Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 2. Capitel

Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 2. Capitel

Der Pilgrim bekam Christum zu seinem Gast.

Als ich davon bey mir selber nachdachte, und was weiter erfolgen würde, erwartete, siehe, da erschien mir ein helles Licht von oben, zu welchem ich meine Augen aufhub, und erblickete, daß das oberste Fenster voller Glanz war; in welchem Glanz sich einer zu mir herab ließ, der uns Menschen zwar der Statur nach gleich aussahe, aber nach der Klarheit wahrer Gott war, dessen Angesicht, ob es gleich überaus glänzete, nichts desto weniger den menschlichen Augen erträglich war; es gieng auch kein Schrecken von ihm, sondern lauter Lieblichkeit, dergleichen ich in der Welt niemals wahrgenommen. Derselbe nun redete mich, als die Leutseligkeit und Dienstwilligkeit selber, zuerst mit diesen allerangenehmsten Worten an: Sey mir willkommen! sey mir willkommen! mein Sohn und lieber Bruder! Und als er dieses sagte, umarmte er mich aufs holdseligste, und küssete mich zärtlich, daß daher mich auch ein überaus angenehmer Geruch durchdrang, und wurde mit einer unaussprechlichen Freude erfüllet, daß auch häufige Thränen aus meinen Augen flossen; wusste auch auf ein solch unvermuthetes Bewillkommen nichts zu antworten, ausser daß ich tief seufzete, und mit gedemüthigten Augen auf ihn sahe; der mich dann, als er mich für Freuden so erschrocken sahe, weiter also anredete: Wo bist du doch gewesen, mein lieber Sohn? wo bist du so lange gewesen? wo bist du herum gegangen? was hast du in der Welt gesucht? Freude? Ey, wo anders hast du dieselbe suchen sollen, als nur in Gott? und wo Gott, als nur in seinem Tempel, und welches ist der Tempel des lebendigen Gottes, als der lebendige Tempel, welchen er sich selbst zubereitet hat, nemlich dein eigen Herz? Ich sahe dich wohl, mein Sohn, als du in der Irre giengest, und daher konnte ich nicht länger zusehen, sondern führete dich zu mir, indem ich dich zu dir selber brachte: Denn hier habe ich mir diesen Sitz und Pallast zu meiner Wohnung erwählet. Willst du nun mit mir hier wohnen, so wirst du allhier finden, was du in der Welt umsonst und vergeblich gesuchet hast, nemlich wahren Trost, Herrlichkeit und volles Genügen. Das verspreche ich dir, mein Sohn; du wirst hier nicht wie dorten betrogen werden.

Indem ich diese Rede hörete, und, daß es mein Heyland, Jesus Christus sey, von welchem ich sonst in der Welt auch etwas äusserlich und obenhin gehöret hatte, vernahm, und zwar nicht, wie in der Welt, mit Furcht zu Zweifel, sondern mit völliger Freudigkeit und gänzlicher Zuversicht, so faltete ich meine Hände, reichete ihm dieselben, und sprach: Hier bin ich, mein Herr Jesu! nimm mich dir! dein will ich seyn und bleiben in Ewigkeit. Rede zu deinem Diener, und verleihe mir, daß ich gehorche. Sprich, was du willst, und gib, daß ich mir es lasse wohlgefallen. Lege auf, was dir beliebet, und gib Kraft, daß ich es könne tragen. Brauche mich, wozu du willst; gib mir nur dazu die Tüchtigkeit und das nöthige Vermögen. Befiehl, was du willst, und was du befiehlest, das gib. Mag ich doch immer nichts seyn, damit du nur selber Alles seyst!

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