Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den 2. Brief an die Korinther

Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den 2. Brief an die Korinther

2. Korinther 5,19a, 21

Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst und rechnete ihnen ihre Übertretungen nicht an - Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gottes Gerechtigkeit würden.

So hat Gott die Welt geliebt, die sündige, treulose, versunkene und undankbare, das er seinen unschuldigen heiligen und gerechten Sohn opferte, als wenn ihm die große schändliche Sünderin lieber wäre, als sein allerliebster Sohn. Wer heute, wenn er Gottes Sohn am Kreuze sterbend erblickt, sterbend für alle Sünder, getötet für die Toten, wer hier nicht lesen lernt die Heilige Schrift Gottes, die er allen Menschen geschrieben hat, um sie einzuladen zu seinem großen Abendmahle, um sie zu bitten: Lasset euch versöhnen mit Gott! Wer am Kreuze dies nicht lesen, nicht verstehen, nicht glauben lernet, wird es nimmer mehr lernen; denn da steht es mit Flammenschrift geschrieben, da wird es so laut und allgemein verstehbar, so nachdrücklich und so einnehmend wie möglich gepredigt, was Moses ahnte und sprach: Wie hat doch der Herr die Leute so lieb! O stellt euch alle hin auf Golgatha zum Kreuze Christi und schaut ihn im Geiste so lange an, bis die Fülle der Liebe Gottes, womit er uns im Tode seines Sohnes geliebt hat, Herz, Geist und Seele, Mark und Bein und euer ganzes Wesen durchdrungen hat, bis ihr mit ganzer Seele sagen könnet: Lasset uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt! Doch hier helfen nicht Worte; du musst selbst gehen nach Golgatha, musst schauen den Sohn der Liebe am Kreuz für dich bluten, mit unverwandten Blicke bei ihm verweilen. Er, sein Blut, sein Tot, seine Wunden, das Neigen seines Hauptes voll zu dir sprechen- horch nur! Und alles in dir schweige.

2. Korinther 6,4-6

In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes - in ungefärbter Liebe.

Der Herr aber richte eure Herzen zur Liebe Gottes und zur Geduld Christi. 2. Thessalonicher 3,5.

Die schönste Richtung des Herzens ist, wenn es sich nach Pauli Wunsch zur Liebe Gottes und Geduld Christi richtet. Alle andere Richtung des Herzens ist verkehrt. Prüfe dich, wohin dein Herz gerichtet ist? wohin zielt es? was wünscht es am meisten und am heißesten? mit welchen Dingen beschäftigt es sich am liebsten und öftersten? Wer wohnt eigentlich in deinem Herzen? was geht gewöhnlich bei dir aus und ein? was betrübt, was erfreut dein Herz am meisten? Diese Fragen stelle öfters unter Gebet und Flehen an dein Herz, so wirst du die Richtung deines Herzens erkennen, ob es zur Liebe Gottes und Geduld Christi, oder zur Liebe der Welt, zur Eigenliebe, Geld- oder Ehrliebe, oder zur Lust des Fleisches geneigt und gerichtet sei. Findest du die falsche Richtung, die verkehrte Hinneigung deines Herzens zu Dingen außer Gott und Christus, so beweine dein Elend, und seufze und ringe, flehe ohne Unterlass zu Gott und Christus, dass er deinem Herzen die gerade Richtung zu seiner Liebe, zu seinem Kreuze gebe. Die Geduld Christi ist sein Dulden, Leiden und Sterben für uns, ist sein Gehorsam bis zum Tode, der uns versöhnen und auch geduldig und gehorsam machen muss. Sei kein Schönfärber! Färbe deine Liebe nicht - d. i. heuchle nicht Liebe mit der Zunge, sondern erbitte dir ungefärbte, unverstellte, aufrichtige Liebe, die sich innerlich und äußerlich gleich brünstig und tätig beweist, und in gerader Richtung nur auf Gott und Christus zielt.

2. Korinther 6,16.

Ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott selbst spricht. Ich will in ihnen wohnen und in ihnen wandeln; ihr Gott will ich sein, und sie sollen mein Volk sein.

Wo ist ein so herrlich Volk, zu dem Götter also nahe sich tun, als der Herr, unser Gott, so oft wir ihn anrufen? 5. Mose 4,7.

Welch eine Gemeine, die ein Tempel des lebendigen Gottes ist! Ein lebendiger Gott muss einen lebendigen Tempel haben. Die toten Götzen wohnen in toten, steinernen Häusern. Welche Herablassung Gottes zu uns! Wie soll uns diese Liebe beschämen? wie sollen wir als Tempel Gottes Leib und Geist dem Herrn heiligen. 1. Korinther 6,20. Seele, wie kannst du je vergessen, wer in dir wohnet, wessen Haus und Tempel du bist? Dein Herz ist dem Herrn geheiligt durch das Blut Christi, mit dem du erkaufet bist; zerstöre, entweihe, schände diesen Gott geweihten Tempel nicht durch unwürdige Gedanken und Gesinnungen; vielmehr soll dich der Gedanke: Gott wohnet und wandelt in mir! zu unermüdeten Wachsamkeit erwecken, und darin beständig erhalten, dass du des Gottes würdig wandelst, denkest, redest und handelst, der sich so tief zu dir herablässt, so nahe bei dir bleibt und dich so hoch erhebt und ehret, da er dein Herz zu seiner Wohnung, zu seinem Throne erwählet hat. Wir können das alles ja kaum glauben, denn es ist zu groß, zu viel, zu gnädig; aber Christus hat es selbst gesagt. Johannes 14,23. Und da der Herr es schon im alten Bunde so feierlich angekündigt und verheißen hat; da wirklich jede fromme Seele, die in ihr Herz einkehrt, und mit Glauben und Demut den Herrn inwendig sucht, ihn findet und seinen Umgang genießt, so können wir nicht zweifeln; wir haben was wir glauben, und was uns der Wahrhaftige verheißen hat. Lasst uns nur sein Volk sein, d.h. ihm von Herzen treu ergeben, mit Blut und Gut anhänglich sein, so wird er nicht aufhören, unser Gott, unser Immanuel zu sein.

2. Korinther 12,20.21.

Ich fürchte, dass ich bei meiner Ankunft euch nicht finde, wie ich wünsche, und ihr mich auch nicht findet, wie ihr wünschet; ich fürchte, es möchten Streitigkeiten, Eifersucht, Zorn, Zwist, Verleumdungen, Ohrenbläsereien, Aufgeblasenheit, Unordnungen unter euch sein - und dass ich also viele betrüben müsse, die vorher gesündigt und nicht Buße getan haben rc.

Es kann sich bei erweckten Christen viel einschleichen und manche Sünde wieder erwachen, wenn die Erweckten nicht wachen. Alle die von Paulus genannten Dinge kommen oft wieder zum Vorschein, und wenn man denn leicht darüber hingeht, sich dennoch immerhin für gläubig, erweckt und bekehrt hält, ohne darüber Leid zu tragen, Buße zu tun und solche Dinge auszurotten, so geht man in einem verblendeten und verkehrten Zustande dahin, der ärger ist, als wenn man nie etwas von Christo gehört hätte. Man hält fest an seinen Andachten, am Singen, mündlich Beten, Lesen, Stunden halten und was so gang und gebe ist, ändert und bessert sich aber nicht und hält sich doch für einen Christen. Da sieht man 2. Petrus 2,20.21.222. O ihr Lieben! denket immer, wenn Paulus, wenn Christus käme und unter uns hereinträte, wenn er Zeuge all unserer Handlungen wäre, würde er uns nach Wunsch finden? würden wir ihn finden, wie wir ihn wünschen? Hat Paulus in seinen Gemeinen solche schändliche Dinge angetroffen; könnte er's nicht auch noch in den unsrigen finden? Und was für ein Gesicht würde er dazu machen? „Soll ich euch loben? oder soll ich mit der Rute kommen? Denn nicht in Worten besteht das Reich Gottes, sondern in der Kraft.“ (1. Korinther 4,20.21.) Es betrüge sich doch niemand, der sich selbst wohlgefällt, sondern er betrachte sich in dem Spiegel des Wortes und prüfe seinen Wandel nach der Richtschnur der Wahrheit.

2. Korinther 13,5

Versuchet euch selbst, ob ihr im Glauben seid; prüfet euch selbst. Oder erkennet ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist? Es sei denn, dass ihr untüchtig seid.

Die Korinther standen im Glauben, waren apostolische Christen, von den Aposteln selbst zum Glauben geführt und in demselben geleitet; dennoch rät ihnen Paulus diese Prüfung, und dringt mit Ernst darauf. Sind wir besser, sicherer, als die Korinther? Sollen wir uns nicht vielmehr alle Tage fragen: Ist Christus in deinem Herzen, oder auf deiner Zunge, nur in deinem Kopfe, in Sprüchen und auswendig gelernten Worten? Wenn Christus, als der gute Baum, in dein Herz gepflanzt ist, so musst du ihn an den Früchten erkennen. Wo Christus ist, ist Christi Sinn und Leben. Wo der Glaube an Christus ist, sind auch die Früchte des Glaubens und der Liebe. Wo Christus im Herzen ist, da ist die Welt und der Teufel ausgefahren, denn Christus und Belial, Gott und die Welt, können sich in Einer Herberge mit einander nicht vertragen. Hast du den Sinn und Wandel Christi nicht, die Früchte des Glaubens nicht, so hast du auch Christum und den Glauben an Christum nicht. Und hast du ihn nicht, so lässt die Welt und der Satan die Herberge deines Herzens nicht leer stehen, so ist Welt und Satan in dir, denen du heute noch die Herberge aufkünden sollst; und nicht nur das, ohne Verweilen, ohne Bedenken sollst du sie mit ihrem ganzen Anhange hinauswerfen.

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