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Römer, Kapitel 15

Römer, Kapitel 15

15:1 Wir aber, die wir stark sind, sollen der Schwachen Gebrechlichkeit tragen und nicht gefallen an uns selber haben.
Wir wollen einige Worte der Ermahnung an diejenigen richten, welche im Vergleich mit Andern stark im Glauben sind, und deren Herz mit Gewißheit und Freude durch den Heiligen Geist erfüllt ist. Obiges Wort sagt ihnen: Hütet euch, euch nicht zu überheben, und die Schwachen zu verachten; hütet euch auch davor sie nicht dadurch nieder zu drücken, daß ihr vor ihnen gewissermaßen im Triumph die Uebermacht eures Glaubens und den Ueberschwang eurer Freude hervortreten laßt! Jeder Christ hat Tage der Glückseligkeit, in welchen, wie Hiob sagt, „Gott Seine Leuchte lässet über unserm Haupte scheinen, und wir bei Seinem Licht durch die Finsterniß gehen, Tage, wo die Felsen uns Oelbäche ergießen.“ Dann sollen wir Acht haben auf uns selbst, daß wir uns nicht erheben, und Diejenigen geringschätzen, welche nicht dieselbe Freude erfahren, wie wir. Ein solcher Hochmuth geht sicherlich einer Demüthigung vorher, und Gott wird nicht anstehen, uns dafür zu züchtigen, indem Er uns wieder unserer eigenen Schwachheit überläßt.
Die Starken sollen demnach wohl bedenken, daß sie schuldig sind, der Schwachen Gebrechlichkeit zu tragen, und dem Beispiel des Apostels zu folgen, welcher sagt: „Den Schwachen bin ich geworden als ein Schwacher.“ Sie sollen für sie beten, sie trösten, ihnen Muth machen und mit Sanftmüthigkeit sie aufrichten. Es wird nicht von uns gefordert, daß wir unsere Freude vor den Brüdern verbergen; aber bei einem ernsten Stehen vor Gott werden wir entschieden fühlen, daß es ebensowohl eine Art und Weise gibt, seine Freude zu zeigen, welche den Schwachen Muth macht und sie aufrichtet, als auch eine solche, welche sie entmuthigt und niederwirft. (Auguste Rochat)

15:2 Es stelle sich ein jeglicher unter uns also, daß er seinem Nächsten gefalle zum Guten, zur Besserung.

15:3 Denn auch Christus hatte nicht an sich selber Gefallen, sondern wie geschrieben steht: „Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.“
Bei ihm hätte es einen Sinn und eine Berechtigung gehabt; denn er war gewiß von einer Schönheit und einem Adel der Seele, für die uns Worte fehlen. Aber wir? Wer weiß denn nicht mancherlei von sich selbst, was er lieber heute als morgen los wäre. Und dennoch diese unaustilgbare Torheit, immer wieder Gefallen an sich selbst zu haben! Das ist die Keimzelle der meisten Sünden. Was spielt unser liebes Ich für eine Rolle in unseren Reden! Wie viel mehr in unserm Träumen und Sehnen. Unsere Empfindlichkeit, wenn jemand uns antastet oder nicht die ausgesuchteste Rücksicht auf uns nimmt - hält sich die Waage mit dem unausgesprochenen Verlangen, daß man unsere Versäumnisse selbstverständlich entschuldige, unsere Übereilungen, die nur unserem Naturell entspringen, übersehe und vergesse. Wie selbstsüchtig sind wir bis in das Allerheiligste unseres Gebetslebens! Solange wir aber so Gefallen an uns selbst haben, spielt Gott, Christus, Glauben und Lieben und Pflicht gegen den Nächsten - alles nur eine nebensächliche Rolle. Selbstverliebtheit, Eitelkeit, Wohlgefallen an sich selbst haben, kann für die Seligkeit gefährlicher sein als Trunksucht und Unzucht, die den Leib ruinieren und sich auf Erden schmerzlich strafen.
Ich beuge mich, Herr Jesu, und bekenne mich schuldig! Vergib mir diese böse Art und reinige mich davon, wenn es auch weh tut. Dann laß die ganze Liebe meines Herzens auf dich hin sich wenden. Amen. (Samuel Keller)


Immer neue Strahlen lässt Paulus aus dem Kreuz Christi hervorleuchten. Er hat die Liebe Jesu gepriesen, die ihn bewogen hat, für die, die Gottes Feinde waren, zu sterben, und seinen Gehorsam als unsere Rechtfertigung beschrieben, weil durch seinen Gehorsam alles, was aus Adams Ungehorsam entstanden sei, beseitigt ist. Nun spricht er vom innersten Vorgang, an dem die Echtheit der Liebe und des Gehorsams die Erprobung bekommt, davon, dass er sich durch sein Verhalten inwendig nicht ein Wohlgefallen bereitete, das ihn befriedigte und bei sich selbst verweilen ließ. Haftet nicht am Gehorsam das süße Bewusstsein, das uns mit uns selbst zufrieden macht, und wächst nicht an der Liebe die liebliche Blüte, dass wir nicht nur die anderen, die wir lieben, sondern auch unser eigenes Bild mit Wohlgefallen betrachten? Das bringt aber unseren Gehorsam und unsere Liebe in Gefahr. Gefährdet ist dadurch ihre Selbstlosigkeit, der entschlossene Ernst, mit dem wir uns von uns selbst wegwenden und nicht den eigenen Willen tun, sondern den Willen dessen, dem wir gehorchen und nicht den eigenen Vorteil suchen, sondern nach dem begehren, was den anderen heilsam ist. Seht auf Jesus, sagt Paulus, wenn Eitelkeit, die sich selbst gefällt, euren Gottesdienst beflecken will. Er steht in seinem Gehorsam und in seiner Liebe als der Selbstlose vor euch. Denn er ließ sich die Schmähung wohl gefallen. Niemand begehrt geschmäht zu werden, und erst noch von denen, die Gott schmähen, weshalb die Beschimpfung, die auf Jesus fiel, zur Lästerung Gottes wurde und die Schande, in die Jesus hinabgestoßen wurde, zur Verdunkelung der Ehre Gottes führte. Dass Gott an ihm geschmäht werde, das hat Jesus nicht begehrt und an diesem Zustand kein Wohlgefallen gehabt. Das war letzte Entäußerung und schmerzlichste Entsagung und eben darum die Vollendung seines Gehorsams und die Verklärung seiner Liebe.
Wenn mein Auge trübe wird und Gutes und Böses vermengt, komme ich, Herr Jesus, zu Dir, weil Du mir zeigst, was Gehorsam ist, und mir deutlich machst, was Liebe ist. Du wehrst es mir, wenn ich mir selber gefalle. Lass mich Dir gefallen, lieber Gott, in allem und behüte mich, dass ich keine andere Ehre begehre als die, die Dich ehrt. Amen. (Adolf Schlatter)

15:4 Was aber zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, auf daß wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben.
Die Schrift ist nach dem gegebenen Spruch uns zur Lehre geschrieben. Paulus meint unter dem zuvor Geschriebenen das Alte Testament. Dieses sagt uns in jedem Wort etwas, besonders, wenn der HErr selber redet. In jedem Wort können wir etwas finden, das uns zur Unterweisung und Lehre dienen kann. Oft scheint es nichts zu sagen; aber wenn man tiefer blickt, sagt es sehr viel. Das Alte Testament sollte einen viel größeren Wert für uns haben, als man's gewöhnlich wahrnimmt. Vornehmlich lehrt es uns Geduld und Trost mit Bezug auf das, was zu hoffen ist. Es sagt uns so viel von dem, was kommen sollte; und weil's lang währt, bis das Verheißene kommt, lehrt's uns an denen, die drauf warteten, und sich dran hielten, obwohl sie's noch nicht sahen, Geduld. Von den ersten Kapiteln an steht die Schrift in der Erwartung eines großen Heils; und durch die ganze Schrift läufts durch. Das ist die Geduld der Schrift, die unermüdlich zu verheißen fortfährt, ob's gleich durch Jahrtausende läuft. Unter dieser Geduld- und Erwartungszeit weiß die Schrift auch Trost zu geben.
Leben wir nun mit der Geduld und mit dem Trost der Schrift, nun auch des Neuen Testaments, das uns auch viel noch Unerfülltes verkündigt, fort, so lebt auch unsre Hoffnung fort, daß wir doch endlich mit allem ans Ziel kommen werden. Was ists aber um diese Hoffnung? Sie dürfen wir mitten unter Kämpfen und Anfechtungen aller Art und trotz des langen Wartens, auf das wir verwiesen sind, uns nicht nehmen lassen. Der HErr erhalte uns in ihr! (Christoph Blumhardt)


Ausser der Propheten Schrifft/ oder der lere des Euangelii/ durch die Propheten und Apostele uns dargethan/ findet menschliche Weisheit/ kein waren / gewissen trost/ darauff sie möcht fussen/ und sich zu frieden stellen. Die Schrifft oder Gottes wort aber allein zeigt uns solchen Trost an.
Nu ist aber dis die Summa des selben Trosts in allerley trübsal jamer und not. Gottes wort leret uns/ das Gott das Creutz sonderlich seiner Kirchen aufflade/ in dieser Welt/ umb der ubrigen Sünde willen/ die jr noch ankleben bis in den Tod. Umb der ursach willen/ sollen wir Christen gedult in unserm leiden haben.
Zu dem sollen wir auch in solchem gehorsam vleissig acht haben/ auff die göttlichen Verheissunge/ uns der selben in unsern trübsaln trösten/ Und dem nach/ wie sie lauten/ gewislich schliessen/ Das Gott sich unser anneme/ und fur uns sorge/ als fur die/ so er hertzlich lieb hat. Darumb wir auch gewislich hülffe und rettung/ aus aller not/ von jm erwarten sollen. (Caspar Cruciger)


Fände ich in der Rumpelkammer ein altes Büchlein, unbekannt von wem verfaßt, und läse drin an einer Stelle haarklein ein Erlebnis aus meinem eigenen Leben beschrieben - würde ich dann nicht mit geheimem Beben weiterlesen? Würde ich dann dem Buch nicht auch glauben, was es von meiner Zukunft voraussagt? So ist's uns mit der Bibel gegangen. Unser Sündenelend und Jesu Barmherzigkeit am Tage der Vergebung - das stimmte genau. Nachher trafen noch manche wunderbare Zusagen Gottes, wie er für uns sorgen wolle, in auffallenden Gebetserhörungen ganz nach diesem Buche ein. Sollten wir jetzt nicht auch die andern Zusagen, die noch nicht erfüllt sind, für ebenso sichere Gottesversprechen halten? Und sollten wir aus solchem Glauben nicht einen starken Zuschuß von Geduld für die kleinen Mühsale des Alltags und von Trost in größerem Schmerz erhalten? Und sollte da nicht ganz ebenso natürlich eine helle Hoffnung herauswachsen, daß Gott auch in allen andern Sachen, die noch ausstehen, sein Wort wahr machen werde? Darum glauben wir an die Bibel und wissen, was wir an ihr haben.
Herr, unser Gott, wir danken dir für dein Wort. Lehre uns täglich treuer und kindlicher nur an dieses Wort glauben und daraus unsere Kraft schöpfen, bis einst an Stelle jener Worte deine Wirklichkeit alles erfüllt. Amen. (Samuel Keller)

15:5 Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, daß ihr einerlei gesinnt seid untereinander nach Jesu Christo,
Geduld ist uns Noth, daß wir den Willen Gottes thun, und die Verheißung, oder das verheißene himmlische Erbe empfahen, Hebr. 10,36. Geduld ist bei uns das Ausharren im Leiden. Unser Weg zum himmlischen Vaterland ist ein schmaler dornichter Weg. Hier sollen wir nun nicht verdrossen werden, wie die Israeliten in der Wüste, und das Vertrauen nicht wegwerfen, welches eine große Belohnung hat, Hebr. 10,35. Wir sollen nicht sein von denen, die da weichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und durch den Glauben Geduld beweisen, und die Seele erretten, V. 39. Gott heißt ein Gott der Geduld, weil Er allein durch Seine Weisheit, Treue und Kraft die Geduld in uns wirken will und kann. Er hat uns in der heiligen Schrift von der guten Ursache und von dem heilsamen Zweck unserer leiden reichlich unterrichtet; Er hat uns das Beispiel Seines lieben Sohnes, dem wir auch im Leiden und in der Geduld ähnlich werden sollen, vor die Augen gemalet; Er hat uns auch die Beispiele vieler leidender Heiligen, welche nicht ohne Schwachheit Geduld bewiesen haben, und den guten Ausgang ihrer Leiden beschreiben lassen. Er hat uns die Versicherung gegeben, daß Er uns nie verlassen noch versäumen, und nie über Vermögen versucht werden lassen wolle. Er hat uns endlich von der ewigen Ruhe und Freude, in die wir nach der Bewährung eingehen sollen, und von dem himmlischen Erbe, das wir nach der Beharrlichkeit im Glauben und in der Geduld empfangen sollen, eine genugsame und sehr tröstliche Nachricht gegeben. Ja Er will selbst nebst dem Sohn und Heiligen Geist unter dem Leiden in unsern Herzen wohnen, uns halten und stärken, und uns Seine Liebe, so oft es nöthig ist, empfinden lassen. Weil nun dieses Alles vermögend ist, uns geduldig zu machen, so heißt Gott ein Gott der Geduld.
Wenn wir aber in unserer deutschen Bibel lesen, daß Gott selber Geduld habe oder geduldig sei, so werden wir belehret, daß Gott die Strafe aufschiebt, und den Sündern Zeit zur Buße läßt. Er trägt die Gefässe des Zorns, die zur Verdammniß zugerichtet sind, mit großer Geduld (Röm. 9,22.), indem Er sie nicht bald vertilgt, sondern sie wenigstens unentschuldbar macht, sie ihr Gutes in diesem Leben empfangen läßt, und durch sie als Leute Seiner Hand, das ist als Werkzeuge, allerhand ausrichtet. Er ist auch barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte gegen diejenigen, die Ihn fürchten, indem Er nicht immer mit ihnen hadert, nicht ewiglich Zorn hält, ob Er sie gleich denselben eine Zeit lang spüren läßt, und nicht nach ihren Sünden mit ihnen handelt, Ps. 103,8.9.10. Wider diese Geduld Gottes, welche auch Langmuth heißt, murren oft die Menschen, indem sie meinen, Gott lasse die Gottlosen allzulange ungestraft; Andere mißbrauchen die Geduld Gottes zur frechen Ausübung der Bosheit, siehe Pred. Sal. 8,11., Andere meinen, sie seien unschuldig, weil Gott geduldig gegen sie ist: das Gegentheil aber wird 2 Mos. 34,6.7. Nah. 1,3. bezeugt. Wir sollen die Geduld Gottes für unsere Seligkeit achten, 2 Petr. 3,15., und derselben in der Liebe des Nächsten nachahmen, 1 Kor. 13,4.7. HErr schenke mir eine genugsame Geduld im Leiden, und habe Geduld mit mir Elenden.(Magnus Friedrich Roos)


DIe Schrifft nennet die Gleubigen/ kinder des Tods/ die teglich / wie Schlachtschaffe/ umb Gottes/ und seines Worts bekentnis willen/ von der gottlosen argen Welt/ verfolget und erwürget werden.
Darumb/ wer mit ernst gedenckt ein Christen zu sein/ der erwege sich nur des frey/ das er trübsaln haben/ und viel verfolgung leiden müsse.
Wie auch S. Paulus zeuget/ und spricht/ Alle die Gottselig leben wöllen in Christo Jhesu/ müssen Verfolgung leiden. Item/ Durch viel Trübsaln müssen wir in das reich Gottes gehen. Und Christus / Wer Mir nachfolgen wil/ der verleugne sich selbs/ und neme sein Creutz auff sich/ und folge mir. Item/ Der Knecht ist nicht grösser denn sein HErr. Haben sie Mich verfolget/ sie werden Euch auch verfolgen.
Nu solche trübsaln und verfolgung zu leiden und auszustehen/ wil gedult zu gehören/ Wie geschrieben stehet/ Ebre. x. Gedult ist euch not / das jr den willen Gottes thut/ und die Verheissung empfahet.
Solche gedult aber/ wechset nicht in unserm Hertzen/ sondern die Schrifft allein leret sie. Die weiset uns erstlich auff Christum/ welcher/ da Er (umb unser Sünde willen) gestrafft und gemartert ward/ seinen Mund nicht auff that etc. Esa. liii. Und ermanet uns weiter seinem Exempel nach zu folgen/ Ebre. xii. Lasset uns lauffen/ durch Gedult/ in dem Kampff/ der uns verordnet ist/ und auffsehen auff Jhesum etc.
Zum andern/ Helt sie uns auch den herrlichen Trost fur/ Das solch unser verfolgung und leiden/ eine kleine zeit/ ja nur ein augenblick wehren sol. Da gegen wir aber gewislich einer ewigen und unaussprechlichen freude und seligkeit/ in jenem Leben zu hoffen haben/ wie hie der Apostel saget/ Auff das wir durch gedult und trost der Schrifft hoffnung haben etc. (Johannes Bugenhagen)

15:6 auf daß ihr einmütig mit einem Munde lobet Gott und den Vater unseres HERRN Jesu Christi.

15:7 Darum nehmet euch untereinander auf, gleichwie euch Christus hat aufgenommen zu Gottes Lobe.

15:8 Ich sage aber, daß Jesus Christus sei ein Diener gewesen der Juden um der Wahrhaftigkeit willen Gottes, zu bestätigen die Verheißungen, den Vätern geschehen;

15:9 daß die Heiden aber Gott loben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht: „Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.“

15:10 Und abermals spricht er: „Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!“

15:11 Und abermals: „Lobt den HERRN, alle Heiden, und preiset ihn, alle Völker!“

15:12 Und abermals spricht Jesaja: „Es wird sein die Wurzel Jesse's, und der auferstehen wird, zu herrschen über die Heiden; auf den werden die Heiden hoffen.“

15:13 Der Gott aber der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, daß ihr völlige Hoffnung habet durch die Kraft des heiligen Geistes.1)
Paulus redet in dem Brief an die Römer oft von der Hoffnung der Glaubigen, und macht Röm. 8,24.25. diese Erklärung von derselben: die Hoffnung oder die gehoffte Sache, die man siehet, ist nicht Hoffnung, oder keine Sache, die man hoffet, denn wie kann man das hoffen, das man siehet, weil es schon gegenwärtig ist, und weil man’s schon hat und durch das Sehen genießt. So wir aber deß hoffen, das wir nicht sehen, so warten wir sein durch Geduld. Hieraus erhellt, daß bei Gott im eigentlichen Verstand keine Hoffnung sein kann, weil Er Alles immer sieht und hat, und Er auf nichts mit einer Geduld, die ein Leiden voraussetzt, wartet. Indem Er also ein Gott der Hoffnung genannt wird, so wird hiemit auf uns Menschen gesehen, deren Glückseligkeit bei dem Mangel und Druck, den wir leiden müssen, großentheils im Hoffen besteht. Gott ist aber ein Gott der Hoffnung, indem Er uns in Seinem Wort die theuersten und allergrößten Verheißungen von einem ewigen Genuß Seiner Liebe, von einer Aufnahme in Sein himmlisches Haus, und in die Stadt, deren Schöpfer und Baumeister Er selbst ist, und von einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das Er uns bereitet hat, wie auch von Seinem Schutz, gnädiger Leitung, Mittheilung geistlicher Gaben und kräftiger Ausrüstung, die Er uns unterwegs, ehe wir zu diesem Ziel gelangen, angedeihen lassen wolle, gegeben hat. Er hat diese Verheißungen hie und da mit einem Eid bestätigt. Er hat sie durch den Tod Seines Sohnes bestätigt, weßwegen sie die Form eines unwiderruflichen Testaments bekommen haben. Er ist auch treu und wahrhaftig, und überdieß reich und mächtig genug, dasjenige zu leisten, was Er versprochen hat. Auch will Er durch Seinen Geist Seine Verheißungen uns klar machen und zueignen, und in unsern verzagten Herzen den Glauben in Ansehung der gegebenen Verheißungen und die daraus fließende Hoffnung künftiger Güter wirken; weßwegen Paulus Röm. 15,13.: sagt: Gott aber der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Friede im Glauben, daß ihr völlige Hoffnung habt durch die Kraft des Heiligen Geistes. Wohl dem, der mit einer solchen auf die göttlichen Verheißungen gegründeten Hoffnung, welche der Heilige Geist wirket, leben und sterben kann. Ps. 130,5. wird ein Christ angewiesen zu sagen: ich harre des HErrn, meine Seele harret, und ich hoffe auf Sein Wort. Wie aber, wenn ich nach der Lüsternheit meines Herzens hoffe reicher, vornehmer, gesünder zu werden, und diesen oder jenen zeitlichen Vortheil zu erreichen, welches Alles mir doch im Wort Gottes nicht namentlich versprochen ist, und allerhand Verheißungen Gottes darauf deute, und heftig darum bete? Ach da kann offenbar werden, daß Gottes Gedanken nicht meine Gedanken, und Gottes Wege nicht meine Wege seien. Salomo sagt Pred. 5,1.: Gott ist im Himmel, und du auf Erden, darum laß deine Worte (Wünschen und Bitten in Ansehung zeitlicher Dinge) wenig sein. Auch sagt er Sprüchw. 1,32.: das die Albernen gelüstet, tödtet sie. Es ist also der Barmherzigkeit Gottes zuzuschreiben, wenn er alberne Menschen, denen Er zum ewigen Leben verhelfen will, Vieles versagt, wornach es sie gelüstet, und das sie auch eben deßwegen, weil sie darnach gelüstet, eine Zeitlang hoffen.(Magnus Friedrich Roos)


Lasst uns stets bedenken, dass Christus am Kreuz für uns von keinem Segen ist, wenn nicht der Heilige Geist in uns wohnt und wirkt. Jenes Versöhnungsblut fließt umsonst, wenn nicht der Finger des Heiligen Geistes unsere Gewissen damit besprengt; umsonst wird jenes vollkommene Kleid der Gerechtigkeit gewirkt, wenn nicht der Heilige Geist uns darin kleidet und uns mit diesem kostbaren Gewand schmückt. Der Strom des lebendigen Wassers vermag unseren Durst nicht zu löschen, bis dass uns der Heilige Geist den Becher darreicht und ihn zu unserem Munde führt. Alle Schätze, die im Paradies Gottes sind, können uns nicht zum Segen gereichen, solange wir tote Seelen sind; und tot sind wir, bis dass der himmlische Odem kommt und uns anhaucht, auf dass wir das Leben empfangen. Es steht uns nicht an, es auszusprechen, dass wir Gott dem Heiligen Geist nicht weniger zu verdanken haben als Gott dem Sohn. Wahrlich, es wäre eine große Sünde und ein schweres Unrecht, wenn wir irgendeine der göttlichen Personen zurücksetzen wollten. Du, o Vater, bist die Quelle aller Gnade, aller Liebe und aller Barmherzigkeit gegen uns. Du, o Sohn, bist es, durch den uns Deines Vaters Barmherzigkeit zufließt, und ohne Dich könnte uns Deines Vaters Liebe nie zuteil werden. Und Du, o Heiliger Geist, machst uns tüchtig, jene göttliche Kraft und Gnade zum empfangen, die dem Urquell, dem Vater, entströmt, die durch Christus, den Mittler, uns zugeführt wird, und durch Deine Mitteilung sich in unsere Herzen ergießt, und darin wohnt, und herrliche Früchte bringt. Darum lasst uns den Geist Gottes lobpreisen. Nie ist je in uns ein himmlischer Gedanke, eine geheiligte Tat oder ein Segen bringendes Wort ausgegangen und durch unseren Herrn Jesus Christus vor Gott wohlgefällig gewesen, die nicht in uns gewirkt wurden durch Gott den Heiligen Geist. (Charles Haddon Spurgeon)


Aus diesem reichen Wort nehme ich mir heute abend nur den Dreiklang heraus:„erfüllen, alle, völlige“. Unsere Stellung zum Herrn ist doch meist zu kurzsichtig und zu kleinmütig. Millionäre, die mit Streichhölzern sparen, weil sie es aus ihrer kargen Jugend nicht anders gewohnt waren! Wir tun so, als wäre d a 5 Glauben, mit der Hälfte der Gaben Gottes auszukommen und das übrige als Guthaben für den schwarzen Tag in der himmlischen Bank zu belassen. Nein, er will uns nicht bloß mit Friede und Freude bis zur Hälfte unseres Herzens füllen, sondern ganz; er will uns nicht nur eine oder anderthalb Freudenstücklein schenken und das übrige sorgfältig aufsparen, sondern der Befehl ist ergangen: Gebt meinen Kindern alle Freude und ganzen Frieden! Hätten wir unser Herz weit gemacht, solche Gaben der Gegenwart ganz zu nehmen, würde die Hoffnung auf eine herrliche Zukunft auch nicht lahm und schmal am Rande unseres Christenlebens ihr Leben fristen, sondern völlig, stark, mächtig, jauchzend werden.
Lob sei dir und Dank, Herr, unser Gott, daß du gibst über unser erbärmliches, spärliches Verstehen und unser ängstliches Bitten. Erziehe uns für deinen Reichtum und für den Überschwang deines Geben„. Amen. (Samuel Keller)

15:14 Ich weiß aber gar wohl von euch, liebe Brüder, daß ihr selber voll Gütigkeit seid, erfüllt mit Erkenntnis, daß ihr euch untereinander könnet ermahnen.

15:15 Ich habe es aber dennoch gewagt und euch etwas wollen schreiben, liebe Brüder, euch zu erinnern, um der Gnade willen, die mir von Gott gegeben ist,

15:16 daß ich soll sein ein Diener Christi unter den Heiden, priesterlich zu warten des Evangeliums Gottes, auf daß die Heiden ein Opfer werden, Gott angenehm, geheiligt durch den heiligen Geist.

15:17 Darum kann ich mich rühmen in Jesus Christo, daß ich Gott diene.

15:18 Denn ich wollte nicht wagen, etwas zu reden, wo dasselbe Christus nicht durch mich wirkte, die Heiden zum Gehorsam zu bringen durch Wort und Werk,

15:19 durch Kraft der Zeichen und Wunder und durch Kraft des Geistes Gottes, also daß ich von Jerusalem an und umher bis Illyrien alles mit dem Evangelium Christi erfüllt habe 2)

15:20 und mich sonderlich geflissen, das Evangelium zu predigen, wo Christi Name nicht bekannt war, auf daß ich nicht auf einen fremden Grund baute,

15:21 sondern wie geschrieben steht: „Welchen ist nicht von ihm verkündigt, die sollen's sehen, und welche nicht gehört haben, sollen's verstehen.“

15:22 Das ist auch die Ursache, warum ich vielmal verhindert worden, zu euch zu kommen.

15:23 Nun ich aber nicht mehr Raum habe in diesen Ländern, habe aber Verlangen, zu euch zu kommen, von vielen Jahren her,

15:24 so will ich zu euch kommen, wenn ich reisen werde nach Spanien. Denn ich hoffe, daß ich da durchreisen und euch sehen werde und von euch dorthin geleitet werden möge, so doch, daß ich zuvor mich ein wenig an euch ergötze.

15:25 Nun aber fahre ich hin gen Jerusalem den Heiligen zu Dienst.

15:26 Denn die aus Mazedonien und Achaja haben willig eine gemeinsame Steuer zusammengelegt den armen Heiligen zu Jerusalem.

15:27 Sie haben's willig getan, und sind auch ihre Schuldner. Denn so die Heiden sind ihrer geistlichen Güter teilhaftig geworden, ist's billig, daß sie ihnen auch in leiblichen Gütern Dienst beweisen.

15:28 Wenn ich nun solches ausgerichtet und ihnen diese Frucht versiegelt habe, will ich durch euch nach Spanien ziehen.

15:29 Ich weiß aber, wenn ich zu euch komme, daß ich mit vollem Segen des Evangeliums Christi kommen werde.

15:30 Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, durch unsern HERRN Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, daß ihr helfet kämpfen mit Beten für mich zu Gott,3)

15:31 auf daß ich errettet werde von den Ungläubigen in Judäa, und daß mein Dienst, den ich für Jerusalem tue, angenehm werde den Heiligen,

15:32 auf daß ich mit Freuden zu euch komme durch den Willen Gottes und mich mit euch erquicke.

15:33 Der Gott aber des Friedens sei mit euch allen! Amen.4)
In diesem Kapitel ermahnt Paulus weiter die Christen zu Rom zur geduldigen, demüthig tragenden, einigenden Liebe in Nachahmung des Hauptexempels Christi, der sich aller zusammen, Juden wie Heiden, in tiefster Selbsterniedrigung angenommen hat. V. 1-13. Dann verantwortet er sich, daß er als Heidenapostel auch an die Römer geschrieben habe, und drückt abermals seine Wünsche und Hoffnungen aus, daß er nun selbst bald persönlich zu ihnen kommen werde V. 14-24. Endlich meldet er, daß er den Weg über Jerusalem nehme, empfiehlt ihrer Liebessorge gar zart die dürftigen Judenchristen daselbst und ihrem Gebet empfiehlt er sich selbst V. 25-33. Dies der Hauptinhalt dieses Kapitels. Ich nehme mir insbesondere aus demselben aber den 13ten Vers heraus: Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Friede im Glauben, daß ihr völlige Hoffnung habet durch die Kraft des h. Geistes. Ohne Glauben giebt es allerdings für das Herz weder wahre noch bleibende Freude noch Frieden. Der Ungläubige hat auch seinen Frieden, seine Freuden aber sie sind nur Schein und von kurzer Dauer. Durch den Glauben hingegen kann Gott Alles zur Freude und zum Frieden machen, Tod und Leben, gute und böse Tage, Einsamkeit und Gemeinschaft. Ist die Freude und der Friede aber so ergriffen worden, dann haben wir auch völlige Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes. Die Hoffnung, die aus der Welt geschöpft wird, ist nie eine völlige und täuscht zuletzt immer, sie behält allezeit einen gewissen Grad von Aengstlichkeit und Ungewißheit. Nur was Gott giebt, ist etwas Völliges; solche Hoffnung ist dann auch eine Kraft, die auffahren läßt mit Flügeln wie Adler. In dieser Hoffnung ist der lebendige Tröster verborgen, der heilige Geist, der, wie er unsere Gegenwart mit aller Freude und Friede erfüllt durch den Glauben, auch unsere Zukunft uns so öffnet und nahe stellt, daß, was wir vor uns sehen, uns eben so erfüllt und eben so unser wird auf ewige Zeit, als die kurze Gegenwart. Wie viele Wahrheiten in wenigen Worten! Laß sie auch bei mir Kraft und Leben werde. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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