Nr. 342 (C. R. – 1661)
Calvin, Jean - An den Rat in Genf.
Wohl infolge von Calvins Klage reichte Trolliet Gegenklage wegen Beleidigung in einer Predigt ein, in der Calvin diejenigen, die in den Wirtschaften seine Lehre lästerten, Kanaillen genannt habe.
Verteidigung gegen Trolliets Vorwürfe.
Erstlich bestreitet besagter Calvin, dass der Wortlaut in der Sonntags, den 12. Juni, gehaltenen Predigt so gewesen sei. Aber weil im Text, den er erklärte, die Rede war von dem Bann, den St. Paulus und St. Barnabas aussprachen, und dem Fluch, den sie gegen die Verächter und Gegner des Wortes Gottes schleuderten [Apg. 13, 7 ff.], da wendete besagter Calvin dies, wie es sich gehörte, auf unsere Zeit an und erklärte, es gebe, wie man heute sehe, verschiedene Arten unglückseliger Menschen, die dem Wort Gottes widerständen. Unter ihnen nannte er die, die seine Lehre in den Wirtshäusern verlästerten. Damit man ihm aber nicht erwidern könne, dass Widerstand gegen ihn noch kein Angriff auf Gott sei, so bezeugte er, wie es seine Pflicht war, dass er von Gott habe, was er lehre, wie sein Gewissen es ihm bezeuge. Auch rief er dafür als Zeugen auf alle wahren Gläubigen und sagte, wenn sie im Glauben seine Lehre aufgenommen hätten, so hätte sie eine gute, genügende Beglaubigung dafür in ihrem Herzen. Endlich zum Schluss mahnte er alle guten Christen, fest und standhaft zu sein gegen alle solchen Gottlosigkeiten, Gegenreden und Spöttereien über Gottes Wort, alle solche Kanaillen zu verabscheuen und sie für fluchwürdig zu halten, umso mehr, als man sich selbst an ihnen beflecke, wenn man sich nicht fern von ihnen halte nach dem Gebot unseres Herrn Jesu Christi, und sagte auch, er würde sie verwerfen und bannen, wenn es bei ihm stünde. Das ist der Wahrheit gemäß und ohne alle Verkleidung die Art, wie er vorging.
Wenn besagter Trolliet zu diesen Leuten gehört, so beruft sich Calvin damit auf ihn selbst. Wens juckt, der kratzt sich, wie das Sprichwort sagt. Was besagter Trolliet noch beifügt, er hätte Calvin widersprochen, wenn ihn nicht eine gewisse Furcht abgehalten hätte, das zeigt, wie bescheiden und ruhig er ist und beweist zur Genüge, dass er sich damals schon schuldig fühlte. Deshalb ists auch gar nicht nötig, dass man [seine Schuld] erst nachweist. Übrigens, hohe Herrn, eine solche Klage sollte gar nicht von Ihnen angenommen und gehört werden; vielmehr ist es Ihre Pflicht, sie energisch zu unterdrücken und zu strafen als Schmähung und Geschwätz, das keinen andern Zweck hat, als den Frieden der Kirche zu stören, alle Ordnung und Zucht, die wir von Gott haben, umzustoßen und die Ehrfurcht, die man der Predigt schuldig ist, zu vernichten. Und wenn genannter Trolliet schon vorher gefehlt hat, so macht er sein Vergehen nur immer noch schlimmer.
Wenn nun besagter Trolliet sich rühmt, er sei ebenso gut imstande, die Sakramente zu empfangen, wie besagter Calvin, sie zu verwalten, so musste er sich doch zuerst besser darauf vorbereiten. Übrigens möge er sich daran erinnern, dass St. Paulus sagt: Darum ist einer noch nicht tüchtig, dass er sich selbst lobet [2. Kor. 10, 18]. Wenn er benannten Calvin beschuldigt, ihn ohne Ursache beleidigt zu haben, so tut er ihm großes Unrecht. Und an Ihnen, hohe, sehr verehrte Herren, ists, nicht zu dulden, dass einer so frech ist, zu schmähen gegen einen Pfarrer, der seine Amtspflicht erfüllt. Denn zum mindesten war es wohl getan, dass besagter Calvin die Lehre festhielt, die er vorträgt, da er weiß, dass sie von Gott ist. Denn St. Paulus sagt, die Diener am Wort seien nicht nur geordnet zu lehren, sondern auch den Widersachern das Maul zu stopfen [Tit. 1, 9 – 11], und Menschen dürfen ihnen das Recht nicht rauben, das Gott ihnen gegeben hat. Ja, sie müssen notwendig auch Verteidiger der Lehre sein, die sie predigen, wie derselbe Apostel sagt. Nicht, dass besagter Calvin verlangte, bloß unter dem Vorwand seines Amtes unterstützt zu werden, sondern nur, wenn Sie wissen, dass er sich darin treulich, und wie er soll, benimmt.