Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den Brief an die Philipper

Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den Brief an die Philipper

Philipper 2,7.8

Er entäußerte sich selbst, nahm Knechtsgestalt an, ward gleich wie ein anderer Mensch - erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze.

Seine Entäußerung und Erniedrigung können wir nicht begreifen, weil wir seine Erhabenheit und Herrlichkeit, die er von Anbeginn beim Vater hatte, nicht fassen. Wir können nicht ermessen die Höhe, in der er war, darum können wir auch nicht ergründen die Tiefe, in die er sich herabgelassen hat. Aber genug, wir wissen, er war der Höchste und ward der Niedrigste; er war der Allmächtige und wurde der Ohnmächtigste, der Schwächste; er war der Heiligste und nahm die Sünden aller Welt auf sich. Die Liebe zu uns trieb ihn in diese Tiefen herab. Denn er musste gerade so tief herabsteigen, als tief wir gesunken und gefallen waren, um uns herauszuholen aus dem tiefsten Verderben. Er hat es getan, der treue Gott, und will dafür von uns nichts als Liebe und dass wir mit Dank genießen und besitzen, was er uns durch seine Erniedrigung bis zum Tode am Kreuz erworben hat. Wir sollen davon leben und selig sein, dass er litt und starb. Alles war verloren für den Menschen durch den Fall; Alles wurde wieder erfunden und hergestellt durch die Erniedrigung Gottes. Alle Menschen waren Gefangene und Sklaven der Sünde, des Todes und der Hölle, Alle wurden frei, erlöst, losgekauft durch die Verkaufung, die Bande, die Gefangenschaft und das Kreuz des Sohnes Gottes. Alles Blut auf Erden war verdorben, vergiftet und verflucht; Alles kann gerettet, geheilt, gesund und gesegnet werden durch das Blut des Versöhners.

Philipper 2,12-16.

Wirket euer Heil mit Furcht und Zittern - damit ihr ohne Tadel und lauter seid, als unsträfliche Kinder Gottes mitten unter dem unschlachtigen und verkehrten Geschlechte, unter welchem ihr leuchtet als Himmels-Lichter in der Welt, indem ihr festhaltet am Worte des Lebens, mir zum Ruhm am Tage Christi, dass ich nicht vergeblich gelaufen, noch vergeblich gearbeitet habe.

Wie könnte es einem Lehrer, einem Vater oder einer Mutter gleichgültig sein, ob die, an denen man arbeitet, gedeihen oder nicht? Welche Freude für jeden Gärtner, wenn seine Pflanzen wachsen, seine Bäume Früchte bringen! Welche Freude für den Landbauer, wenn sein Acker, den er mit Mühe gepflügt, im Schweiße besäet hat, reichliche Ernte gibt. Doch freuet man sich mit Zittern und bittet die, an denen man arbeitet, wie Paulus die Philipper bat: Fürchtet euch vor euch selbst, zittert vor eurer Schwachheit und Geneigtheit zum Schlafe, zur Sicherheit, zur Trägheit und lasst euch diese heilsame Furcht (denn knechtische Furcht sei fern von euch!), dieses von der Gnade erweckte Zittern nicht verzagt machen, sondern vielmehr treiben, desto mehr auf den Herrn zu vertrauen, der Wollen und Vollbringen in euch wirken kann und will; dass ihr wirklich Lichter in der finstern Welt seid, dass ihr durch euren frommen Wandel euch so auszeichnet und unterscheidet von den Ungeschlachten, wie sich die Sonne von der Nacht unterscheidet. So sollt ihr da stehen, wo ihr stehet, in eurem Hause, in eurer Familie, oder in der Umgebung, in dem Kreise, in dem ihr lebet, wie ein Licht auf dem Leuchter; so solltet ihr euer Licht leuchten lassen, dass es den finstern, blinden Ungläubigen in die Augen falle, dass sie fragen: wo kommt dies Licht her? Dann weiset ihr auf den, der euer Licht ist und der alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Haltet fest am Worte des Lebens, so werdet ihr leben und leuchten. Wo Leben ist, wo lebendiges Wort ist, wo das Wort lebt im Herzen, da ist Licht, da bricht es heraus und leuchtet. Wo aber nur das tote Wort in Kopf gefasst ist und auf der Lippe schwebt, da ist kein Licht und keine Wärme des Lebens, sondern Tod und Finsternis; da ist keine Erbauung, kein Wachstum, kein Wirken des Heils. Und solche sollten billig anfangen mit Furcht und Zittern, vor ihrem toten Wesen, ihr Heil zu suchen und zu wirken.

Philipper 3,13.14.

Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus zu dem, was vor mir ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziele, nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo.

Ich achte alles für Unrat, auf dass ich Christum gewinne und in ihm erfunden werde rc. Philipper 3,8.9.

Du suchst dir vieles, du strebst nach allerlei. - Eins, Eins fehlt dir doch, ein Kleinod, das alles in sich fasst. Suchst du und findest du dieses nicht, so wirst du am Ende nichts haben, weil du das Eine nicht hast, außer dem Alles nichts ist. Weißt du nicht, wer die Hand an den Pflug legt und zurück sieht, der taugt nicht ins Reich Gottes? Vorwärts! - Vor dir liegt das Kleinod; siehe nicht zurück auf das, was hinten liegt; lass Alles liegen und folge mir, ruft dir Einer von oben, der dir dies Eine vorhält. Achte Alles für Schaden, was Gewinn genannt wird auf Erden. Es ist nur Ein Gewinn. Christum gewonnen, Alles gewonnen; Christum verloren, Alles verloren. Wie Vieles liegt dir noch in deinem Sinn, in deiner Begierde! Wer nach einem vorgesteckten Ziele läuft, hat nur dasselbe Ziel immer im Auge; denn, so wie er dieses aus dem Auge verliert, läuft er Gefahr, sich von dem Ziele eher zu entfernen, als sich ihm zu nähern, oder auf Seitenwege zu geraten, oder lauter vergebliche Schritte zu tun. Unser Beruf ist himmlisch, göttlich: darum sei auch unser Sinn, unser Streben und unser ganzes Wesen und Wirken zum Himmel, zu Gott, zu Christus gerichtet. Weg Welt! weg Sünde! weg Ehre und Lust! weg Alles aus meinem Sinn und Herzen! Christus! Christus! du allein sei mein Ziel, mein Kleinod, nach dem ich ringe, bis ich dich ganz besitze und ganz in dir erfunden werde!

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