Gossner, Johannes Evangelista - Am 26. Sonntag nach Trinitatis

Gossner, Johannes Evangelista - Am 26. Sonntag nach Trinitatis

Evang. Matth. 25, 31 - 46

Vom jüngsten Gericht.

Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, darnach das Gericht. Dazu hat Er einen Tag bestimmt, auf welchem Er richten will den Erdkreis mit Gerechtigkeit durch einen Mann, welchen Er bestimmt hat und Jedermann vorhält den Glauben, da Er ihn von den Todten auferweckt hat. So predigte Paulus zu Athen. Apg. 17, 31. Wie nun dieses Gericht vor sich gehen wird, wie dieser dazu bestimmte Mann, der todt war und lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, der nun alle Gewalt hat im Himmel und auf Erden, das Gericht halten wird, das möchte wohl Jeder gern wissen, der an die Zukunft denkt, und gern vor Seinem Gericht bestehen möchte. Die gleichgültigen und rohen Sünder spotten Seiner und Seiner Zukunft zum Gericht, wie die Athenienser. Nun, wer es gern wissen möchte, wie der Herr richten und wer da bestehen wird vor Seinem Gerichte und wer nicht, der lese das heutige Evangelium, wo der Richter selbst es voraussagt, wie er verfahren wird.

Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in Seiner Herrlichkeit und alle heilige Engel mit Ihm, dann wird Er sitzen auf dem Stuhl Seiner Herrlichkeit, und werden vor Ihm versammelt werden alle Völker, und Er wird sie von einander scheiden, gleich als ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet.

Das wird eine Majestät und Herrlichkeit seyn, wogegen alle Majestäten und Herrlichkeiten der Welt nichts sind, und wo alle Großen und Kleinen Respect haben und zittern werden. Da werden sie Alle zunichte werden, und Er allein groß und herrlich seyn. Da werden sie sehen und erkennen, daß Er nur Seine Majestät und Macht ihnen eine Zeitlang geliehen, nun aber sie ausgezogen und Alles an sich gezogen hat, als Sein Eigenthum; da werden alle Richter gerichtet, alle Obrigkeiten und Gewalten zur Verantwortung gezogen werden. Da werden Könige und Bettler gleich ohnmächtig und arm vor Ihm stehen und ihr Urtheil erwarten.

Er wird mit einem großen Hofstaat - mit all den ungezählten Schaaren und Heeren der heiligen Engel kommen, und sich auf den Stuhl Seiner Herrlichkeit setzen, dergleichen die Welt nie gesehen hat. Das wird einen Anblick geben, den Niemand ertragen kann, als der Seine Herrlichkeit hier schon in Gnaden im Herzen erfahren und genossen hat. Wie freut man sich, daß das Kindlein in der Krippe, der nackte verwundete und blutige Mann am Kreuz, so groß, so herrlich, so majestätisch erscheinen wird, daß es endlich aller Welt offenbar wird, was Er ist und welches Ende Seine Schmach nimmt, die all die Seinigen mit Ihm hier tragen müssen bis zu jenem Tage der Offenbarung Seiner Herrlichkeit.

Diese Erscheinung wird Niemand umgehen können - Alle, Alle müssen dabei seyn; es wird Keiner sich entziehen können. Sie müssen Ihn Alle sehen und ihr ewiges Urtheil aus Seinem Munde hören. Wie furchtbar, wie entsetzlich wird die Scheidung seyn, wenn Er anfängt zu sondern die Schafe von den Böcken. Bis dahin hat sich Mancher betrogen, an sich und Andern, und sich oder Andere für Schafe gehalten, obwohl sie Böcke waren und umgekehrt. Aber nun wird es offenbar werden, wer Schaf und wer Bock ist.

Und wird die Schafe zu Seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. Die Rechte und Linke entscheidet. Wer rechts stehen wird, hat ewig gewonnen, wer links stehen wird, hat alle Hoffnung auf ewig verloren - Das wird Freude, das wird Schmerz seyn. Wie Viele werden zur Rechten gestellt werden, die in ihrem Sinn sich links stellten, und wie Viele werden zur Linken unter die Böcke zu stehen kommen, die sich selbst für Schafe hielten und gehalten wurden, und deswegen nichts anders als die rechte Seite erwarteten, wie Newton sagte: Ueber drei Dinge werde ich mich einst wundern, erstens: daß ich Viele werde im Himmel finden, die ich für verloren hielt, zweitens: daß ich Viele nicht dort sehen werde, von denen ich gewiß dachte, daß sie Heilige waren, und drittens besonders aber werde ich staunen, wenn ich dort seyn werde. Wer sich demüthigt, wird erhöht; wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt; wer sich selbst verurtheilt, wird begnadigt; wer sich selbst rechtfertigt, wird verdammt. Es giebt nur zwei Haufen, die hier unter einander leben; aber dort werden sie gesondert stehen.

Da wird dann der König sagen zu denen zu Seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. Vor der Scheidung und Sonderung wußten sie doch nicht, was mit ihnen geschehen würde; aber nun kommt das ewig unwiderrufliche Urtheil. Es lag wohl schon in der Scheidung zur Rechten und Linken, aber sie wußten doch noch nicht was. Aber nun spricht der Richter, den man bis dahin nicht hörte, dessen Wort nichts galt auf Erden bei den Verächtern und Spöttern, bei den Ungläubigen und Gottlosen, bei den Lauen und Gleichgültigen. Jetzt aber muß es gelten, jetzt giebt Er ihm einen ewigen Nachdruck. Nun muß geschehen, was Er spricht, und Jeder muß dahin gehen, wohin Er ihn weist.

O welch ein schönes Wort, welches Er zu denen zu Seiner Rechten spricht: Kommt her! - Hat Er doch seit Seiner ersten Erscheinung auf Erden im Fleische, bis zu jenem Tage Allen, Allen zugerufen: Kommet her zu mir Alle, die ihr mühselig seyd, ich will euch erquicken. Nach Seinem Wunsch und Willen hätten also Alle dies - Kommet her!„ hören sollen, und Alle zur Rechten zu stehen kommen sollen und können, Alle Gesegnete des Vaters werden Alle Sein Reich ererben sollen; es ist für Alle von Anbeginn bereitet. Wie ruft Er im Gleichniß vom Hochzeits- und Abendmahl schon seit achtzehn hundert Jahren Allen: Kommet zur Hochzeit; es ist Alles bereit. Die nun diesen Ruf, diese Einladung im Leben hören, die werden Ihn auch nach dem Tode beim Gerichte hören; die sich segnen ließen vom Vater mit dem Sohne und des Sohnes Verdienst und Blut; die sich Gnade schenken ließen in Jesu, und Ihn aufnahmen in ihr Herz und Leben, die sind die Gesegneten des Vaters, die ererben das Reich. Haben sie denn aber auch bewiesen, daß sie die Gesegneten waren, daß sie tüchtig gemacht sind zum Erbe der Heiligen im Licht? allerdings, Er sagt es selbst, warum Er sie vorzieht, und mit ihnen Sein Reich theilt. Er spricht weiter.

Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeiset; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getränket; ich bin Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt, ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich bekleidet; ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besuchet; ich bin gefangen gewesen, und ihr seyd zu mir gekommen. Das heißt doch: In Jesu Christo gilt nichts als der Glaube in Liebe thätig. Vor Gericht besteht nur die Barmherzigkeit, die an Andern übt, was Gott und Christus an uns gethan hat. Er hat uns in unsern Sünden, Wunden und Beulen, Armuth, Nacktheit, in Banden und Kerker, Krankheit und Tod gefunden, und hat uns gethan, was der barmherzige Samariter am Verwundeten that, hat uns besucht aus der Höhe, hat all unsre Armuth, Krankheit und Schmerzen, Strafe und Bande, Verdammniß und Höllenpein auf sich genommen, hat uns erlöset und Leben und Seligkeit geschenket. Nun erwartet Er, daß wir Ihm in Seinen Armen und Elenden vergelten, und dasselbe im Leiblichen thun, was Er an uns im Geistlichen gethan hat. Und wer das thut aus Liebe und Dankbarkeit, für Sein Leiden und Sterben, für die Vergebung der Sünden und Seligkeit aus Gnaden, Hungrige speiset, Nackte kleidet, Durstige tränket, Fremde herberget, Kranke und Gefangene besucht und tröstet oder pflegt, der beweist, daß er die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen, sein Pfund nicht vergraben, der Reinigung von seinen Sünden nicht vergessen hat; daß er das Blut Christi hoch achtet, daß er viel liebt, weil ihm viel vergeben ist; daß er die Lebensgerechtigkeit mit der Glaubensgerechtigkeit verbunden hat; daß er den geliebt, der ihn zuvor geliebt hat. Und das besteht vor Gericht; das wird gerühmt und als Ursache vom Richter selbst angegeben, warum ihm das Himmelreich zugesprochen wird; die Gnade Gottes, das Verdienst Christi hat an ihm gewirkt und Früchte gebracht, die da bleiben. - Aber was sagen die Gerechten dazu?

Sie werden Ihm antworten und sagen: Herr, wann haben wir Dich hungrig gesehen, und haben Dich gespeiset? oder durstig, und haben Dich getränket? oder als Gast beherberget? oder nackt und Dich bekleidet? oder krank und gefangen und Dich besuchet? Sieh! die werden dastehen, als hätten sie nichts gethan, als hätten sie nichts verdient; sie werden nicht an ihre guten Werke denken, sondern: Da kommt ein Sünder her, der gern durch's Lös'geld selig wär'; die erwarten den Himmel nicht als ihr Verdienst, sondern aus lauter Gnade. Sie denken nicht an gut und fromm - sondern: Wenn Er nur nichts von meinen Sünden sagt, die Er mir vergeben hat; wenn Er mir nur gnädig ist, denn ich bin ein unnützer Knecht. Sie haben ihre guten Werke so vergessen, daß sie Ihn fragen: Wann? wann? wie? wir erinnern uns nicht, daß wir Dir je etwas gethan haben. Daß wir den Armen, Kranken, Nackten, Hungrigen und allen Elenden etwas thaten mit dem, was Du uns gegeben hast, das versteht sich ja von selbst; dafür haben wir nichts verdient und erwartet. Was Du für uns gethan hast, das ist der Rede werth; darauf bauen wir unsere Hoffnung. Du hast uns erkauft mit Deinem Blute, aus allen Zungen und Völkern; Dir gebührt die Ehre! -

Und der König wird antworten und sagen zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr gethan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir gethan. So löst sich das Räthsel. Darum wird kein frischer Trunk Wasser, den Durstigen gereicht, unbelohnt bleiben; Er ist's, dem man es thut. Er nimmt Alles so an und auf, als wäre Er in der Person des Armen, Kranken, Hungrigen und Nackten. Darum ist es unbegreiflich, daß Gläubige, Christen, die Gnade erlangt haben wollen, und sich Christi rühmen, sich nicht mehr der Armen und Elenden annehmen, nicht ihren Glauben thätiger in Liebe werden lassen; sie können doch die Person Christi nirgend anderswo auf Erden finden, als in diesen Elenden, die Er Seine Brüder nennt - können Ihm nichts thun für all Sein Thun und Leiden, als in der Person dieser Unglücklichen. Sollst du nicht, wenn du Christum lieb hast, wenn du glaubst, Er habe dich bis in den Tod geliebet, sollst du Ihn, Seine Person, Seine Brüder nicht aufsuchen, und wenn du vom Aufgang bis zum Niedergang laufen müßtest - Nun liegen sie vor deinen Augen, vor deiner Thüre, in deinem Hause, in deiner Nachbarschaft - schreien dich an, weinen vor dir, seufzen, daß es in deine Ohren dringt - aber nicht in dein Herz! - Man macht tiefe Verbeugungen vor Reichen und Vornehmen; und die Armen, Nackten und Kranken, Hungrigen und Elenden achtet man nicht, da sie doch der Herr, der Allmächtige, der künftige Richter der Lebendigen und der Todten, Seine Brüder nennt, und sie also höher achtet und geachtet wissen will, als Alle, die Ansehn und Ehre vor Menschen haben. Die geringste Gabe, der kleinste Dienst, der ihnen von uns geleistet wird, jede Liebe und Barmherzigkeit, die wir ihnen erzeigen, wird von Ihm bemerkt und angeschrieben, als wäre es Ihm geschehen. Möchten wir doch nie einen solchen Bruder Christi, eine solche Schwester Christi gering achten, und vorübergehen, wie der Priester und Levit, ohne Mitleid zu haben, ohne Barmherzigkeit zu erweisen, ohne Christum in ihnen zu erblicken, ohne zu denken: Was du diesen thust, das thust du Ihm selbst. Er vergißt es nicht bis an den jüngsten Tag - ewig nicht; Er lohnt es mit dem Himmelreich. Das muß Ihm doch das Wohlgefälligste, das Liebste, das Beste seyn, Liebe, Barmherzigkeit an den Hülfsbedürftigen üben, weil Er gerade dieses, und nichts Anderes im Gerichte nennt und anführt, was Ihn bewegt, sie die Gesegneten des Vaters zu nennen, und ihnen das Erbe des Himmelreiches zuzusprechen. Das muß der größte Segen, die höchste Gnade seyn, Christum in den Armen und Leidenden lieben zu dürfen und zu können. Und wenn es ein Verdienst gäbe, so wäre es dieses. Aber es ist Gnade, es ist Geschenk, es ist ein Vorrecht der. Kinder Gottes; es ist ein Segen der Gesegneten des Vaters. Es kommt nicht aus uns; es ist uns gegeben; es ist Sein Werk in uns, wofür wir danken müssen, wenn es uns gegeben wird; wie Augustin sagt: Der Herr belohnt Seine Werke in uns. Er thut's, die Gnade, die Liebe, die ausgegossen ist durch den heiligen Geist in unsere Herzen, die thut es, und Er belohnt also Seine Werke, als hatten wir sie gethan, weil wir uns dazu hergeben, und Seine Gnade in uns wirken ließen.

Dann wird Er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in's ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln. Wie ganz anders klingt das: Gehet hin - in's ewige Feuer, als das: Kommet her - ererbet das Reich! - wie abstechend das: Ihr Gesegneten! und: ihr Verfluchten! wie schrecklich dieses! wie herrlich jenes! O dieser einzige Ausspruch Jesu in der Bibel soll ja alle Gottlosen abschrecken, und sie zur Besinnung bringen, wenn sie bedenken, daß sie diesen Fluch einmal aus dem Munde Jesu hören müssen, wogegen keine Appellation, keine Einwendung, keine Entschuldigung mehr gelten wird. Was der Herr da sprechen wird, bleibt ewig unwiderruflich. Was der gerechte und heilige Richter verflucht, bleibt ewig verflucht. Feuer, ewiges, unauslöschliches Feuer wird ihre Wohnung, ihr Element seyn, in dem sie sich bewegen werden, und keine andere Behausung als die des Teufels und seiner Engel. Die Hölle ist also nicht für die Menschen bereitet, sondern nur für die Teufel; aber wenn die Menschen sich dem Teufel ergeben, und zu Teufeln werden, müssen sie zum Teufel und seinen Engeln in den Ort der Qual, der eigentlich diesen bereitet ist. Für alle Menschen ist der Himmel bereitet und bestimmt, weil alle dazu eingeladen und berufen sind, wie die Gleichnisse vom Hochzeitmahl und vom großen Abendmahl Matth. 22. Luc. 14. beweisen. Zur Hölle ist kein Mensch berufen, und sie ist nicht für Menschen gebaut, sondern nur für die Teufel; darum kommen höllenwürdige Menschen zu den Teufeln in die Hölle, die zum Himmel, zur Seligkeit berufen waren, aber diesen hohen Beruf nicht achteten, sondern sich selbst in die Hölle, in das Feuer des Satans stürzten. Und warum? wodurch?

Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeiset, ich bin durstig - ein Gast - nackt - krank und gefangen gewesen, und ihr habt mich nicht getränket, beherberget, bekleidet, nicht gedient. Christus nennt hier keine Sünden und Laster, sondern bloß diese Unterlassungen der Liebe und Barmherzigkeit, diesen Mangel an Achtsamkeit und Mitleiden gegen das menschliche Elend. Wenn also ein Christ alle Sünden läßt, und heilig und fromm lebt wie ein Engel, oder wenn er Gnade und Vergebung der Sünden zu haben meint, aber er unterläßt diese Liebes-Pflichten, nimmt sich der Nothleidenden nicht an, ist unbarmherzig gegen die, welche seiner Hülfe bedürfen, speist die Hungrigen nicht, tränkt die Durstigen nicht, kleidet die Nackten nicht, besucht Kranke und Gefangene nicht, beherbergt Fremde nicht - so ist das genug, daß ihn Christus einst einen Verfluchten nennen wird, und ihn in's Feuer zum Teufel schicken wird. Denn ein unbarmherziges Gericht wird über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit gethan hat - er sey, wer er wolle. Jak. 2, 13. Wie er eben daselbst sagt: So Jemand das ganze Gesetz hält und sündigt an einem (und zwar am Hauptgesetze der Liebe) der ist des ganzen schuldig.

Da werden sie auch antworten: Herr, wann haben wir Dich gesehen hungrig oder durstig oder einen Gast oder krank oder gefangen, und haben Dir nicht gedienet? Und Er wird ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch, was ihr nicht gethan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir nicht gethan. Wenn Er das nicht vorausgesagt hätte, daß Er es so aufnimmt, so hatten die Unbarmherzigen allenfalls eine Entschuldigung, doch würde sie das Gesetz der Liebe verdammen, das da sagt: Was du willst, das man dir thun soll, das sollst du auch Andern thun. Nun aber, da Er erklärt, daß Er in jedem Armen und Hülfsbedürftigen zu betrachten wäre, und Alles, was man ihnen hartherzig versage, so aufnehme, als hätte man's Ihm versagt, Ihn verachtet und hülflos schmachten lassen, so wird die Verdammniß um so größer. O möchte doch Jeder, der einem Armen oder Elenden etwas abschlägt, daran denken: Das hast du dem Heiland nicht gethan, der so viel für dich gelitten und gethan, dir so viel gegeben und verheißen hat! Beten wir vielmehr um die Gnade, daß es uns vorher einfalle, und der heilige Geist uns daran erinnere, daß wir jedesmal, wenn die Armuth, die Noth, das Elend der Leidenden uns um Hülfe anruft, gedenken: Das ist der Heiland, der steht dahinter - der sieht zu, ob du giebst und hilfst oder nicht. Schlag Ihm nichts ab; was du diesem Elenden nicht thust, das nimmt Er so empfindlich aus, als hättest du es Ihm nicht gethan.

Und sie werden in die ewige Pein gehen, aber die Gerechten in das ewige Leben. So wird Jeder an seinen Platz kommen. Da es aber so klar hier steht, das Loos aller Sterblichen - Tod oder Leben, Qual oder Seligkeit, und ewig, ewig! so lasset uns bedenken, wohin wir ziehen, und welches unser Loos seyn wird. Lasset uns an Jesum so glauben, daß wir Ihn in den Seinen - in Seinen armen Brüdern lieben, so wird uns das Loos auf's Liebliche fallen, und wir werden Ihn sehen, wie Er Ist und Ihm gleich seyn.

Erwacht und herrscht ihr feigen Triebe,
Die Liebe leb in meiner Brust!
Mein ganzes Leben sey nur Liebe
Und Wohlthun meine größte Lust.
Ja nimm - mein Herz - durch dein Erbarmen
Die Last des Jammers von den Armen,
Und lade sie auf dich.

Wir sind ja Jesu Christi Glieder,
Nimm, was dir nöthig ist, von mir!
Er giebt mir, was ich gebe, wieder,
Drum bring ich fröhlich Labsal dir.
Was soll ich dir, für den Sein Leben
Der Herr hingab, o Freund, nicht geben?
Ich geb's ja Jesu selbst!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/g/gossner/hauskanzel_26_nach_trinitatis.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain