Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Achtzehnte Lektion.

Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Achtzehnte Lektion.

„So ihr in Mir bleibt“, oder die Alles umfassende Bedingung.

So ihr in Mir bleibt, und Meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Joh. 15,7.

In Gottes Verkehr mit uns gehen Verheißung und Bedingung allezeit zusammen. Gott kann nicht mehr für mich werden, als ich auch für Ihn sein will. So ist's auch im Gebetsverkehr. Die Verheißung ist ausgedehnt und herrlich: „was ihr wollt“, die Bedingung deutlich und billig: „so ihr in Mir bleibt.“ Lasst uns an der Gewissheit und Unbegrenztheit der Verheißung nichts kürzen. Je völliger wir sie gelten lassen, desto mehr werden wir uns gedrungen fühlen, die Ursache unserer schwachen Erfahrung von Gebetserhörung in uns selbst zu suchen, um danach den Weg zu finden, durch Erfüllung der Bedingung in die Fülle der Verheißung einzudringen.

„So ihr in Mir bleibt,“ sagt unser HErr, und weist uns damit in die Vereinigung mit Ihm, die uns im Gleichnis des Weinstocks und der Reben dargestellt ist, als die Alles vermögende Vorbedingung des Glaubensgebetes. Und dann fügt ER anstatt des Wortes, das ER anderswo gebraucht: „und Ich in Euch“ dieses bei: „und Meine Worte in Euch bleiben.“ ER zeigt uns, welche hohe Stellung Seine Worte zur Unterhaltung der Lebensvereinigung mit Ihm einnehmen. Seine Worte anzunehmen, sie in uns zu haben und sie allezeit bleibend in uns zu behalten, das ist Eines der Geheimnisse des wahren Gebetslebens. Wie deutlich wird es uns bei den alten Gottesmännern, dass Gottes Wort ihr Leben war. War es ein Befehl, so taten sie, wie der HErr geredet hatte; war es eine Verheißung, so glaubten sie, dass Gott tun werde, wie ER gesagt hatte. So lesen wir bei Abraham Gottes Befehl: „Gehe aus aus deinem Vaterlande.“ Und Abraham zog aus, wie der HErr geredet hatte. Hinsichtlich der Verheißung lesen wir: „Er war aufs völligste versichert, dass Gott mächtig war, zu tun, wie ER gesagt hatte.“ Und Abraham hat es erfahren; die Schrift sagt sehr eindrücklich: „Und der HErr suchte Sara heim, wie ER gesagt hatte.“ Während der mehr als vierzigjährigen Wallfahrt Abrahams im Lande Kanaan war es dies, was ihn aufrecht hielt, ihn stärkte, und was seine Lust und sein Leben war, dass er das Wort Gottes bewahrte und bleibend in sich hatte. In jedem Wort, das Gott gesprochen hat, hat ER Sich ihm auch ganz gegeben. Der ganze Gott ist in Seinem Wort, um es in uns zur Wahrheit zu machen. Und nun verlangt ER, dass wir uns Ihm auch ganz geben, den ganzen Menschen dran sehen, um das Wort zu bewahren und dessen Erfüllung zu empfangen. Ohne das wird das Wort uns wenig helfen.

Beim HErrn Jesus selbst war dieses Bewahren des Wortes Seines Vaters ebenso das Geheimnis Seines Lebens. ER hat es öfters wiederholt: „Was Ich vom Vater gehört habe, das rede Ich.“ Und in unserem Text: „Wenn ihr Meine Gebote haltet, so bleibt ihr in Meiner Liebe, wie Ich Meines Vaters Gebote gehalten habe, und bleibe in Seiner Liebe.“ Gott hat keinen andern Weg, sich dem Menschen bekannt zu machen, ihn in die innere Übereinstimmung mit Sich zu bringen, als durch das Wort. Für den HErrn Jesus als Mensch gab es auch keinen andern Weg; die Gebote Seines Vaters bewahrte ER, und so blieb ER in Seiner Liebe, in der Vereinigung mit Ihm. ER sprach von Sich selbst, als ER sagte: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das aus dem Munde Gottes geht. Das Leben ist mehr als nur Leibesleben; von dem Wort aus Gottes Munde, von der Mitteilung Seiner Gedanken, Seiner Gesinnung, vom Leben Gottes muss der Mensch leben. Von Seinen eigenen Worten hat Jesus gesagt: „Die Worte, die Ich zu euch rede, die sind Geist und Leben.“ Durch das Leben des Geistes in den Worten kommt ER Selbst in uns, und durch das Annehmen derselben nehmen wir Ihn Selbst auf. Darum nennt ER Beides miteinander: „Wenn ihr in Mir bleibt“ und „Meine Worte in euch bleiben.“ Die Lebensgemeinschaft mit Jesu wird durch Seine Worte unterhalten, wenn sie in uns bleiben.“ In uns, in unseren Gedanken, in unserem Willen, in unserem Herzen, also wirklich in uns uns durchdringend, beherrschend, erfüllend. In uns bleibend, so dass unser ganzes Leben an Seine Worte hingegeben und untertan ist, auf dass sie Wohnung und Wirkung haben mögen. Die Worte des HErrn Jesus sind die Offenbarung Seiner Selbst, in dem, was ER für uns ist. In den Worten gibt ER Sich Selbst, den ganzen Jesus in Seiner Lebensfülle für uns. Die sich Ihm auch wieder ganz und ungeteilt übergeben, um Seine Worte bleibend in sich zu bewahren, an denen soll auch wahr werden, was ER mit dem Worte gesagt hat: „So ihr in Mir bleibt, und Meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.“ Wir können es nun verstehen, was diese Worte bedeuten. Sie weisen auf die vollkommene Vereinigung hin, durch welche der Wille und der Geist des HErrn im Wort offenbart und in unser persönliches Leben aufgenommen, eine Lebenseinheit und Willenseinheit mit Ihm bewirkt. Wenn die Vorbedingung vollzogen ist, so wird sich auch die Verheißung buchstäblich erfüllen.

Lasst uns vor der Herrlichkeit dieses Wortes nicht zurückschrecken. Beim HErrn folgen Wort und Tat allezeit auf einander. Jesus wird selbst dies Wort, das uns zuerst allzu hoch erscheinen will, zur Regel uns machen. Lebens Diese Verheißung steht mitten im Gleichnis vom Weinstock; Jesus, unser Weinstock, trägt uns, erhält uns in Sich bleibend, und wirkt in uns. Ich habe euch erwählt und gesetzt, dass ihr Frucht bringt, und eure Frucht bleibe, auf dass, was ihr den Vater bittet in Meinem Namen, ER es euch gebe, ER, der uns dazu auserkoren, hält sich auch für verantwortlich, die Verheißung zu erfüllen.

Dasselbe Gleichnis bringt uns auch zum Verständnis, wie sich eine so unbegrenzte Verheißung rechtfertigt1). Der Weinstock trägt die Rebe, damit dieselbe die Frucht trage, die der Weinstock gibt, aber die er selbst nicht tragen kann. Die Gläubigen als Reben haben ganz dieselbe Bestimmung und Berufung auf Erden, als der HErr Jesus Selbst, nämlich Gottes Herrlichkeit und die Rettung von Sündern zu suchen. Wenn sie sich diesem Werk ganz hingeben, ist es nicht mehr als billig, dass sie auch unbegrenzten Zugang haben zu der Kraft für das Werk: So ihr in Mir bleibt, und lebet für das, wofür Ich lebe, und Meine Worte in euch bleiben, Meine Gebote durch Gehorsam, Meine Verheißungen durch Glauben euer Leben beherrschen und erfüllen, so soll euch geschehen, wie ihr wollt.

Gemeinde des HErrn! Glaube doch nicht, dass du deine Aufgabe wirst erfüllen können ohne den vollen Genuss dieser Verheißung. Denke doch nicht länger, dass die Schwachheit und Gleichgültigkeit, in die du durch das Namenchristentum, durch Unglauben gebunden bist, der Wille des HErrn sei. Nein; der Schlüssel des Himmelreichs wird dir von deinem König in den Worten dargereicht: so wie ihr wollt.“ Lass dich aufwecken, damit du deiner Berufung würdig nachkommen könnest. Mache Gebrauch von deiner Macht. Werde wirklich, was ER dich haben will, nämlich der Verwalter der mancherlei Gnaden Gottes. Lass den beschämenden Gedanken an deine Ohnmacht und Armut deinem Gebet neuen Nachdruck geben, dich haltend an das Wort des HErrn: „bleibt in Mir und Ich in euch“ und lasst es euer einziges Streben sein, die himmlische Herrlichkeit des Wortes zu erfahren: „Wenn ihr in Mir bleibt, so soll euch geschehen, wie ihr wollt. Bittet und ihr sollt empfangen, auf dass eure Freude erfüllt werde.“

HErr, lehre uns beten.

Geliebter HErr! Lehr' mich Deine Verheißung von der Gebetserhörung in Einfalt aufnehmen und festhalten. Lehr' mich an Dein Wort glauben, als an eine Offenbarung Deines Liebesherzens, als an die Frucht Deines vollkommenen Werks, als an einen Beweis der Stellung, die Du Deinen Erlösten bereitet hast, und als an den Weg, auf dem Dein herrliches Reich herankommen soll. O, HErr, schreib' es tief in mein Gemüt, dass Du es wiederholt hast: „Es soll euch geschehen, was ihr wollt.“ HErr, was Dein Wort festhält, empfängt auch, was Dein Wort verheißt. Und von Herzen, HErr, unterwerfe ich mich der alles umfassenden Bedingung: „so ihr in Mir bleibt, und Meine Worte in euch bleiben.“ Ich verstehe es, mein HErr, nichts Geringeres als dies bedarf es, um jemanden zu befähigen, von solch einer Vollmacht richtigen Gebrauch zu machen. HErr, ich bleibe in Dir, und ich fasse Dein Wort, dass es in mir bleibe, auf dass ich durch dasselbe mit Dir Eins werde; ich rechne auf Dich, dass Du mich lehrst, wie ich in Dir bleiben kann. Nicht durch das, was ich bin oder tue, sondern durch das, was Du für mich bist und für mich tust. O, HErr, ich beginne einzusehen, wie gänzlich mein Wille und mein Leben mit dem Deinigen vereinigt werden kann, so dass Du Selbst in mir lebst.

HErr, das ist Dein Werk, vollende es dann, bleibe ich in Dir; was Du willst, will ich auch, ich kann dann bitten, was ich will, und es geschieht zur Ehre Deiner Liebe, und damit der Vater verherrlicht werde. Amen.

1)
Anm. Die weitere Auslegung dieses Gleichnisses siehe in dem Büchlein desselben Verfassers: „Bleibe in Jesu.“
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