Friedrich Wilhelm I. König von Preußen - Glaubensbekenntniß

Friedrich Wilhelm I. König von Preußen - Glaubensbekenntniß

übergeben beim Reichstag in Regenspurg im März 1718

  1. Ich glaube nicht was der Pabst befiehlet, auch nicht in allen Stücken, wie Lutherus, Beza und Calvinus geschrieben, ich glaube aber an den dreieinigen Gott, und setze sein heiliges Wort zu einem offenbaren Grunde meines Glaubens, und was damit nicht übereinstimmt, solches soll niemals von mir geglaubet werden, und wenn es auch ein Engel vom Himmel geschrieben.
  2. Ich glaube, daß durch Christi Blut und Tod, durch seine Wunden und heilsames Verdienst ich und alle frommen Christen allein können und müssen selig werden.
  3. Und weil in keinem andern Namen Heil und Seligkeit zu finden, als allein in dem seligmachenden Namen Jesu Christi, so mag ich mich nicht nennen lutherisch oder papistisch, sondern ich bin und nenne mich einen Christen.
  4. Von der ewigen Gnadenwahl und Praedestination ist dieses mein einfältiger Glaube: daß der barmherzige Gott alle Menschen hat berufen zur Seligkeit; daß aber alle Menschen nicht selig werden, solches kommt nicht her aus Mangel des Berufs, sondern aus der obstinaten Bosheit der Menschen, welche die angebotene göttliche Gnade gleich als mit Füßen von sich stoßen, weswegen sie auch aus rechtfertigem Gerichte Gottes in ihres Herzens Bosheit und Sünden verdammt werden.
  5. Von den guten Werken statuire ich: Daß, woselbst ein aufrichtiger Glaube ist, da müssen auch gute Werke seyn; denn der Glaube und die guten Werke können so wenig separiret werden, als das Licht von der Sonne und die Hitze vom Feuer. Daß man aber mit den guten Werken sollte den Himmel verdienen können, solches ist eine verdammliche Meinung; angesehen wir allein aus wahrem Glauben und durch das Verdienst Jesu Christi aus Gnaden selig werden, und was sollte uns das Verdienst Christi nütze seyn, wenn wir durch Verdienste unserer eigenen guten Werke können gerecht und ewig selig werden.
  6. Von der Taufe und heiligen Abendmahl ist mein einfältiger Glaube, gleichwie ich bei der Taufe nicht allein mit bloßem Wasser, sondern auch durch das wahre Blut von meinem Erlöser Jesu Christi von Sünden abgewaschen und in den ewigen Bund der Gnaden bei Gott dem Vater, Sohn und heiligen Geist auf- und angenommen werde; so werde ich auch in dem heiligen Abendmahl an der Gnadentafel Jesu Christi nicht mit Brod und Wein allein, sondern mit dem wahren Leib und Blut Jesu Christi gespeiset und getränket, und durch dessen Kraft werde ich theilhaftig aller Wohlthaten, die der Herr Jesus Christus mit seinem heiligen Leiden und Sterben erworben, und folglich ein Erbe des ewigen Lebens. Und ist über dieses mein Beschluß: Wer glaubet an Gott und suchet in Jesu Christi Blut und Tod seine Seligkeit und darnach christlich lebt, der kann selig werden.
  7. Hiernächst so lasse ich einem Jeglichen die Freiheit seines Glaubens, und bezeuge hiermit vor dem Angesichte Gottes, daß ich auf dieses einfältige Glaubensbekenntniß will leben und sterben, und daß ich nicht kalt, warm oder laulicht zu machen bin, solches stelle dem Urtheil aller gewissenhaften und friedliebenden Menschen anheim.
  8. Daß ich mich per Calumniam sollte nennen lassen papistisch, lutherisch oder calvinisch, trage ich billig Bedenken, doch weil man aus bloßer Gewohnheit und Opinion der Welt, mit dem bloßen Namen eines Christen nicht fortkommen kann, ohne daß man sich zu einer Kirche oder Confession von derselben halte und dazu bekennen muß, und da die reine unverfälschte reformirte Religion am meisten mit meiner übereinkommt, so kann ich mich auch wohl per mundi errorem reformirt nennen lassen, ohngeachtet ich nicht sehe, worin mein obengemeldetes Glaubensbekenntniß mit der reinen und unverfälschten Lehre Lutheri streiten sollte, doch mag ich nicht den Namen eines Reformirten vergleichen lassen mit dem Namen eines Calvinisten, sondern ich bleibe ein reformirter Christ, denn ein reformirter christ ist derjenige, welcher von allem Irrthum der Lehre befreit ist, bleibt und glaubt, gleich wie ich hier oben bezeuget habe; denn allein ein Calviniste ist derjenige, welcher die Lehre von Calvino zu einer Glaubensregel macht, und weil Calvinus auch ein Mensch gewesen und irren menschlich ist, so hat er auch irren können. Sonsten aber halte ich Lutherum, Calvinum und andere vor auserkohrne Werkzeuge Gottes, welche durch Kraft des heiligen Geistes uns den rechten Weg zum ewigen Leben bezeuget haben. Weil sie aber beide Menschen gewesen, so hat sowohl der eine als der andere irren können. Dieserwegen so glaube ich keine Lehre mehr, als in so weit und so lange sie mit dem wahren Worte Gottes übereinstimmt.

Quelle: Sander - Der Menschenfreund

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