Hollaz, David - Auszug einiger Stellen

Hollaz, David - Auszug einiger Stellen

Auszug einiger Stellen aus Hollazens Einigem, in welchem alles beysammen.

Christus ist von Gott zur Gerechtigkeit gemacht; zu dieser einigen Gerechtigkeit wird uns der gecreuzigte Jesus im Glauben, wenn wir als arme Sünder an aller unserer eigenen Gerechtigkeit von ganzem Herzen verzagen. Da nehmen wir ohne Streuben von Herzen an die wahre Gerechtigkeit im Blute Christi.

Seele, willst du dieses finden,
Suchs bey keiner Creatur,
Laß, was irdisch ist, dahinten,
Schwind dich über die Natur,
Wo Gottheit und Menschheit in Einem vereinet,
Wo alle vollkommene Fülle erscheinet,
Da, da ist das beste, nothwendigste Theil,
Mein Ein und mein Alles, mein seligstes Heil.

Der gute Hirte mit seinem Blute und Tode wird den wahren Gläubigen auch ihr einziger Grund des Heils. Denn einen andern Grund, der fest wäre, kann niemand legen; oder bauet jemand, und der Fels des Heils ist ihm verächtlich, oder doch nicht wichtig, der fängt das Haus beym Giebel oder Dache an zu bauen, und muß als ein unweiser und thörichter Baumeister erfahren, daß das ganze Gebäude über den Haufen fällt, daß nichts als Ruin, Spott und Schande übrig bleibt. Ohne Jesum und sein Blut ist alles Luftstreich, wir sind bey den bestscheinenden Dingen doch verloren. Hingegen die elendesten Sünder, die zu den Wunden Christi fliehen, nach selbigen jammern und sich sehnen, und sie im Glauben fassen, können nicht umkommen; man kann ja nicht verloren seyn in solcher Zuversicht.

Das Wort vom Leiden Jesu ist der rechte Schlüssel zu allen verschlossenen Thüren und Herzen. Ein Armer, der nicht glauben kann, der das Elend des Unglaubens mit Schmerzen fühlet, der nun mit innigster Wehmuth siehet und fühlet, wie verdorben unsre Herzen sind, daß sie in dem größten Elend und verlohrnen Zustande keinen Sinn, kein Herz und keine Lust zu dem blutigen Erlöser gehabt, der nun so gern glauben will, nach Glauben hungert und dürstet, der sehe Jesum am Kreutze an, fliehe mit allem seinem Elende hin zum Gekreuzigten, stelle sich mit Thränen unter das Kreuz Christi, und denke, ob der Gott, der seinen Sohn für uns dahin gegeben, nicht sollte uns mit ihm alles schenken; ob der Heiland, der sein Leben für uns gelassen, wohl anders könne als es gut mit uns meynen; und so flehe er im Glauben, und fasse ein Herz zu dem blutigen Hirten und verwundeten Heilande, schaue mit Thoma unverrückt in die Nägelmale und offene Seiten, so wird er ein rechter Glaubensmann werden; so wird bald der Geist des Glaubens, der Jesum verklärt, in das Herz kommen, und er wird ausrufen: o Herr Jesu! bist du und willst du auch mein Gott, mein Herr und Heiland seyn, hast du auch mich schnöde Creatur so hoch lieben wollen, daß du, mein ewiger Gott und Herr, dein Leben für mich Armen gelassen, und dein Blut für mich vergossen hast! O Herr Jesu, ist es möglich, soll ich armer Sünder nun nicht sterben, soll ich nun leben um deinetwillen; nun so sollst du ewig mein Gott, mein süßer Jesus und guter Hirte bleiben, und ich will ewig dein Schäflein seyn.

Wenn uns nun das Blut Christi fehlet, so fehlet uns alles; ja wenn es nicht die Hauptsache bey uns ausmacht, so gehet es ohne Schaden nicht ab. Ist es aber unser Element, so haben wir alles daran. Einmal haben wir daran die Gerechtigkeit vor Gott, und weil diese niemand bekommt, er glauben denn als ein armer Sünder an Jesum, so haben wir auch am Gekreuzigten das beste Mittel, zum Glauben erweckt zu werden.

Ferner können wir auch ganz gewiß seyn, daß wir die rechte Straße gehen, weil Christus uns von Gott selbst zu allem gemacht worden ist. Darum soll es von ganzem Herzen heißen:

Nichts will ich vor Gott ja bringen,
Als nur dich, mein höchstes Gut.
Jesu! es muß mir gelingen
Durch dein theurvergoßnes Blut.
Die höchste Gerechtigkeit ist mir erworben,
Da du bist am Stamme des Kreuzes gestorben;
Die Kleider des Heils ich da habe erlangt,
Darinnen mein Glaube in Ewigkeit prangt.

Quelle: Wöchentliche Beyträge zur Beförderung der ächten Gottseligkeit.

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