Jakobus, Kapitel 5

5:1 Wohlan nun, ihr Reichen, weinet und heulet über euer Elend, das über euch kommen wird!

5:2 Euer Reichtum ist verfault, eure Kleider sind mottenfräßig geworden.

5:3 Euer Gold und Silber ist verrostet, und sein Rost wird euch zum Zeugnis sein und wird euer Fleisch fressen wie ein Feuer. Ihr habt euch Schätze gesammelt in den letzten Tagen.

5:4 Siehe, der Arbeiter Lohn, die euer Land eingeerntet haben, der von euch abgebrochen ist, der schreit, und das Rufen der Ernter ist gekommen vor die Ohren des HERRN Zebaoth.

5:5 Ihr habt wohlgelebt auf Erden und eure Wollust gehabt und eure Herzen geweidet am Schlachttag.

5:6 Ihr habt verurteilt den Gerechten und getötet, und er hat euch nicht widerstanden.

5:7 So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis auf die Zukunft des HERRN. Siehe, ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde und ist geduldig darüber, bis er empfange den Frühregen und den Spätregen.
Gleichwie ein Ackermann nicht nur fleißig sein, sondern auch mit Geduld erwarten muß den göttlichen Segen, nämlich den Frühregen zum Aufgehen des Samens und den Spätregen zur Zeitigung der Frucht, also muß auch ein Lehrmeister und ein Lernender nicht nur Fleiß anwenden, sondern auch mit Geduld den göttlichen Segen erwarten. Es zeigt sich aber der göttliche Segen sowohl im Anfang und Fortgang des Lernens, als auch daß man das, was man gelernt hat, für sich und Andere gebrauchen kann. Es stehen die Fortschritte im Lernen nicht in des Lehrmeisters und der Lernenden Gewalt, wenn sie auch noch so viel Mühe sich geben, und die beste Methode gebraucht wird. Es ist etwas Besonderes um die Geduld, indem man durch selbige vieles ausrichten kann, denn ein Geduldiger ist besser, als ein Starker. Spr. Sal. 16, 32. Man kann im Informiren leichtlich ein Naturalist, oder auch ein Calvinist werden, und zwar ein Naturalist, wenn man meint, es komme alles auf Kunst oder Gewalt an; ein Calvinist, wenn man meint, wer Etwas lernen solle, der lerne Etwas, und wer nichts lernen solle, der lerne auch nichts. Es kann nämlich geschehen, daß man durch Kunst oder Zwang es eine Zeit lang mit Einem im Lernen probirt; wenn es aber sodann nicht gehet, so läßt man es bleiben, und glaubt, er sei nicht dazu geboren. Wer lernt, muß ebenfalls Geduld haben; denn wenn er meint, er müsse eine Sache gleich können, der fangt theils bald dieses, bald jenes an, und theils wird er durch Ungeduld zum Lernen ungeschickt und untüchtig, oder es entleidet ihn gar alles Lernen. Es haben deßwegen Lehrende und Lernende immer Aufmunterung nöthig, daß sie in der Geduld bleiben und fortmachen und den Muth nicht sinken lassen. (Johann Friedrich Flattich)


Es ist leichter, geduldig sein, wenn einem eine bestimmte Grenze gezeigt wird, bis zu der dieses geduldige Warten nur dauern soll. Aber wie der Landmann nichts tun kann, um die Ernte zu beschleunigen - er muß warten, bis sie reif wird -, so sollen wir die köstliche Frucht unserer Arbeit, unseres Lebenswerkes auch mit Geduld erwarten - denn das Ende solchen Wartens wird Freude sein; alles menschliche Zerren und Treiben hilft nichts dazu, sondern kann nur schaden. Möchten doch viele liebe Gläubige unserer Tage diese Lektion lernen, ehe ihre krankhafte Ungeduld viel Unheil angerichtet hat. Im Morgenlande brauchte der Weizen im Herbst einen Regen, damit das von der Sommersglut hart gebrannte Feld gepflügt und besät werden konnte. War der Same gut aufgegangen, mußte der Frühjahrsregen kommen; nach demselben wuchs der Halm schnell, und in wenig Monaten konnte die Ernte folgen. Im Geistlichen ist ein Regen niedergegangen zu Pfingsten zur Entstehung der Gemeinde, oder bei deiner Bekehrung; der zweite Regen, den die Ernte noch nötig hat, muß noch kommen. Uns scheint, als ob er schon in Geistesbewegungen einsetzt in aller Welt; an andern Stellen rauscht es, als wollte es sehr regnen!
Herr, ich hör' von gnäd'gen Regen, die du ausgießt mildiglich, Regen, die das Land bewegen - sende Tropfen auch auf mich. Amen. (Samuel Keller)

5:8 Seid ihr auch geduldig und stärket eure Herzen; denn die Zukunft des HERRN ist nahe.
Das letzte Wort im Hohenlied der Liebe lautet: „Eile, mein Freund,“ und in den letzten Worten der Offenbarung des Johannis lesen wir: „Der Geist und die Braut sprechen: Komm!“ worauf der himmlische Bräutigam antwortet: „Ja, ich komme bald.“ Die Liebe sehnt sich nach der herrlichen Erscheinung des Herrn und freut sich der süßen Verheißung: „Die Zukunft des Herrn ist nahe.“ Dies stärkt unsre Herzen für die künftige Zeit. Wir blicken mit Hoffnung aus diesem Fenster hinaus.
Dies heilige „Fenster von Kristall“ läßt eine Flut von Licht auf die Gegenwart herein und setzt uns in die gute Verfassung für sofortiges Wirken oder Leiden. Werden wir versucht? Dann flüstert uns die Nähe unsrer Freunde Geduld zu. Werden wir müde, weil wir keine Ernte von dem Säen unsres Samens sehen? Wiederum ruft uns diese herrliche Wahrheit zu: „Seid geduldig.“ Machen unsre vermehrten Versuchungen uns auch nur im geringsten wanken? Dann predigt uns die Zusicherung, daß binnen kurzem der Herr hier sein wird, über diesen Text: „Stärket eure Herzen.“ Seid entschlossen, beständig, beharrlich, fest, unbeweglich und nehmet immer zu in dem Werke des Herrn.„ Bald werdet ihr die silbernen Posaunen hören, die das Kommen eures Königs ankündigen. Seid nicht im geringsten bange. Haltet die Feste, denn Er kommt; ja, Er mag noch heute erscheinen. (Charles Haddon Spurgeon)

5:9 Seufzet nicht widereinander, liebe Brüder, auf daß ihr nicht verdammt werdet. Siehe, der Richter ist vor der Tür.

5:10 Nehmet, meine lieben Brüder, zum Exempel des Leidens und der Geduld die Propheten, die geredet haben in dem Namen des HERRN.

5:11 Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben. Die Geduld Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des HERRN habt ihr gesehen; denn der HERR ist barmherzig und ein Erbarmer.
Jakobus heißt uns „zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten nehmen, die im Namen des HErrn zu uns geredet haben“6) (V. 10). Sie haben sich, um ihrem Zeugnis treu zu bleiben, viel gefallen lassen, auch alle Schmach und Verfolgung, ja selbst grausame Todesqualen. Er erinnert auch an die Geduld Hiobs und weist uns selbst auf das Ende des HErrn hin, um uns zu zeigen, wie aus der Trübsal Herrlichkeit komme.
„Die erduldet haben“, d. h. die geduldig ausgeharrt haben, ohne den HErrn zu verleugnen, die preisen wir allerdings selig. Wir sehen's ja klar an dem HErrn (Christus) selbst, der um Seines geduldigen Gehorsams willen „über alles erhöht worden ist, was genannt mag werden im Himmel und auf Erden“. Gleich Ihm haben's auch die gut, die an Seiner Seite mutig gekämpft haben und bis in den Tod treu geblieben sind. Wer wird das nicht glauben? Wer wird sie nicht selig preisen?
Wir sehen aber, wie Jakobus uns auch sagen will, daß es nicht anders als durch Trübsale ins Reim Gottes geht - wir's also nicht um unsres Glaubens willen auf Erden gut haben wollen oder unangefochten bleiben wollen dürfen. Wir dürfen uns daher nicht verwundern, wenn wir etwa auch hart dran müssen.
In unsern Zeiten geht's wohl so, daß das Glauben uns nicht sehr erschwert wird. Doch kommen auch wieder andere Zeiten, die sich schon zu regen scheinen. Kommt aber die letzte heiße Zeit, da mag uns nichts so sehr aufrichten als der Blick auf die, die erduldet haben und die wir eben darum selig preisen. Insbesondere kann uns das Aufsehen auf Jesus, „den Anfänger und Vollender des Glaubens“, auf- richten.
Unterdessen, bis diese schwersten Zeiten kommen, müssen wir andere schwere Zeiten gleichsam an ihrer Stelle haben. Was kommt doch nicht alles über uns, daß man oft meinen könnte, kein Märtyrer habe es je so übel gehabt als wir! Denn wir stehen in einer Zeit, da Jammer und Elend mit Krankheit, Armut, Gemütsdruck, Familiennot, Qualen und Schmerzen bis in den Tod hinein in immer grauenhafterer Weise sich zu mehren scheinen! Da meinen wohl viele, sie sollten's als Kinder Gottes doch besser haben, und wollen verzagen. Statt zu erdulden, d. h. geduldig auszuharren, plagen sie sich mit dem Gedanken, sie müßten gar nicht wohl dran sein beim HErrn, sonst würden sie's leichter haben in der Welt. Da wollen die einen nur gleich alles weghaben, was wehe tut, und schreien in ihrer Ungeduld und Wehleidigkeit Tag und Nacht zum HErrn, ohne sich zufrieden zu geben, auch da, wo sie es eigentlich sollten. Andere, wenn's nicht hilft, denken, jetzt sei's gar aus mit ihnen, auch für die Ewigkeit, weil ja Gott sie nicht erhöre. Für diese alle wissen wir, wenn Gott nicht nach ihrem Wunsche tut, keinen Rat als den, der in den Worten des Jakobus liegt: „Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben.“
Nicht die - merke dir's! - preisen wir selig, die's gut gehabt haben auf Erden, sondern die, die erduldet haben. Auch nicht die preisen wir selig, die es an Geduld und Ausdauer haben fehlen lassen. Sondern die - hört's doch recht! -, die erduldet haben, preisen wir selig. Denke doch, daß man dich auch einmal selig preisen wird, wenn du erduldet, geduldig ausgeharrt hast, und zwar mit Recht: denn dann bist du selig!
Darum mutig ausgeharrt! Es wird das Beste für dich sein, du matter, müder Pilger und Dulder!
Allein brauchst du ja ohnehin nicht zu tragen! (Christoph Blumhardt)


Gott allein rettet dich von deinen Sünden. Denk an den Schlagflüssigen, an die Sünderin, an Zachäus, an den Übeltäter am Kreuze. Diese alle hat Jesu inniges Erbarmen erlöst. Das gibt Hoffnung für dich. Ein großer Erbarmer ist Gott, unser Heiland. Er wusste, was im Menschen war, dennoch war Er nicht misstrauisch. Gebeugten sagte Er nicht: Du bist sowieso ein schlechter, verdorbener Mensch! -Wir müssen einem jeglichen mit großem Vertrauen begegnen. Sag nicht, ich kenne die Leute nur zu gut, ich lasse mich nicht hinters Licht führen! Auch dich kennt und durchschaut der Herr. Dennoch hat Er Mut, an dir zu arbeiten. Was wäre aus uns geworden, wenn der Herzens- und Nierenprüfer nach unseren Sünden und nach unserem Unglauben mit uns gehandelt hätte? - Größer als die Sünde ist Gottes inniges Erbarmen. Wenn die Gnade ein Herz umweht, wenn es Geistesmacht verspürt, wenn aufrichtiges Mitleid ihm entgegenkommt, so kann es offen und bußfertig werden. Die Macht der Liebe tut wohl. Wie Sonnenschein die Herzen erfreut, also kräftig durchdringt sie die Liebe. Im argen liegt die Welt, sie bedarf der Liebe. Welch ein Glück, Jesus liebt die Gefallenen, die Elenden, die Verlorenen! Du findest Buße, sei unverzagt, heute umfängt dich dein Heiland mit innigem Erbarmen. Wir wollen keinem mit rauer Hand ins Auge greifen. Der Sünder weiß und fühlt es wohl, dass er arm, gebunden, verstrickt ist. - Du hast mich an dein Herz gezogen, darum will ich rühmen die Gnade, die Sünder selig macht. (Markus Hauser)

5:12 Vor allen Dingen aber, meine Brüder, schwöret nicht, weder bei dem Himmel noch bei der Erde noch mit einem andern Eid. Es sei aber euer Wort: Ja, das Ja ist; und: Nein, das Nein ist, auf daß ihr nicht unter das Gericht fallet.

5:13 Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand gutes Muts, der singe Psalmen.

5:14 ist jemand krank, der rufe zu sich die Ältesten von der Gemeinde, daß sie über ihm beten und salben ihn mit Öl in dem Namen des HERRN.

5:15 Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der HERR wird ihn aufrichten; und so er hat Sünden getan, werden sie ihm vergeben sein.

5:16 Bekenne einer dem andern seine Sünden und betet füreinander, daß ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.1)
Es ist eine große Aufmunterung zur gegenseitigen, aus der Liebe fließenden Fürbitte, wenn wir bedenken, dass solches Gebet das lieblichste ist, das Gott je vernimmt, denn die Gebete Christi sind Gebete aus fürbittender Liebe.
In all dem Räuchwerk, das unser großer Hohepriester ins goldene Rauchfass seines Gebetes gibt, ist auch kein einziges Körnlein für Ihn selbst. Seine Fürbitte muss vor aller andern Gott angenehm sein - und darum ist auch unser Gebet Ihm umso lieblicher, je mehr es dem Gebet Christi ähnlich ist; und wenn auch unsre Gebete für unsere eigenen Anliegen Gott wohlgefällig sind, so ist unser Flehen für andre, dieweil es mehr Früchte des Geistes, mehr Liebe, mehr Glauben, mehr brüderliche Liebe in sich schließt, durch das unvergleichliche Verdienst Jesu Christi das süßeste Opfer, das wir Gott darbringen können, das Fett und Mark unsres Opfers. Beachte zugleich, dass die Fürbitte außerordentlich kräftig ist. Was für Wunderwerke hat sie nicht vollbracht! Das Wort Gottes ist überschwänglich reich an Erzählungen ihrer wunderbaren Wirkungen. Liebe gläubige Seele, du hast ein mächtiges Werkzeug in deiner Hand; gebrauche es fleißig, gebrauche es unaufhörlich, gebrauche es gläubig, so wirst du gewisslich deinen Brüdern Gutes erweisen. Wenn dir des Königs Ohr geneigt ist, so rede mit Ihm der leidenden Glieder seines Leibes halben. Wenn dir die Gnade zuteil wird, dass du dich seinem erhabenen Throne ungehindert nahen darfst, und der König zu dir spricht: „Bitte, so will ich dir geben, was du begehrst,“ so lege ein Wort ein, nicht für dich bloß, sondern für die vielen, die seiner Hilfe bedürftig sind. Wenn du der Fürbitte nicht obliegst, dann magst du zwar wohl begnadigt sein, aber diese Gnade ist klein wie ein Senfkorn. Dann ist dir gerade Gnade genug geschenkt, um deine Seele über die Sandbank hinwegzusteuern; aber dir fehlen die tiefen Fluten der Gnadenströme, sonst würdest du im luftigen Schifflein eine kostbare Ladung der Bedürfnisse andrer mit dir führen und brächtest für sie von deinem Herrn eine reiche Segensfülle mit zurück, die sie vielleicht ohne dich nie erlangt hätten. „Ein Gebet, das Jesus lehrt, Wird gewiss von Ihm erhört.“ (Charles Haddon Spurgeon)


Es gibt kein Mittel, wodurch unsere Liebe zueinander gewisser wächst, als dadurch, daß wir füreinander beten. Willst du in weiter Ferne von deinen Lieben oder Freunden innerlich eng mit ihnen verbunden bleiben, so bete für sie. Willst du gern anderen lieb und wert bleiben und in ihrer Erinnerung fortleben, so unterhalte mit ihnen gegenseitige Fürbitte. Regt sich in deiner Seele Feindschaft gegen jemand, der dich beleidigt oder dir weh getan hat, und möchtest du dieses Gefühl überwinden, so flehe die Gnade dessen herab, der am Kreuz für seine Feinde betete und der alle Sünder, alle, die ihn selbst und ihre Mitmenschen beleidigen, bittet, sich versöhnen zu lassen. Will sich Kälte und Verstimmung einschleichen zwischen dir und deinen Brüdern, so klagt euch nicht gegenseitig an, sondern klagt bei dem Herrn eure Herzenskälte und euren Argwohn an, klagt den Feind an, der diesen bösen Samen zwischen euch säte - dann werdet ihr euch wieder als Mitsünder und auch als erlöste Gnadenkinder erkennen! Oft ist's geschehen, daß solche, die etwas gegen einander hatten, den erloschenen Funken der Bruderliebe neu in sich entzündet fühlten, wenn ernste Fürbitte vor dem Gnadenthron den Weg bahnte von Herz zu Herz. Und endlich zwischen Gatte und Gattin, Eltern und Kindern, Brüdern und Schwestern, wie kann gegenseitige Liebe und Achtung besser erhalten werden als durch das Gebet füreinander und miteinander? In den tausenderlei kleinen Veranlassungen zu Mißmut und Hader, die im häuslichen Leben stets vorkommen, was kann da besser das Herz stärken, um diesen Versuchungen zu widerstehen, als das Gefühl: Er hat zwar gefehlt, aber der Herr, zu dem er fleht und zu dem auch ich für ihn flehe, wird ihn wieder zurechtführen; er fällt zwar oft, aber der Herr wird ihn aufrichten und endlich sein und mein Herz festmachen, um nicht mehr zu fallen! (Hermann Heinrich Grafe)


Zum erfolgreichen Gebet gehört ein mächtiges Durchdrungensein davon, dass Jesus lebt, für mich lebt, dass Er, der Herr der Herrlichkeit, mich in Sein Herz eingeschlossen hat, mich vertritt vor Gott und allewege bereit ist, mir himmlische und irdische, geistliche und leibliche Güter aus Gnaden zu geben. Der Glaube an den persönlichen, lebendigen Heiland ist die Grundlage des erhörlichen Betens. Wenn wir bekennen: Jesus lebt, so muss sich das durch Lebenskundgebungen des Herrn als Wahrheit erweisen. Ein Götze kann nicht hören und nicht antworten, der lebendige Gott aber offenbart sich denen, die Ihn anrufen, Er hört ihr Schreien und hilft ihnen. Dem Beter muss es feststehen und über alle Zweifel erhaben sein: Gott ist treu und wahrhaftig und hat die herrlichsten Verheißungen gegeben, weil Er sie erfüllen und verwirklichen will. Es macht dem gnadenreichen Gott Freude, wenn wir ein großes Zutrauen zu Ihm haben; uns wohlzutun ist Seine Lust. Wir müssen nur recht stille und geduldig sein und kindlich und vertrauensvoll warten, wenn der Weg, den der Herr uns führen muss, um uns erhören zu können, dunkel, rau und unverständlich ist. Bete fort und warte, verzage nicht und werde nicht aufgeregt, harre des Herrn; wenn Seine Stunde gekommen sein wird, kann sich alles aufs herrlichste gestalten. Habe nur nicht deine, sondern Seine Ehre im Auge. Gott kann sich als der Wunderbare erweisen. Wieviel das ernste Gebet vermag, das wird treuen Betern immer wieder aus Erfahrung klar: „Glaubet nur, und nichts wird euch unmöglich sein!“ Matth. 17, 10. (Markus Hauser)


Muß man das immer wieder sagen? Unwillkürlich frage ich mich: was gibt's denn für starke Hemmungen der Fürbitte, daß die Mahnung dazu in den Briefen der Apostel so oft wiederkehrt? Einwände des Verstandes, Gründe der Wissenschaft werden es dazumal so wenig gewesen sein, als sie es heute eigentlich sind, die den Betern ihr Schwert aus der Hand nehmen. Nein, es sind Trägheit und Selbstsucht, die am allermeisten lähmen. Oder ist's nicht wahr, daß wir, wenn uns eine dringende Not traf, mit großem Eifer für uns beten? Aus Selbstsucht überwinden wir die Trägheit. Wenn wir den Bruder wirklich ehrlich lieb haben, dann ist's uns sofort leichter, seinen Schmerz auch als unsern zu empfinden und mit Inbrunst für ihn zu beten. Also der Mangel an Liebe ist schuld. Aber Bruderliebe ist der einzige Beweis für unsere Liebe zum Heiland. Sie muß also bei uns in Blüte stehen, wenn unser Glaube echt ist. Wollen wir so anfangen: zuerst wirklich glauben an die Vergebung der Schuld. Wem viel vergeben ist, der liebt viel. Jetzt wendet sich unser Lieben auf Jesus, und er liebt uns wieder. Dann muß die nächste Folge sein, daß wir die Brüder besser lieben, und diese bessere Liebe treibt die Trägheit aus und drängt zur Fürbitte.
O, Herr Jesu, mach uns treuer im Lieben und Beten, damit in der unsichtbaren Welt Riegel zurückgeschoben werden und deine Segensfluten niederströmen auf deine Beterschar. Segne unsere Brüder und durch ihr Wachstum uns. Amen. (Samuel Keller)


Warte nicht, bis dein Nächster über seiner eigenen Zerfahrenheit und Zerklüftung bekümmert zu dir kommt und dir mit abgewandtem Blick leise sagt:„Bete für mich!“ Lange vorher sagt es dir dein Heiland schon; lange vorher wartet er darauf, daß deine Liebe so rein von selbstsüchtigen Gedanken werde, daß sie mit Sehnsucht und heißem Drang für den andern eintreten kann. Du bist dann erst dazu geworden, was man in der unsichtbaren Welt von dir erwartet. Diese geistliche Reife erschließt dir dort neue Rechte, neue Ansprüche, so daß du auf solches Guthaben hin kommen darfst und dich einsetzen für jenen andern. Gläubige Fürbitte fällt dort, wo man die Schicksale formt, als eine Einzahlung von Liebe und Güte ins Gewicht. Gott kann sie nicht übersehen; irgendwie gestaltet sie das Ergehen des andern um. Entweder wird die Tür des Glaubens dem Zaudernden noch länger offen gehalten, oder deine Fürbitte hebt ein Verhängnis auf, das sonst über ihn kommen müßte. Ach der unerkannten Macht von der Heil'gen Beten!
Hier stehe ich vor dir, mein Gott, und flehe für mein Weib und meine Kinder, meine mitverbundenen Gläubigen, meine Kranken, meine Angefochtenen, meine besonderen Freunde und erbittertsten Gegner: Herr, erbarme dich! Amen. (Samuel Keller)


Woher denn bei uns, Gebetsfreunde, bisweilen die Unlust zum Beten? Wenn nicht körperliche Ursachen vorliegen (die man bei etwas Aufmerksamkeit meistens vermeiden kann), oder eine bestimmte Anfechtung des Bösen sich dahinter versteckt, meine ich den Hauptgrund im halb unbewußten Leben der Seele suchen zu müssen. Unser Bewußtsein ist doch immer nur ein kleines Stück von der Oberfläche; was uns im Augenblick nicht bewußt ist, bildet den eigentlichen Bestand unseres Seelenlebens. Wenn dort alte Schuld, neue Untreue, Verstimmung gegen andere Menschen, Empfindlichkeit, Geld- oder Ehrliebe vorherrschen, gibt das einen Luftdruck, der dem Gebet an der Oberfläche des Bewußtseins schädlich ist. Läßt man sich dadurch abhalten zu beten, wächst dort im Dunkel die Abneigung. Also zwing dich nie zum Gebet vor Menschen; aber zwing dich täglich zum leisen anhaltenden Beten vor Gott! Ernstlich, d.h. wir meinen im Augenblick wirklich das, was wir erbitten. Bittest du um Geld, mußt du ehrlich auch geben wollen, bittest du um Gesundheit, mußt du auch das deine dazu tun; bittest du um Erbarmen für andere, so mußt du ihnen auch Erbarmen zeigen.
Lieber Vater im Himmel, wir Armen bitten um deinen Reichtum! Schenk' uns den Heiligen Geist, vollkommene Freude und Kraft zum Lauf nach dem Ziel. Ohne dich verkümmern wir. Darum nimm dich unseres Betens an und mach es gesund und stark und wahr. Amen. (Samuel Keller)

5:17 Elia war ein Mensch gleich wie wir; und er betete ein Gebet, daß es nicht regnen sollte, und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs Monate.
Viele Christen bewegt die Frage: „wie kann man erhörlich beten?“ Elias Gebet um Aufhören des Regens gibt uns eine wichtige Antwort auf diese Frage. Sein Gebet hatte auf wunderbare Wirkung. Es griff hinein in die Geschichte eines Volkes, und kein König konnte etwas gegen die Gewalt dieses gläubigen Gebets machen. Worin lag aber ein wichtiges Geheimnis jenes erhörlichen Gebets.? Es lag darin, dass sein Gebet mit dem Willen Gottes, der ihm geschriebenen Worte offenbart war, übereinstimmte. Nicht aus seinem Herzen hatte Elia den Gedanken genommen, dass für das gottlose Israel eine Zeit der Dürre heilsam wäre, sondern aus den göttlichen Gesetze. Gott hatte durch Moose vorausgesagt, dass, wenn Israel von Jehova anfalle, der Himmel zugeschlossen werden solle, dass kein Regen komme und die Erde ihr Gewächs nicht gebe (5. Mose 11,17). Gott wollte bei fortgesetztem anhaltenden Ungehorsam des Volkes „den Himmel wie Eisen und die er wie Erz machen“ (3. Mose 26,19). Nun lag zur Zeit des gottlosen Königs Ahab solcher schlimme andauernde Abfall von Gott in Israel vor. Der Beter Elia, dem der Zustand seines Volkes zu Herzen ging, und der um jeden Preis die Rückkehr desselben zum Herrn ersehnte, durfte sich also auf diese Worte stützen und es seinem Gott vorhalten. Der Glaube an die Wahrheit des göttlichen Wortes gab ihm Erlaubnis und Vollmacht, zu gelten, „dass es nicht regnete. „
Wenn wir erhörlich beten wollen, so lasst uns doch nicht versäumen, in dem geschriebenen Wort mit dem Willen Gottes vertraut zu werden. Lasst uns forschen, welche Verheißungen Gott zu unserer Zeit und Lage gegeben hat und mit diesem Verheißungen zum Gnadenthron gehen. (Alfred Christlied)


Wir sind gleich bei der Hand, zu sagen, wenn wir von Taten oder Tüchtigkeiten anderer hören:„Ja, das waren auch ganz andere Leute.“ Bald sollen es ihre Gaben sein, bald die Zeitverhältnisse, die wir wie einen Schild vorhalten, wenn man Ähnliches von uns verlangt. All dergleichen Mittelchen, mit denen wir uns selbst entschuldigen wollen, schlägt hier das eine Wort uns aus der Hand:„gleich wie wir!“ Was, gleich wie wir und dann so ungleich im Gebetseifer, in der Gebetskraft und in den Gebetserhörungen? Wo steckt da der Fehler bei uns? Bitte, denk jetzt nicht gleich an massive Erhörungen im Gebiet des Auffallenden, damit man prahlen könnte vor andern, sondern an dein heutiges Gebet um Hilfe gegen eine bestimmte Sünde oder Sorge. Laß das Beispiel des Elias auf diesem einen Punkte sofort wirksam werden. Hänge dich mit der ganzen Wucht deiner Seele, mit der ganzen Kraft deines Glaubens an diesen Gebetshebel; was gilt's, die Last muß sich heben, die Wirkung muß eintreten. Ein Mensch gleich wie wir - laß die Antwort darauf ein Gebetssieg, gleich wie der des Elias, sein.
Herr, unser Gott, du bist heute derselbe wie damals, und wir sind Menschen, wie Elias es war. Fache unsere Gebetsfunken durch deinen Geist an, daß die hellen Flammen herausschlagen. Du willst gebeten sein, wir wollen beten - Herr, hilf uns beten! Amen. (Samuel Keller)

5:18 Und er betete abermals, und der Himmel gab den Regen, und die Erde brachte ihre Frucht.

5:19 Liebe Brüder, so jemand unter euch irren würde von der Wahrheit, und jemand bekehrte ihn,

5:20 der soll wissen, daß, wer den Sünder bekehrt hat von dem Irrtum seines Weges, der hat einer Seele vom Tode geholfen und wird bedecken die Menge der Sünden.2)
Beherzigenswerte Worte für hartherzige Reiche und für unterdrückte Arme! Insbesondere ermahnt der Apostel, geduldig auf das Kommen des Richters zu warten, der jedem geben wird nach seinen Werken, und nicht über ihre Drüber und Dränger zu seufzen, vielmehr ihrer Vorbilder, z.B. der Propheten und Hiobs zu gedenken, dessen Noth der göttliche Erbarmer so herrlich endete. Solche Erfahrungen haben ja eine ganz vorzügliche Kraft. Wie viel Trost, Stärkung und Rath würden wir in allen Fällen des Lebens entbehren, wenn die Exempel und Erfahrungen der Heiligen nicht in der Bibel aufbehalten wären! Daß wir nur mehr im Leben auf sie achteten und nicht immer es darauf anlegten, erst durch eigene Erfahrungen klug zu werden! – Darauf ermahnt Jacobus den unrecht Leidenden, ja nicht aus Ungeduld zu schwören und sich selbst zu helfen, sondern Hülfe durch Gebet bei Gott zu suchen; eben so den Kranken, der die Oelung, d.h. das Salben mit Oel als ein natürliches, damals gebräuchliches Heilmittel zu seiner Genesung unter Fürbitte gläubiger Gemeindevorsteher gebrauchte; und den geistlich Kranken, der seine begangenen Fehltritte dem andern bekannte, um ihn zu bewegen daß er mit ihm Gott um Vergebung dieser Vergehungen anriefe; denn rechtes Gebet wirkt in allen Fällen viel, wie die Gebete des Elias zeigen, viel mehr, als die Klugheit dieser Welt sich einbildet, mehr als der Verstand der Verständigen ermißt. Darum nur kühn gebetet! Sei es auch, daß es unmöglich dünke, der Himmel werde auf unser armes Gebet sich schließen und wieder öffnen, unser armes Gebet werde Einfluß haben auf die Lenkung der Dinge, auf den Gang der Ereignisse: o nicht zu berechnen ist der Zusammenhang, in welchem die Geister der Menschen unter einander und des Menschen Geist mit dem Geiste Gottes steht, der alle Dinge erforscht. Beten wir im Namen Jesu, so nehmen wir durch unser Gebet Theil an der Regierung der Welt, die Er in seinen Händen hat. Der Herr, der Gott des Elias, lebt noch, und es kommt nur darauf an, daß unser Glaube so fest und stark, so lebendig und herzlich sei, wie der seinige: so werden auch wir die Herrlichkeit Gottes sehen und erfahren in tausendfältiger, täglicher Erhörung. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Heilsgewißheit, Gewißheit der Vergebung der Sünden und des ewigen Lebens, ist eine große Gabe. Du kannst sie haben, sagt Jakobus, ich zeige dir, wie der Tod für dich vergeht und die Menge der Sünden bedeckt wird. Dort ist der Bruder; er irrt. Ratlos stürmt er durch das Leben. Ihm leuchtet keine Wahrheit und nichts schützt ihn vor tiefem Fall. Hole ihn zurück auf Gottes Weg. Mache ihn frei von dem, was ihn blendet, und löse seine Fesseln. Er ist in Gefahr, rette ihn und dann sei gewiss: du hast deine Seele vom Tod errettet und die Menge deiner Sünde ist bedeckt. Gott lässt den nicht sterben, der den anderen vom Tod rettet, und rechnet dem die Sünden nicht an, der den anderen vom Sündigen befreit. Ist dieser Weg nicht schwer und ungewiss? Wird es mir möglich sein, einem anderen zu helfen, und weiß ich, ob ihm wirklich geholfen ist? Ich hätte lieber, dass Jakobus mich tröstete, statt dass er mich zum Dienst beruft. Finde ich nicht das, was Jakobus mir verspricht, auch schon im Sakrament, in der Beichte, die mir die Vergebung verkündigt, in der Taufe, die mich unter die Versöhnung bringt, die Jesus uns erworben hat, im Abendmahl, bei dem uns Jesus Gottes Vergeben schenkt? Gewiss bedarf ich die Sakramente, die mir Gottes gnädigen Willen zeigen. Hätte Jakobus sie nicht gekannt, woher nähme er dann die Verheißung: er wird die Menge der Sünden bedecken? Sicherlich brauche ich Trost; denn Schuld schmerzt und Sünde macht leiden und dem, der leidet, ist der Trost süß. Allein solch banges Fragen und Zweifeln ist doch nur das Zucken meines kranken Herzens. Jesus hat mir sein Sakrament nicht dazu gegeben, damit es ohne Frucht und Wirkung sei, und es bleibt ohne seine heilsame Wirkung, wenn ich aus ihm nur Trost für mich gewinne, der mich labt. Wie kann ich am irrenden und sündigenden Bruder achtlos vorübergehen, wenn ich weiß, was Jesus für uns hingegeben hat, und erfasse, wozu er sein Kreuz trug? Wenn mich sein Sakrament unbarmherzig macht, habe ich es missbraucht. Sieh doch die Menschen um dich her an; sind sie nicht Irrende und Sterbende? Damit ich ihnen die Gnade Jesu zeige, dazu hat er sie mir gezeigt. Wenn ich aber das kann und die Kraft habe, ihnen Gottes Gnade so sichtbar zu machen, dass sie ihnen fasslich wird, dann ist sie auch mein Besitz.
Ich könnte, Herr Gott, nicht so groß von dem denken, was Du mir anvertraut hast, wenn es nicht Dein Wort mir sagte. Ohne den starken Ruf Deines Wortes bliebe ich an mir selber hängen und dächte einzig an meine Not und an mein Heil. Nun aber legt mir Dein Wort die Bitte in die Seele: gebrauche mich nach dem Willen Deiner Gnade für die, die im Dunkeln sind. Amen. (Adolf Schlatter)

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