Müller, Heinrich - Vom Streit des Geistes wider das Fleisch.

Müller, Heinrich - Vom Streit des Geistes wider das Fleisch.

Immer zu Felde.

Rüste dich. Die Spieße blinken. Der Feind ist da. Wo denn? In dir sicht er wider dich. Gar nachdenklich redet Cyprianus in einer Predigt von der Pestilenz: Wir haben keine Feier. Müssen wir doch ohn Unterlaß fechten mit dem Geiz, mit der Unkeuschheit, mit dem Zorn, mit der Ehrsucht. Müssen wir doch stets in Müh und Unlust streiten mit den fleischlichen Begierden, mit den Reizungen der Welt. Des Menschen Geist ist umlagert und mit den sündlichen Anfechtungen umgeben, mag schwerlich allen widerstehen. Ist der Geiz niedergedrückt, steht die Unkeuschheit auf; ist die niedergeschlagen, folgt die eitle Ehre; wird die verachtet, erbittert sich der Zorn; ist der gestillt, bläst sich die Hoffart auf, da ficht uns an die Trunkenheit, der Haß zerreißt die Einigkeit, das Eifern zertheilt die Freundschaft, hier mußt du fluchen, das Gott verboten hat, da mußt du schwören, das doch nicht ziemt. So manche Verfolgung muß der Geist des Menschen leiden, so viel Gefahr hat das Herz zu gewarten, und uns sollte noch gelüsten, hier unter solchen Schwerdtern des Teufels lange zu stehen? Vielmehr haben wir zu wünschen, daß wir durch eilende Hülfe des Todes zu Christo bald kommen mögen. Es muß gestritten sein. Hier ist kein Friede. Wer keinen Streit in seinen Begierden und Gedanken empfindet, ist schon übermannt. Wo man angefangen hat fromm zu sein und den Geist Christi hat, da arbeitet er wider die übrige Sünde und wollte gern durch und durch fromm sein, ob er gleich nicht vermag vor dem Widerwillen des Fleisches. Wo man aber nicht streitet, klagt, betet wider Fleisch und Sünde, sondern folgt den Lüsten, die man fühlt, da hat man noch nicht angefangen fromm zu sein, und ist Christi Geist vom Fleisch schon vertrieben. Denn dies Leben ist nicht eine Frömmigkeit, sondern ein Frommwerden; nicht ein Wesen, sondern ein Werden; nicht eine Ruhe, sondern eine Uebung. Wir sinds noch nicht, wir werdens aber; es ist noch nicht gethan, es ist aber im Gang und Schwang. Es ist nicht das Ende, ist aber doch der Weg; es glüht noch nicht alles, glimmt doch nachgerade immer besser an. Darum muß gestritten sein. Immer zu Felde! Mein Christ, dein Fleisch ruht nicht, dich zu versuchen, so ruhe du auch nicht, ihm zu widerstreben. Sobald du seine Lüste fühlst, dämpfe sie, daß sie nicht je länger je lieber und mächtiger werden. Thue deine sündlichen Gewohnheiten immer mehr und mehr ab, darin hat das Fleisch seinen größten Vortheil. Fällt dirs schwer, streite desto männlicher; böse Gewohnheiten kann man durch gute Uebungen wohl überwinden. Prüfe dich täglich und lerne dich gründlich kennen, das dient zu deiner Besserung; bewahre deine Augen und Ohren, daß nicht durch dieselben zu dir eindringe, was das Herz ärgern kann. Meide die Gesellschaft der Bösen, sie ist verführerisch; betäube deinen Leib, daß er nicht geil und lüstern werde; halte Maß in Speis und Trank, an dürren Orten findet der Satan keine Ruhe, bei nassen Brüdern nistet er gemeiniglich ein. Arbeite, denn beim Nichts thun lernt man Böses thun, hasse Niemand mehr als dich selbst um deiner Unart willen, und fürchte dich vor keinem mehr als vor deinem eignen Herzen, denn es ist dein Verräther, traust du ihm, so wirst du betrogen. Folge dem Geist, er ist der rechte Führer, sein Fuß geht Himmel an. Gott helfe streiten.

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