Müller, Heinrich - Von der Menschen Freundschnft.

Müller, Heinrich - Von der Menschen Freundschnft.

Feinde Freunde.

Wen hältst du für deinen besten Freund? Zweifelsohne dich selbst, und bist doch dein ärgster Feind. Ist nicht dein größter Feind, der dir den größten Schaden thut? Du selbst bringst dich um deine Seligkeit, ein Schaden über alle Schaden. Ists wahr, was die Weisen sagen, daß Niemand beleidigt werde, denn nur von seinem eignen Herzen; so ists auch gewiß wahr, daß Niemand dein Feind sei, als nur dein eigen Herz. Wie magst du den für deinen Feind halten, der dich nicht beleidigt? Wenn der Verräther Judas Jesum umfaßt, und aus falschem Herzen küßt, spricht Jesus zu ihm: Mein Freund. Hörst du da? Feind, Freund; den du für deinen ärgsten Feind hältst, ist dein bester Freund; der dich straft, wenn du es versiehst, ist ja dein Freund, er sucht dein Bestes; das thut der, den du deinen Feind nennst, er breitet deine Fehler aus, jagt dir eine Rothe ab, macht, daß du vorsichtiger wandelst, und dich vor Sünden hütest. Wer dein Bestes befördert, ist ja dein Freund. Ach, wie oft muß der Feind dann eben dir am besten helfen, wenn du meinst, er schade dir am meisten! Auch der Tod, der allergrößte Feind, muß dir eben dann, wenn er dich würgt, zum Leben helfen. Geschiehts zu vielen Malen, daß der Feind dich eben dadurch muß erhöhen, wodurch er dich gedacht zu erniedrigen? Haman ward der Juden Stütze, indem er wollte ihr Stürzer sein. Saul brachte David zu Ehren, indem er seine Schande suchte. Gott kann aus Finsterniß Licht, aus Wasser Wein, aus dem Fall die Ehre, aus dem Mangel Fülle, aus Nichts Alles machen, und dazu muß ihm der Feind dienen. Viel Feinde, viel Vater Unser, viel Segens; also muß dir des Feindes Fluch in einen Segen verwandelt werden. Feinde, Freunde. Wenn Jemands Wege dem Herrn wohlgefallen, so macht er auch seine Feinde mit ihm zufrieden. Sprüchw. 16, 7. Aller Menschen Herzen sind in Gottes Hand, der kann sie lenken, wie er will. Esau muß dir keinen sauren Blick geben, Laban kein unfreundlich Wort zusprechen, wenns Gott nicht haben will; ich habs erfahren, und danke Gott! Wiederum Freunde, Feinde, Menschengnade währet nicht lange. Ein bloßer Argwohn, ein bloß Gewäsch kann des Menschen Herz verändern. Ich will trachten, daß ich Gott zum Freunde behalte, so wird sich unter Menschen auch noch allezeit ein guter Freund finden. In Gott verbunden, fest verbunden. Der Knopf bricht nicht. Hab ich dann einen Freund unter Menschen, will ich mich ihm nicht ganz entdecken, sondern lieber mein eigen, als eines andern sein. Wie kann ich wissen, ob der, der mich heute liebt, nicht morgen hassen werde? Findet sich ein Feind, will ich ihn durch Wohlthaten zum Freund machen. Ein wildes Thier mag man durch Wohlthun zähmen, wie vielmehr ein feindselig Herz gewinnen. Feuerkohlen zünden an. Erlang ich nicht mehr, so wird doch durch Gottes Gnade seine Feindschaft nicht schädlich sein, wenn ich ihm nützlich bin. Doch will ich an ihm nicht verzagen. Es sind 12 Stunden im Tage. Wer nicht zur ersten, kommt vielleicht zur letzten.

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