Bettex, Frederic - Ist die Bibel veraltet?

Bettex, Frederic - Ist die Bibel veraltet?

Hat die Bibel immer noch dieselbe Macht? Fängt sie nicht an, nach der Ansicht mancher, zu altern? - Nein; in ewiger Jugend immer dieselbe, ewig wirksam, zerschlägt sie harte Herzen und heilt wunde Herzen; dieses Buch und diejenigen, die daran glauben, haben das römische Weltreich durch das Wort überwunden, haben trotz Papst und Kaiser mit dem Wort die Reformation bewirkt. Sie werden auch in dem endlichen Weltkampf, der sich vorbereitet, Welt und Antichrist besiegen, und aus dem Kampf wird wieder eine große Gemeinde von Bekennern in weißen Kleidern hervorgehen. Einstweilen bekehrt die Bibel Seelen aus allen Sprachen, Völkern und Zungen, wie sie es von jeher getan hat. Und nach der Bekehrung fällt es dem Menschen wie Schuppen von den Augen, und von diesem Buch, darin er nur ein allgemeines Religions- und Erbauungsbuch fand, erkennt er betroffen: du, deine Sache ist es, die hier verhandelt wird; es ist ein Wort Gottes an dich! Auch in meine Seele, die wüste und leer war und darin Finsternis die Tiefe bedeckte, rief einst ein göttlicher Donner: Es werde Licht! Und es ward Licht; es schieden sich die Wasser von unten und oben; es erschien das Trockene und grünte die Pflanze, und endlich entstand im Keim der Mensch in Gottes Bild. Dann wanderte ich aus meinem Vaterland und aus meiner Freundschaft und wurde ein Fremdling, zog nach Ägypten und mußte Ziegel brennen, ging durch das Rote Meer, verdurstete in der Wüste und aß himmlisches Manna, wurde gebissen von feurigen Schlangen, stand vernichtet vor dem blitzenden Sinai und stieg auf den Nebo, um von fern das gelobte Land zu schauen. Wie Hiob rang ich mit Gott, seufzte und jauchzte mit David, sprach mit dem Prediger: Es ist alles eitel!; freute mich der großen Zukunft mit den Propheten, und auch mir, dem verlorenen Sohn, der lang die Schweine gehütet hatte, wurde das Wort: „Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“

Immer noch zwingt die Bibel großen und unparteiischen Geistern die höchste Achtung ab. So schreibt Goethe: „Ich halte die Evangelien alle vier für durchaus echt; denn es ist in ihnen ein Abglanz einer Hoheit wirksam, die von der Person Christi ausging und die so göttlicher Art war, wie nur je auf Erden das Göttliche erschienen ist.“ „Ich bin überzeugt, daß die Bibel immer schöner wird, je mehr man sie versteht.“

Auch der Philosoph der Vernunft, Kant, schreibt zweiundziebzigjährig (Brief an den Abt Sièves in Paris, 1796): „Die Bibel ist das Buch, dessen Inhalt selbst von seinem göttlichen Ursprung zeugt. Sie entdeckt uns die Größe unserer Verschuldung und die Tiefe unseres Falles in der Größe des Rettungswerkes und in dessen Ausführung. Die Bibel ist mein edelster Schatz, ohne welchen ich elend wäre.“ In einem Brief an Stilling schreibt er: „Darin tun Sie wohl, daß Sie ihre einzige Beruhigung im Evangelio suchen; denn es ist die unversiegbare Quelle aller Wahrheiten, die, wenn die Vernunft ihr ganzes Feld ausgemessen hat, nirgends anders zu finden sind.“ Ähnliches haben Herder, Napoleon I., Wilhelm von Humboldt, Franklin, Schiller, Arndt, Gladstone und andere gesagt. Solche Aussprüche werden freilich von den Bewunderern dieser Männer verschwiegen, so von den heutigen Jüngern Goethes und Kants; sie passen nicht zu ihrem Begriff von Aufklärung und reimen sich schlecht mit ihrer Behauptung, daß nur Schwachköpfe die Bibel verehren.

Aber diese Bibel bleibt nicht nur ein verehrungswürdiges Buch. Sie ist heute noch ein Hammer, der das felsenharte Menschenherz zerschmeißt, ein zweischneidiges Schwert, das durch Mark und Bein dringt, eine Kraft Gottes, die aus dem Sünder eine neue Kreatur macht. Einst (1532) beschloß in Genf eine prachtliebende Dame, Claudine Levet, auf die dringenden Bitten einer Freundin hin, den verhaßten Ketzer Froment zu hören. Sie hing sich Amulette an, rieb sich mit Jungfernwachs ein, steckte an ihre Schläfen Verbenenblätter gegen den bösen Zauberer und saß dann, sich oft bekreuzigend, Hohn und Spott im Gesicht, unmittelbar vor dem unscheinbaren Prädikanten. Während seiner Rede veränderten sich ihre Mienen. Als er schloß, fragte sie: „Woher weißt du, daß das wahr ist, was du sagst?“ „Hier steht es geschrieben.“ „Gib mir das Buch!“ Schweigend ging sie heim, befahl, niemand dürfe sie stören, und blieb drei Tage in ihrem Zimmer eingeschlossen. Sie kam heraus als eine völlig andere. Sie ist für uns verloren, jammerten ihre hohen Freundinnen; sie will nichts mehr von Festen, prächtigen Kleidern und Vergnügungen wissen, will immer nur Arme und Kranke besuchen und ihre Bibel lesen.

In England war vor wenigen Jahren ein Preisboxer, ein riesenstarker, äußerst roher und gefürchteter Mann. Ein Bibelwort traf ihn wie ein Blitzstrahl. Kurz darauf begegnete ihm ein Rivale, der gehört hatte, er sei zu den Muckern gegangen, forderte ihn höhnisch zum Kampf und schlug ihn mitten ins Gesicht, daß das Blut spritzte. Der Geschlagene wischte das Blut ab und sprach ruhig: „Wenn ich die Bibel nicht kennte, würde ich dich totschlagen. Ich verzeihe dir und will nicht mit dir kämpfen.“

In Wien lag im Spital ein armer, früher sehr tätiger, vielgereister Mann im besten Alter seit Jahren unheilbar gelähmt, so daß er nur Kopf und Hände bewegen konnte und oft von heftigen Schmerzen geplagt wurde. Eine trost- und hoffnungslose Existenz, denkst du vielleicht. Nicht mehr! Er hatte seine Bibel gefunden und schrieb mir: „Nicht nur die Tage, auch die Nächte sind mir zu kurz, um mit Jauchzen und Freudentränen Gott zu danken für alles, was Er mir in seinem Wort gibt.“ - Das sind drei Beispiele nur aus tausenden.

Über dieses göttliche Wort haben Tausende gespottet; Millionen haben es verachtet; aber Spötter und Verachter sind vergangen und vergessen; ihre Namen kennen die wenigsten. Vor 170 Jahren sprach Voltaire: „In fünfzig Jahren wird die Welt nichts mehr von diesem Buch hören.“ Wie nun? In Hunderten von Sprachen übersetzt, von Tausenden von Missionaren verkündigt, in Millionen von Exemplaren verbreitet, wird es allen Völkern gepredigt „zum Zeugnis über sie“.

Quelle: Tenne, Halbmonatsschrift für die christusgläubige Jugend 1939

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