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Epheserbrief

Epheserbrief

Kapitel 1

1:1 Paulus, ein Apostel JEsu Christi durch den Willen GOttes: Den Heiligen zu Ephesus und Gläubigen an Christo JEsu.

1:2 Gnade sei mit euch und Friede von GOtt, unserm Vater, und dem HErrn Jesu Christo!

1:3 Gelobet sei GOtt und der Vater unsers HErrn JEsu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern durch Christum;

1:4 wie er uns denn erwählet hat durch denselbigen, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir sollten sein heilig und unsträflich vor ihm in der Liebe;

1:5 und hat uns verordnet zur Kindschaft gegen ihn selbst durch JEsum Christum, nach dem Wohlgefallen seines Willens,

1:6 zu Lob seiner herrlichen Gnade, durch welche er uns hat angenehm gemacht in dem Geliebten,

1:7 an welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade,

1:8 welche uns reichlich widerfahren ist durch allerlei Weisheit und Klugheit.

1:9 Und hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Wohlgefallen und hat dasselbige hervorgebracht durch ihn,

1:10 daß es geprediget würde, da die Zeit erfüllet war, auf daß alle Dinge zusammengefasset würden in Christo, beide, das im Himmel und auch auf Erden ist, durch ihn selbst,

1:11 durch welchen wir auch zum Erbteil kommen sind, die wir zuvor verordnet sind nach dem Vorsatz des, der alle Dinge wirket nach dem Rat seines Willens,

1:12 auf daß wir etwas seien zu Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christum hoffen;

1:13 durch welchen auch ihr gehöret habt das Wort der Wahrheit, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit; durch welchen ihr auch, da ihr glaubetet, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung,

1:14 welcher ist das Pfand unsers Erbes zu unserer Erlösung, daß wir sein Eigentum würden zu Lob seiner Herrlichkeit.

1:15 Darum auch ich, nachdem ich gehöret habe von dem Glauben bei euch an den HErrn JEsum und von eurer Liebe zu allen Heiligen,

1:16 höre ich nicht auf, zu danken für euch, und gedenke euer in meinem Gebet,

1:17 daß der GOtt unsers HErrn JEsu Christi, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung zu seiner selbst Erkenntnis

1:18 und erleuchtete Augen eures Verständnisses, daß ihr erkennen möget, welche da sei die Hoffnung eurer Berufung, und welcher sei der Reichtum seines herrlichen Erbes an seinen Heiligen,

1:19 und welche da sei die überschwengliche Größe seiner Kraft an uns, die wir glauben nach der Wirkung seiner mächtigen Stärke,

1:20 welche er gewirket hat in Christo, da er ihn von den Toten auferwecket hat und gesetzt zu seiner Rechten im Himmel

1:21 über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen.
Wer hätte beim Tode Christi Gott zu loben das Herz gehabt, und nach unserer Losung ausrufen mögen: „Lobe den HErrn meine Seele?“ Und doch ist in der Folge nichts so sehr der Gegenstand des Lobes Gottes geworden, als eben dieser Tod, der Opfertod des Lammes Gottes, das der Welt Sünde trug. Denn Er ist nicht unter den Toten geblieben, sondern ist wieder auferweckt worden. Es war, wie wenn Christus vorher, bereits siegesfroh, gesagt hätte: „Machet mit Mir, was ihr wollet, Ich bin doch Sieger.“ Wenn die Jünger völliger geglaubt hätten, würden sie haben ähnlich reden können: „Machet mit Ihm, was ihr wollt, ihr gewinnet's doch nicht über Ihn.“ Aber so weit hatten sie sich noch nicht in den Glauben an Seine alsbaldige Auferstehung erhoben. Doch ist Er auferstanden; und durch den heiligen Geist ist den Jüngern auch das gewiß geworden, daß Er nun der HErr ist, über alles gesetzt, sowohl in dieser, als in der zukünftigen Welt. Solches hatte der HErr schon vor Seiner Auferstehung gesagt, mit den Worten: „Alle Dinge sind mir übergeben von Meinem Vater“ (Matth. 11,27); und vor Seiner Himmelfahrt sagte Er noch bestimmter: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“ (Matth. 28,18). Von da an glaubten's Seine Jünger; und sie freuten sich dessen unter allen Kämpfen und Anfechtungen.
Uns ist es alles auch gesagt; und da nun die Hoffnung uns offen steht, daß wir einst auch werden auferweckt werden, um zu sein, wo Er ist, und bei Ihm zu bleiben in Seiner Gemeinschaft und Herrlichkeit, wie können wir doch getrosten Mutes sein, und herzlich loben und danken, mit allem, was in uns ist, sei die Angst, die uns noch umgibt, noch so groß! Ist Er doch auch über alle Herrschaften gesetzt, also daß kein Feind uns schaden kann, und nichts uns aus Seiner Hand zu reißen im Stande ist! - Aber wohl denen, die im Glauben ausgekämpft und den rechten Weg gefunden haben! Die sind vieler Angst, Not und Sorge enthoben, davon wir hienieden noch so viel zu tragen haben. Gelobt sei Gott, der uns den Sieg gewiß gemacht hat! (Christoph Blumhardt)

1:22 Und hat alle Dinge unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt zum Haupt der Gemeinde über alles,

1:23 welche da ist sein Leib, nämlich die Fülle des, der alles in allen erfüllet.
In diesem Kapitel erörtert Paulus nicht nur den Umfang des Gnadenreiches Christi, sondern auch die zukünftige Herrlichkeit der Gemeinde des Herrn, und fordert zum Dank für diese große Wohlthat der Erwählung und Erlösung, wie zur Bitte um Wachsthum an Erkenntniß und Erfahrung auf. Christus ist der Gemeinde Haupt, die Gemeinde ist Christi Leib. Wie das Haupt früher da ist, als der Leib, wie das Haupt den Leib sich anbildet, wie das Haupt des Leibes, den es sich angebildet hat, als seines Werkzeuges sich bedient, und wie zwischen dem Haupte und dem Leibe ein ununterbrochener, allerinnigster Verkehr Statt findet, so gilt dies auch von dem Verhältniß Christi zu seiner Gemeinde. Indem die Gemeinde aber der Leib Christi ist, ist sie eben dadurch die Fülle deß, der Alles in Allem erfüllet, von Gott erfüllt, beseelt und regiert. Doch ist ein Unterschied zwischen der jetzigen und der dereinstigen Gemeinde Christi; jene ist die noch im Werden und Wachsen begriffene Fülle Gottes, diese die vollendete und ausgewachsene Fülle des Herrn. Jene ist aber dennoch der wahre und wirkliche Leib, welchen Christus sich angebildet hat und unzweifelhaft bis zur gänzlichen Vollendung ausbilden wird. Diese wird die überschwängliche Macht Gottes, die sich an Christo wirksam erwiesen, sich auch an sich wirksam erweisen; sie wird verklärt und himmlisch sein wie Christus, sie wird wie Er einen Namen haben über alle Namen und ihr Name wird heißen Immanuel: mit uns ist Gott; das geringste Glied derselben wird herrlicher sein als der herrlichste Engel; der Vater wird ihr das Reich geben und sie wird sitzen auf dem Stuhl des Herrn. Erkenne denn diese zukünftige Herrlichkeit der Kinder Gottes! Trachte nach ihr, bitte um sie, tröste dich mit ihr in der gegenwärtigen Schmach und Bedrängniß der Gemeinde. Du aber, o Herr, bereite uns zu ihr, und laß uns hier mit Christo dulden und dereinst mit Ihm herrschen. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 2

2:1 Und auch euch, da ihr tot waret durch Übertretungen und Sünden,

2:2 in welchen ihr weiland gewandelt habt nach dem Lauf dieser Welt und nach dem Fürsten, der in der Luft herrschet, nämlich nach dem Geist, der zu dieser Zeit sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens,

2:3 unter welchen wir auch alle weiland unsern Wandel gehabt haben in den Lüsten unsers Fleisches, und taten den Willen des Fleisches und der Vernunft und waren auch Kinder des Zorns von Natur, gleichwie auch die andern;

2:4 aber GOtt, der da reich ist von Barmherzigkeit, durch seine große Liebe, damit er uns geliebet hat:

2:5 da wir tot waren in den Sünden, hat er uns samt Christo lebendig gemacht (denn aus Gnaden seid ihr selig worden)

2:6 und hat uns samt ihm auferwecket und samt ihm in das himmlische Wesen gesetzt in Christo JEsu,

2:7 auf daß er erzeigete in den zukünftigen Zeiten den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte über uns in Christo JEsu.

2:8 Denn aus Gnaden seid ihr selig worden durch den Glauben, und dasselbige nicht aus euch, GOttes Gabe ist es;

2:9 nicht aus den Werken, auf daß sich nicht jemand rühme.

2:10 Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christo JEsu zu guten Werken, zu welchen GOtt uns zuvor bereitet hat, daß wir darinnen wandeln sollen.

2:11 Darum gedenket daran, daß ihr, die ihr weiland nach dem Fleisch Heiden gewesen seid und die Vorhaut genannt wurdet von denen, die genannt sind die Beschneidung nach dem Fleisch, die mit der Hand geschieht,

2:12 daß ihr zu derselbigen Zeit waret ohne Christum, fremd und außer der Bürgerschaft Israels und fremd von den Testamenten der Verheißung; daher ihr keine Hoffnung hattet und waret ohne GOtt in der Welt.

2:13 Nun aber, die ihr in Christo JEsu seid und weiland ferne gewesen, seid nun nahe worden durch das Blut Christo.

2:14 Denn er ist unser Friede, der aus beiden eins hat gemacht und hat abgebrochen den Zaun, der dazwischen war, in dem, daß er durch sein Fleisch wegnahm die Feindschaft,

2:15 nämlich das Gesetz, so in Geboten gestellet war, auf daß er aus zweien einen neuen Menschen in ihm selber schaffete und Frieden machete,

2:16 und daß er beide versöhnete mit GOtt in einem Leibe durch das Kreuz; und hat die Feindschaft getötet durch sich selbst

2:17 und ist kommen, hat verkündiget im Evangelium den Frieden euch, die ihr ferne waret, und denen, die nahe waren.

2:18 Denn durch ihn haben wir den Zugang alle beide in einem Geiste zum Vater.

2:19 So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und GOttes Hausgenossen,

2:20 erbauet auf den Grund der Apostel und Propheten, da JEsus Christus der Eckstein ist

2:21 auf welchem der ganze Bau, ineinandergefüget, wächset zu, einem heiligen Tempel in dem HErrn,
Der HErr Jesus wird hier der Eckstein genannt, auf welchem alle Gläubigen - mit Ihm durch die Predigt der Apostel und Propheten im Geist vereinigt - auferbaut werden zu einem heiligen Tempel in dem HErrn, und zwar nicht nur die Juden, sondern auch die Heiden, die bisher nur „Gäste und Fremdlinge“ waren, nun aber „Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen“ geworden sind. Die Gläubigen aus beiden sind gleichsam die Steine, die zu einem Bau zusammengefügt werden.
Ein solcher Vergleich drückt die enge Verbindung aller untereinander aus, auch die Unentbehrlichkeit aller zur Vollendung des Reimes Gottes. Bei einem Haus oder Tempelgebäude trägt ein Stein den andern; und jeder trägt zur Erhaltung und Festigung und zum Ausbau des Ganzen etwas bei. Keiner ist überflüssig; und der Ausfall eines Steines läßt mindestens eine Lücke, kann auch den ganzen Bau in Gefahr bringen.
Alles aber wird von Christus, dem Eckstein, getragen. Wenn der ganze Bau einmal fertig ist - also alle berufenen Seelen für das Reim Gottes gesammelt und zugerichtet sind -, wird sich's herausstellen, welche Bedeutung für das Ganze jede einzelne Menschenseele hat, die sich hat retten lassen. Wie sollte sich doch da jeder Christ bestreben, sich seine Stelle am Gebäude zu bewahren, schon um des Ganzen willen, das unvollendet bleibt, wenn auch nur eine einzige Seele fehlt, die einmal berufen ist und auf die darum gerechnet wird! Wie sollten wir auch darauf aus sein, die Steine gleichsam zusammenzutragen, d. h. mitzuwirken, daß die Menschen den Geist Christi annehmen und durch den Glauben Christus einverleibt werden - damit sich das Ganze schneller vollende!
Wenn das Ganze vollendet ist, so wird die vollkommene Herrlichkeit Gottes darin entfaltet werden (Off. 21,3), weswegen dieser Bau ein „heiliger Gottestempel“ heißt. Aber auch die einzelnen Glieder sind als „lebendige Steine“ (1. Petr. 2,5) hienieden schon „Behausungen Gottes im Geist“ und sind daher persönlich schon „Tempel des Heiligen Geistes“.
Ach, daß wir lenksam und fügsam genug wären und die Predigt der Apostel und Propheten besser beachten würden, auf deren Grund sich alles aufbaut - damit wir beizeiten etwas werden „zu Lobe der herrlichen Gnade!“
Abgehende Bausteine
Freilich scheint es, als ob dann, wenn Jemandes Trotz unbeugsam geblieben ist, seine Stelle auch auf einen Andern übertragen werden könne. Das scheint angezeigt, wenn gesagt wird, daß der, der sein Pfund vergraben hat, es dem, der zehn Pfund hat, überlassen muß (Mat. 25,28); wenn ferner der HErr in dem Sendschreiben an den Engel der Gemeinde zu Philadelphia so nachdrücklich sagt (Off. 3,11): „Halte, was du hast, daß niemand deine Krone nehme“; ferner wenn auch von Judas, dem Verräter, gesagt wird, daß „sein Amt ein Andrer empfangen werde“ (Apg. 1,20) - während er sonst mit den andern Aposteln hätte seinen Stuhl haben sollen, mit zu „richten die zwölf Geschlechter Israels“ (Mat. 19,28).
Es kann also das Ganze fertig werden, auch wenn's noch an der Treue einzelner fehlt. Zuletzt kommt unnachsichtlich die Zeit des Abschlusses. Das gibt auch das ernste Wort in der Offenbarung zu erkennen (22,11): „Wer böse ist, der sei fernerhin böse, und wer unrein ist, der sei fernerhin unrein; aber wer fromm ist, der sei fernerhin fromm, und wer heilig ist, der sei fernerhin heilig.“ Denn damit scheint gesagt zu sein, daß eine Zeit komme, da nicht mehr länger gewartet werde auf die Saumseligen und Untreuen, die mit ihrer Bekehrung nicht vorwärts machen wollen, sondern da der HErr abschließe - wie nun auch die, auf welche gewartet worden ist, ihrer Herzensstellung nach sein mögen!
Andererseits können wir uns auch denken, daß Gott immerhin zuwartet, bis sich der Bau gleichsam als ein vollendeter darstellen kann. Hierauf deutet das Wort Petri (2. Petr. 3,9): „Der HErr verzögert nicht die Verheißung, wie es etliche für einen Verzug achten; sondern Er hat Geduld mit euch und will nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß sich jedermann zur Buße kehre.“
Wie wichtig ist also, lieber Christ, deine Treue! Sie ist es einerseits für dich selbst, damit du nicht um das dir Zugedachte kommst; sie ist es aber andererseits auch für die Gesamtheit, deren Vollendung - wir dürfen's wagen, so zu denken bei dem großen Wert, den jede einzelne Seele hat - durch dich aufgehalten werden kann! (Christoph Blumhardt)

2:22 auf welchem auch ihr mit erbauet werdet zu einer Behausung GOttes. im Geist.
Herrliches Bild: Die christliche Kirche ist ein Bau Gottes! Die Grundlage, auf der sie erbauet ist, ist das in der heiligen Schrift aufbewahrte apostolische Zeugniß von Christo, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, und der durch seinen Tod und seine Auferstehung vollbrachten ewigen Versöhnung und Erlösung von Sünde und Tod. Dieser Bau ist aber nicht etwas Todes und Mechanisches, sondern etwas Lebendiges und Organisches; darum sagt Paulus nicht, er wird weiter gebaut, sondern: er wächst. Das Wachsen ist eine ganz besondere Art des Fortgangs, nämlich ein Fortgang, den man nicht siehet, indem er geschieht, sondern erst nachdem er geschehen ist. Gerade so verhält sich’s mit der Kirche. Sie hat unausgesetzt ihre Weiterentwicklung, aber diese ist so still, so allmälig, daß man sie, indem sie geschieht, nicht wahrnehmen kann. Sie wächst in doppelter Beziehung, äußerlich und innerlich, und zwar in Christo, wird des göttlichen Wesens immer völliger theilhaftig, welches in Christo in höchster Fülle vorhanden ist, und aus Ihm in die Kirche einströmt durch den Kanal des sich in Ihn hineinversenkenden Glaubens. Weichend von Christo, kann die Kirche nicht mehr wachsen, sondern muß sich auflösen und zerfallen. Das Ziel aber, welchem die Kirche als ein Bau Gottes entgegenwächst, ist, ein heiliger Tempel, eine Wohnung und Behausung Gottes und seines heiligen Geistes zu sein. Das ist sie jetzt noch nicht, nicht nur hat sie jetzt viele unächte, gottlose Mitglieder, sondern auch ihre ächtesten Mitglieder sind noch nicht völlig mit Gottes Geist erfüllt. Sie ist noch der werdende Tempel Gottes, einst aber wird sie der vollendete sein. – wie? Bin ich auch schon ein lebendiger Stein an diesem herrlichen Gottesbau? Es ist Alles eitel unter der sonne; nichts wird bestehen und bleiben außer allein die zum lebendigen Tempel Gottes ausgewachsene christliche Kirche. Heil Allen, welche am Tage des Gerichts erfunden werden als eingefügt in diesen heiligen Bau! Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 3

3:1 Derhalben ich, Paulus, der Gefangene Christi JEsu für euch Heiden,

3:2 nachdem ihr gehöret habt von dem Amt der Gnade GOttes, die mir an euch gegeben ist,

3:3 daß mir ist kund worden dieses Geheimnis durch Offenbarung, wie ich droben aufs kürzeste geschrieben habe,

3:4 daran ihr, so ihr's leset, merken könnet meinen Verstand an dem Geheimnis Christi,

3:5 welches nicht kundgetan ist in den vorigen Zeiten den Menschenkindern, als es nun offenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist,

3:6 nämlich daß die Heiden Miterben seien und mit eingeleibet und Mitgenossen seiner Verheißung in Christo durch das Evangelium,

3:7 des ich ein Diener worden bin nach der Gabe aus der Gnade GOttes, die mir nach seiner mächtigen Kraft gegeben ist:

3:8 mir, dem allergeringsten unter allen Heiligen, ist gegeben diese Gnade, unter den Heiden zu verkündigen den unausforschlichen Reichtum Christi

3:9 und zu erleuchten jedermann, welche da sei die Gemeinschaft des Geheimnisses, das von der Welt her in GOtt verborgen gewesen ist, der alle Dinge geschaffen hat durch JEsum Christum,

3:10 auf daß jetzt kund würde den Fürstentümern und Herrschaften in dem Himmel an der Gemeinde die mannigfaltige Weisheit GOttes

3:11 nach dem Vorsatz von der Welt her, welche er beweiset hat in Christo JEsu, unserm HErrn,

3:12 durch welchen wir haben Freudigkeit und Zugang in aller Zuversicht durch den Glauben an ihn.

3:13 Darum bitte ich, daß ihr nicht müde werdet um meiner Trübsal willen, die ich für euch leide, welche euch eine Ehre sind.

3:14 Derhalben beuge ich meine Kniee gegen den Vater unsers HErrn JEsu Christi,

3:15 der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden,

3:16 daß er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen,

3:17 und Christum zu wohnen durch den Glauben in euren Herzen, und durch die Liebe eingewurzelt und gegründet zu werden,

3:18 auf daß ihr begreifen möget mit allen Heiligen, welches da sei die Breite und die Länge und die Tiefe und die Höhe,

3:19 auch erkennen, daß Christum liebhaben viel besser ist denn alles Wissen, auf daß ihr erfüllet werdet mit allerlei Gottesfülle.

3:20 Dem aber, der überschwenglich tun kann über alles, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die da in uns wirket,

3:21 dem sei Ehre in der Gemeinde, die in Christo JEsu ist, zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Wenn das der Apostel Paulus von seinem Gott und Vater für die Gemeinde in Ephesus erfleht hat, so kann ich mir auch nichts Höheres und Wichtigeres denken. So bitte ich Dich denn, Vater meines Herrn Jesu Christi, und in Ihm mein Vater, stärke mich vor allem mit Kraft durch Deinen heiligen Geist, damit mein inwendiger Mensch nicht schwach bleibe, verdunkelt und verblendet, unfrei und gebunden, sondern stark werde im Kampf gegen Fleisch und Blut, Welt und Teufel. Und damit das geschehen könne, laß Christum durch den Glauben in meinem Herzen wohnen, daß Er alle meine Regungen und Bewegungen, meine Gedanken und Betrachtungen, meine Empfindungen und Gefühle, meine Triebe und Wünsche, meine Bestrebungen und Entschlüsse, meine Werke und Handlungen erfülle und regiere, und ich mich immer tiefer einwurzle in die Liebe, mit der Er mich geliebt hat, wie eine Eiche, die auch kein Sturm aus der Erde reißt, wie ein Haus, das auf einem Felsen steht; in diese Liebe, deren Breite und Länge, deren Tiefe und Höhe Niemand zu durchschauen im Stande ist, die alle Erkenntniß übersteigt, und erst dann vollkommen wird erkannt werden, wenn sie ihr großes Werk durch den heiligen Geist ganz ausgeführt haben wird, nämlich den Aufbau und Ausbau des lebendigen Tempels. Ja, ich bitte, daß Du auch mich erfüllen mögest mit der ganzen Gottesfülle, daß ich in Christo ein ganz und gar von Dir erfülltes, durchwehetes und durchwirktes Wesen werde. Es ist viel, was ich bitte; ich weiß es; - dennoch bitte ich getrost und zuversichtlich, denn auch das weiß ich, ich kann der Liebe, die Christus zu uns hat, nicht genug zutrauen; ich kann mich in sie hineinwerfen, wie ein Schwimmer ins Meer; ich kann wohl in meinen Sünden, aber nicht in der Liebe Christi untergehen, und Du kannst überschwänglich thun über alles, was ich bitte und verstehe, Du hast das gute Werk in mir angefangen, Du kannst und wirst es auch vollenden; Du bist ein Gott, der Gebet erhört und dem die Ehre gebührt in der Gemeinde, die da ist in Christo Jesu, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 4

4:1 So ermahne nun euch ich Gefangener in dem HErrn, daß ihr wandelt, wie sich's gebührt eurer Berufung, darinnen ihr berufen seid,

4:2 mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld und vertraget einer den andern in der Liebe
Der Beruf, darinnen wir berufen sind, ist: durch den Glauben Mitglieder des Himmelreichs, Kinder Gottes zu sein. Ein herrlicher Beruf, dessen Größe wir hienieden nicht zu überschätzen vermögen! Er schließt das ein, daß wir einmal in die nächste und innigste Gemeinschaft mit Gott kommen sollen, dem Gott, der Himmel, Erde und alles erfüllt - und der doch uns aus großem Erbarmen, sowenig wir's auch verdient haben, in Seiner unmittelbaren Nähe eine Stätte gönnen will.
Solchem Beruf nun soll sich unser ganzes Wesen und Leben angemessen darstellen. Welche Charakterzüge werden da an uns hervortreten müssen, wenn man's an uns sehen soll, daß wir zum Himmelreich berufen sind? Ach, wie oft sagt uns das der Apostel und sagt's uns der HErr selbst! Demut ist's und Sanftmut und Geduld und Vertragsamkeit in der Liebe. Das ist's, was in unser von Natur böses Wesen hereinwachsen soll. Damit zieren wir unsern Beruf; und wenn dieser Schmuck nicht an uns ist, so wandeln wir nicht, wie sich's unsrem Beruf gebührt.
Das vierte von den Vieren ist besonders wichtig, nämlich die Vertragsamkeit in der Liebe. Auf das muß wenigstens alles hinauslaufen. Wenn oft Verschiedenheit in Meinung und Gesinnung da ist, hat ein zum Himmelreich Berufener sich vorzüglich zu hüten, daß es bei ihm nicht an der Verträglichkeit in der Liebe fehle. Hat er's mit minder geförderten Christen zu tun, so bedenke er, daß man diesen nicht wie ihm befehlen kann. An ihm liegt also das meiste, die Liebe zu erhalten. Aufbrausen aber, wo man Recht zu haben glaubt oder wenn man andere in der Verblendung und Verirrung sieht, bringt Mißstimmung, Hader und Feindschaft hervor, stört mithin die Verträglichkeit. Auf solche Weise wird die Liebe gekränkt und stimmt's nicht zu unserm Beruf. Lerne man also stille sein, sachte und verträglich, um ja die Liebe nicht zu stören! Lerne man auch nachgeben, wo es nur immer sein kann! Lerne man auch auf eine gelegene Zeit warten, da man mit Liebe reden und mit Liebe aufgenommen werden kann! So vertrage einer den andern in der Liebe; und damit wandeln wir, wie sich's unsrem Berufe gebührt.
Aber auch die drei andern Zierden der Reichskinder: Demut, Sanftmut, Geduld - wie wichtig sind sie! Ruht doch auf ihnen die Verträglichkeit und sind deren Schutzwehr. Wer sich im Gegenteil finden läßt - also stolz, rauh und ungeduldig ist -, bringt alles durcheinander und schändet seinen Beruf. Wie wenige bedenken doch das! Wie wenige nehmen's nur auch zu Herzen, daß sie demütig, sanftmütig, geduldig sein sollten! Die meisten lassen sich gehen, wie sie sind und wie einmal ihre Art ist. Aber da fehlt eben doch das Rechte, wenn auch sonst vieles da zu sein scheint.
Hüten wir uns doch, es am Besten nicht fehlen zu lassen, und lernen wir doch, nach dem, wie wir's da hören, zu wandeln, wie sich's unsrem Beruf gebührt! (Christoph Blumhardt)

4:3 und seid fleißig, zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens.

4:4 Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid auf einerlei Hoffnung eurer Berufung.

4:5 Ein HErr, ein Glaube, eine Taufe,

4:6 ein GOtt und Vater (unser) aller, der da ist über euch alle und durch euch alle und in euch allen.

4:7 Einem jeglichen aber unter uns ist gegeben die Gnade nach dem Maß der Gabe Christi.

4:8 Darum spricht er: Er ist aufgefahren in die Höhe und hat das Gefängnis gefangen geführet und hat den Menschen Gaben gegeben.

4:9 Daß er aber aufgefahren ist, was ist's, denn daß er zuvor ist hinuntergefahren in die untersten Örter der Erde?

4:10 Der hinuntergefahren ist, das ist derselbige, der aufgefahren ist über alle Himmel, auf daß er alles erfüllete.

4:11 Und er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche aber zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern,

4:12 daß die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Amts, dadurch der Leib Christi erbauet werde,

4:13 bis daß wir alle hinankommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes GOttes und ein vollkommener Mann werden, der da sei im Maße des vollkommenen Alters Christi,

4:14 auf daß wir nicht mehr Kinder seien und uns wägen und wiegen lassen von allerlei Wind der Lehre durch Schalkheit der Menschen und Täuscherei, damit sie uns erschleichen zu verführen.

4:15 Lasset uns aber rechtschaffen sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus,

4:16 aus welchem der ganze Leib zusammengefüget, und ein Glied am andern hanget durch alle Gelenke, dadurch eines dem andern Handreichung tut nach dem Werk eines jeglichen Gliedes in seinem Maße und machet, daß der Leib wächset zu seiner selbst Besserung; und das alles in der Liebe:

4:17 So sage ich nun und zeuge in dem HErrn, daß ihr nicht mehr wandelt, wie die andern Heiden wandeln der Eitelkeit ihres Sinnes,

4:18 welcher Verstand verfinstert ist, und sind entfremdet von dem Leben, das aus GOtt ist, durch die Unwissenheit, so in ihnen ist, durch die Blindheit ihres Herzens.

4:19 welche ruchlos sind und ergeben sich der Unzucht und treiben allerlei Unreinigkeit samt dem Geiz.

4:20 Ihr aber habt Christum nicht also gelernet,

4:21 so ihr anders von ihm gehöret habt und in ihm gelehret seid, wie in JEsu ein rechtschaffen Wesen ist.

4:22 So leget nun von euch ab nach dem vorigen Wandel den alten Menschen, der durch Lüste in Irrtum sich verderbet.

4:23 Erneuert euch aber im Geist eures Gemüts

4:24 und ziehet den neuen Menschen an, der nach GOtt geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit.

4:25 Darum leget die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeglicher mit seinem Nächsten, sintemal wir untereinander Glieder sind.
Wir werden gar leicht zur Lüge oder doch zu einer feinen Unwahrheit hingerissen, besonders aus Hochmut und Menschenfurcht. Oft kommt es vor, daß auch Christen übertreiben; namentlich wenn sie von sich selbst reden, von ihren Erfahrungen und Zuständen Mitteilung machen, sagen sie leicht unbewußter Weise mehr, als sie der Wahrheit gemäß sagen sollten, reden zu stark von ihrer Buße, von ihren Gnadenerfahrungen, Anfechtungen, Kämpfen und Siegen, so daß man sie den Worten nach für lebendiger und eifriger halten muß, als sie in der Tat sind. So versichern wir oft auch mehr Liebe, als wir wirklich haben.
Der Gedanke daran, daß der Teufel ein Lügner von Anfang ist und der Vater der Lüge (Joh. 8) und daß auch der Lügner Teil ist im Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt (Off. 21,8), sollte uns billig zur Wahrhaftigkeit, und zwar zur gewissenhaftesten Wahrhaftigkeit antreiben.
Besonders aber sollte uns der Blick auf unser Haupt, den Herrn, der die Wahrheit selber ist, dazu bewegen, die Wahrheit zu reden und uns überhaupt der Wahrheit gemäß zu bezeugen gegen unsern Nächsten, desgleichen der Blick auf unsere Stellung in der christlichen Gemeinde als Glied am Leibe Christi, wie überhaupt auf unsern Posten in der menschlichen Gesellschaft. Wahrhaftigkeit ist eine Grundbedingung für den Bestand der christlichen Gemeinden und Gesellschaften. Wo die Lüge im Schwange geht, da muß auch Vertrauen und Glauben weichen, da hört die gegenseitige Achtung auf; da kann man einander nicht mehr in der Liebe nötige Handreichung tun; da lösen sich die Bande der Gemeinschaft ganz. (Hermann Heinrich Grafe)

4:26 Zürnet, und sündiget nicht; lasset die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.

4:27 Gebet auch nicht Raum dem Lästerer!

4:28 Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit den Händen etwas Gutes, auf daß er habe, zu geben dem Dürftigen.

4:29 Lasset kein faul Geschwätz aus eurem Munde gehen, sondern was nützlich zur Besserung ist, da es not tut, daß es holdselig sei zu hören.

4:30 Und betrübet nicht den Heiligen Geist GOttes, damit ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung.

4:31 Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung sei ferne von euch samt aller Bosheit.

4:32 Seid aber untereinander freundlich, herzlich und vergebet einer dem andern, gleichwie GOtt euch vergeben hat in Christo.
Der Centralspruch des ganzen Kapitels ist der 22-24. Vers: “So leget nun von euch ab den alten Menschen und ziehet den neuen Menschen an.“ Der Leib hat viele Glieder, und die Sünde viele Richtungen. Das gesammte Sündenwesen in uns nennt die Schrift den alten Menschen, und was diesem Grundverderben Kraft und Nahrung giebt, das sind die Lüste, die wider die Seele streiten. Der alte Mensch verderbt sich durch die Lüste, und das, wonach er jagt, ist ein Irrthum. Wenn die Sünde nämlich erhalten hat, was sie wollte, so ist die Frucht des Erjagten ein höllischer Betrug; aus einem Schlangenei kommt eine Otter, und Spinnweben geben ein Gewand, das zerreißt. Wem sein Leben lieb ist, der lege also den alten Menschen ab, der durch Lüste in Irrthum sich verderbet, und erneuere sich im Geiste des Gemüths und ziehe die Schlangenhaut aus; wer wirklich will, der kann auch, dem hilft Gott, dazu ist Jesus gekommen, dazu gießt er aus von seinem Geist. Aber die Erneuerung muß geschehen im Geiste des Gemüths; der Apostel meint den Sitz des Göttlichen im Menschen. Ein neuer Lappen auf ein altes Kleid macht den Riß nur größer, und einzelne Aenderungen im Betragen, wo das ganze Haupt krank und das ganze Herz matt ist, machen nur einen Pharisäer, keinen Christen. Es muß ein neues Blut in den Kranken kommen, wenn er soll gesunden. Die Grundgesinnung muß anders werden, nicht der oder jene Fleck des Lebens. Im Geist des Gemüths, da, wo Gott redet, wirkt und seine Siege anfängt, muß ihm wiederum Gehör gegeben werden; was herrschen sollte, muß wieder herrschen; was dienen sollte, muß sich bücken. So kommt es zu einem neuen Menschen, denn wie es ein gegliedertes Sündenwesen giebt, so giebt es auch ein Gnadenwerk, das nach allen Richtungen des Herzens den Menschen verändert, reinigt und wieder ähnlich macht. Dieser neue Mensch muß angezogen oder im Glauben ergriffen werden; das Leben Christi wird dem Sünder aus Gnaden mitgetheilt, wenn der alte Mensch den Todesstoß erhalten hat, und so wirkt Gott dann statt der unfläthigen eine rechtschaffene Gerechtigkeit, und statt der Lüste, die in lauter Irrthum hinein verderbten, einen Zustand von Heiligkeit und allmäliger Verklärung. Herr, hilf mir dazu. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 5

5:1 So seid nun GOttes Nachfolger als die lieben Kinder!

5:2 Und wandelt in der Liebe, gleichwie Christus uns hat geliebet und sich selbst dargegeben für uns zur Gabe und Opfer, GOtt zu einem süßen Geruch.

5:3 Hurerei aber und alle Unreinigkeit oder Geiz lasset nicht von euch gesagt werden, wie den Heiligen zustehet,

5:4 auch schandbare Worte und Narrenteidinge oder Scherz, welche euch nicht ziemen, sondern vielmehr Danksagung.

5:5 Denn das sollt ihr wissen, daß kein Hurer oder Unreiner oder Geiziger (welcher ist ein Götzendiener) Erbe hat an dem Reich Christi und GOttes.

5:6 Lasset euch niemand verführen mit vergeblichen Worten! Denn um dieser willen kommt der Zorn GOttes über die Kinder des Unglaubens.

5:7 Darum seid nicht ihre Mitgenossen!

5:8 Denn ihr waret weiland Finsternis; nun aber seid ihr ein Licht in, dem HErrn.

5:9 Wandelt wie die Kinder des Lichts! Die Frucht des Geistes ist allerlei Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit.

5:10 Und prüfet, was da sei wohlgefällig dem HErrn.

5:11 Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; strafet sie aber vielmehr.

5:12 Denn was heimlich von ihnen geschieht, das ist auch schändlich zu sagen.

5:13 Das alles aber wird offenbar, wenn es vom Licht gestraft wird. Denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.

5:14 Darum spricht er: Wache auf, der du schläfest, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.
Ein erweckter Christ, auch der eifrigste, hat sich vor nichts mehr zu fürchten als vor dem Einschlafen. Je höher die Flamme der Inbrunst steigt, desto tiefer sinkt sie herab. Je schneller das Feuer auflodert, desto schneller erlischt es wieder, wenn nicht immer Reiser zugelegt werden. Wer schläft, dem scheint die Sonne nicht. Wer nicht erwacht oder sich nicht losreißt von Trägheit, nicht sein Auge erhebt, den erleuchtet Christus, das Licht, nicht. Wachsamkeit, Nüchternheit muß täglich erneuert werden, sonst werden wir den andern Todten in dieser Welt, die nie vom Schlafe oder Tode erwachten, gleich werden und gleichen Lohn empfangen, wenn wir mit ihnen im Schlafe gefunden werden, von dem, der wie ein Dieb in der Nacht kommt. Paulus schrieb obige Worte auch an erweckte, begnadigte Christen zu Ephesus und Thessalonich, die er übrigens sehr lobte. Aber auch in der besten Gemeinde, unter den Eifrigsten giebt es doch immer Einige, die sich zum Schlafen sehr hinneigen, die immer des Weckens bedürfen, wenn sie nicht im Tode entschlafen sollen. Manche träumen im Schlafe so lebhaft, daß sie sich für wachend und lebendig halten. Sie zürnen, wenn man sie wecken will. Diese haben den stärksten Schlaf, die nur Gott mit einer starken Weckstimme, oder mit tüchtigen Schlägen und Stößen wecken kann. Der Herr wolle durch seine Gnade uns Alle wecken, wir mögen sanft oder stark schlafen. Denn die schlafenden Jungfrauen verschlafen die Hochzeit, und übersehen den Bräutigam. Sie kommen zu spät - nach der Thorsperre. (Johannes Gossner)

5:15 So sehet nun zu, wie ihr vorsichtiglich wandelt, nicht als die Unweisen, sondern als die Weisen.

5:16 Und schicket euch in die Zeit; denn es ist böse Zeit.
Des Apostels Zeit war böse, die unsrige ist es auch. Obgleich das Christenthum bereits achtzehn Jahrhunderte in der Welt ist, so ist doch die Zeit noch keine gute geworden, und wir müssen noch fortwährend uns in die böse Zeit schicken, sie als solche auskaufen und benutzen. Dennoch halten wir Alle fest an dem Glauben und an der Hoffnung. Es wird besser werden! Freilich nicht in irdischer Beziehung. Die Güter und Freuden der Erden werden, was sie stets zuvor waren, nichtig und unbefriedigend bleiben. Aber wohl in höherer Beziehung. Kommen wird einmal eine Zeit, wo die Strahlen des Evangeliums in alle Hütten und Paläste, in alle Gegenden und Winkel der Erde dringen, und die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen wird in ihrer Macht und Heil unter ihren Flügeln. Dann, dann wird es besser werden! Die Finsterniß wird vom Licht, der Irrthum von der Wahrheit, und die Sünde von der Gerechtigkeit verschlungen werden. - Aber freilich ehe der Sieg auf ewig erfochten ist, kommt noch manches Schwere, vor allem der letzte, heißeste Kampf. Doch laß dir nicht bange werden. Schicke dich in die Zeit. Du weißt ja: es ist herzlich gut gemeint mit der Christen Plagen. Wer die Leidenszeiten nicht für gute Zeiten halten kann, der kennt das Vaterherz Gottes noch nicht. Noth ist kein Verderben. Wir müssen in Noth hineinkommen, damit wir lernen, daß Er aus der Noth herauszureißen versteht. Der Ofen der Trübsal wird siebenmal heißer gemacht, nicht daß wir von der Flamme verzehrt, sondern daß der Muth geprüft, der unreine Sinn geläutert, der Glaube bis zum Überwinden gestärkt, die Geduld geübt, die Ergebung vollendet und die Treue bewährt werde. Und bräche die Hütte, so kommt der neue Bau zum Vorschein, der aller Menschengewalt trotzt, und dem die böse Zeit nichts mehr anhaben kann. Mag's hienieden stürmen und toben! Wir warten des Heilandes, Jesu Christi, des Herrn, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, daß er ähnlich werde seinem verklärten Leibe, nach der Wirkung, nach welcher Er alle Dinge seiner Macht unterwerfen kann. (Friedrich Arndt)

5:17 Darum werdet nicht unverständig, sondern verständig, was da sei des HErrn Wille.

5:18 Und saufet euch nicht voll Weins, daraus ein unordentlich Wesen folget, sondern werdet voll Geistes

5:19 und redet untereinander von Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; singet und spielet dem HErrn in euren Herzen.

5:20 Und saget Dank allezeit für alles GOtt und dem Vater in dem Namen unsers HErrn JEsu Christi.

5:21 Und seid untereinander untertan in der Furcht GOttes.
Das Gebot: „Werdet voll Geistes!“ gilt zwar allen Menschen, aber in erster Linie den Kindern Gottes, Alten und Jungen, Männern und Frauen. Sie alle haben es nötig, mit dem Geist Gottes erfüllt zu sein, um das Vorrecht zu genießen, als echte Kinder Gottes und als Zeugen der Erlösung ihres Heilandes auf Erden zu leben und um die Kraft zu haben, ihrem Gott auch in allen Widerwärtigkeiten des Lebens in Wahrheit zu dienen. Aber wenn dies Gebot die Bedingung für ein göttliches Leben und für einen wahren Gottesdienst ist, so ist es ebenso wie ein Vorrecht zugleich auch eine Pflicht für jedes Gotteskind, sich mit ganzem Herzen danach auszustrecken, bis es diese Gnade erlangt hat.
Daß das Erfülltsein mit dem Heiligen Geist nicht gleichbedeutend ist mit Wiedergeborensein, geht unter anderem aus dem Epheserbrief aufs deutlichste hervor. Dort ist von den Ephesern gesagt, daß sie durch den Geist Gottes wiedergeboren und versiegelt worden seien, und doch wird gerade ihnen der göttliche Befehl erteilt, sich mit dem Geist Gottes erfüllen zu lassen. Aber man hört diese Botschaft und glaubt sie nicht, oder man achtet sie nicht. Man hat sich eben zu sehr daran gewöhnt, christliche Fertigkeit und Gewandtheit oder auch christliches Wissen, Beredsamkeit und Sitte an Stelle der Ausrüstung mit Kraft und Leben von oben zu setzen. Und doch ist diese Kraft unentbehrlich, wenn man wirklich ein Zeugnis für die Erlösung in Christus sein will. Es ist schon ein Großes, wenn jemand dies erkennt und danach trachtet. Leider aber geschieht es nicht selten, daß gerade in den Kreisen der Frommen dieses Trachten als Unnüchternheit gebrandmarkt wird, und so geben viele, welche einen kurzen Anlauf gemacht haben, wenn sie nicht sofort den Erfolg sehen, das Trachten danach wieder auf und begnügen sich mit ihrem alten Zukurzkommen, mit einem Leben, das kein wirkliches Zeugnis für die herrliche Erlösung ist.
Vom Geist erfüllt sein bedeutet: einen das Herz ausfüllenden, allezeit gegenwärtigen, allgenugsamen, lebendigen und herrlichen Erlöser haben, wodurch das Fragen und Suchen des Menschenherzens nach Hilfe oder Trost wirklich zur Ruhe kommt. Durch den Geist Gottes weiß das Herz nun, mit wem es jeden Augenblick rechnen darf. Jesus lebt, Jesus wirkt jetzt jeden Augenblick in uns zu unserem Heil. Er gibt das Wollen und Vollbringen. Das erkennt man aber nur durch das Licht des unser Herz erfüllenden Heiligen Geistes. Ebenso weiß das Herz jetzt auch, daß es mit seinen eigenen Kräften und Entschlüssen, mit seiner eigenen Weisheit und seinem Können, mit seinen eigenen Plänen, Wünschen und Zielen nicht mehr rechnen darf noch muß. Das eigene Leben ist ans Kreuz gebracht, und Christus hat den Thron des Herzens eingenommen, und in der Stille des Heiligtums, wozu jetzt das Herz geworden ist, empfängt der Mensch die Weisungen und Mahnungen, die Anstöße und Kräfte zum Handeln. Es findet fortan ein wunderbarer Austausch statt: man gibt das Eigene dem Herrn, und er gibt uns dafür das Seine; es ist ein Bitten und Nehmen und Danken. Wie das Eisen vom Feuer durchglüht wird und wie es seine Kälte, Dunkelheit und Sprödigkeit durch des Feuers Hitze, Licht und Beweglichkeit verliert, so ist der, welcher von dem erfüllt wird, von dem gesagt ist, daß er mit Feuer tauft. Da schmelzen auch die Ketten der Sünden, die Stricke der Weltlust werden versengt, und statt dessen erfüllt selige Lust an dem herrlichen Heiland und heilige Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott das Herz, ein „Beugen ohn' Aufhören“, heiliges Liebesfeuer, reines Leuchten und rückhaltlose Gefügigkeit gegen den Herrn teilen sich der Seele mit, und die Selbstsucht hat der selbstlosen Liebe Platz gemacht. Wie die Rebe von ihrem Fuß im Weinstock an bis in ihre Zweige, Blätter und Früchte vom Saft des Weinstocks erfüllt ist, so wird Jesus, die stets fließende Lebensquelle, der Antrieb zum Denken, Reden und Handeln, und statt der Werke des Fleisches wird die Frucht des Geistes offenbar im Leben seiner Gesalbten. Je stiller, je mehr hingegeben und je kindlicher der Mensch durch diese von dem Heiligen Geist verklärte Gegenwart seines Herrn wird, desto mehr können sich göttliche Kräfte äußern und auswirken im Leben und Dienst zur Ehre des Erlösers. Herrliche Früchte im eigenen Leben und auch im Leben anderer sind dann die Folge davon. (Heinrich Coerper)

5:22 Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem HErrn.

5:23 Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde, und er ist seines Leibes Heiland.

5:24 Aber wie nun die Gemeinde ist Christo untertan, also auch die Weiber ihren Männern in allen Dingen.

5:25 Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebet hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben,

5:26 auf daß er sie heiligte, und hat sie gereiniget durch das Wasserbad im Wort,

5:27 auf daß er sie sich selbst darstellete als eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern daß sie heilig sei und unsträflich.

5:28 Also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben als ihre eigenen Leiber. Wer sein Weib liebet, der liebet sich selbst.

5:29 Denn niemand hat jemals sein eigen Fleisch gehasset, sondern er nähret es und pfleget sein, gleichwie auch der HErr die Gemeinde.

5:30 Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebeine.
Stark und kräftig drückt der Apostel hier unsre Zusammengehörigkeit mit Jesus aus, wenn er sagt, wir seien Glieder Seines Leibes, seien von Seinem Fleisch und Seinem Gebein. Der HErr Jesus ist so unsereiner geworden, daß Er auch die Leiblichkeit mit uns gemein hat. Er ist nicht nur leiblich geworden, wie wir es sind, sondern Er ist Seiner menschlichen Abstammung nach aus unserem Geschlechte herausgewachsen. Darum sagt auch Paulus andernorts (Gal. 4,4): „Da aber die Zeit erfüllet war, sandte Gott Seinen Sohn, geboren von einem Weibe“ - womit er sagen will, wie der HErr so ganz als unsrem Geschlechte zugehörig anzusehen sei.
An den Wirkungen solcher „Verwandtschaft“ mit Ihm dürfen freilich zunächst nur die teilnehmen, die willens sind, sich zu Ihm zu halten; die Ihn als Bruder annehmen und das Gute, das Er ihnen als Bruder geben kann, sich gefallen lassen; die also zugleich auch durch den Glauben zu einem Sinn und Geist in Ihn hineinwachsen als Reben an Ihm, dem Weinstock. Sind wir das, so dient's uns zu besonderer Glaubensstütze, daß Er auch der leiblichen Abstammung nach unser Bruder ist. Denn weil Er das ist, dürfen wir auch Ansprüche an Ihn machen wie ein Bruder an den andern; und dann kann uns alles, was Er ist, zugute kommen, kann Seine Liebe eine Macht haben zu unsrer Erlösung.
Denken wir dabei an den Vater im Himmel, so kann Er's doch dem Sohne nicht versagen, wenn dieser Seine menschlichen Brüder, die zu Ihm aufsehen, Sich gleich geachtet wissen will. Um ein Gleichnis zu geben: Wie bereitwillig war einst Pharao, die Brüder Josephs mit dem Vater mit allen ihren Familiengliedern bei sich aufzunehmen! Wir lesen in der Geschichte (1. Mose 45,16): „Und da das Gerücht kam in des Pharao Haus, daß Josephs Brüder gekommen waren, gefiel es dem Pharao gut und allen seinen Großen.“ Als dann der Vater mit der ganzen Familie kam, durfte ihnen Joseph „einen Besitz geben am besten Orte des Landes“, und er durfte „den Vater und seine Brüder versorgen und das ganze Haus seines Vaters, einen jeden nach der Zahl der Kinder“ (47, 11 f.). So ging's bei dem bis zum Thron erhobenen Joseph durch die Gunst des Königs Pharao.
Wie kann aber der himmlisch Vater, der Gnädige und Barmherzige, sich anders bezeigen, als es Menschen, die doch arg sind, untereinander tun! Wie kann's Ihm nicht auch wohlgefallen, wenn Seines geliebten Sohnes Brüder kommen! Wie kann Er nicht auch diesen durch den Sohn das Beste geben lassen, was nur ein brüderliches Herz den Brüdern geben möchte, die nach großer Verirrung doch wieder lieben! Es wäre ja unserm Heiland so, als ob wirkliche Glieder Ihm vom Leibe gerissen würden, wenn Seine Brüder ferne von Ihm sein sollten! Wie muß es uns also erheben, wenn wir vernehmen, wir seien „Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch und von Seinem Gebein!“
Wollen wir denn mit kindlichem Glauben unsrem großen, hoch erhöhten Bruder nahen! Und wollen wir's uns angelegen sein lassen, Ihm durch demütige Buße und aufrichtige Liebe ans Herz zu wachsen! Wie weiß Er doch in Seiner Bruderliebe uns aus aller Bekümmernis und Trübsal herauszuretten zu ewiger Wonne und Freude! (Christoph Blumhardt)
-_-_
Christus, der Bruder übrigens dürfen wir nicht aus der Acht lassen, daß das ganze menschliche Geschlecht, wie es eben ist, in einer leiblichen Verwandtschaft mit Jesus steht, Seiner menschlichen Abstammung nach. Andererseits sind auch wir Gottes wie Er - wenngleich nicht in derselben Art -, sind also auch nach dieser Seite hin mit Ihm verwandt, weil Gott uns Menschen nach Seinem Bilde schuf und uns Seinen Geist einhauchte.

Wichtige Gedanken lassen sich daran anschließen: Zunächst mögen wir das erkennen, wie viel Ihm - der Seine vollkommene Tugend und Gerechtigkeit auch darin zeigt, daß Er die kindliche Verwandtenliebe vollkommen in sich hat - daran liegt, Seine Brüder zuletzt alle, wenn möglich, an Sein Herz drücken zu dürfen. Und wir erkennen auch, wie weh es Ihm tut, wenn Menschen, die Seine Brüder sind, Ihn mit Härte und störrischem Sinn von sich stoßen. So wie Ihn Seine Liebe auch die Marter eines Kreuzestodes auf sich nehmen hieß, so läßt Er sich's auch jetzt als zur Rechten Gottes Erhöhter auf alle nur erdenkliche Weise angelegen sein, unter den Völkern der Erde immer weiter Seelen zu gewinnen, die Er als Brüder ehren und an Seiner Herrlichkeit Anteil nehmen lassen könnte. Es mag uns auch denkbar sein, daß Er nur mit tiefstem Schmerze die Widerwärtigen dem ewigen Tode anheim fallen sehen kann - warum wollen wir solchen Schmerz ferne von Ihm denken?
Sodann bedenken wir dies: Wenn wir an Ihn als unsern Bruder so viele Ansprüche machen und Brüderrechte haben wollen und sollen - wie das der Fall ist, wenn wir nur durch Ihn selig werden wollen -: wie sollten wir die brüderlichen Gefühle unter uns erstorben sein lassen, daß wir einander hassen und neiden, plagen und mißhandeln, gering schätzen und verunehren, würgen und morden oder auch nur kalt und hart aneinander vorübergehen wie der Priester und Levit an dem unter die Mörder Gefallenen?! Nichts wird einmal verdammlicher an uns sein, als wenn wir die Brudergefühle zueinander in uns haben ersterben lassen. Wie bedeutungsvoll ist daher die Mahnung: „Kindlein, liebet euch untereinander!“, und wie schwer der Vorwurf: „Ich habe wider dich, daß du die erste Liebe verlässest“, und wie durchschlagend sind die verdammenden Worte des Richters Jesus: „Was ihr diesen Meinen geringsten Brüdern nicht getan habt, das habt ihr Mir auch nicht getan“ - eben weil wir Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch und von Seinem Gebein sind! (Christoph Blumhardt)

5:31 Um deswillen wird ein Mensch verlassen Vater und Mutter und seinem Weibe anhangen, und werden zwei ein Fleisch sein.

5:32 Das Geheimnis ist groß; ich sage aber von Christo und der Gemeinde;

5:33 Doch auch ihr, ja ein jeglicher habe lieb sein Weib als sich selbst; das Weib aber fürchte den Mann.
Schicket euch in die Zeit! sagt Paulus. Eine große Kunst! Sie besteht nicht darin, ein Schilfrohr oder eine Wetterfahne zu sein, den Mantel nach dem Winde zu hängen und jedem Antrieb der Zeit folgsam nachzugeben, um einen irdischen Vortheil dadurch zu erhaschen, oft zu einem unersetzlichen Schaden der Seele; sondern in der Gnadengabe, einzusehen, was die Zeit fordert, und sie recht auszukaufen. Oft spiegeln uns die Menschen unsere Zeit als vortrefflich, rühmlich, gut, nöthig, nützlich und heilsam vor, was vor Gott abscheulich, nichtswürdig, verächtlich, böse, unnöthig, schädlich und verderblich ist: da gilt es, verständig zu sein, was da sei des Herrn Wille. Mancher Andere greift, um den Druck und die Noth der Gegenwart zu vergessen, zum Weinglase und fällt in Unmäßigkeit und Trunkenheit, und das ist die kurze Geschichte manches häuslichen Elends, während doch ein so herrliches Mittel der Hülfe angeboten ist: „Werdet voll Geistes!“ voll heiligen Geistes; der ist der rechte Tröster und Sorgenbecher, und giebt Kraft und Muth, Heiterkeit und Freude. Und damit wir sein immer theilhaftig werden ermahnt der Apostel, nicht zu versäumen, was ihn bei uns erhält und nährt, die Nahrung des göttlichen Wortes. Die Psalmen sind eine wahre Apotheke voll köstlicher Arzneimittel; die alten oder neuen Lieder unserer Gesangbücher stärken und erquicken, wie nichts anderes; die tägliche Uebung, Gott alle Zeit und für alles zu danken, läßt uns vergessen, was wir entbehren und befreit uns von Unzufriedenheit; und wenn jeder mehr seine Pflichten als seine Rechte im Auge hat, und vornämlich das zu erfüllen strebt, was er vor Gott gegen Andere schuldig ist, wenn jeder gegen den Andern recht dienstfertig ist um Gottes willen dann ist und wird selbst die böse Zeit eine gute, gesegnete Zeit. Ach, unsere Zeit gehört nicht uns, sondern Gott: deßhalb müssen wir stets bei Ihm suchen, was wir zu thun haben, um die Zeit zu erfüllen, die Er uns giebt. Auch weiß Niemand, wie viel Zeit ihm Gott noch läßt; wohl aber kennen wir diejenige, die Er uns gegeben hat. Darum wollen wir die Zeit festhalten, die uns noch bleibt, und die Gelegenheit erfassen, um sie zu nutzen, und wirken mit Jesu, so lange es Tag ist. Amen. (Friedrich Arndt)

Kapitel 6

6:1 Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem HErrn; denn das ist billig.

6:2 Ehre Vater und Mutter; das ist das erste Gebot, das Verheißung hat:

6:3 Auf daß dir's wohl gehe, und du lange lebest auf Erden.

6:4 Und ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zum Zorn, sondern ziehet sie auf in der Zucht und Vermahnung zu dem HErrn.

6:5 Ihr Knechte, seid gehorsam euren leiblichen Herren mit Furcht und Zittern, in Einfältigkeit eures Herzens, als Christo;

6:6 nicht mit Dienst allein vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern als die Knechte Christi, daß ihr solchen Willen GOttes tut von Herzen, mit gutem Willen.

6:7 Lasset euch dünken, daß ihr dem HErrn dienet und nicht den Menschen;

6:8 und wisset, was ein jeglicher Gutes tun wird, das wird er von dem HErrn empfangen, er sei ein Knecht oder ein Freier.

6:9 Und ihr Herren, tut auch dasselbige gegen sie und lasset das Dräuen; und wisset, daß auch euer HErr im Himmel ist, und ist bei ihm kein Ansehen der Person.

6:10 Zuletzt meine Brüder, seid stark in dem HErrn und in der Macht seiner Stärke!

6:11 Ziehet an den Harnisch GOttes, daß ihr bestehen könnet gegen die listigen Anläufe des Teufels.

6:12 Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.

6:13 Um deswillen so ergreifet den Harnisch GOttes, auf daß ihr an dem bösen Tage Widerstand tun und alles wohl ausrichten und das Feld behalten möget.

6:14 So stehet nun, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angezogen mit dem Krebs der Gerechtigkeit

6:15 und an den Beinen gestiefelt, als fertig, zu treiben das Evangelium des Friedens, damit ihr bereitet seid.
Der ganze Spruch, und wörtlich, heißt: „Seid an den Beinen gestiefelt, in der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens.“ Der Apostel schildert den Christen als einen Kriegsmann und legt dessen gewöhnliche Kriegskleider geistlich aus. Zu diesen Kriegskleidern gehört auch der Beinharnisch, der den Apostel zugleich an die Beinbekleidung erinnert, wie sie Boten - etwa Friedensboten - tragen. Und so wird derselbe ihm zu einem Bild des Eifers für die Verkündigung des Friedens - wie denn auch der Kriegsmann nur dazu ins Feld rückt, um Frieden unter dem Unfrieden zu schaffen. Kehrt nun der Kriegsmann vom Felde zurück, so legt er gewöhnlich die Kriegskleider wieder ab. Der Christ aber soll seine „Kriegskleider“ nie ausziehen; er soll auch den „Beinharnisch“ beständig tragen, d. h. stets zum Kampf gerüstet stehen wider den Unfrieden, um Frieden zu erwirken.
Darf ein Christ sich ja überhaupt nicht gehen lassen oder sorglos ruhen - um nicht unversehens Schlappen zu bekommen und Einbußen zu erleiden -, so hat er am meisten aufzumerken in dem, was zur Erhaltung des Friedens gehört: sei es nun, daß er in sich den Frieden zu bewahren hat, oder sei es, daß er mit andern Frieden halten muß. Denn der Feind legt es auf nichts mehr an, als auf Störung des Friedens bei dem Christen selbst und bei andern; gegen diesen Feind braucht er denn auch die Rüstung.
Der Spruch aber sagt zweierlei. Einmal sollen wir bereit sein, das Evangelium des Friedens zu treiben, auszubreiten, auch an andere zu bringen, die es noch nicht haben. Das wird aber zu allen Ephesern gesagt, weil es die Schuldigkeit aller Christen ist, den Mund aufzutun und die Botschaft des Friedens, die ihnen selbst so wohlgetan hat, andern anzupreisen. Alle, die den Frieden haben, sollen auch Evangelisten des Friedens, Verkündiger des Worts in ihrem Teile sein. Und sie sollen darin eine solche Fertigkeit bekommen, daß es ihnen wie zur andern Natur wird, von dem zu reden und zu zeugen, was ihrer Seele Frieden gebracht hat.
Wer aber das Evangelium des Friedens treiben will, soll es - und das ist das zweite, was der Spruch sagt - nicht bloß mit dem Munde tun, daß er davon redet, sondern er soll es der Tat nach auch allenthalben auf den Frieden abheben und an sich den Beweis geben, daß das Evangelium Frieden schaffe wie im Herzen so auch im Leben und Umgang mit andern. Wer den Frieden nicht selber sucht - also etwa sich selbst nicht verleugnen kann um des Friedens willen -; wer es eigensinnig, betreffe es, was es wolle, bis zu Streit und Zank bringen kann, der treibt nicht das Evangelium des Friedens, wenn er es auch treiben will. Aber dann ist's nur äußerlich; er steht nicht im rechten Geist des Evangeliums, weil aus ihm kein Friedensgeist weht. Denn wer Christus kennt und von Ihm zeugt, muß auch wirklich als Friedensbringer dastehen. Er muß also selbst auch sonst, soviel an ihm liegt, Frieden haben mit allen Menschen und unter den Menschen den Frieden zu erhalten suchen. Unfrieden zu machen, das versteht die Welt trefflich. Und ihrer Art entgegen soll alles, was den Christen charakterisiert, Frieden sein. Dem Frieden zulieb darf er keine Mühe und keine Opfer scheuen; und ihm zulieb soll er gleichsam kampfgerüstet mit dem Beinharnisch als Friedenswirker dastehen.
Aber wie oft eifert man in lauter Unfrieden hinein! Des erbarme sich der HErr! Wie lieblich ist das Wort des HErrn (Mat. 5, 8): „Selig sind die Friedfertigen, denn sie sollen Gottes Kinder heißen“!
Die nicht friedfertig sind - können sie das gleiche Recht an die Kindschaft Gottes haben? (Christoph Blumhardt)

6:16 Vor allen Dingen aber ergreifet den Schild des Glaubens, mit welchem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösewichts.

6:17 Und nehmet den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort GOttes.

6:18 Und betet stets in allem Anliegen mit Bitten und Flehen im Geist und wachet dazu mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen

6:19 und für mich, auf daß mir gegeben werde das Wort mit freudigem Auftun meines Mundes, daß ich möge kundmachen das Geheimnis des Evangeliums,

6:20 welches Bote ich bin in der Kette, auf daß ich darinnen freudig handeln möge und reden, wie sich's gebührt.

6:21 Auf daß aber ihr auch wisset, wie es um mich stehet, und was ich schaffe, wird's euch alles kundtun Tychikus, mein lieber Bruder und getreuer Diener in dem HErrn

6:22 welchen ich gesandt habe zu euch um desselbigenwillen, daß ihr erfahret, wie es um mich stehet, und daß er eure Herzen tröste.

6:23 Friede sei den Brüdern und Liebe mit Glauben von GOtt dem Vater und dem HErrn JEsu Christo!

6:24 Gnade sei mit allen, die da liebhaben unsern HErrn JEsum Christum unverrückt! Amen.
Allmächtiger Gott, barmherziger Vater, Du siehest an das Elend Deiner armen Kinder in dieser Welt, wie wir mit so vielen Feinden äußerlich und innerlich umgeben sind, welche uns auf allerlei Weise versuchen und zum Bösen verführen wollen, und wie es nicht blos menschliche Angriffe sind, mit denen wir allenfalls fertig werden könnten, sondern auch satanische, listige Anläufe des Teufels und Geistigkeiten der Bosheit, den Lüsten des Fleisches schmeichelnde Kunst und Poesie, vom Glauben abtrünnig gewordene Philosophie und Wissenschaft, zur Selbstvergötterung gewordene Erhebung des menschlichen Geiste. Oeffne uns die Augen je mehr und mehr, daß wir unsere Gefahr gründlich erkennen und deswegen fleißig wachen, daß wir unsern Feinden keinen Vortheil über uns gestatten, viel weniger uns selbst muthwillig in die Gefahr der Versuchung stürzen. Laß uns die Vollrüstung Gottes ergreifen, wie sie uns Paulus angegeben hat, alle Schutz- und Trutzwaffen des heiligen Geistes, die fünf Schutzwaffen der in der Schrift geoffenbarten göttlichen Wahrheit, der in Christo uns gebotenen Gerechtigkeit, des im Evangelio dargebotenen göttlichen Friedens, des großen denkenden Glaubensschildes und des Helms der Hoffnung auf die künftige selige Sabbathsruhe der Kinder Gottes, und die eine Angriffswaffe des Wortes Gottes. Erfülle uns insbesondere mit dem Geiste des Gebets, mit demselben alle jene Waffen zu erlangen, fest anzulegen und siegreich anzuwenden. Nur Gebetsmenschen sind rechte Streiter Christi; aber die Gebete müssen, wenn sie wirksam sein sollen, nicht aus dem natürlichen Geist oder aus der Einbildungskraft kommen, sondern aus dem heiligen Geist. Die tödtlichsten Schwerdtstreiche, die dem Feinde allezeit von den Kämpfern Christi sind beigebracht worden, sind die Bitten und das Flehen im Geist; die Seufzer, die Dein Geist, o Herr, in uns erweckt, sind zugleich ein Angeld, daß Du sie erhören willst. Wirke Du denn selbst in uns diese Bitten und dieses Flehen im Geist, dann werden alle andern Waffenstücke dem Doppelzwecke des Angriffs und der Vertheidigung redlich dienen, und wir werden in Deiner Kraft ritterlich ringen, siegreich überwinden und dereinst die Krone der Ehren erlangen. Amen. (Friedrich Arndt)

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