Love, Christoph und Maria – Briefwechsel

Love, Christoph und Maria – Briefwechsel

Christoph Love, ein gottesfürchtiger presbyterianischer Prediger in England, konnte, als nach der Hinrichtung des unglücklichen Könige Karl I. Cromwell sich der Oberherrschaft bemächtigt hatte, so wenig als einst Johannes der Täufer sich enthalten, auch dem mächtigen Gewalthaber gegenüber die bittere Wahrheit auszusprechen: „Es ist nicht recht, daß du Karl gemordet und seine Herrschaft an dich gerissen,“ sprach er, und Cromwell ließ ihn unter irgend einem Vorwand gefänglich einziehen, und so Viele auch Fürbitte für ihn einlegten, zum Tode verurtheilen. Auch im Kerker schmachtend und einem baldigen schmählichen Tode entgegensehend, ward er von seiner vormaligen Glaubenskraft nicht verlassen, und konnte die ihm gegebene Gelegenheit, von seinem Gefängnisse aus mit seiner Frau Briefe zu wechseln, dazu benützen, nicht allein stets neuen Trost von ihr zu begehren, sondern auch ihr selbst Trost darzubieten. Wir geben hier Einiges aus diesem Briefwechsel, das ebenso sehr von Maria's ergebungsvollem Glaubensmuth zeugt wie von dem ihres Mannes.

Christoph Love - Aus dem Tower den 15. Juli 1651.

Meine wertheste und innigst Geliebte! Ich gehe nun hin in mein Haus, das droben ist; ich finde mich aber gedrungen, ehe es geschieht, Dir noch einige Worte zu schreiben, und Dich zu bitten, daß Du Dich lieber trösten mögest mit meinem Gewinn, als Deine Seele übermäßig quälen wegen Deines Verlustes. Laß es Dir desto mehr angelegen sein, Deine innerliche Gottesfurcht zu unterhalten, dieweil Du unter äußerlicher Heimsuchung stehst, und siehe zu, wie Du, überhäuft mit äußerlichen Leiden, auch des Trostes Christi in überfließendem Maße mögest theilhaftig werden. Ich weiß recht gut, daß Du jetzt eine Frau von betrübtem Geiste bist, eben deswegen will ich, so kurz auch meine Zeit ist, doch nicht unterlassen, Dir wenigstens mit einigen Worten guten Rath zu ertheilen, und Dich dem Gott befehlen, der für Dich und die lieben Deinigen väterlich sorgen wird.

  1. Wenn es Dir scheinen will, als ob Du von Gott verlassen wärest, so bemühe Dich gerade um so mehr, Deine Seele zu versichern, daß Du einen gegründeten Anspruch und ein gewisses Recht auf den Himmel hast, und halte Dich nicht mit unnöthigen Zweifeln auf.
  2. Beachte es wohl, daß ein Glaube voll Anhänglichkeit und Vertrauen auf den HErrn Jesum Christum Dich recht wohl kann in den Himmel bringen, wenn Du schon der fühlbaren Versicherung Deines himmlischen Erbes solltest entbehren müssen.
  3. Trachte darnach, daß Du in Gott das finden, ja recht überflüssig bekommen mögest, was Du an mir armer Creatur verlieren wirst.
  4. Um Alles bitte ich Dich, bringe doch ja die künftigen Tage Deines Lebens nicht in Traurigkeit über mich zu. Wenn man im Himmel davon Nachricht bekommen kann. was auf Erden vorgeht, so sei gewiß, daß es mich schmerzlich betrüben müßte, wenn ich vernehmen sollte, daß diejenigen, die ich so zärtlich geliebt, um meinetwillen sich abhärmen auf Erden.
  5. Halte Dich stets zu solchen Lehrern und zu einem solchen Gottesdienst, wobei Deine Seele in ernster Zucht gehalten wird. Ich weiß wohl, daß Du nicht zu der Zahl jener schwammartigen Zuhörer gehörst, welche eben sowohl stinkendes und faules, als gesundes und frisches Wasser in sich saugen. Gott hat Dir einen gesunden Verstand gegeben, so daß Du, was Dir vorgelegt wird, gebührend zu beurtheilen und die rechte Auswahl zu treffen verstehst. Wie nun der Mund die Speise prüfet, so laß Deine Ohren prüfen die Worte des Predigers.
  6. Finde Dich fein oft ein bei den christlichen Versammlungen, und laß Dir die thätige Ausübung Deiner Christenpflichten eifrigst angelegen sein, insbesondere die Tödtung des alten Menschen, das Fasten und das Beten. Doch habe dabei Acht auf die Schwachheit Deines Leibes.
  7. Trage alle mögliche Sorge für unsere Kinder; Gott wird auch Sorge tragen für Dich und für sie. Ich kann nicht mehr schreiben. Gott behüte Dich! Dies sind wohl, meine Geliebteste, die letzten Worte, geschrieben von Deinem sterbenden, aber dabei mit Trost erfüllten

Christoph Love.

Nachschrift. Meine Wertheste! Ich bitte Dich noch einmal, gib Dich zufrieden. Meine Seele ist mächtig getröstet in dem HErrn. Ich kann mich ganz willig dem Wohlgefallen Seines Willens unterwerfen. Thue Du dasselbe. Ich bin dahingegeben nach dem zuvor beschlossenen Rathe Gottes. Der Wille des HErrn geschehe. Lies zu Deinem Troste, wenn ich durch den Tod von hinnen gerückt sein werde Jer. 49, 11. 12. Jes. 54, 6-8. Ps. 146, 9. 2 Kor. 4, 17. 18, Hebr. 12, 6. 7.

Love, Maria - Antwort.

14. Juli 1651. Mein theuerster und allerliebster Mann!

Mein allererstes Wort an Dich soll die Bitte sein: denke Dir, als ob nicht Deine Gattin, sondern irgend Jemand anderes Dir dies schriebe. Ich stehe zwar in der festen Hoffnung, daß Du willig und bereit seist, Deine Frau und Deine Kinder dem HErrn aufzuopfern, der gesagt hat: Was übrig bleibt von Deinen Waisen, denen will ich das Leben gönnen, und Deine Witwen werden auf mich hoffen. Jer. 49, 11. Der, welcher Dich gemacht hat, wird Dein Mann und ein Vater Deiner Kinder sein. Nun, der HErr mache Dich selbst frei von allen Gedanken des Kummers um die, welche Dir angehören.

Ich in meinem Theile bin von Herzen bereit, Dich in die Hände des Himmlischen Vaters hinzugeben; ja ich nehme es von ihm an als eine Krone der Herrlichkeit, daß Du um Christi willen sterben sollst, und achte es für eine besondere Ehre für mich, daß ich meinen Mann um des Heilandes willen verlieren darf.

Darum schreibe ich an Dich nicht ein Wort über meinen großen Verlust, ja ich nehme mich in Acht, nicht einmal einen Gedanken daran in meinem Herzen aufkommen zu lassen; denn ich will meine Augen lieber davon abziehen und sie auf den unaussprechlichen und unbegreiflichen Gewinn richten, den Du zu erwarten hast. Du verlässest ein sündiges und sterbliches Weib, und wirst dagegen vermählet mit dem ewigen HErrn der Herrlichkeit. Du verlässest menschliche Kinder, Brüder und Schwestern, dagegen gehst Du hin zu Deinem erstgeborenen Bruder, dem HErrn Jesu Christo. Du mußt von irdischen Freunden scheiden; aber es geschieht zu dem Ende, damit du desto bälder in den Umgang des heiligen Gottes und zur Gemeinschaft der Geister der vollendeten Gerechten gelangen mögest. Du vertauschest die Erde mit dem Himmel, Deinen Kerker mit einem Palaste. Sollte Dich auch zuweilen die natürliche Liebe zum Leben anwandeln, so zweifle ich doch nicht im Geringsten, der Geist der Gnaden, der in Dir ist, werde diese Liebe überwältigen und Dich kräftig überzeugen, daß alle Dinge dieser Erde nur wie Koth, ja wie Schaden zu achten sind gegen die unvergleichlich herrlichen Güter, die droben sind. Ich weiß, daß Du Deine Augen unverrückt gerichtet halten wirst auf die Hoffnung der Herrlichkeit, und daß Dich das in den Stand setzen wird, mit Freuden allen irdischen Verlust zu verachten. Mein Herzallerliebster! Ich bin nicht nur versichert, daß der HErr Wonne und Herrlichkeit für Dich bereit hält, sondern ich weiß auch, Er wird Dir den Weg dazu lieblich und angenehm machen.

Wenn Du an jenem Morgen, der zu Deinem Todestage bestimmt ist, Deine Kleider ausziehen wirst, so gedenke nur: Jetzt werde ich mein Hochzeitliches Ehrenkleid anlegen, in welchem ich auf ewig mit meinem Erlöser verbunden werden soll. Und wenn es dann wirklich an dem ist, daß der Todesbote vor Dein Angesicht tritt, so laß Dir seinen Anblick nicht erschrecklich sein, sondern betrachte ihn als einen Gesandten, der Dir Botschaft bringt vom ewigen Leben.

Wenn Du das Todtengerüste hinaufsteigst, so stelle Dir vor, wie Du selbst einmal gesagt, das sei der feurige Wagen, der Dich in des Vaters Haus führen soll. Und wenn Du Dich nun hinlegst und Dein theures Haupt darstreckst, um den Todesstreich zu empfangen, so betrachte ihn als einen Liebesschlag des Vaters, dadurch zwar Dein Haupt von dem Leibe wird getrennt werden, Deine Seele hingegen mit Christo, dem Haupte der Gemeinde, auf ewig vereinigt werden soll.

Scheint es Dir etwas Bitteres zu sein, daß wir nun durch Menschenhände bälder geschieden werden, als außerdem geschehen wäre, o so laß uns bedenken, daß es der Rathschluß und Wille unsers gütigen Vaters ist, und daß es nicht lange anstehen wird, bis wir beide dahin kommen, wo wir wieder mit einander vereinigt werden. Vergönne mir demnach, Dich zu ermuntern mit dem Worte: Sei getrost, mein theures Herz! Es ist um einen kurzen Schlag zu thun, so wirst Du da sein, wo die Müden ruhen, wo man der Frevler aufrührerisches Toben nicht mehr hört. Erwäge nur: müssen wir auch das Mittagsmahl halten mit bitteren Salzen, so werden wir doch an demselben Abend noch zum Genuß des angenehmen und seligen Abendmahls Jesu Christi gelangen.

Mein lieber Gatte! Ich schreibe dieses nicht an Dich, als ob ich mich unterwinden wollte, Dich dadurch zu belehren; nein! ich habe eben diese Tröstungen von dem HErrn durch Dich empfangen. Zum Schlusse lege ich Dich noch in die Arme Gottes, bei dem wir, Du und ich, bald auf ewig sein werden. Gott behüte Dich, mein Kind! Ich werde Dein Angesicht nicht mehr sehen bis auf die Zeit, da wir beiderseits anschauen werden das liebliche Angesicht des HErrn Jesu an jenem großen Tage.

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