieser Unglaubensgeist, will Jesum bey uns verdächtig machen. Kann er unsre Seligkeit nicht ganz verdecken, so sucht er doch wenigstens, solche zu verdunkeln; dieser muß durch das Blut des Lammes überwunden werden. An den offenen Wunden Jesu haben wir den Beweis, daß sein Herz voll zarter Liebe gegen uns sey: - Auf demnach, ihr Blöden, Armen! Schüchternen! auf zum Glauben! Laßt uns ein Herz zu Jesu fassen! uns auf seine blutige Versöhnung gründen; auf sein theures und glaubwürdiges Wort verlassen; und das erworbne Heil annehmen. Im Glauben ist unsre Genesung. Selig ist, wer da glaubet! Da verschwinden alle fürchterliche Vorstellungen und Gedanken, die unser armes Herz recht auszehren; wenn man aus Jesu einen Mosen macht, der nur fordre, aber keine Kraft gebe; Sie meynten sie sähen ein Gespenst; (Luc. 24,37.) aber Jesus spricht: Sehet meine Hände und Füße; ich bins selber; im Glauben fühlt man ein Leben, eine Seligkeit in der Seele; die Sündenlüste sterben; des Satans Netze schaden uns nicht; Weil aber dieses, insonderheit im Anfange abzuwechseln pflegt, daß man bald gläubig, bald ungläubig scheint zu seyn; so laßt uns darnach trachten, daß es in uns etwas bleibendes werde, wozu uns förderlich seyn kann
- das tägliche und stündliche Gedächtniß des Todes, Blutes, und der Wunden Christi, dahin
- auch sein letztes Testament geht, und auch dazu gesegnet ist.
- Ferner, der tägliche Gebrauch des Evangelii.
- Lasset uns mit unserm Immanuel solches Glaubensbündniß machen, nichts zu glauben oder Raum zu lassen, was uns sein Herz und blutiges Heil verdächtig machen will.
- Versehen wir es etwa, fehlet, vergeht sich etwa eins von uns, so wollen wir uns innerlich vom heiligen Geiste strafen und schelten lassen: aber gleich hinzugehen; bekennen, abbitten, und im Glauben bleiben, Glauben halten, und uns nichts davon abbringen lassen.
Quelle: Wöchentliche Beyträge zur Beförderung der ächten Gottseligkeit.