Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den 1. Brief an Timotheus
1. Timotheus 2,1-4
Vor allem ermahne ich, dass man Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagung verrichte für alle Menschen, für Könige, Obrigkeiten rc. denn das ist gut, und wohlgefällig vor Gott, welcher will, dass alle Menschen selig werden. Wenn aber jemand die Seinen, besonders seine Hausgenossen, nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet, und ist ärger als ein Heide. 1. Timotheus 5,8.
Einem wahren Christen liegt das Heil aller Menschen am Herzen: Er sieht in jedem Menschen den Preis und Wert des teuren Blutes Christi. Es fällt ihm beim Anblick jedes Menschenkindes ein: Ach! auch für diesen starb mein Erlöser am Kreuze; auch dieser ist erkauft mit seinem Blute; auch für diesen ist Heil und Seligkeit bereitet; auch der ist geladen und berufen zum Abendmahle des Lammes. Und wie könnte ein Herz, das Jesum und sein Reich liebt, solche Gedanken haben, ohne zugleich mit Gebet und Flehen sie dem zu empfehlen, welcher die Schlüssel zu allen Herzen hat, welcher einen Hammer hat, der Felsen zerschmettert, welcher die Herzen der Menschen lenken kann, wie Wasserbäche? Vor andern muss jedem frommen Gemüte die Jugend am Herzen liegen, welche der Satan und die Welt besonders in ihr Verderben zu ziehen suchen. O du blühende Jugend! wenn ich dich erblicke, so möchte ich dich dem Herrn Jesu in die Arme legen; der würde dich schön führen; der würde dir so wohl tun. Warum sollte denn das Blut Jesu an dir verloren gehen! Lass es doch auffassen! Lass mich es dir in dein Herz legen! Es wird dir Freude und Friede bringen, die dir die Welt nicht geben kann. Ist aber dem Christen am Heile aller Menschen gelegen, wie vielmehr muss es ihm angelegen sein, dass seine Kinder, Freunde, Hausgenossen gerettet werden. Wie könnte er Andere retten und die Seinigen verloren gehen sehen? Paulus nimmt das so genau, dass die Verwahrlosung seiner Hausgenossen in seinen Augen eine Verleugnung der Religion und ärger als das Heidentum ist. Willst du nun nicht allen Glauben verleugnen, oder all dein Beten, Lesen, Singen, all dein Wissen, Glauben und Hoffen auf Christum vereiteln, willst du nicht schlechter und ärger als ein Heide dastehen, so beeifere dich um dein und der Deinigen Heil mit mehr Ernst als bisher, und ruhe nicht, bis du dich und dein Haus selig gemacht hast.
1. Timotheus 4,8.
Übe dich in der Gottseligkeit, denn die leibliche Übung ist wenig nütze; aber die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütze, und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens.
Um gottselig zu sein, musst du in Gott und Gott muss in dir sein. Die Liebe ist gewiss gottselig, denn sie bleibt in Gott und Gott bleibt in ihr. Liebe also Gott von ganzem Herzen, so wirst du gleich erfahren, was Gottseligkeit, was in Gott selig sein heiße. Suche seine Gnade und die Vergebung deiner Sünden durch deinen Heiland, oder, wenn du dieses große Gut schon empfangen hast, so bleibe in dem, der dir vergeben hat, und habe deine Lust an ihm, so wirst du unaussprechlich selig sein, eine Freude und einen Frieden genießen, den dir niemand nehmen kann. Was nun diese Freude und Seligkeit erhält und erhöht, darin musst du dich üben. Und was könnte dich denn seliger in Gott machen, als der kindliche Umgang im Geiste mit ihm, und das Leben der tätigen Liebe gegen deinen Nächsten. Gott, Christus ist die Seligkeit selbst, die Quelle aller Seligkeit; wer sich an diese Quelle von ganzem Herzen hält, sich beständig darin übt, dass er sich der Quelle nähert, darnach dürstet und verlangt, der wird auch reichlich aus ihr zu trinken bekommen, wird trunken werden von den reichen Gütern seines Hauses. Wer dann im Gefühle seiner Gottseligkeit auch andere dieser Freude teilhaftig zu machen sucht, und sie zu dieser Quelle führt, der wird noch seliger werden, indem Anderer Freude nun auch seine Freude wird, und die seinige erhöht. So hat die Gottseligkeit die Verheißung. dass sie hier und drüben den größten Gewinn verschafft, was kein Gut und Glück der Erde verschaffen kann; sie ist selig, immer selig - im Leben und im Tode, in dieser und in der zukünftigen Welt; denn nichts kann sie trennen von Gott, ihrem Urheber und ihrer Quelle.