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Brenz, Johannes - Sonntag Oculi.

Brenz, Johannes - Sonntag Oculi.

1538.

Luk. 11, 14-28.

Und Jesus trieb einen Teufel aus, der war stumm. Und es geschah, da der Teufel ausfuhr, da redete der Stumme. Und das Volk verwunderte sich. Etliche aber unter ihnen sprachen: Er treibt die Teufel aus durch Beelzebub, den Obersten der Teufel. Die Andern aber versuchten ihn, und begehrten ein Zeichen von ihm vom Himmel. Er aber vernahm ihre Gedanken, und sprach zu ihnen: Ein jeglich Reich, so es mit ihm selbst uneins wird, das wird wüste, und ein Haus fällt über das andere. Ist denn der Satanas auch mit ihm selbst uneins, wie will sein Reich bestehen? Dieweil ihr sagt, ich treibe die Teufel aus durch Beelzebub. So aber Ich die Teufel durch Beelzebub austreibe, durch wen treiben sie eure Kinder aus? Darum werden sie eure Richter sein. So ich aber durch Gottes Finger die Teufel austreibe, so kommt je das Reich Gottes zu euch. Wenn ein starker Gewappneter seinen Palast bewahret, so bleibt das Seine mit Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt, und überwindet ihn, so nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf er sich verließ, und teilt den Raub. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so durchwandelt er dürre Stätten, sucht Ruhe, und findet ihrer nicht; so spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er es mit Besen gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin, und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind, denn er selbst; und wenn sie hinein kommen, wohnen sie da, und wird hernach mit demselbigen Menschen ärger, denn vorhin. Und es begab sich, da er solches redete, erhob ein Weib im Volk die Stimme, und sprach zu ihm: Selig ist der Leib, der dich getragen hat, und die Brüste, die du gesogen hast. Er aber sprach: Ja, selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren.

Das Evangelium, das wir vorgelesen haben, ist gar lang und umfasst Vieles, erwähnt aber vornehmlich jene so schwere Sünde wider den Heiligen Geist, welche die Pharisäer durch ihre Lästerungen begangen haben. Wir wollen nun solches kürzlich durchnehmen, um uns vor Lästerungen und anderen Sünden warnen zu lassen und auf den Weg des Heils zurückzukehren.

„Er trieb einen Teufel aus, der war stumm. Und es geschah, da der Teufel ausfuhr, da redete der Stumme.“ Ein erstaunliches Wunder, das die göttliche Macht Christi offenbar kundgibt. Nichtsdestoweniger jedoch lästern die Pharisäer dies Wunder und sagen, dass Christus mit Hilfe des Beelzebub die Teufel austreibe. Was tut nun Christus dabei? Zuerst zeigt er mit den deutlichsten Beweisen, es sei eine bloße Lästerung; zweitens hält er ihnen ihre schwere Sünde vor (denn er nennt sie Sünde wider den Heiligen Geist); endlich weissagt er ihnen das künftige Gericht, so sie nicht Buße täten.

Die Beweise, womit Christus die Lästerung der Pharisäer widerlegt, sind folgende. Erstens: wenn ein Teufel den anderen austriebe, so könnte das Reich des Satans nicht bestehen, „weil ein jeglich Reich, so es mit sich selbst uneins wird, wüste wird.“ Aber kein Reich ist fester, als das des Satans, denn es hat schon viel tausend Jahre gewährt und die Teufel hängen gleich einer Kette an einander. So ist's denn offenbare Lästerung, dass sie sagen, der Satan werde mit Hilfe des Satans ausgetrieben. Zweitens: die Kinder der Juden, d. i. die Apostel oder die Geisterbeschwörer, trieben Teufel aus, und die Pharisäer gaben zu, dass es durch göttliche Kraft geschehe. Das nämliche Werk also schrieben sie bei Christo dem Satan zu, das sie bei den Aposteln göttlicher Kraft zuschrieben. Was ist dann Lästerung, wenn das keine ist? Drittens: Ich binde vielmehr des Satans Kraft, als dass ich mich derselbigen bediene. Treibe ich den Satan aus den Menschen aus, so breche ich in sein Gebiet ein, könnte das aber nicht, hätte ich nicht zuvor den Satan überwunden und ihn unterdrückt. Darum beweise ich vielmehr, dass ich ihn besiegt habe, als dass ich seine Hilfe brauche. Viertens: „Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, und, wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ Meine Pflichten oder Werke und die des Satans sind einander entgegengesetzt. Daher brauche ich die Hilfe des Satans nicht. Der Satan ficht die Menschen an; ich befreie sie. Der Satan bringt die Menschen zum Wahnsinn, macht sie blind und stumm; ich heile sie. Deshalb kann der Satan mir nicht helfen. Es ist also eine offenbare Lästerung, dass ihr sagt, ich treibe mit dem Beistande des Beelzebub die Teufel aus. Da hast du die Beweise.

Nun vernimm die Schwere der Sünde. Bei Matthäus (12,31.32) und Markus (3,28.29) fügt Christus hinzu: „Alle Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben, aber die Lästerung wider den Geist wird den Menschen nicht vergeben, weder in dieser noch in jener Welt.“ Mit diesem Ausspruch bezeichnet Christus, dass die Pharisäer durch solche Lästerung die Sünde wider den Heiligen Geist begangen haben. Über diese Sünde haben Viele geredet, und auch wir wollen nach Maßgabe der Zeit ein Weniges davon auseinander setzen. Denn es ist durchaus nötig, dass wir in diesem Stücke recht unterwiesen werden, da das Gewissen, wird die Sünde wider den Heiligen Geist unerlässlich genannt, leicht in Verzweiflung gestürzt werden kann, so es versucht wird. Denn ob es schon heißt, Christus habe die Sünden gesühnt, so heißt doch auch die Sünde wider den Heiligen Geist unerlässlich, und da meint denn ein Mensch immer, dass er jene Sünde vollbracht habe und der Verdammnis unterworfen sei. Darum müssen wir das Wesen dieser Sünde sorgsam kennen lernen.

Zuvörderst ist zu beachten, dass Christus alle Sünden gesühnt hat, keine, wie schwer und abscheulich sie auch sein mag, ausgenommen. 1. Joh. 2,2: „Er ist die Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.“ Und Röm. 11,32: „Gott hat Alles beschlossen unter den Unglauben, auf dass er sich Aller erbarme.“ So hat ja Christus auch für die Sünden wider den Heiligen Geist genuggetan, und wer sich zu Christo bekehrt, ob er schon wider den Heiligen Geist gesündigt hätte, der hat dennoch die Vergebung der Sünden. Danach ist offenbar, dass Christus die Erbsünde gesühnt hat, daraus alle andern Sünden hervorgehen. Wie hätte er denn nicht auch die Sünde wider den Heiligen Geist gesühnt, die aus der Erbsünde herkommt?! Da sich das also verhält, möchtest du sagen, was es heiße, wenn Christus spricht: „Die Sünde wider den Heiligen Geist wird weder hier noch in der zukünftigen Welt vergeben werden.“ Beachte hier, dass Christus, da er spricht: „Die Sünde wider des Menschen Sohn wird erlassen, die wider den Heiligen Geist aber nicht!“ die Sünden bei seinem Leiden nicht anführt; denn in Rücksicht auf das Leiden Christi sind alle Sünden erlassbar, sondern er vergleicht die Sünden unter einander. Ähnlich ist, was 1. Sam. 2,25 steht: „Wenn Jemand wider einen Menschen sündigt, so kann's der Richter schlichten. Wenn aber Jemand wider den Herrn sündigt, wer kann für ihn bitten?“ Hier werden die Sünden mit einander verglichen, und die eine wird schwerer genannt als die andere. So werden auch an unserer Stelle die Sünden mit einander verglichen. Denn die Sünde wider des Menschen Sohn oder wider Christum ist von der Art, dass sie zwar vor Gott eine Sünde ist, vor Menschen jedoch ihre Entschuldigung hat. Glaubt Jemand z. B. nicht, dass Jesus der Messias sei, zu der Zeit, da er seine Lehre noch nicht durch seine Wunder bekräftigt hatte, so hat er allerdings gesündigt, hat jedoch vor Menschen eine Entschuldigung, weil Christus nicht in der Majestät erschien, welche die Propheten von ihm verkündigten, und zu niedrig schien, als dass ihm die Majestät des Messias gebühren sollte. Darum kann diese Sünde nach menschlichem Urteil vergeben werden. So stößt, wer von großer Schwäche gedrückt ist, Flüche wider die Menschen hervor, die er als die Urheber seiner Schwäche betrachtet. Obschon er vor Gott schwer sündigt, so hat er doch vor dem Gerichte der Menschen seine Entschuldigung. Ferner: so Jemand aus Armut stiehlt, sündigt er freilich, und hat dennoch vor Menschen einige Entschuldigung. Ferner: so Jemand, der einen Backenstreich empfangen hat, wieder schlägt, so sündigt er wohl, scheint jedoch vor Menschen Entschuldigung zu haben. Und das nennt man Sünden wider des Menschen Sohn, welche vergeben werden, d. i., vor den Menschen eine gewisse Entschuldigung haben, obgleich sie vor Gott in Wahrheit Sünden sind.

Sünde wider den Heiligen Geist aber heißt eine Sünde, deren Bosheit und Verkehrtheit offen zu Tage liegt, und die keine andere Ursache hat als offenbare Tücke und Ruchlosigkeit, welche sogar vom gemeinen Menschenverstande gerügt wird. Und darum heißt dies eine Sünde wider den Heiligen Geist, weil er es ist, der das Verborgene enthüllt und offenbart. So fündigen denn Die wider den Heiligen Geist, deren Bosheit und Verkehrtheit so offenkundig ist, dass sie keine Entschuldigung hat. Und darum heißt es, diese Sünde werde weder hier noch in der zukünftigen Welt vergeben; nicht, als würde Derjenige, welcher diese Sünde bereuet, um Christi willen nicht errettet, in welchem doch alle Sünde können erlassen werden, sondern weil sie weder vor Gott in der zukünftigen, noch vor den Menschen in dieser Welt irgend eine Entschuldigung hat, sondern offenbar eine gottlose und boshafte Sünde ist. So heißt an dieser Stelle die Lästerung der Pharisäer eine Sünde wider den Heiligen Geist, weil sie augenscheinlicher Frevel ist, und dennoch haben Die, welche nachher etwa Buße dafür getan haben, gewiss Vergebung erlangt. So nennt Christus (Luk. 12,8-10) die Verleugnung Christi bei seinen Jüngern Sünde wider den Heiligen Geist, und dennoch hat ihn Petrus verleugnet, hat Buße getan und Vergebung erlangt. So sündigt, wer die Wahrheit erkannt hat und sie bestreitet, wider den Heiligen Geist. So sagt man, wer stiehlt, da er reich ist und an allen Dingen Überfluss hat, der begehe eine Sünde wider den Heiligen Geist, weil er weder vor Gott noch vor Menschen irgend eine Entschuldigung hat. So lasst uns denn beachten, dass in Bezug auf Christum alle Sünden Vergebung finden können, dass aber, unter einander verglichen, die eine schwerer ist als die andere. Und zwar ist die eine zu vergeben, d. i., zu entschuldigen vor den Menschen, die andere aber hier und in der zukünftigen Welt nicht zu vergeben, d. i., nicht zu entschuldigen, sowohl vor Gott als vor den Menschen. So viel über die Sünde wider den Heiligen Geist.

Endlich weissagt Christus das Gericht. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so durchwandelt er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet ihrer nicht; so spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin.“ Im Matthäus steht noch dabei: „Also wird's auch diesem argen Geschlecht gehen“ (Matth. 12,45). Mit solchen Worten zeigt er an, den Pharisäern widerfahre dasselbe, wie den Besessenen, die von den Teufeln befreit waren und dennoch ungeordnet leben; oder was dem Kranken geschieht, der seine Gesundheit wiedererlangt hat und dennoch durch sein unordentliches Leben in die vorige Krankheit zurückfällt. Bei diesem wird das Letzte ärger denn das Erste.

So ist's auch den Pharisäern geschehen. Christus kommt und vertreibt den Satan aus ihrem Reiche, sie aber tun keine Buße. Und deshalb kehrt der Satan danach mit sieben Anderen wieder und bringt alle Übel mit sich und den völligen Untergang des ganzen Volkes. Da nun an den Pharisäern der Ausgang Solches bestätigt hat, wollen wir aus fremder Torheit Nutzen ziehen und das Evangelium Christi nicht vergeblich unter uns erschallen lassen, sondern bei Zeiten Buße tun, auf dass dem Satan keine Rückkehr zu uns freistehe, sondern auf dass wir allein unserem Herrn Jesu Christo Aufnahme gewähren. Amen.

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