Hus, Jan - Vier Briefe des Mag. Johann Hus aus dem Gefängnisse – Brief 3

Hus, Jan - Vier Briefe des Mag. Johann Hus aus dem Gefängnisse – Brief 3

10. Juni 1415

c.

Magister Johann Hus, in der Hoffnung ein Diener Gottes, entbietet allen getreuen Böhmen, welche Gott lieben und lieben werden, seinen Wunsch, dass es Gott ihnen geben möge, in seiner Gnade zu leben und zu sterben und in der himmlischen Freude ewiglich zu weilen, Amen! Ihr in Gott getreuen Herren und Frauen, Arme und Reiche, ich bitte und ermahne euch, dass ihr Gott gehorchet, sein Wort preiset, gerne höret und erfüllet, und ich bitte euch, dass ihr an der Wahrheit, welche ich aus dem Gesetze Gottes geschrieben, und aus den heiligen Reden gepredigt habe, haltet; ich bitte auch, dass wenn jemand von mir in der Predigt oder im gewöhnliche Verkehre etwas gegen die göttliche Wahrheit gehört, oder falls ich etwas dergleichen irgendwo geschrieben hätte, so wie ich zu Gott hoffe, dass dem nicht so sei, dass ihr daran nicht haltet; ich bitte auch, wenn mich jemand in leichtfertigen Gewohnheiten im Reden oder im Handeln befunden hätte, dass er sich daran nicht halte, sondern dass er für mich zu Gott bete, dass es ihm gefallen möge, mir zu vergeben; ich bitte, dass Priester gute Sitten lieben, preisen und ehren. Und insbesondere diejenigen, so im Worte Gottes arbeiten, bitte ich, dass sie sich vor bösen Menschen hüten, insbesondere vor unwürdigen Priestern, von denen der Heiland sagt, dass sie im Schafspelze sind und im innern gierige Wölfe. Ich bitte die Herren, dass sie ihre armen Leute gnädig behandeln und gerecht sie lenken; ich bitte die Bürger, dass sie ihre Geschäfte rechtschaffen führen; ich bitte die Handwerker, dass sie ihre Arbeit gehörig verrichten und gebrauchen; ich bitte die Diener, dass sie ihren Herren und Frauen treu dienen; ich bitte die Lehrer, dass sie einen guten Lebenswandel führen und treu ihre Schüle lehren, dass sie vorerst Gott lieben, um seines Ruhmes und um des Vortheils der Gemeinde und ihres Heiles, keineswegs aber um der Habgier, noch um weltlicher Ehren willen lehren; ich bitte die Studenten und andere Schüler, dass sie ihren Lehrern im guten gehorchen und dass sie emsig um der Ehre Gottes und ihres und anderer Heiles willen lernen. Ich bitte alle insgesammt, dass ihr dem Herrn Wenzel von Dubä, Andres von Lestno, und dem Herrn Johann von Chlum, dem Herrn Heinrich von Plumlow, dem Herrn Wilhelm Zajic, dem Herrn Miska und anderen Herren aus Böhmen und aus Mähren, so wie auch den getreuen Herren des polnischen Königreiches danket und für ihren Eifer dankbar seiet, weil sie als Gottes rüstige Schirmer und Förderer der Wahrheit oftmals gegen das ganze Concil sich gestellt haben, indem sie bewiesen und einstanden für unsere Befreiung. Und insbesondere Herr Johann von Chlum und Herr Wenzel von Dubä, denen sollt ihr glauben, was sie sagen werden, denn sie waren in der Versammlung, als ich mich vertheidigte; sie wissen es wohl, welche Böhmen und was für viele und unwürdige Sachen sie gegen mich vorgebracht, wie die ganze Versammlung gegen mich geschrien und wie ich geantwortet auf das, was sie von mir verlangten. Ich bitte euch, betet zu Gott für die königliche Gnade des römischen und böhmischen Königs und für euere Königin und Frau, auf dass unser liebe Gott mit uns und mit euch wohne in Gnaden jetzt und darnach in der ewigen Freude. Amen.

Ich schrieb euch diesen Brief in Fesseln, auf den morgigen Tag mein Todesurtheil erwartend. In der vollen Hoffnung zu Gott, von der göttlichen Wahrheit nicht zurückzutreten und die Irrthümer, welche falsche Zeugen gegen mich ersonnen und bezeugt, nicht abzuschwören; wie mir der gnädige Gott waltet und bei mir ist in verschiedenen Anfechtungen, das werdet ihr erkennen, bis ihr euch bei Gott in Freude mit seinem Beistande wieder findet. Von Magister Hieronymus, meinem lieben Genossen, höre ich nichts, außer dass er im schweren Kerker ist, den Tod erwartend so wie ich. Und dieß wegen seines Glaubens, welchen er standhaft den Böhmen gezeigt; und Böhmen, unsere grausamsten Feinde, haben uns anderen Feinden in Gewalt und Kerker geliefert. Ich bitte euch, betet zu Gott für uns; auch euch, insbesondere Prager, bitte ich, dass ihr Bethlehem, diesem ehrbaren und gottgefälligen Orte, hold seid, so lange es der allmächtige Gott gestatten wird, dass darin das Wort Gottes geprediget werde; denn um dieses Ortes willen wurde der Teufel ergrimmt und hat wider denselben Pfarrer und Domherrn aufgereizt, als er sah, dass sein Reich an jenem Orte zerstört werde. Ich hoffe zu Gott, dass er den Ort bis zu seinem heiligen Willen erhalten und darin einen größeren Nutzen durch andere stiften werde, als er durch mich Ohnmächtigen gestiftet hat. Das aber bitte ich euch, liebet euch unter einander, lasset die Guten mit Gewalt nicht unterdrücken und gönnet jedermann die Wahrheit. Dieser Brief wurde gegeben am Montage vor dem heiligen Veit durch einen guten Engel Gottes.

Quelle: Helfert, Josef Alexander - Hus und Hieronymus

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