Geßner, Georg - Noah oder die Arche - Erste Rede. Der Wandel mit Gott.

Geßner, Georg - Noah oder die Arche - Erste Rede. Der Wandel mit Gott.

Text:

1. Mos. 6, 9.

„Noah war ein frommer und aufrichtiger Mann zu seinen Zeiten, und wandelte stets mit Gott.“

Gebeth

Der Geist und die Gnade des HErrn sey mit uns!
Bethet an den HErrn, denn Er ist heilig; seine Wege sind gerecht, und seine Führungen alle sind Treu und Güte. Er schauet auf seine Menschenkinder nieder von Anfang der Welt her, und hat ein Wohlgefallen an denen, die Ihm ihr Herz hingeben.
Zu Ihm lasset uns bethen.
Gott! Du Heiliger und Barmherziger! wunderbar Erhabener, und dennoch unser Vater in Christo Jesu! Vor deinem Angesichte sind wir hier versammelt zur Erbauung. Lehre Du selbst uns, wie wir uns wahrhaft erbauen können auf unsern allerheiligsten Glauben! lehre uns bethen durch den heiligen Geist.
Erwecke in unser Aller Herzen eine heilige Gesinnung und mache sie lebendig und kräftig in unserm Leben und Wandel. Dazu haben wir uns hier in deinem Tempel versammelt, daß wir uns ermuntern zu Allem, was uns Dir wohlgefällig macht.
Ein frommer Sinn, ein aufrichtiges Herz und ein Wandeln vor Dir und mit Dir, das ist die Bestimmung deiner Menschen; das die Ehre und Würde der Verehrer deines Namens; das die Seligkeit deiner Kinder. Lehre uns dies immer besser erkennen, immer treuer darnach streben!
Lehre es uns auch durch das Wort, das wir nun hören werden.
Segne unser Nachdenken, höre unser Gebeth, laß uns erfahren, daß Du uns nahe bist!
Lasset uns einige Blicke in die Urzeit der Menschheit thun.

Das Merkwürdigste aus der Führung, das Lehrreichste aus dem Charakter Noahs, dieses zweyten Stammvaters der Menschheit, gedenk ich in einigen meiner Vorträge auszuheben. Schon dort, schon dort sehen, bewundern, verehren wir Gott, den Führer des Menschengeschlechtes, der mit Huld und Treue sich seiner annahm, aber auch mit heiliger Gerechtigkeit über ihm waltete; schon dort einen festen Plan seiner Führung begonnen, der durch alle Jahrtausende hinab, bey aller immer klarern Entwicklung, dennoch immer derselbe blieb.

Aber so frühe schon hatte auch die Sünde das junge, erst aufkeimende Menschengeschlecht von seinem Gott geschieden, und es selbst voneinander zerrissen. So frühe schon ein Reich der Finsterniß, das sich dem Reiche Gottes entgegenstellte; dort schon Kinder der Menschen in immer größerer Schaar, und Kinder Gottes in sich mindernder Zahl, weil sie durch leichtsinnige Verbindungen, durch Hingebung in die Verführungsgefahr sich der Verschlimmerung aussetzten.

So frühe schon der Anschein, als ob die Absichten und Zwecke Gottes mit seinem Menschengeschlechte sollten vereitelt werden können - und dennoch eine so treue Vaterliebe Gottes, welche den Menschen immer Hand bot, die Verirrten zurückrief, die Sünder warnte, Glauben und Gehorsam nie ungelohnt ließ, und mit Kraft und Liebe dennoch rettete, immer hindurch rettete sein Lieblingsgeschlecht, wenn auch seine Gerechtigkeit noch so ernst einzuschreiten genöthigt war.

Schon war es dahin gekommen, daß das Auge, das Alles sieht, sah, daß des Menschen Bosheit auf Erden sehr groß war, und alles Dichten und Trachten seines Herzens nur böse. Das - so spricht die menschliche Sprache von dem menschlich dargestellten Vater der Menschen - das bekümmerte Gott in seinem Herzen. Die unverbesserlich Gewordenen waren reif zum Gerichte. Ich will den Menschen - sprach der HErr - den ich geschaffen habe, von der Erde vertilgen. Doch sein Vaterauge erblickt noch einen Mann, der seiner Rettung fähig und werth war - den Einen Noah mit seiner Familie - und in ihm, denn Glauben füllte sein Herz, Gehorsam zeichnete ihn aus, in ihm die Möglichkeit, das Menschengeschlecht zu retten. Diesen Einen, noch übrig Gebliebnen schildert die alte, heilige Urkunde mit den Kernzügen: Noah war ein frommer und aufrichtiger Mann zu seinen Zeiten, und wandelte stets mit Gott. Läßt sich, Freunde! etwas Schöneres sagen? O, daß es auch von unser einem Jeden gesagt werden könnte! Kommt, wir wollen um den ehrwürdigen, zweyten Stammvater des Menschengeschlechtes uns ehrfurchtsvoll, lernbegierig sammeln, und von ihm lernen

Den steten Wandel mit Gott.

Der Wandel mit Gott ist I. Reine Frömmigkeit;
II. Lautere Aufrichtigkeit;
III. Beharrliche Festigkeit; und
IV. Stetes Andenken an Gott.

O! möchtest Du noch manchen Noah seh'n, Allwissender! in deinen Wegen geh'n Mit Dir, mit Dir, o Gott! zu wandeln; Im reinen Sinn und treuem Handeln, Das lehr' uns, Gott! Darin bewahr' uns, Gott!

I.

Der Wandel mit Gott, wie Noahs Sinn und Charakter uns ihn darstellt, war allererst seine Frömmigkeit.

Mit Gott wandeln - ist ein schöner Ausdruck; höchst einfach, und wenn ihr's fasset, ein Bild, das den unendlich über uns Erhabenen gleichsam in unsern Kreis versetzt. Wie das Kind, an der Hand des Vaters, mit dem Vater wandelt, da fühlt es sich geborgen und sicher, da ist es ruhig und froh, des Vaters Auge sieht sich für es um, des Vaters Liebe erfreut sein Kinderherz, des Vaters Kraft stützt seine Schwäche, und die starke Hand hält das strauchelnde Kind. Ihm ist so wohl - geht es auch auf rauhem Pfade; der Vater, mit dem es geht, hilft schon durch, und daß es das Ziel nicht verfehle, daß es dasselbe gewiß erreiche, das kann nicht fehlen, es wandert ja mit dem Vater. Und wie das Kind mit dem Vater wandelt, so kann, so darf, so soll der Mensch, so du und ich mit Gott wandeln. Noah that es - dessen Wissen und Kennen, dessen Verstandesbildung, das dürfen wir ohne Unbescheidenheit sagen, gewiß hinter der unsern zurückstand; dessen Gotteserkenntniß doch zuverlässig von der Gotteserkenntniß jedes erleuchteten Christen muß übertroffen werden. Nein, Freunde! es ist nicht das Wissen und Kennen, es ist vielmehr die Sache des Gemüthes, ist Vertrauen und Liebe, ist Hingebung des Herzens an Gott, was ihn lehrt, ihn antreibt, es ihm zum heiligen Streben und zur seligen Wonne macht - mit Gott zu wandeln.

O! wenn Noah den Gott des Evangeliums, den Vater im Sohne, das wiederhergestellte Kinderverhältniß der Menschen zu Gott würde gekannt haben, was würde dann bey seinem Sinn, seinem Glauben und Gehorsam, sein Wandel mit Gott geworden seyn?

Sehet also, was unser Wandel mit Gott seyn sollte - reine Frömmigkeit, sagen wir zuerst.

Eine Gesinnung, die aus dem Bewußtseyn der Nähe Gottes, wenn Er gleich unsichtbar ist, aus dem Gefühl seiner treuen Liebe hervorgeht, und zum redlichen Bestreben wird, Ihm überall wohl zu gefallen. Frömmigkeit - Heilige Ehrfurcht vor Gott, die, wie das Kind das Vaterauge scheut, um nie etwas zu thun, was es dem Vater mißfällig machen müßte, so durch den Gedanken: Gott ist bey mir, Muth und Kraft erhält zum Kampfe gegen Alles, was Gott mißfällt; jene Gesinnung, welche die Versuchung niederschlägt mit dem Worte: Wie sollt' ich ein so großes Uebel thun, und wider meinen Gott sündigen? welche auch die Anstrengung und das Opfer der kindlichen Liebe und Ergebung nicht scheut - Vater! wie Du willst, nicht, wie ich will. Frömmigkeit - ein Vertrauen auf Gott, das auch in der Prüfung besteht, aus dem Quelle der Kraft die Stärkung erwartet, und muthig schöpft; der es bedarf, und in dem Dunkel des Lebens sich fest hält an dem, der jedes Dunkel erheitern, und jede Nacht zum Tage führen will.

Frömmigkeit - eine stete Erhebung des Herzens zu Gott voll kindlicher Ehrfurcht und Liebe, die es weiß und fühlt: Nichts, was dem Menschenherzen anliegt, ist dem Vaterherzen Gottes zu geringe, daß nicht das Kind mit Ihm darüber sprechen, durch Unterhaltung mit Ihm sich stärken, durch demüthiges Flehen aus seiner Fülle nehmen dürfte, was es bedarf - ein Gebeth ohne Unterlaß.

Diese Frömmigkeit ist das erste, der Grundzug dessen, was die Schriftsprache nennt „Wandel mit Gott.“ Wie jene Gesinnung in euch lebendig, wie die reine Frömmigkeit in euch das Vorherrschende ist, so sagt die einfache Wahrheit auch von euch: Ihr wandelt mit Gott! Kann sie dies sagen?

II.

Noah, der stets mit Gott Wandelnde, war ein aufrichtiger Mann, sagt unsre Urkunde - das heißt offenbar ein durch sein Betragen, seinen Gehorsam gegen Gottes Willen, seine Rechtschaffenheit und Gott gefällige Handelsweise sich auszeichnender Mann. So durfte von ihm gesagt werden: er wandelte mit Gott, denn seine Frömmigkeit griff in's Leben ein.

Ihr sehet hier, Geliebte! den zweyten Hauptpunkt des Wandels mit Gott - Aufrichtigkeit.

1.

Wo jene Frömmigkeit, von der wir sprechen, die Liebe zu Ihm, die Ehrfurcht vor Ihm, das Gefühl seiner Nähe, Vertrauen und Gebeth nur auf den Lippen schwebt, nicht eingreift in's tägliche Leben, nicht That wird, die sich auszeichnet, nicht Rechtschaffenheit und ein Betragen, das sich befleißt, auf jedem Schritte Gott wohlgefällig zu werden - da ist nicht Aufrichtigkeit, da ist nicht Wandel mit Gott.

Der Wandel ist ja nicht leeres Wort und das leere Wort nicht Wandel. Das aufrichtige Kind, das mit dem Vater wandelt, darf ihm auch in's Angesicht sehen; es schlägt nicht, wie ein Arges, sein Auge nieder; hängt nicht, sich verbergend, den Kopf, sucht nicht sein Thun zu verstecken, sondern es blickt, auch wenn es strauchelnd geht, auch wenn sein Auge weint über den rauhen Pfad, der ihm den Fuß verwundet, und das Knie wanken macht, es blickt gern und getrost und ungescheut zu seines Vaters Antlitz; darum heißt es ein aufrichtiges Kind – es thut, was es zu thun vermag; und vermag morgen mehr, als heute, weil seine Kraft sich stärkt durch Uebung, und sein Wille, dem Vater zu folgen, immer fester wird.

2.

Was wäre Wandel mit Gott ohne Gehorsam? Dieselbe Thorheit, wie wenn das Kind sich rühmen wollte, daß es an Vaterhand wandle, und doch immer seiner Hand entlaufen und auf seinem eigenen Weg gehen wollte. Ohne Aufrichtigkeit des Herzens, ohne den redlichen Fleiß, den Willen Gottes zu thun, siebtes kein Wandeln mit Gott.

Das muß ja der Christ recht gut wissen, recht innig davon überzeugt seyn; der Christ, dem sein HErr, der Stellvertreter des Vaters, sagt: Was heißet ihr mich HErr! HErr! und thut nicht, was ich sage? Soll es von dir gesagt werden können: du wandelst mit Gott, so muß dein Herz aufrichtig seyn, deine Frömmigkeit muß That und Leben werden. Je heiliger dein Leben, je mehr deine That in reiner Uebereinstimmung ist mit deiner Gesinnung, deiner Frömmigkeit; um desto mehr erweist es sich, daß du mit Gott wandelst.

Ihr denket vielleicht: Ja, wer mag dies sagen? Wo ist ein Vollkommener? Wohl thun wir dem ehrwürdigen Stammvater des Menschengeschlechtes nicht unrecht, wenn wir sagen: Auch er war's nicht - aber er rang darnach mit aufrichtigem Herzen. Er that, was er vermochte, und darum giebt die Wahrheit ihm das Zeugniß: Er wandelte mit Gott. Sie wird es euch geben, wenn ihr mit treuem Ernste darnach strebet, mit lauterer Aufrichtigkeit darnach ringet, und was euch der Vater in dem Sohne in Geist und Wort anbietet, treu erfaßt und benutzet; wenn ihr an Jesus Christus, euer Vorbild, euern Führer euch anschliesset; es wird auch von euch wahr werden, mit jedem Tage wahrer: Ihr wandelt mit Gott. Ja, das werde wahr!

III.

Nicht umsonst, das fühlet ihr wohl, theure Freunde! nicht umsonst setzt das Zeugniß von Noah hinzu: Zu seinen Zeiten.

1.

Es war ja wohl für ihn kein Leichtes, seine Frömmigkeit und seine lautere Tugend zu bewahren in einer Zeit, wo Gottesvergessenheit und Laster nicht nur der herrschende Zeitgeist war, sondern wo Alles, Alles mit verhängtem Zügel in's Verderben rannte, in das Elend der Unverbesserlichkeit. Kein Leichtes war es für ihn, wo er allmählich sah das Gute hinschwinden. Die frommen Väter, von denen er Frömmigkeit gelernt, an deren Beyspiel er sich stärkt, sie starben hin; die Freunde, die ihm Gottesfurcht und Liebe erleichterten, waren nicht mehr, die Unterhaltung mit ihnen hob nicht mehr seinen Geist, ermunterte nicht mehr sein Gemüth, erwärmte nicht mehr sein Herz - Er stand seelallein. Nur noch eine fromme Lebensgefährtin an seiner Seite, und aufblühende Söhne; aber er hatte wohl auch genug zu thun, um sie zu schützen vor Verführung, durch Lehre, Rath, Ermahnung, Warnung, um in ihnen zu erhalten Glauben und Gehorsam; auf dem Felsen sie zu bewahren, der von Sturm und Wellen des wilden Lasters umtobt war; den Anker ihnen festhalten zu helfen, der allein sie hielt, daß sie nicht weggerissen wurden in des Verderbens Strudel. Nur er war noch übrig und seine Familie. O wahrlich! es ist keine Kleinigkeit, allein, seelallein zu stehen in der Verführungsgefahr! Und das war Noahs Lage. Da, da bewährte sich sein Wandel mit Gott, da seine Frömmigkeit, sein redliches Thun durch - Festigkeit.

2.

Sehet, Geliebte! was auch euern Wandel mit Gott bewährt - die Festigkeit; das unerschütterliche Festhalten am Glauben, - wenn Alles wanken sollte um euch her - wenn in des Aberglaubens schwarze Abgründe auf der einen, auf des Unglaubens Schwindelhöhen auf der andern Seite euch Alles hinzuziehen droht; das unerschütterliche Festhalten am Gehorsam gegen Gottes Willen, am thätigen Christenthum, das Reinheit und Liebe ist, ein lauteres Streben nach der Heiligung, ohne welche niemand den Herrn sehen mag. Dies Festhalten, wenn auch Leichtsinn und Sünde, wenn unreines Leben und Laster aller Art, die nicht mehr nur sich zu verbergen suchen, die es dahin brachten, der gute Ton genannt zu werden, weil sie der Herrschende sind; wenn eure Umgebungen alle verführerisch geworden, und treue Leiter auf der Bahn der Gottseligkeit und Tugend euch wegstarben; wenn wachende und warnende Freunde nicht mehr sind an eurer Seite, wenn nur Einer, Einer nur euch bleibt, euer Gott und euer Heiland, an den ihr euch halten, auf den ihr euch verlassen könnet: dann, dann ist dies die höchste Bewährung euers Wandels mit Gott.

Freunde! Wer von euch darf aber sagen, daß er schon selbst in dieser Lage so seel-allein stehe, wie Noah? So manchen rathenden, stärkenden, den Glauben hebenden, den Gehorsam belebenden, das Gute in euch weckenden und nährenden Freund findet ihr noch immer, der euch hilft, euch unterstützt, euch erleichtert das Fortwandeln auf des Glaubens Bahn, dem Pfade der Gottseligkeit. O! daß wir Alles benutzten, alles weise zu Rath dienten, was Gottes Huld uns zur Erleichterung, zur Stärkung anbietet!

Ach! auch in dieser unendlich bessern Lage, wo so manche Stimme freundlich und ernst uns ruft, so manche Hand uns unter die Arme greift, so manche wohlthätige Kraft uns stützt - auch da, wie oft, wie oft und bald wankt unser Glaube, gleitet aus unser Gehorsam und läßt sich weglocken von der Wahrheit durch eiteln Ruhm, von der Tugend durch reizende Verführung - und unser Wandel wird ein Wandel mit der Welt, und nicht mit Gott. Geliebte! Bewährt euern Wandel mit Gott durch Festigkeit und Treue in euern Zeiten!

IV.

1.

Noah wandelte stets mit Gott. - Das Andenken an Gott war stets in seiner Seele lebendig; dadurch blieb ihm das Bewußtseyn klar und wahr: Gott, Gott ist bey mir. Ich bin bey Gott. Darum lag es, wenn auch noch nicht zu der Klarheit erhoben, wie in eines Apostels Seele, doch im dunkeln, aber dennoch stärkenden Gefühle: Ist Gott für mich, wer mag wider mich seyn? Die Gefahr drohte, die Verführung lockte, der Spott neckte, die Lästerung verwundete, die Bosheit kränkte, aber sein Innerlies sprach: Dennoch bleib ich stets bey Dir! Sein Innerstes hatte eine ähnliche Empfindung der Zuversicht, wie später seiner Enkel einer es aussprach mit klaren Worten, mit bestimmterm Sinne: Und wenn ich auch wandelte im Thale des Todesschattens, so würd' ich doch kein Unglück fürchten, denn Du bist bey mir. Und stand er, auch nicht gehört, nicht vernommen, als Prediger der Gerechtigkeit vor tauben Ohren, er wußte, wer ihn predigen hieß, und daß die Predigt Wahrheit sey - der Gedanke an Gott trug ihn durch Alles hindurch, und in seiner Seele lag die Ueberzeugung: Der HErr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen; die Ungerechten aber auf den Tag des Gerichtes zu behalten, daß sie gestraft werden.

Ihn hielt der Gedanke an Gott, und nährseinen Glauben, und belebte seinen Gehorsam, seine Liebe und seine Hoffnung. Das war sein steter Wandel mit Gott -und wie Gott seinen Wandel mit Ihm belohnt?, das wird uns seine Erfahrung zeigen - doch, ihr kennet sie schon.

2.

Christen! Berufene Alle zum Wandel mit Gott, mehr noch, klarer und kräftiger dazu berufen, als Noah! Christen! erfüllt mit einer Hoffnung, die weiter hinausreicht, als Noahs Hoffnung, wenn er hinübersah über ein Weltgericht, das dem irdischen Leben der Sünder in verheerender Fluth ein Ende macht, so sehet ihr hinaus über ein Weltgericht, das Geist und Herz der Menschen beurtheilt, und euer Glaube erfaßt eine höhere Rettung, als die des Noah war - denn wer an Christum glaubt, der kommt nicht in's Gericht, sondern er ist hindurchgedrungen vom Tod in das Leben. Christen! und ihr, ihr solltet nicht wandeln mit Gott? Ihr so oft des Gottes vergessen, der euch in Christo Jesu so nahe kam, der euch in Ihm die Vaterhand reicht und alle seine rettende Liebe euch anbietet?

O! wandelt mit Gott!

Wie ist es eine Ehre der Menschheit, daß sie es darf! Wie ist es einziger Menschenadel und Menschenwürde, daß sie es kann! Wie ist es die heiligste, die ihre ganze Bestimmung umfassende Verpflichtung, daß sie es soll!

O! wandelt mit Gott!

Dann ist eure Ruhe geborgen, eure Kraft gesichert; was wird sie niederbeugen an der Hand des allmächtig stärkenden Leiters? Dann ist eure Seligkeit gewiß, eine ewig wachsende Wonne - dann ist euer Ziel kein geringeres, als Vereinigung mit Christus - mit Ihm, an dessen Wandel ihr mehr und klarer und herrlicher einladend und mächtiger ermuthigend, als an Noah, sehet, was Wandel mit Gott ist. Ihr sehet Ihn wandeln durch des Erdenlebens Pfade rein, wie Gott; erhaben, wie Gott; wirksam, wie Gott; liebevoll, wie Gott. Ihr sehet Ihn wandeln durch des Erdenleidens tiefste Schluchten, durch Tiefen ohne ihres gleichen, aber immer mit Gott; hinauf, hinauf zum Ziele bey Gott, auf den Thron des Vaters. Und Er winkt, Er ruft:

Mir nach auf Erden!
Im Himmel einst mir gleich;
Das, Menschen! sollt ihr werden
In meines Vaters Reich!
Wohlan, durch's Leben, durch den Tod
Stets wandelt mit Gott!

Amen!

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