Hus, Jan - An die Prager Kirche (1411)

Hus, Jan - An die Prager Kirche (1411)

(worin er ihr Glück wünscht, daß sie durch Christi Beispiel und Erbarmen und Gottes Gnade und Frieden befestigt alle Kränkungen und Nachstellungen überwindet.)

Allen Auserwählten Gottes und denen zu Prag, welche Jesum Christum und sein Wort lieben, Gnade, Erbarmen und Friede von Gott dem Vater, unsrem Herrn Jesu Christo! Ich Magister Jo. Hus, Diener Gottes, bezeuge Euch, Theuerste, meine große Freude, daß Ihr beständig Gottes Wort höret, und der barmherzige Heiland Euch standhafte und treue Lehrer der Wahrheit sendet. Gott schenke Euch durch unsern Herrn und Erlöser Jesus Christus Barmherzigkeit, Friede und Gnade zu allem Guten, daß Ihr in dem Guten, das Ihr empfangen habt, glücklich fortschreitet und bis ans Ende ausharret. So erkennet und verehret denn die Barmherzigkeit Gottes, der seinen Sohn für uns in die Welt sandte, welcher als Mensch von Jedermann verachtet, angespeit, verworfen und verdammt ward, so daß das Volk auf Anreizen des Hohepriester, da es einen von zweien wählen durfte, statt unsres Heilands Jesu den Mörder und Räuber wählte, den Heiland aber zum Gespötte hätte, wie er auch durch Jeremias sagt: höret doch, ihr Alle, und sehet meine Schmerzen. Und wiederum: o ihr alle, die ihr vorübergehet, schauet und sehet, ob irgend ein Schmerz sei wie der meinige“ (Klagl. Jer. 1, 12. 18.)

Ferner schreit Er zu seinem Vater: Mein Gott, warum hast du mich verlassen? So klagte er, während er den schimpflichen Tod am Kreuz erduldete, und von den Priestern und Hohepriestern gelästert wurde, da sie unter dem Kreuze ihn schmähten und sprachen: er vertraute Gott, der erlöse ihn nun, lüstet es ihn. Pfui dich, wie fein zerbrichst du den Tempel Gottes! Steig nun herab vom Kreuz!“ Er aber rief: mein Gott, warum hast du mich verlassen? Weßhalb ruft er so? damit wir seine unendliche Barmherzigkeit erkennen und hochachten, und wenn wir mit ihm Lästerungen erdulden, unter allen Bedrängnissen zu ihm unsre Zuflucht nehmen, und für das Erbarmen, womit er uns von der ewigen Verdammniß erlöste, uns dankbar bezeugen.

Solches Erbarmen hat Gott der Vater unsers Herrn Jesu Christi mit uns, der seinen Jüngern lehrte, in welches Haus sie treten würden, ihm den Frieden zu erflehen mit den Worten: Friede sei mit euch! Und da er von den Todten auferstanden war, sprach er zu ihnen: Friede sei mit euch! Auch vor seinem Tode sprach er öfters zu ihnen: meinen Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Deßhalb erbitte ich euch, Theuerste, auf ähnliche Weise Frieden von ihm. Er gebe euch Frieden, daß ihr ehrbar, nüchtern, gerecht, fromm und heilig leben, und eure und Gottes Feinde, den Teufel, die Welt und das Fleisch besiegen möget. Er gebe euch Friede, daß ihr euch unter einander und eure Feinde liebet. Friede mit Euch, daß ihr demüthig, ehrerbietig und aufmerksam sein Wort höret! Friede mit euch, daß ihr gut und weise redet, und vor den Feinden euch hütet! Friede mit euch, daß ihr mit Nutzen schweigen lernet, denn wer demüthig hört, der streitet auch mit Niemand boshaftig. Wer weise redet, überwindet den Aufrührerischen. Wer gerne schweigt, verletzt selten sein Gewissen. Deßwegen Friede Euch, Gnade und Barmherzigkeit! Friede, daß Ihr ein ruhiges Gewissen behaltet; Gnade, daß Euch die Sünden vergeben werden; Barmherzigkeit! daß Ihr erlöset werdet von dem Feuer, das nicht erlöschet. Ja Friede nach diesem elendjämmerlichen Leben in der ewigen Himmelsfreude Euch und allen Gläubigen an die ewige Ruhe von Gott dem Vater und unsrem Herrn Jesu Christi! Amen.

Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren

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