Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (68).

Nr. 68 (C. R. – 308)

Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (68).

Das Regensburger Gespräch wurde geführt zwischen den evangelischen Theologen Melanchthon, Butzer und Pistorius und den katholischen Pflug, Gropper und Eck, geleitet sollte es werden von Granvella und Friedrich von der Pfalz. Morelet de Museau, der französische Gesandte bei der Eidgenossenschaft, war mit Calvin persönlich bekannt und der Reformation nicht abgeneigt. Die Besprechung über das Abendmahl, in der Calvin sein Votum abgab, wurde der anwesenden Fürsten wegen in deutscher Sprache gehalten, die Calvin trotz zweijährigen Aufenthalts in Straßburg nicht verstand.

Vom Religionsgespräch zu Regensburg. Bemühungen für die Hugenotten.

Wenn es mich aus vielen Gründen verdrießt, hier zu sein, so reuts mich doch nicht, gekommen zu sein. Du glaubst, ich sei verrückt; aber ich weiß, was ich sage. Dass ich nicht unvernünftig rede, sollst du einmal im Gespräch hören. Jetzt entnimm der Erzählung, so viel du kannst, davon. Unsere Delegierten verhandelten über die Erbsünde ohne Schwierigkeit. Dann folgte die Disputation über den freien Willen, die im Sinn Augustins erledigt wurde; in beidem ging es ganz, wie wir wollten. Über die Rechtfertigung war der Kampf heftiger. Schließlich wurde eine Formel augestellt, die man beiderseits mit gewissen Verbesserungen annahm. Ich weiß, du wirst dich wundern, dass die Gegner soviel zugestanden haben, wenn du das Blatt durchliesest, das du im Wortlaut der letzten Redaktion beiliegend findest. Denn die Unsern hielten die Hauptsache der wahren Lehre fest, so dass in der Formel nichts steht, was nicht auch in unsern Schriften vorkommt. Ich weiß, du wünschtest eine deutlichere Erklärung und hast mich darin zum Gesinnungsgenossen. Aber wenn du bedenkst, mit welchen Leuten wir zu tun hatten, so wirst du einsehn, dass viel erreicht ist. Dann ging man zur Kirche über; in der Feststellung des Begriffs deckten sich die Meinungen; in der Frage nach der Macht begann man voneinander abzuweichen. Da man sich durchaus nicht einigen konnte, beschloss man, den Punkt wegzulassen. Über die Sakramente [im Allgemeinen] zankten sie etwas, da aber die Unsern ihnen ihre Zeremonien als neutrale Dinge zulassen, kann man weiter zum Abendmahl. Die Wandlung, das Aufbewahren und Herumtragen [der geweihten Hostie] und die andern abergläubischen Bräuche wurden abgewiesen. Das erschien den Gegnern unannehmbar. Mein Kollege [Butzer], der für die Einigung ganz Feuer und Flamme ist, murrte und schalt, dass Fragen der Art ganz unzeitig berührt worden seien. Philippus strebte eher aufs Gegenteil, durch schärfste Betonung der Gegensätze jeden Schein eines möglichen Friedensschlusses zu zerstören. Nach einer Beratung unter sich riefen unsere Delegierten uns zusammen. Man hieß uns alle der Reihe nach unsere Meinung sagen: es war nur eine Stimme, die Wandlung sei eine erdichtete Geschichte, die Aufbewahrung ein Aberglaube, die Anbetung [der Hostie] sei Götzendienst oder zum mindesten eine Gefahr, da sie geschehe ohne Gottes Wort. Auch ich musste in lateinischer Sprache sagen, was ich meine. Obwohl ich keinen von den andern verstanden hatte, so verurteilte ich doch frei heraus, ohne Furcht, damit Anstoß zu geben, die leibliche Gegenwart [Christi in der Hostie], und fügte bei, die Anbetung sei für mich etwas Unerträgliches. Glaube mir, in solchen Verhandlungen braucht man starke Geister, die die andern fest machen. Bittet Ihr bei Euch fleißig den Herrn, dass er uns helfe mit diesem Geist der Stärke. Drauf verfasste Philippus ein Schreiben, Granvella aber wies es, als man es ihm brachte, mit scharfen Worten zurück, weil die drei Delegierten uns davon berichtet hätten. Da Solches schon auf einem Grenzgebiet [der Frage] geschieht, so denke dir, wie viel Schwierigkeiten noch übrig sind bei der Privatmesse, der Opferlehre, dem Laienkelch. Was solls geben, wenn es zu einem offenen Bekenntnis [über die Frage] der Gegenwart [Christi beim Abendmahl] kommt? Wie heiß wird da der Streit werden! Dein Brief wurde mir von Plumassiez im zweiten Monat, nachdem du ihn geschrieben, übergeben. Es wundert mich, wenn nicht bald ein anderer ihm folgt. Das Wohl der Brüder [in Frankreich] liegt mir, wie es sich gehört, am Herzen, doch stecken wir immer noch fest durch das Hindernis, das du kennst. Morelet, der deshalb hergesendet ist, bemüht sich eifrig, diesen Knoten aufzulösen. Es leuchtet mehr Hoffnungslicht als gewöhnlich; denn der Landgraf beginnt an der Stelle, von der er alles hoffte, die Täuschung zu merken; so wird er sich unserm [König] nähern. Geschieht das, so wird, zweifle nicht daran, für die Brüder ganz besonders gesorgt, und Morelet, der ja ein frommer und mutiger Mann ist, hat sich mit aller Kraft darauf verlegt. Glaub´ mir, er hat sich bis jetzt redlich gemüht. Aber es ist nichts weiter erreicht, als dass sie straflos heimkehren dürften, sobald sie beim Bischof abschwüren. Der Erzkanzler ist uns der Widerwärtigste; der Herr vertilge oder bessere ihn! Lebwohl bester, allerliebster Bruder. Grüße alle Brüder freundlich. Der Herr Jesus behüte Euch.

Regensburg, 11. Mai 1541.
Dein J. Calvin.

Philippus und Butzer lassen grüßen. Vorgestern als wir beim Landgrafen zu Mittag aßen, wurde deiner freundschaftlich gedacht. Besorge die Formel an die Berner. Du verdienst dir damit Dank.

Dein J. Calvin.

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