Murray, Andrew - Der Geist Jesu Christi - 20. Der Geist des Gebets.

Murray, Andrew - Der Geist Jesu Christi - 20. Der Geist des Gebets.

Desselbigen gleichen auch der Geist hilft unserer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns aufs beste mit unaussprechlichem Seufzen. Der aber die Herzen forscht, der weiß, was des Geistes Sinn sei; denn Er vertritt die Heiligen nach dem, was Gott gefällt“ (Röm. 8,26,27).

Dasjenige Amt des Heiligen Geistes, das uns aufs tiefste zu verstehen gibt, welche Stelle Er in der göttlichen Gnadenhaushaltung einnimmt, und uns in das Geheimnis der heiligen Dreieinigkeit einführt, ist wohl dasjenige, das Er als der Geist des Gebets ausrichtet. Wir haben den Vater, zu dem wir beten, und der Gebete erhört. Wir haben den Sohn, in dessen Namen wir beten, und in Verbindung mit dem wir die Antwort auf unsere Bitten empfangen und uns innerlich aneignen. Und wir haben den Heiligen Geist, in dessen Kraft wir beten, und der in uns bittet nach dem, was Gott gefällt, mit solch tiefverborgenem, unaussprechlichem Seufzen, dass Gott die Herzen erforschen muss, um des Geistes Sinn zu erkennen. So wunderbar wahr es ist, dass der Vater auf seinem himmlischen Throne gnädig unsere Gebete hört, und durch seine Macht sie auch kräftig erhört; so göttlich das Werk des Sohnes ist, der für uns bittet, und uns die Antwort von oben verbürgt und vermittelt, ebenso wunderbar ist auch die Arbeit des Heiligen Geistes in uns, wenn Er das Gebet bewirkt, das die Antwort erwartet und empfängt. Die inwendige Fürbitte ist ebenso göttlich als die Fürbitte droben. Lasst uns versuchen, es zu verstehen, warum es so ist, und was wir daraus. lernen können. Bei der Erschaffung der Welt sehen wir, dass es das Werk des Heiligen Geistes war, sich in Verbindung zu sehen mit der finsteren, leblosen Masse des Chaos, um durch seine lebenspendende Willenskraft ihr Leben und Fruchtbarkeit mitzuteilen. Erst nachdem das Leben also durch Ihn zustande gekommen war, gab das Wort Gottes ihm die Gestalt, und rief alle die verschiedenen Formen des Lebens und der Schönheit, die wir nun. sehen, ins Dasein. Ebenso verband sich in der Erschaffung des Menschen der Geist, der dem aus Erde gebildeten Leibe eingehaucht wurde, mit dem sonst leblosen Stoffe. Auch in der Berson Jesu Christi ist es der Geist, der Ihm einen Leib bereitete, der dann auch diesen Leib aus dem Grabe auferweckte und durch den auch unsere Leiber zu Tempeln Gottes, und selbst unsere Glieder zu Gliedern Christi gemacht werden. Unsere Gedanken über den Heiligen Geist stehen meist nur in Verbindung mit dem geistlichen Wesen Gottes, das unseren groben, irdischen Begriffen unerreichbar ist; wir vergessen, dass es eben das Werk des Heiligen Geistes ist, sich mit dem, was irdisch ist, zu verbinden, dasselbe zu seinem Geisteswesen zu erhöhen, und so das zur Entfaltung zu bringen, was die höchste Stufe der Vollkommenheit ist: Ein geistlicher Leib.

Dieser Einblick in das Werk des Heiligen Geistes ist ganz wesentlich, wenn wir verstehen wollen, welche Stelle Er in dem göttlichen Werk der Erlösung einnimmt. In jedem Teil dieses Werkes hat jede Person der heiligen Dreieinigkeit ihre eigene bestimmte Stellung. Der Vater ist der unsichtbare Gott, der Urheber des ganzen Weltalls. In dem Sohn hat sich dieser Gott offenbart, ist Er uns erschienen und nahe getreten; Er ist das Ebenbild Gottes. In dem Geiste Gottes haben wir den innewohnenden Gott: Die Macht Gottes, die da wohnt im menschlichen Leibe und darin zustande bringt was der Vater und der Sohn uns zugedacht haben. Die greifbare Schwachheit, ja selbst die niedere Gestalt des Fleisches: das ist das geeignete Feld für die Wirkungen des Heiligen Geistes. Nicht nur in dem Einzelnen, sondern in der Kirche als einem Ganzen kann das, was der Vater geplant, und der Sohn erworben hat, von den noch im Fleische lebenden Gliedern Christi, nur durch die beständige Vermittlung und. die Arbeit des Heiligen Geistes angeeignet und wirksam gemacht werden.

Dies gilt besonders von der Fürbitte. Das Kommen des Reiches Gottes, das Wachsen der Gläubigen in der Gnade, der Erkenntnis und der Heiligkeit, ihre zunehmende Hingabe an das Werk Gottes, die Kraft für dieses Werk, die mächtige Wirkung der Kraft Gottes auf die Unbekehrten durch die Mittel der Gnade, alles dies soll uns von Gott durch Christum zukommen. Aber es kann nicht kommen, es sei denn, dass es ersehnt, erbeten, erwartet, erhofft und erglaubt werde. Und dies ist nun die wunderbare Stellung, die der Heilige Geist einnimmt; Ihm ist die Aufgabe zugeteilt worden, den Leib Christi dazu vorzubereiten, dass er sich nach der in Christo, dem Haupt, vorhandenen Fülle ausstrecke, sie empfange und festhalte. Um des Vaters Liebe und seinen Segen uns mitzuteilen, bedarf es der Arbeit des Sohnes und des Geistes. Der Sohn empfängt die Gaben vom Vater, offenbart und bringt Ihn uns nahe; Er steigt, sozusagen, zu uns herab; der Geist dagegen weckt die Seele von neuem auf, dass sie sich aufmache, ihrem HErrn zu begegnen. So unentbehrlich als die unaufhörliche Fürbitte Jesu droben ist, da Er stets vom Vater bittet und empfängt, ebenso unentbehrlich ist die unaufhörliche Fürbitte des Geistes im Inwendigen, indem Er vom Sohn erbittet und nimmt, was der Vater gibt.

Wie wunderbar ist das Licht, das durch die Worte unsers Textes dieses heilige Geheimnis beleuchtet! Im Glaubens- und Gebetsleben treten Wirkungen des Geistes zu Tage, wodurch das Wort Gottes dem Verständnis aufgeschlossen wird, und unser Glaube lernt es aussprechen, was er bedarf und erbittet. Aber es gibt auch Wirkungen des Geistes, da Er in der Tiefe unsers Geistes, in den geheimen Quellen unsers Lebens und Wesens, unseren Gedanken und Gefühlen kaum erreichbar, ein Verlangen, eine Sehnsucht weckt, die nur Gott entdecken und verstehen kann. Hierzu gehört der Durst nach Gott, dem lebendigen Gott - das Verlangen, jene Liebe zu erkennen, „die alle Erkenntnis übertrifft,“ erfüllt zu werden, mit aller Gottesfülle“ die Hoffnung auf Ihn, „der da überschwänglich tun kann über alles, das wir bitten oder verstehen,“ sogar das, was in keines Menschen Herz gekommen ist.“ Wo solche Sehnsucht wirklich Besitz von uns ergreift, da fangen wir an, zu beten in Worten, die nicht ausgedrückt werden können, und unser einiger Trost ist dann. der, dass der Geist mit seinen unaussprechlichen Seufzern betet in einem Gebiet und in einer Sprache, die allein Er, der die Herzen erforscht, kennt und versteht.

Der Apostel Paulus sagt zu den Korinthern: „Ich will beten mit dem Geist und will beten auch im Sinn.“1) Unter dem Einfluss, der Anregung des Geistes und seiner wunderbaren Gaben standen sie in Gefahr, das Verständnis zu vernachlässigen. Die Gefahr liegt in unseren Tagen in der entgegengesetzten Richtung: Mit dem Verständnis zu beten, das ist leicht und allgemein geworden. Wir haben es nötig, daran erinnert zu werden, dass zu dem Gebet mit dem Verständnis das Gebet im Geiste, das „Beten durch den Heiligen Geist“ (Judä 20. Eph. 6,18) kommen muss. Es ist durchaus notwendig, dass wir den zweierlei Wirkungen des Geistes, jeder ihre richtige Stelle einräumen. Gottes Wort muss reichlich in uns wohnen; unser Glaube muss es mit klarem Verständnis zu ergreifen suchen und sich im Gebet darauf stützen. Eines der Geheimnisse des erhörlichen Gebets liegt darin, dass die Worte Jesu in uns bleiben und unser ganzes Leben und unseren Wandel durchdringen. Und doch dürfen wir nie vergessen, dass in dem inneren Heiligtum unsers Wesens, in dem Gebiet des Unaussprechlichen und Unfasslichen (1 Kor. 2,6) der Geist das für uns erbittet, was wir nicht verstehen, noch aussprechen können. Je mehr wir zunehmen in der Erkenntnis der Göttlichkeit des in uns wohnenden Heiligen Geistes, und der Tatsache seines Atmens in unserem Innern, desto mehr werden wir es auch erkennen, wie unendlich weit über dem Fassungsvermögen unsers Sinnes jener göttliche Hunger sein muss, wodurch uns der Heilige Geist himmelwärts zieht. Wir werden das Bedürfnis empfinden, nicht nur die Tätigkeit unsers Glaubens zu pflegen, womit derselbe Gottes Wort ergreift und ihm gehorsam sein will, um auf diese Weise beten zu lernen, sondern wir werden auch in seine tiefe Ruhe uns einzuleben suchen. Indem wir beten, werden wir des eingedenk, wie unendlich hoch über all unseren Begriffen Gott und die Geisteswelt steht, in die wir durch das Gebet eintreten. Lasst uns glauben und uns dessen freuen, dass da wo „Leib und Seele verschmachten, doch Gott allezeit unsers Herzens Trost“ ist, dass sein Heiliger Geist in uns, in dem innersten Heiligtum unsers Geistes, innerhalb des Vorhangs, sein unaufhörliches Werk der Fürbitte tut und uns vertritt nach dem, was Gott gefällt. Lasst uns zuweilen im Kämmerlein in heiliger Stille anbeten und uns dem heiligen Fürsprecher hingeben, der da allein, der da wahrhaftig der Geist des Flehens ist.

„Er vertritt die Heiligen.“ Warum sagt der Apostel nicht uns, da er doch gesagt hatte: „Wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt?“ Der Ausdruck: Die Heiligen wird von Paulus sehr gerne gebraucht in Beziehung auf die Kirche, sei es in einem bestimmten Land oder in der ganzen Welt. Es ist die besondere Aufgabe des Geistes, der da in jedem Gliede wohnt, den Leib seiner Einheit bewusst zu machen. In dem Maß, als die Selbstsucht verschwindet, und der Gläubige mehr und mehr geistlich gesinnt wird, in dem Maß, als er sich mit dem Leibe, als einem Ganzen, vereinigt fühlt, wird er es einsehen, dass die Gesundheit und das Glück des Leibes auch das seinige ist, und er wird lernen, was das heißt: „Betet stets in allem Anliegen im Geist und wacht dazu mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen.“ Wenn wir uns dieser Arbeit hingeben mit einer Weitherzigkeit, die die ganze Kirche Gottes umfasst, dann wird der Geist freien Raum in uns gewinnen, und es wird seine Freude sein, in uns sein Werk der Fürbitte für die Heiligen zu tun. Hauptsächlich in der Fürbitte dürfen wir uns auf die tiefe, unaussprechliche, aber alles überwindende Vertretung des Geistes verlassen.

Welch ein Vorrecht! Ein Tempel zu sein, aus dem der Heilige Geist unaufhörlich sein „Abba“ dem Vater zuruft und seine unaussprechliche Fürbitte emporsendet. Welche Seligkeit! Wie der ewige Sohn im Fleische Jesu von Nazareth wohnte, und als Mensch zum Vater betete, so wohnt der ewige Geist in uns sündlichen Menschen, um uns dazu zu erziehen, dass wir mit dem Vater reden können, wie der Sohn es tat. Wer wollte sich nicht diesem Heiligen Geist hingeben, um zubereitet zu werden, teilzunehmen an jenem mächtigen Werk der Fürbitte, wodurch allein das Reich Gottes offenbart werden kann? Der Pfad dazu ist offen, und alle sind eingeladen. Lass den Heiligen Geist völligen Besitz von dir ergreifen. Lass Ihn dich füllen. Lass Ihn dein Leben. werden. Glaube an die Möglichkeit, dass Er deine Persönlichkeit zum Sitz seiner Innewohnung machen könne. Glaube mit Gewissheit, dass er in dir arbeitet und betet auf eine dem menschlichen Sinne unfassliche Weise. Glaube, dass in der Verborgenheit und scheinbaren Verzögerung dieser Arbeit seine göttliche, allmächtige Kraft den Ratschluss Gottes, die Vereinigung mit deinem hochgelobten HErrn, zur Vollendung bringt. Lebe als einer, in dem das, was alle Erkenntnis übertrifft, Wahrheit und Leben geworden, in dem die Fürbitte des Geistes ein wesentlicher Teil des täglichen Lebens in Jesu ist.

O heiliger Gott! Wiederum beuge ich mich vor dir in tiefer Anbetung, um dir zu danken für das unschätzbare Vorrecht des Gebets. Vor allem möchte ich dir danken für die Gnade, dass wir in deinem Sohn nicht nur einen Fürsprecher droben, sondern durch deinen Geist einen Fürsprecher in unserem Inneren haben.

O mein Vater! Du weißt, dass ich den wunderbaren Gedanken kaum aufnehmen kann, dass dein Heiliger Geist wahrhaftig in mir wohnt und durch meine schwachen Gebete spricht. Ich bitte dich, entdecke mir alles, was Ihn hindert, völlig Besitz von mir zu nehmen und mich mit dem Bewusstsein seiner Gegenwart zu erfüllen. Lass mein innerstes Wesen und mein äußeres Leben so völlig seiner Leitung unterstellt sein, dass ich das geistliche Verständnis bekommen möge, das da weiß zu bitten nach deinem Wohlgefallen, und den lebendigen Glauben, der da empfängt, um was er bittet. Und wenn ich nicht weiß, wie oder was zu bitten, o mein Vater, dann lehre mich in stiller Andacht mich vor dir zu beugen und zu warten, weil ich weiß, dass dein Geist jene unaussprechlichen Seufzer vor dich bringt, die du allein verstehen kannst.

O mein Gott! Ich bin ein Tempel des Heiligen Geistes. Ich übergebe mich Ihm, dass Er, als der Geist der Fürbitte, von mir Gebrauch mache. O möge mein ganzes Herz so sehr erfüllt sein mit dem Verlangen nach der Verherrlichung Jesu, mit seiner Liebe zu den Verlorenen, dass mein Leben ein unaussprechliches Rufen werde nach dem Kommen deines Reiches. Amen.

1. Jetzt verstehen wir, wie der HErr in jener letzten Nacht uns die wunderbaren Gebets-Verheißungen geben konnte mit ihrem oft wiederholten: „Was ihr wollt.“ Er wollte, dass der Heilige Geist in uns bete, unsere Wünsche leite und unseren Glauben stärke. Er erwartete, dass wir unser ganzes Wesen der Innewohnung des Geistes erschließen, damit Er freien Raum in uns habe, zu beten nach dem, was Gott gefällt. Lasst uns den heiligen Beruf aufnehmen und uns dem Heiligen Geiste hingeben, dass Er in uns bete.

2. „Wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie sich's gebührt“: wie oft ist uns dies eine Last und ein Schmerz gewesen! Von nun an sei es unser Trost. Weil wir es nicht wissen, dürfen wir beiseite stehen und es einem überlassen, der es weiß. Wir dürfen es glauben, dass in unserem Stammeln, sogar in unfern Seufzern, der mächtige Fürsprecher unsere Sache vertritt. Lasst uns nicht fürchten, zu glauben, dass der Heilige Geist sich in unserer Schwachheit und Unwissenheit verborgen hat und sein Werk ausrichtet.

3. Wie sich's gebührt.“ Das was sich gebührt beim Gebet ist Glauben. Der Geist ist der Geist des Glaubens, nicht sowohl des Denkens. Lasst uns getrost sein, unser Glaube steht in der Bewahrung des Heiligen Geistes.

4. Hier, wie anderswo, zielt alles auf einen Punkt: Die Innewohnung des Heiligen Geistes muss unser eines großes Anliegen sein. Lasst uns im Glauben, der sich fest an die Verheißung anklammert, in der zarten Wachsamkeit, die seine Führung erwartet und ihr folgt, in der völligen Hingabe des Fleisches zum Tode, auf dass Er allein regiere und leite - lasst uns unserem geliebten HErrn uns darstellen, dass Er uns erfülle mit seinem Geiste: und der Heilige Geist wird sein Werk vollführen.

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Wörtl. Übers.: Mit dem Verständnis.
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