Calvin, Jean - An Viret und Farel (73).

Nr. 73 (C. R. – 338)

Calvin, Jean - An Viret und Farel (73).

Der Metzer Prediger, Pierre Brusli, wurde Calvins Nachfolger in Straßburg. Raimond war der französische Gesandte am Reichstag in Regensburg (vgl. 65). Dr. Hans Bruno Nidbrucker war der Vertreter von Metz am Reichstag. Zwischen Genf und Bern schwebte ein Streit um das Kirchengut der Abtei St. Viktor.

Vom Ende des Reichstags; über seinen Nachfolger in Straßburg.

Kürzlich erhielten wir von Butzer einen gemeinsamen Brief, in dem er schrieb, in der Religionsfrage sei nicht viel vorgegangen, außer dass die Fürsten der Gegenpartei den Kurfürsten eine wutschnaubende Antwort an uns überreicht hätten. Doch fügt er bei, es seien in der Sitzung auch solche gewesen, die lebhaft widersprochen und eine uns gar nicht fern stehende Gesinnung gezeigt hätten. Er nennt darunter Ottheinrich [von der Pfalz], die Bischöfe von Augsburg und Konstanz und den Abt von Kempten. Es ist nämlich in den Reichstagen Sitte, dass die Grafen und Äbte, die zur Grafenbank gehören, ihre Beschlüsse den Fürsten, die wieder die ihrigen den Kurfürsten berichten, dann werden die Entscheidungen vereinigt den Städten vorgelegt, denen es dann freisteht, beizupflichten oder abzulehnen. Jetzt wartet man darauf, was die Kurfürsten antworten werden, von denen wir hoffen, sie seien etwas milder gegen uns. Denn der Pfälzer, der Brandenburger und der Kölner geben vor, sie seien uns nicht übel gesinnt, nur den Mainzer haben wir zum Feind. Denn der von Trier richtet sich nach seinem Vorteil ein. Bei den Städten ist nicht zu zweifeln, dass sie alle für unsere Ruhe sorgen, denn die meisten streben selbst zum Evangelium hin. Die Unsern waren daran, dagegen ihre letzte Antwort zu geben; wie die lauten wird, sagt Butzer nicht. Dann erzählt er, Hilfeleistung gegen den Türken sei versprochen worden, erklärt aber nicht, unter welchen Bedingungen. Der Kaiser will aber, als ob die Hauptsachen fertig wären, nach Italien abreisen.

Der Mann, der Butzers Brief brachte, nämlich der Metzer Prediger, von dem du gehört hast, berichtet, es gehe in Regensburg beständig das Gerücht, der Kaiser werde noch vor Ende dieses Monats abreisen. Damit es aber nicht den Anschein habe, als breche er die noch nicht fertige Verhandlung ab, wird er einen Stellvertreter dalassen, der das Übrige zu Ende führen soll. Wenn ich mich nicht täusche, werden wir bald einen inhaltsreichen Brief erhalten oder Butzer wird selbst kommen. Denn was hält ihn noch weiter auf, wenn die letzte Antwort gegeben ist? Von der Sache der Brüder [in Frankreich] höre ich nichts. Ich habe aber fleißig an Raimond geschrieben und ihn gebeten, mich ehrlich wissen zu lassen, was wir hoffen dürften. Der erwähnte Prediger von Metz, ein frommer, gelehrter und bescheidener junger Mann, wohnt gegenwärtig bei mir, bis der Gesandte seiner Stadt, Dr. Bruno, zurückkommt, der versprochen hat, beim Rat seine Sache ernstlich in die Hand zu nehmen. Soviel ich von ihm und den andern Metzer Bürgern, die in großer Zahl hier auf der Messe waren, vernehmen konnte, wird das Jahr nicht vorbeigehen, ohne dass irgendeine Erhebung stattfindet, wenn nicht der Adel freiwillig zu einem Hilfsmittel greift. Macht, dass ich von Genf bald erfahre, was immer geschieht. Denn wenn der Streit geschlichtet ist, werden mich die Unsern lieber entlassen. Wenn es anders ist, so wollen wir uns doch auf Besserung besinnen. Die Gefahr, die wir einst von Caroli befürchteten, besteht nicht mehr. Denn da er sein Wort gebrochen hat, wird er von den Unsern nie mehr wieder aufgenommen werden. Er verhandelt auch schon, wie ich höre, mit seinen Sorbonnisten wegen einer Aussöhnung mit ihnen. Es wird alsdann, wie ich glaube, mein jetziger Gast mir [hier im Amte] folgen. Mehr Schwierigkeit macht den Straßburgern mein Schulamt. Denn sie finden auch keinen passenden Mann. Doch werden sie mich darum nicht zurückhalten, wenn der Nutzen der Genfer Kirche mein Kommen fordert. Gewiss wird mich nichts hindern, zu kommen, wenn mirs der Herr zulässt. Übrigens die beiden jungen Leute, die Euch meinen Brief bringen, lebten länger als einen Monat hier. Ich habe sichere Zeugen, die wissen, dass sie aus guten Häusern sind. Weil sie aber ohne Wissen ihrer Eltern hierher kamen, sind sie schlecht mit Geld versehen. Weil hier das Leben teuer ist, gastfreundliches Quartier fast nicht, Stellungen gar nicht zu finden sind, wollten sie dahin reisen, wo sie hoffen, Passenderes zu finden. Sie wünschen, wenn sie irgendwelche ihrer wissenschaftlichen Bildung entsprechende Stellung finden, ihre Kraft in deren Dienst zu stellen und unterdessen zu versuchen, ob sie von den Ihrigen etwas herausbekommen können. Finden sie keine Arbeit, so wollen sie wenigstens mit weniger Auslagen für ihren Unterhalt diese Antwort, sei sie wie sie wolle, abwarten. Ich bitte Euch also, lasst sie Euch empfohlen sein. Denn sie scheinen mir der Hilfe guter Leute wert. Es fehlt ihnen weder an Geist noch an Wissen, und sie benehmen sich bescheiden. Ist bei Euch eine passende Stellung frei, so helft ihnen, bitte, sie zu bekommen; damit sie ohne oder nur mit geringen eignen Kosten leben können, bis sie von den Ihrigen Antwort haben. Dann werden sie ihre Angelegenheiten besser ordnen. Wie es auch sei, lasst sie Eure Freundlichkeit spüren. Lebt wohl, beste, trefflichste Brüder.

Straßburg [25. Juli 1541]

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