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Hus, Jan - An Peter den Notar

Hus, Jan - An Peter den Notar

Constanz im J. 1415

Alles, was mir der Doktor von Biberach1) oben geschrieben, gewährt mir einen großen Trost. Er stimmt in der Deutung des Traums mit meinem Sinn überein. Steht auch die Vorschrift Catos: „Bekümmer‘ dich nichts um Träume,“ sowie das Gebot Gottes in der h. Schrift fest: „achtet nicht auf Träume,“ so hoffe ich gleichwohl, daß das Leben Christi, welches ich in Bethlehem in die Herzen eingegraben habe, indem ich sein Wort predigte, nicht werde verwischt werden, ja, daß es nach mir durch gewaltigere Prediger zur großen Freude des Volks, noch herrlicher werde dargestellt werden, und ich selbst werde mich darüber freuen, wenn es mir vergönnt ist, wiederum sein Evangelium zu predigen, nehmlich wenn ich von den Todten auferstehe. Was die Schrift an den Wänden zu Bethlehem anlangt, so ärgert sich besonders Paletz an ihr, da er sagt, ich hätte durch sie dem Volke Irrthümer beigebracht, wie er denn auch am Meisten auf ihre Tilgung und meine Schmähung aus ist, und sich nicht entblödete, mich, während ich krank dalag, vor Vielen aufs Schrecklichste zu grüßen, was ich Euch, so Gott will, noch später mittheilen werde. Meine Vertheidigung übergebe ich dem Herrn, an den ich vor den Commissarien appellirt habe, indem ich sprach: mein Herr Jesus, der Euch bald alle richten wird, sei mein Sachwalter und Beschützer: ihm habe ich meine Sache überlassen, wie er die seinige seinem himmlischen Vater übergeben hat. Er ist es ja, welcher sprach: sorget nicht darum, was ihr vor euern Richtern antworten sollt, denn ich werde in eueren Mund eine Weisheit und eine Kraft legen, vor welcher alle eure Widersacher verstummen sollen. So sagt Hieronymus: „es ist als ob der Herr offen sprechen würde: fürchtet euch nicht, erzittert nicht: ihr gehet in den Streit, aber ich streite (für euch): ihr sprechet die Worte aus, aber ich bins, der da spricht.“ Weiter: „ihr werdet von euren Eltern, Brüdern, Verwandten und Freunden überantwortet werden und sie werden euch tödten. Kleineren Schmerz verursachen die Uebel, die uns Fremde anthun. Weit qualvoller ist für uns das, was wir von solchen erleiden, auf welche unser Herz seine Hoffnung setzte: denn zu den körperlichen Schmerzen gesellt sich der Schmerz der verlorenen Freundschaft.“ Und mir kommt das größte Leiden von Paletz. Fürwahr, der Doktor von Bibrach ist über dem Herrn Heinrich, über dem Magister Joh. v. Janowitz. Das Uebrige wird Euch, so Gott will, später kund werden. Was mir der Doktor von Bibrach mittheilte, soll er allein in seinen Briefen behalten, da Christus sagt: die Feinde des Menschen sind in seinem Hause: ebenso: „ihr werdet überantwortet werden von den Eltern rc.“ Lebet wohl, und seid standhaft in Constanz ihr alle, die ihr hier seid. Grüßet alle Freunde, doch vorsichtig, damit sie nicht fragen, wie ihr wisset, daß ich sie gegrüßt habe.

Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren

1)
Die Freunde des Huß nannten den Herrn Joh. von Chlum unter sich den Doktor (Doctoralis) von Biberach aus Scherz. Auf ihrer Reise nach Constanz wurde er nehmlich in Biberach für einen Dr. der Theologie gehalten.
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