Johannes, Kapitel 15
15:1 Ich bin der rechte Weinstock, und mein Vater der Weingärtner.
15:2 Eine jeglich Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird er reinigen, daß sie mehr Frucht bringe.
Dies ist eine köstliche Verheißung für einen, der für das Fruchtbringen lebt. Zuerst scheint sie ein scharfes Aussehen zu haben. Muß der fruchtbare Rebe gereinigt werden? Muß das Messer selbst die besten und nützlichsten beschneiden? Ohne Zweifel ist es so, denn sehr viel von dem reinigenden Werk geschieht durch Leiden der einen oder andren Art. Nicht die Bösen, sondern die Guten sind es, welche die Verheißung der Trübsal in diesem Leben haben. Aber der Zweck gewährt mehr als Ersatz für die schmerzhaften Mittel. Wenn wir unsrem Herrn mehr Frucht bringen können, so wollen wir uns gern das Reinigen und den Verlust der Blätter gefallen lassen.
Doch wird zuweilen das Reinigen durch das Wort bewirkt, auch ohne Leiden, und dies nimmt alles hinweg, was in dem Ton der Verheißung streng schien. Wir sollen durch das Wort frömmer und nützlicher gemacht werden. Der Herr, der uns in einigem Maße fruchtbar gemacht hat, wird an uns arbeiten, bis wir einen weit höheren Grad der Fruchtbarkeit erreichen. Ist dies nicht eine große Freude? Gewiß, es ist mehr Trost in einer Verheißung der Fruchtbarkeit, als wenn uns Reichtum, Gesundheit und Ehre versprochen wäre.
Herr Jesus, erfülle rasch Dein gnädiges Wort an mir, und laß mich reichlich Frucht bringen zu Deinem Preise. (Charles Haddon Spurgeon)
Der Weingärtner pflanzt nicht nur den Weinstock, sondern widmet ihm bleibend seine Arbeit. Sein prüfendes Auge ruht auf den Reben und misst ihren Wert nach ihrer Fruchtbarkeit. Er vollzieht aber nicht nur sein richtendes Werk an denen, die keine Frucht bringen, indem er sie vom Weinstock entfernt, sondern schenkt auch denen, die er in der Verbindung mit dem Weinstock erhält, seine Zucht; denn er reinigt sie. „Ihr seid rein“, sagte Jesus den Jüngern, „wegen des Wortes, das ich euch gesagt habe“, und darum hat Er ihnen, ehe Er schied, noch die Füße gewaschen, damit sie wüssten, sie seien rein. Nun sollen sie aber nicht stolz und träge sagen: Was fehlt uns noch? Wir sind rein; vielmehr verheißt ihnen Jesus, dass der Vater sie eben deshalb, weil sie mit seinem Weinstock verbunden sind und Frucht tragen, reinigen wird. Warum bedürfen wir für unseren Dienst immer wieder der Reinigung? In uns vermischt sich Empfangenes und Eigenes, das, was von Jesus stammt, und das, was wir selber aus seiner Gabe machen und von anderen erhalten. Wir sind zu Verwaltern über das gemacht, was Jesus uns gegeben hat. Durch die Weise, wie wir das Empfangene verwalten, entsteht aber mancherlei Trübung in unserem Wort und viel Anstoß in unserem Dienst. Geschickt, Gottes Gnade anderen zu bringen und sie im Glauben zu Jesus zu führen, sind wir aber nicht durch unser Eigenes, sondern durch das, was von oben kommt und aus der lebendigen Verbundenheit mit Christus stammt. Wir selber können an dem, was wir für wahr und richtig halten, die Scheidung nicht vornehmen; wir haben das, was aus uns selber stammt, viel zu lieb. Aber das scharfe Messer des Weingärtners kommt uns zu Hilfe und macht, dass in der Christenheit das immer wieder sterben muss, was sie aus sich erzeugt. Darum sollen wir nicht davor erschrecken, dass in der Kirche vieles, was ihr einst als gewiss und heilig galt, zerfällt, sondern davor sollen wir erschrecken, wenn die Christenheit unbußfertig wird und alles behalten will, was sie jetzt meint, und nur das bleiben will, was sie schon ist. Denn so widersetzt sie sich der sie reinigenden Hand des Weingärtners und wird unfruchtbar. Die Rebe aber, die nicht mehr imstande ist, Frucht zu bringen, wird weggetan.
Ich greife, gnädiger Gott, mit der Hand des Glaubens nach Deiner Verheißung, dass Du auch mich in deine uns reinigende Pflege nimmst und mir nicht zulässest, dass mich mein Eigenes blende. Damit ich dieser Deiner Gnade teilhaftig sei, muss ich auf das Gebot unseres Herrn hören, der uns sagt: Bleibt in Mir. Wenn ich in Ihm bleibe, dann bin ich mit dem Weinstock verbunden, dessen Reben du nach Deiner großen Gnade von dem befreist, was Dein Werk hindert. Amen. (Adolf Schlatter)
Der HErr ist der Weinstock, an welchem alle, die Ihm angehören, gleichsam als Reben hinanwachsen, oder als Reben herauswachsen, so daß das Ganze nur Eines ist, und alle zusammen von einerlei Saft genährt werden. Man muß dabei sich erinnern, daß der Weinstock die Art hat, sich weit auszubreiten. Es kann, wie das im Morgenlande schon geschehen ist, ein einziger Weinstock Stunden weit sich fortspinnen über der Erde. So denke man sich die Möglichkeit eines Weinstocks, der über die ganze Erde sich fortspinnt und sie bedeckt, und doch nur Einen Grundstock hat. So wäre denn Christus dieser Weinstock, in welchem, als ihrer Lebenskraft, alle Gläubigen zu einem zusammengehörigen Ganzen verbunden sind.
Hiebei kommt nun alles darauf an, daß die Reben an Ihm also bleiben, und also genährt werden und in solcher Gemeinschaft mit Ihm stehen, daß sie Früchte bringen, liebliche, erquickliche Früchte, wie ja des Weinstocks Frucht als eine liebliche und erquickliche bekannt ist. Wir wollen jetzt gerade nur an das denken, daß wir dann die rechten fruchtbaren Reben sind, wenn wir etwas Liebliches und Erquickendes für Jedermann sind. Ja, unser ganzes Wesen muß so seyn, daß es alle, mit denen wir in Berührung kommen, erquickt und ihnen wohltut. Wo wir aber herbe sind und räse, wie man bei Früchten sagt, also unfreundlich, hart, widerwärtig gegen Andere, so sind wir keine Frucht tragenden Reben, sondern ausgeartete Reben, die fast noch weniger wert sind, als wenn keine Früchte kämen, und so gewiß nicht am Weinstock bleiben werden.
Zusatz: Insbesondere wenn wir zum Tisch des HErrn gehen, wollen wir da etwas empfangen, wodurch wir in eine nähere Wesens- und Lebensgemeinschaft mit dem HErrn kommen. Es ist Sein Wille, daß da Seine Lebenskraft in uns komme; deswegen giebt Er Sich uns als Speise hin. Ob aber diese Seine Kraft es mit uns so weit bringe, daß wir Früchte tragen, oder Seine Art annehmen können, das wäre die Frage. Wir dürfen nicht denken, weil's Seine Kraft sei, so wirke sie ganz von selbst, gleichsam mechanisch, was es sein soll. Wir müssen auch mit unsrem Verlangen und Willen dabei sein; wir müssen uns, auch wenn wir's empfangen haben, um die Wirkung des Empfangenen in uns bemühen. Im Reiche Gottes geht nichts von selbst. Der Mensch muß sich hergeben, muß es mindestens verlangen, suchen, erbitten. Geht er seinen Weg nur so hin, ohne zu denken, ohne zu suchen, ohne zu bitten, so wird er eine fruchtlose Rebe bleiben. Darum wollen wir uns immer wieder anfrischen lassen zu neuem Mut, zu neuem Eifer, zu neuem Ringen nach dem, das werden soll. Folgt das bei uns auf das Hören Seines Worts, oder auf den Genuß des heiligen Abendmahls, nach, so kann's nicht fehlen; denn dann kann die von Christo auf uns übergehende Lebenskraft das Ihre bei uns ausrichten. Will's ihr aber bei uns nicht recht gelingen, so weiß Er, wie unser Spruch sagt, zu reinigen, zu schneiden und abzuschneiden, damit desto leichter Seine Kraft in uns die Frucht heraustreibe. Da helfe uns der HErr dazu durch Seinen heiligen Geist! (Christoph Blumhardt)
15:3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.
Er lehret mit diesem Spruche das rechte Hauptstück der Christlichen Lehre, wie und wodurch die Person vor Gott rein und gerecht werde und bleibe, also daß dieselbige Reinigkeit, so vor Gott gelten soll wider die Sünde, gar nicht soll gegeben und zugemessen werden unserm Thun oder Leiden, ob es gleich von denen, so Christen sind, geschieht, und nun rechte, gute, reine Früchte heissen. Denn er redet allhier eben mit seinen lieben Aposteln, so nun gläubig oder Christen waren, und spricht: Rein sey ihr, und doch nicht deßhalben, daß ihr gute Früchte traget, sondern um meines Worts willen.
Siehe, also zeiget er fein, daß die Reinigkeit der Christen nicht kommt aus den Früchten, so sie bringen; sondern wiederum ihre Früchte und Werke kommen aus der Reinigkeit, so sie zuvor haben aus dem Wort, dadurch das Herz gereinigt wird, wie St. Petrus, Apostelgesch. 15,9., sagt. Aus derselbigen folgen denn die Früchte, sind aber nicht selbst die Reinigkeit, ohne daß sie um des Glaubens willen auch rein und gut gerechnet werden und Gott wohlgefallen. (Martin Luther)
15:4 Bleibet in mir und ich in euch. Gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von ihr selber, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir.
Der HErr Jesus sagte zu eben derselben Zeit, da Er diese Worte redete, zu Seinen Jüngern: Ich gehe hin zu Dem, der Mich gesandt hat: über ein Kleines, so werde ihr Mich nicht sehen, denn Ich gehe zum Vater: Ich verlasse die Welt, und gehe zum Vater. Es muß also möglich sein, daß wir in Ihm bleiben, und Er in uns bleibt, ob wir Ihn schon nicht sehen, und ob Er gleich zum Vater gegangen und verklärt ist. Es kommt alles hiebei auf den Glauben an. Gleichwie Paulus sonst lehrt, daß die Menschen durch den Glauben an Christum Jesum gerechtfertigt, folglich von der Verdammniß gerettet werden, also sagt er Röm. 8,1.: es ist keine Verdammniß an denen, die in Christo Jesu sind, und Eph. 3,17. sagt er ausdrücklich, daß Christus durch den Glauben in den Herzen wohne. Da nämlich das Herz vorher im Unglauben von Christo abgeneigt war, so neiget es sich dagegen durch den Glauben zur Vereinigung mit Christo, und Christus ist nach Seiner Menschenliebe schon vorher bereit, es in Seine Gemeinschaft aufzunehmen. Der Mensch ist also von der Zeit an, da der Heilige Geist den Glauben in ihm gewirket hat, in Christo, und Christus in ihm, und daraus entsteht die Fähigkeit, Frucht zu bringen. Die Frucht, von welcher Christus redet, ist die Frucht des Geistes, nämlich Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmuth, Keuschheit, Gal. 5,22. Jakobus nennt sie auch K. 3,18. eine Frucht der Gerechtigkeit, und sagt, sie werde im Frieden gesäet. Gleichwie nämlich eine jede Frucht auch wieder zu einem Samen, den man säet, werden kann, also wird die Frucht der Gerechtigkeit durch heilsame Worte und Werke im Frieden, folglich ohne Streit und Krieg (Jak. 4,1.), gesäet, daß sie eine neue Frucht bei Andern hervorbringen kann. Auf diese Weise ist das Reich Gottes von Anbeginn an ausgebreitet und fortgepflanzt worden, und Christus hat insonderheit zu Seinen Aposteln Joh. 15,16. gesagt: Ich habe euch gesetzt, daß ihr hingehet, und Frucht bringet, und eure Frucht (wenn sie gesäet) bleibe, und wieder neue Frucht hervortreibe, und dieses so fortwähre bis an’s Ende der Welt. Dazu ist aber die Vereinigung mit Christo und die Fortdauer dieser Vereinigung höchst nöthig; denn Christus sagt: gleichwie der Rebe kann keine Frucht bringen er bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in Mir. Gleichwie der Rebe, wenn er nicht am Weinstock bleibet, keinen Saft mehr hat, und keine Frucht hervorbringen kann, sondern verdorret, also hat ein Christ, der nicht in Christo durch den Glauben bleibet, den Geist nicht mehr, welcher ihn allein tüchtig machen kann, eine gute Frucht zu tragen. Man empfängt also den Geist nicht außer Christo. Er hat Gaben für die Menschen empfangen. Er ist mit dem Heiligen Geist ohne Maß gesalbt worden. Nur derjenige, der in Ihm ist, wird von Seinem Geist beleibet, und hinwiederum erkennen wir, daß Er in uns bleibet, an dem Geist, den Er uns gegeben hat, 1 Joh. 3,24.(Magnus Friedrich Roos)
Der Umgang mit dem Heiland ist das sicherste Heilmittel gegen alle Übel. Sei es der Wermut des Leidens, sei es der Ekel und Überdruß der Weltlust, so vertreibt die innige Gemeinschaft mit dem Herrn Jesu alle Bitterkeit bei dem einen und die krankhafte Übersättigung bei dem andern. Bleibe in der Nähe deines Erlösers, lieber Christ, so ist es ganz gleichgültig, ob du auf den Hochgefilden der Ehre oder in den Tälern der Erniedrigung wandelst. Bist du deinem Herrn Jesu nahe, so bist du bedeckt von den Fittichen Gottes, und dich tragen und heben seine ewigen Arme. Lass dich nichts von diesem geheiligten Verkehr abhalten, denn darin liegt das auserwählte Vorrecht einer Seele, die dem Teuer-Geliebten vertrauet ist. Begnüge dich nicht damit, dass du von Zeit zu Zeit einmal sein Antlitz suchst, sondern schließe dich Ihm gänzlich an und bleibe in seiner Nähe, denn nur in seiner Gegenwart genießest du Trost und Zuversicht. Der Herr Jesus darf uns nicht ein Freund bleiben, der uns hier und da besucht, sondern wir müssen stets mit Ihm gehen auf allen unsren Wegen. Du hast einen schweren Weg vor dir: Siehe zu, lieber Himmelsbürger, dass du ihn nicht ohne deinen Führer unternimmst.
Du musst durch den glühenden Feuerofen gehen; gehe nicht hinein, ehe du nicht, wie Sadrach, Mesach und Abed-Nego, den Sohn Gottes als Gefährten bei dir hast. Du musst das Jericho deines Sündenelendes einnehmen: unternimm den Kampf nicht, bis dass du, wie einst Josua, den Fürsten über das Heer des Herrn gesehen hast, mit dem bloßen Schwert in der Hand. Du musst dem Esau deiner mannigfaltigen Versuchungen entgegen gehen: begegne ihm nicht, es sei denn, du habest an der Furt Jabbok mit dem Engel Gottes gerungen und obgelegen. In jeder Lage, bei jeder Gelegenheit hast du deinen Jesus nötig, zumeist aber, wenn die ehernen Tore des Todes sich dir einst öffnen. Halte dich fest an dem Bräutigam deiner Seele, lehne dein Haupt an seine Brust, begehre erquickt zu werden mit dem gewürzten Wein seiner Granatäpfel, so wird Er dich zuletzt erfinden untadelig, ohne Runzel oder Flecken oder des etwas. Hast du hienieden in Ihm gelebt, so wirst du bei Ihm bleiben ewiglich. (Charles Haddon Spurgeon)
Wie hast du‘s angefangen, dass du Frucht brachtest? Du bist zum Herrn Jesu gekommen und hast dich auf seine vollkommene Gerechtigkeit verlassen. O, was hast du da für herrliche Früchte getragen! Erinnerst du dich noch an diese schönen Tage deiner ersten Liebe? Damals hat dein Weinstock in Wahrheit geblüht, die jungen Trauben sind zum Vorschein gekommen, die Granatäpfelbäume haben ausgeschlagen und Augen gewonnen, und die Gewürzgärtlein haben ihren süßen Geruch gegeben. Bist du seitdem matt geworden in deinem Eifer? O, wenn das wäre, so beschwöre ich dich, gedenke der Zeit der ersten Liebe, und tue die ersten Werke. Halte dich vor allem an das, wovon du aus Erfahrung weißt, dass es dich zu Christo hingezogen hat, weil von Ihm alle deine Früchte ausgehen. Jegliche Übung der Gottseligkeit, die dich zu Jesu führt, trägt dazu bei, dass du Frucht trägst. Die Sonne ist ohne Zweifel die hauptsächlichste Ursache der Fruchtbarkeit unter den Bäumen des Obstgartens; und noch in weit höherm Maße ist‘s der Herr Jesus unter den Bäumen des Gartens seiner Gnade. Wann bist du am unfruchtbarsten gewesen? War‘s nicht damals, wo du fern von deinem Herrn und Heiland Jesus Christus dahinlebtest, wo du lässig warest im Gebet, wo du vom einfältigen Glauben an das Blut deines Erlösers abwichest, wo deine Tugenden dich aufblähten, statt dass du dafür deinem Herrn die Ehre gabst; wo du sprachst: „Mein Berg stehet fest, ich werde nimmermehr daniederliegen;“ und hast vergessen, worin deine Kraft ruht - damals hast du aufgehört, Frucht zu bringen; ist‘s nicht also? Viele von uns haben durch furchtbare Demütigungen unsrer Seelen vor dem Herrn erfahren und gelernt, dass wir nichts haben, was wir nicht von Christo hätten, und nichts, wenn wir nicht vor allem Christum selber haben; und wenn wir gesehen haben, wie äußerst öde und tot alle kreatürliche Kraft ist, so haben wir in unsern Ängsten geschrieen: „Bei Ihm allein wird alle meine Frucht gefunden, denn ich kann nie je eine gute Frucht bringen!“ Die Erfahrung vergangener Tage hat uns gelehrt, dass, je einfältiger wir in allen Dingen auf die Gnade Gottes in Christo abstellen, und auf den Heiligen Geist warten, umso mehr werden wir unserem Gott Frucht bringen. O, erwartet alle eure Frucht, wie all euer Leben vom Heiland, und vertrauet ganz und allein auf Ihn! (Charles Haddon Spurgeon)
Bleibet in mir! O, welch ein köstliches Mahn- und Trostwort unseres Herrn! In Ihm zu bleiben, ist der jünger Vorrecht, ihr seliger Stand hienieden. Er will, dass sich die Seinen mit ihrem Denken, Fühlen und Wollen, mit ihrem Dichten und Trachten in Ihm bewegen. Jesus will ihre Sonne, ihr Mittelpunkt, ihr Ziel sein. Alles soll auf Ihn Bezug haben, von Ihm durchdrungen und von Ihm abhängig sein. Seine Glieder sollen nie aus Ihm heraustreten, nie sich in die „Welt“, in das Ungöttliche und Ungeistliche verlieren. Wenn Satan uns umschleicht und seine giftigen Pfeile in unser Inneres zu schießen bemüht ist, soll mahnend das Wort in uns erklingen: „ Bleibet in mir!“ Jesu Jünger hören Seine Stimme. Sie lassen sich warnen und bewahren. Keine Seele, die Christus nachfolgt, wird in Satans Bande verstrickt werden. Der Heilige bewahret die Seinen. In Ihm ist unser Leben! Lasst uns bleiben in Ihm! O, wie gut haben wir's, einen solchen Herrn, einen solchen Freund bei uns zu wissen, wie Er es ist! Sein Segen ruht auf Seinen Jüngern, Seine Hand, Sein Herz ist mit ihnen; Er behütet sie wie Seinen Augapfel, Er kann und will für sie sorgen. Jesus lebt, Er ist allzeit bei den Seinen, ihr zeitliches und ewiges, ihr äußeres und inneres Wohl liegt Ihm stets am Herzen. Und Er ist der Allmächtige; was Er verspricht, das kann Er auch tun. Wenn wir Ihm nur glauben können und glauben wollen, so haben wir's gut; Seine Macht und Gegenwart verwendet Er zu unserm Besten. (Markus Hauser)
Wenn ich doch den ganzen Tag über so gewesen wäre, wie ich abends bei meinem Abendsegen bin! In der Arbeit hitzig, in der Not kleinmütig, im Glück übermütig, im Reden voreilig - und abends sieht man das alles so klar ein und sitzt und überschlägt seine geistlichen Einnahmen und Ausgaben, und schämt sich. Bisweilen fällt mir am Tage der Abend ein, und das Schämen macht mich plötzlich am fremden, fröhlichen Kaffeetisch einsilbig und gedrückt. Ist da unser Textwort nicht eine wichtige Hilfe? Für uns ist's eine Mahnung, daß wir im Herrn bleiben sollen, und was ihn betrifft, ist es eine Zusage, daß er schon bleiben will. Wenn ihn nur unsere Untreue und Unachtsamkeit nicht so leicht vertriebe! Die beiden Linien müssen eben dicht zusammenbleiben: sein Bleibenwollen und unser Bleibenwollen. Je häufiger im Laufe des Tages wir seiner gedenken, je ernstlicher unser Gebetsverkehr bleibt, je besser wir an seine bewahrende Gegenwart glauben, desto weniger Ausnahmen von der Regel wird's geben. Die Lücken müssen seltener werden, die Gedankenwelt muß von ihm erfüllt werden. Darum beten wir:
O Herr Jesus, daß dein Name bliebe im Herz mir tief gepräget ein. Bleib du so stark und lieb bei uns, daß wir keine Stunde es mehr aushalten ohne dich. Unsere Seele sehnet sich nach deiner dauernden Gegenwart. Amen. (Samuel Keller)
15:5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.1)
Dem Sünder ist damit nicht geholfen, wenn man ihm nur sagt, wie er werden, und was er glauben und thun solle. Moses und ein jeder Apostel haben dieses gethan, es ist aber dadurch weder Moses noch ein Apostel ein Weinstock worden, in dem die Glaubigen als Reben bleiben müßten, sondern sie haben von dem rechten Weinstock gezeuget und die Menschen zu ihm hingewiesen. Ein Weinstock läßt seinen Saft in die Reben einfließen, damit sie Früchte tragen können: also gibt Christus Seinen Geist denen, die an Ihn glauben, damit viel Frucht des Geistes bei ihnen hervorkomme. Wenn dieser Geist mit der Lehre verbunden ist, so ist die Lehre lebendig und kräftig, oder eine Kraft Gottes, selig zu machen Alle, die daran glauben. Will man aber den Heiligen Geist empfangen, und Seine Inwohnung und Wirkung immer genießen, so ist es nöthig, daß man eine Rebe an dem Weinstock Christo werde, folglich mit einem innigen Vertrauen sich zu Ihm neige, um mit Ihm vereiniget zu werden, und an Ihm zu hangen: wie dann Paulus Gal. 3,5. lehret, daß Gott durch die Glaubens-Predigt, das ist durch das Evangelium, welches den Glauben wirket, den Geist reiche oder mittheile, und V. 2. daß die Christen denselben Geist nicht durch Gesetzes-Werke, sondern durch die Glaubens-Predigt empfangen. Wer sich also durch’s Evangelium zum Glauben an Christum bringen läßt, wird eine Rede an Ihm dem Weinstock, und des Safts, der in diesem Weinstock ist, nämlich des Geistes Jesu Christi theilhaftig: wer aber im Unglauben beharret, und mit Gesetzes-Werken umgeht, bleibt immer dürr, kraftlos und unfruchtbar. Man glaubt aber nicht so an den HErrn Jesum, daß man Ihm nur einmal gleichsam ein glaubiges Compliment macht, und hernach wieder in den Unglauben zurücktritt, sondern der Glaubige bleibt durch den Glauben in Christo, und Christus in ihm: und so bleibt auch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, daß man nämlich immer auch von dem Geist, der ohne Maß in Christo ist, erleuchtet, belebt und regiert wird. Eine solche Rebe bringet viel Frucht. Der Trieb des Heiligen Geistes bringt diese Frucht hervor, nämlich die Frucht des Geistes, die Gal. 5,22. beschrieben ist. Er bringet viel Frucht, weil der christlichen Tugenden viele sind, wie denn Gal. 5,22. neune genannt, und doch nicht alle namhaft gemacht werden; und weil es sehr viele Gelegenheiten gibt, dieselben auszuüben. Viele Frucht ziehet hernach eine große Herrlichkeit und einen reichen Gnadenlohn nach sich. Soll ich also viel Frucht tragen, so muß ich auf mein Herz Achtung geben, daß es nicht von Christo abtrete und ausschweife, folglich des Safts vom Weinstock verlustig werde; denn ohne Ihn kann ich nichts thun, nämlich nichts Gutes, das Gott gefallen könnte. Ohne Christum kann man wohl nach dem Trieb des Gewissens Gesetzeswerke thun, und wenn das Rad der Natur in einem geschwinden Lauf kommt, viel thun, das bei Menschen Ruhm hat: allein Christus sagt: an Mir soll man deine Frucht finden (Hos. 14,9.). Auch heute soll das Bleiben in Christo, und das Bleiben Christi in mir mein Augenmerk sein: die Frucht wird alsdann nicht ausbleiben.(Magnus Friedrich Roos)
Der Weingärtner pflanzt den Weinstock; das bedeutet: der Vater gibt der Welt seinen Sohn. Der Weinstock bringt aus sich die Reben hervor; das bedeutet: Jesus gibt den Jüngern an dem Teil, was er selber ist, und macht sie durch sich zu dem, was sie sind. Die Reben tragen die Frucht; das bedeutet: aus den Aposteln entsteht die Gemeinde. Hier entsteht eine vollendete Gemeinschaft, die alle füreinander unentbehrlich macht. Jesus ist für die Apostel unentbehrlich und die Apostel sind es für ihn und die Apostel sind für die Gemeinde unentbehrlich und die Gemeinde ist es für die Apostel. Wie der Weinstock durch die Reben die Frucht erzeugt, so war es für Jesus unmöglich, dass er allein bleibe. Er ist dazu gesandt, damit er die für Gott geheiligte Gemeinde schaffe. Dazu bedarf er der Jünger und der Vater hat sie ihm gegeben und er freute sich, als er ins Leiden ging, an ihnen, und machte sie mit sich eins und sandte sie als seine Boten aus. Menschen zu Jesus führen und aus ihnen eine Gemeinde Jesu machen, also Frucht tragen, das können die Jünger nicht durch sich selbst. Dazu reicht auch nicht diejenige Verbindung mit Jesus aus, die auf dem natürlichen Wege entsteht, dadurch nämlich, dass sie Erinnerungen an ihn besitzen und sich in ihren Verkehr mit Ihm zurückversetzen können, sondern Jesus rüstet sie zu ihrem Dienst dadurch, dass er in der gottheitlichen Weise, die durch nichts gehemmt wird, bei ihnen gegenwärtig und in ihnen wirksam ist. Ebenso untrennbar ist auch die Verbindung zwischen den Jüngern und denen, die sie zu Jesus führen. Wie die Rebe um der Frucht willen entsteht, so kann der Jünger nicht allein bleiben und bloß sein eigenes Leben pflegen. Er wird von Jesus verworfen, wenn er nur für sich selber lebt. Aber auch die Kirche kann nicht für sich allein bestehen und sich nicht von den Aposteln lösen. Denn es gibt für sie keinen anderen Weg zu Jesus als den, dass sie die Botschaft Jesu von denen empfängt, denen er sie übergeben hat. Damit ist mir gesagt, was ich in der Schrift zu suchen habe. Ich habe auf die Apostel zu hören, damit ich Jesus finde, und habe zu Jesus zu kommen, damit ich Gott finde. Der Platz der Frucht ist an der Rebe und die Rebe führt ihr den Saft des Weinstocks zu und der Weinstock ist vom Weingärtner gepflanzt und trägt seine Frucht für ihn.
Alle, die ihren Platz in der Gemeinschaft gefunden haben, die Du, Vater, uns durch unseren Herrn bereitest, danken Dir jetzt und ewiglich und dienen Dir mit Freude jetzt und ewiglich. Amen. (Adolf Schlatter)
Halte dich an den Unsichtbaren, als ob du Ihn sehen würdest. Dann lenkt der Herr dein Wirken. Deine Arbeit ist in Gott getan. Halte dich treu an das Haupt. Dann heiligt der Herr deine Arbeit, sie trägt Sein Gepräge. Bleibe in der Gemeinschaft des Helden, der Welt, Sünde, Tod und Teufel überwand. Dann strömt dir aus Ihm Kraft zu. Du wirst im heißen Kampfe nicht ermatten und nicht erliegen, zur rechten Stunde kommt Zufluss von oben. Halte dich fest und treu an Ihn, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist. Dann erschließen sich dir immer weitere Kreise, in die du hinein dein Licht leuchten lassen kannst. Und endlich kannst du vor deinem Gott und Heiland erscheinen mit fröhlichem Herzen, mit gutem und unbeflecktem Gewissen und mit reichen Garben. Die Ernte lässt erkennen, wie treu und unermüdlich du in den Tagen geringer Dinge und mit schwachen Kräften gesäet hast. Und der Herr empfängt dich als einen treuen, Ihm und Seiner Sache nützlichen Knecht und vertraut dir nun in Seinem himmlischen Reiche Großes an. Wer im Geringen treu ist, der ist auch im Großen treu; er hat sich bewährt für Gott, darum kann er nun mit Christo leben, herrschen und regieren in Ewigkeit. Die uns anvertrauten Pfunde sind nicht unsere, sie sind des Herrn Sache. Legen wir sie deshalb fleißig und treu an für Ihn. Bald kommt Er wieder auf die Erde in das Seinige zurück, dann gibt Er einen herrlichen und großen Gotteslohn allen, die Ihm treu gewesen sind. Da wird es sich herausstellen, was die Gnade aus uns machen konnte und wie wir mit dem Gut unseres Herrn umgegangen sind. (Markus Hauser)
Warum verachten wir die einfachsten, natürlichsten Wahrheiten, sobald es geistliche Arbeit gilt? Ohne Jesus und den Zufluß von ihm wird unser vieles Reden von ihm so leer und unnütz. Ehe ich merke, daß mein Reden kein Echo in den Herzen der Hörer weckt, wird mir innerlich schwach zumute. Ich habe alle meine Reserven an Kraft verbraucht, den letzten Kredit erschöpft, und die Pumpe heult, aber schafft kein Wasser an die Oberfläche. Seelisch, geistlich, gibt es kaum etwas Elenderes als dieses Weiterreden, wenn der Zufluß aufgehört hat. Von der Direktion wird hergeschickt: das Wasser wird heute wegen Reparatur des Hauptrohres von drei bis acht Uhr abgestellt. Was für eine törichte Sache ist dann der Eigensinn, in dieser Zeit krampfhaft den Hahn zu drehen und doch etwas Wasser erzwingen zu wollen. Das nennen die Leute Eifer für den Herrn und großen Glauben! Nein, sowie statt Wasser jenes heulende Pfeifen des leeren Rohres ertönt, setze lieber das Reden aus, gehe in die Stille, schweig vor Gott und Menschen und warte, bis die Reparatur beendigt ist. Kommt wieder Wasser aus dem Heiligtum, so wird in wenig Tagen alles ersetzt, was gefehlt hat, und das Glück ist groß, viel geben zu können, ohne arm zu werden.
Lehre mich, Herr Jesus, auf deine heimlichen Winke achten, daß ich deine Sache nicht durch mein leeres Gerede in Verruf bringe. Fülle mich erst, und dann gib mir das Zeichen, daß ich für dich da sein soll. Amen. (Samuel Keller)
Der HErr Jesus ist durch Seine Menschwerdung der Weinstock geworden, an dem wir als Reben hangen und Frucht bringen sollen. Ohne Ihn können wir nichts thun. Die durch die Schöpfung in den Menschen gelegten geistlichen Kräfte sind verloren. Finsterniß und Tod ist in ihn eingedrungen; und doch war er noch verpflichtet, nach dem Willen Gottes Gutes zu thun, und Gott hatte das Recht, es zu fordern, nicht aufgegeben oder verloren, weßwegen Er auch auf dem Berg Sinai ein strenges Gesetz gab, wovon Paulus Gal. 3,12. sagt, daß der Mensch, der es thue, leben werde. Allein dieses Gesetz konnte nicht lebendig machen, wie Paulus eben daselbst V. 21. bezeugt, das ist, es konnte dem Menschen die Kräfte, Gutes zu thun, nicht geben, und die Sünde wurde durch dasselbe nur mächtiger, Röm. 5,20., oder überaus sündig, Röm. 7,13. Was aber dem Gesetz unmöglich war, sintemal es durch das Fleisch geschwächt war, oder für sich selbst zu schwach war, dem fleischlichen Menschen Kräfte zu geben und aufzuhelfen, das that Gott, und sandte Seinen Sohn, ohne ein sündliches Fleisch, aber doch in der Gestalt des sündlichen Fleisches, und verdammete die Sünde, die im Fleisch aller Menschen ist, durch ein Sündopfer, das ist durch den Tod Christi, damit sie nimmer herrschen, ja nimmer bleiben möchte, sondern die Gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert, in uns erfüllt würde, die wir nun nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist, Röm. 8,3.4. Ist nun durch den Tod Christi die Sünde gleichsam zum Tod verdammt worden, so wird uns dagegen aus Christo dem Weinstock Leben und Licht geschenkt; auf daß, gleichwie die Sünde geherrschet hat zum Tode, also auch die Gnade herrsche zum ewigen Leben durch Jesum Christum unsern HErrn. Röm. 5,21.
Wenn wir also heute Christum als ein neugebornes Kind in der Krippe betrachten, so sollen wir glauben, daß in diesem Kind schon alle Fülle gewohnt habe, aus welcher man eine Gnade nach der andern durch den Glauben hat nehmen können, und daß es der einige saftreiche Weinstock unter den Menschen gewesen sei, in den alle diejenigen eingepfropft werden müssen, welche tüchtig werden sollen, Gutes zu thun. Diese Fülle bleibt aber ewiglich in Ihm, und sie wird durch’s Geben und Nehmen nicht vermindert, und noch viel weniger erschöpft. Er ist auch ewiglich der kraftvolle Weinstock, in welchem alle fruchtbringenden Reben bleiben müssen; durch Seine heilige Menschheit fließen die göttlichen Kräfte in uns ein. Niemand aber wird Seiner froh und theilhaftig, als wer sowohl in der ersten Buße als auch in der täglichen Armuth des Geistes erkennt, daß er ohne Ihn nichts thun könne. Ach wie fertig ist der Mensch, seine Naturkräfte aufzubieten und anzustrengen, um etwas zu thun, das ein gutes Werk heißen könne, oder eine Tugend bei sich auszugebären; wenn aber das göttliche Licht dieses Werk oder diese Tugend beleuchtet, so ist jenes und diese nichts, ja weniger als nichts, nämlich Sünde und Heuchelei. Bei solchen Versuchen wird der Mensch mühselig und beladen, bis er als ein solcher zu Christo kommt, und sich ergibt eine Rebe an Ihm zu werden, und Alles von Ihm zu empfahen. (Magnus Friedrich Roos)
Also ist hier beschlossen ein greulich Urtheil über alles Leben und thun, es sei, wie groß, herrlich und schön es wolle, so ausser Christo ist, daß es nichts thun könnte und nichts heißen soll. Groß und viel ist es wol vor der Welt, denn es heissen treffliche, köstliche Werke; aber hier, vor Gott, in dem Reiche Christi, ist es wahrhaftig nichts, weil es nicht aus ihm gewachsen ist, noch in ihm bleibt. Denn es ist nicht sein Wort, Taufe und Sacrament, sondern unser selbst gemacht Ding, das wir ausser dem Wort erwählet und erzwungen haben. Darum kann es nicht Früchte bringen, noch vor Gott bestehen bleiben, sondern muß, als ein fauler, verdorreter Baum ohne Saft und Kraft, ausgerottet und (wie er hernach sagt) ins Feuer geworfen werden. Darum, laß andere schnitzen und machen ohne ihn, was sie können, bis daß sie aus ihren Werken eine neue Geburt und aus der Frucht den Baum machen; sie sollen aber (ob Gott will) diesen Spruch wahr machen, und aus allem ein lauter Nichts werden. (Martin Luther)
Ein liebliches und sinniges Wort aus dem Munde des Herrn, das sein Verhältniß zu den Seinen zeichnet. Der Weinstock giebt Saft und Kraft und Leben. Aber das Hangen an ihm ist die unerläßliche Bedingung von Wachsen und Grünen, von Blüthe und Frucht; die Lösung von ihm macht, daß der Rebe verdorrt und zu nichts taugt als zum Verbrennen.
Der Weinstock ist Christus, und die von ihm und seiner Gnadensülle gewonnenen Seelen sind innerlich mit ihm verbunden und hangen an ihm - sind seine Reben. Der himmlische Vater, der den Weinstock gepflanzet in der Weihnacht auf den Distel- und Dornenacker dieser Welt, bringt selber die Seelen in die Liebes- und Lebensgemeinschaft seines Sohnes, wie der Herr spricht: „Es kann Niemand zu mir kommen, es sei denn, daß ihn ziehe der Vater.“ Hängt nun ein Rebe an ihm, bringt aber keine Frucht, läßt ein Christ, der durch die Taufe Christo und seinem Leben eingepflanzt ist, die Segnungen des Heilandes an sich verloren gehen, ist kein Fortschreiten im Glauben, kein Wachsen in der Liebe, kein Ernst in der Heiligung des Herzens zu verspüren, dann wird er wieder abgenommen und die Gnade Jesu Christi ihm entzogen, wie wir solches an Judas, dem Kinde des Verderbens, sehen.
Hängt aber der Rebe an ihm und beginnt nur erst ein wenig zu wachsen und Frucht zu treiben, dann will der Weingärtner ihn pflegen und warten durch freilich schmerzhaftes, aber eitel heilsames Schneiden und Reinigen von allem wilden und faulen Holz, welches den Saft ihm benimmt und die Frucht hindert. Innerlich und äußerlich züchtigt der Herr die Seelen, die ein Ohr haben für sein lebendigmachendes Wort, zeigt ihnen immer mehr von ihren Sünden, weil ihr Gewissen aufgewacht ist, giebt ihnen Kraft zur Heiligung, weil sie darnach verlanget. So hilft er weiter und weiter, daß der Rebe immer reichere Früchte der Gerechtigkeit trage. (Christian Wilhelm Spieker)
15:6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und müssen brennen.
Der HErr Jesus ist der rechte Weinstock, und wir sollen als Reben in Ihm sein und bleiben, gleichwie Er auch in uns bleiben will. Der erste Anblick dieser Worte lehrt einen Jeden, daß zwischen dem HErrn Jesu und den glaubigen Seelen eine genauere Verbindung sei, als zwischen einem menschlichen Lehrer und seinen Schülern; denn wer hat jemals gesagt, daß der Schüler in dem Lehrer sein müsse, und der Lehrer in ihm? Der HErr Jesus ist nach Seiner Peron der rechte Weinstock, mit dem wir vereinigt sein sollen, denn es ist das Wohlgefallen Gottes, daß in Ihm alle Fülle wohne. Von dieser Fülle oder von diesem Reichthum des Lichts und Lebens gibt Er nichts von Sich selber weg; sondern der Vater ziehet die Menschen zu Ihm, und Er selbst will, daß sie zu Ihm kommen, da es dann zu einer wirklichen Vereinigung kommt, nach welcher sie Ein Geist mit Ihm werde, oder als Reben in Ihm sind, und Er in ihnen. Die Menschen sind in Ihm, sofern sie an Seiner Gerechtigkeit und an Seinem Geist durch den Glauben einen Antheil haben: Er aber ist in ihnen, insofern Er durch Seinen Geist sie belebt und regiert. So lange die Menschen in Ihm bleiben und Er in den Menschen, bringen sie viel Frucht, länger aber nicht; denn ohne Ihn können sie nichts thun V. 5. Wenn aber auch ein Mensch eine Zeit lang in Christo Jesu gewesen ist, aber nicht in Ihm bleibet, so wird er wie eine von dem Weinstock abgeschnittene Rebe weggeworfen, und verdorret, die Gnadengaben werden ihm genommen, das geistliche Licht und Leben weichen von ihm: und am Ende der Welt wird’s geschehen, daß die Engel des HErrn alle solche verdorreten Reben sammeln, und in’s höllische Feuer werfen, da sie dann zu ihrer Pein brennen müssen.
Billig prüfe ich mich, ob ich in Christo Jesu und Er in mir sei. So lange meine Seele nicht spürt, daß sie an Ihm hange, und von Ihm bei der Gefahr eines Sündenfalls gehalten werde, so lange sie sich selber überlassen ist, ihres eigenen Willens lebt, und nur mit ihrer eigenen Vernunft und Kraft haushält, so lange ist sie nicht in Christo, und Christus ist nicht in ihr. Einen Reben, der nicht im Weinstock ist, kann man hinschleudern, wohin man will, auch ist kein Saft in ihm, der ihn fruchtbar machte. Also wird eine Seele, die nicht in Christo Jesu ist, durch die Versuchungen hingerissen, und es ist kein Geist in ihr, der eine gute Frucht hervortriebe. Wer so stirbt, wird ein Höllenbrand. Wenn ich aber auch in Christo Jesu bin, und Er in mir, so soll mir das Bleiben auf’s Höchste angelegen sein. Kindlein, bleibet in Ihm, sagt Johannes 1 Joh. 2,28. Wenn ich aber in Ihm bleibe, so wird Er auch in mir bleiben, und Seine Worte werden in mir bleiben, und mich zu einem glaubigen Beter machen, der immer erhört wird, Joh. 15,7. Freilich muß ich mich auch, so lange ich als Rebe in Ihm bin, von dem himmlischen Vater von meiner verborgenen sündlichen Weltliebe und Eigenliebe reinigen lassen, damit ich mehr Frucht bringe, und diese Reinigung wird nicht ohne Schmerzen geschehen; allein der Nutzen ist groß. Viel Frucht ziehet viel Trost, viel Herrlichkeit nach sich. Vor keiner Macht darf ich erschrecken: denn der Weinstock ist stark genug, Seine Reben fest zu halten; aber vor meinem Herzen habe ich mich zu fürchten, daß es sich nicht durch Leichtsinn, Lüsternheit, Trägheit und Beredung der Welt und des Teufels wieder freiwillig von Jesu wegwende.(Magnus Friedrich Roos)
Hier nennt sich der Herr in Beziehung auf die Seinen, denen er die Kraft eines neuen Lebens mittheilt, den Weinstock; nachdem er den Vater, der den Sohn gesandt hat, daß wir durch den Glauben das Leben haben sollen, den Weingärtner genannt hat. Die Seinen aber, die ihm aus Glauben, in Liebe und auf Hoffnung anhangen, nennet er die Reben am Weinstock. Damit bezeichnet er die einige und fruchtbare Verbindung, in welcher er mit den Seinen stehen will, und die Seinen mit ihm stehen sollen. Denn wie es für die Reben Bedingung ihres Lebens, ihres Wachsthums und ihrer Fruchtbarkeit ist, daß sie am Weinstock bleiben, und wie sie von ihm abgerissen unausbleiblich verwelken und vertrocknen, weil sie nicht in und aus sich selbst, sonder n nur in und aus dem Weinstock Saft und Kraft haben: so ist auch die innige Gemeinschaft mit dem Herrn, welche unter treuem Gebrauch des Wortes Gottes und der heiligen Sakramente durch Glaube, Liebe und Gebet vermittelt wird, für die Christen die unerläßliche Bedingung ihres geistigen Lebens und Wachsthums, ihrer christlichen Tüchtigkeit und Thätigkeit. Was irgendwie die Verbindung mit dem Herrn stört, indem es den Glauben schwächt, die Liebe erkältet, das Herz zum Gebet träge macht und am gesegneten Gebrauch der Gnadenmittel Hindert; das zeigt sich auch stets als eine schädliche Lebensstörung. Wo aber eine völlige Auflösung dieser Verbindung eintritt, wo es zu einem Abfall von Christo kommt, wie bei Judas Ischarioth, da verdorret das Leben, der Mensch fällt in den Todeszustand der Sünde zurück, so es wird mit ihm ärger als es zuvor war. So lasset uns denn in dem bleiben, in dem wir allein das Leben, sammt Trieb und Kraft zur christlichen Thätigkeit haben. Lasset uns im Glauben an ihn leben, so lebet er in uns. Lasset uns in seiner Liebe bleiben und seine Gebote halten, denn wer seine Gebote hält, der bleibet in ihm, und er in ihm. Lasset uns in seiner Lehre bleiben, denn wer darin bleibet, der hat beide, den Vater und den Sohn. Lasset uns auch durch das hochwürdige Sakrament seines Leibes und Blutes sein Fleisch essen und trinken sein Blut; denn wer das thut, der bleibet in ihm und er in ihm. Ja, lasset uns dem Herrn anhangen, daß wir ein Geist mit ihm seien, und selig werden durch sein Leben. (Carl Johann Philipp Spitta)
15:7 So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.
Jakobus sagt, wir sollen im Glauben bitten, Christus selbst aber, wir sollen in Seinem Namen bitten, und Johannes, wir sollen nach Gottes Willen bitten, und bei allen diesen Anweisungen wird auch die Erhörung des Gebets verheißen. Dieses Alles aber lehrt Christus, indem Er sagt: so ihr in Mir bleibet, und Meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollet, und es wird euch widerfahren. Ein Christ ist durch den Glauben in Christo Jesu, und hält Seinen Jesusnamen für den Grund seiner Zuversicht gegen Gott. Er ist mit Christo vereiniget, wie eine Rebe mit dem Weinstock, folglich lebt er nicht mehr sich selber. Der HErr Jesus ist auch in ihm, wie Er selbst Joh. 15. und 17. mehrmalen sagt. Er sagt aber Joh. 15,7., da Er vom Bitten redete, daß Seine Worte in Seinen Jüngern bleiben, weil Er Sich ihnen, indem Er in ihnen ist, durch Seine Worte offenbaret, und weil Seine Verheißungen bei dem Beten die Zuversicht erwecken, und Seine Gebote die Materie an die Hand geben. Die Worte Jesu bleiben in uns, wenn wir sie nicht nur im Gedächtniß behalten, sondern wenn auch der Eindruck, den sie in uns gemacht haben, in uns bleibt, da wir dann durch den Heiligen Geist zu rechter Zeit immer auch wieder daran gemahnt, und auf diese Weise tüchtig gemacht werden, den HErrn Jesum im Glauben zu bitten, daß Er Seine wahrhaftigen Worte an uns erfülle. Gleichwie also das ganze Christenthum im Glauben an den Namen Jesu in der tiefsten Unterwürfigkeit unter Gott geführt werden muß, also muß auch das Beten auf diese Weise geschehen. Ein Christ darf nicht als eine trotzige, eigenwillige und unbotmäßige Kreatur bitten, sondern muß bei dem Bitten in Christo Jesu sein, und Seine Worte in sich haben; alsdann darf er bitten, was er will, und es wird ihm widerfahren. Große Verheißung! Gott will Alles, was gut ist. Weil aber des Guten viel ist, und Gott nach Seiner unumschränkten Freiheit Seinen Zweck durch vielerlei Mittel erreichen kann, so siehet Er bei der Wahl der Mittel auch auf den Willen des glaubigen Beters, und läßt ihm widerfahren, was er bittet; da er hingegen ohne dieses Bitten etwas Anderes hätte geschehen oder ihm gar des Guten mangeln lassen. Der HErr Jesus sagte Seinen Jüngern Joh. 14.15. und 16.: Er wolle ihnen bald Seine sichtbare Gegenwart entziehen, sie aber werden von Ihm zeugen, dabei aber den Haß der Welt erfahren. Da sie sich nun hiebei ängstlich hätten bekümmern und fragen können, wie sie sich in diesem oder jenem Fall verhalten und durchbringen müssen, so versprach Er ihnen anstatt weitläufiger Anweisungen den Beistand des Heiligen Geistes, und wies sie auf das Bleiben in Ihm selbst, auf die Bewahrung Seiner Worte, und auf das Bitten. Nun dieser Trost und diese Anweisung des HErrn Jesu gilt auch uns, die wir in der argen Welt leben, und Ihm unter vielen Versuchungen dienen sollen. Wenn wir in Christo Jesu bleiben, und Seine Worte in uns behalten, und nach denselben bitten, so wird uns, bei dem täglichen Gefühl unserer Schwachheit, nichts mangeln (Ps. 23,1.), der HErr wird immer das Nöthige geben, und Alles wohl machen.(Magnus Friedrich Roos)
So ihr in mir bleibet. Weil gläubige Christen es gar oft empfinden, dass es ihnen an vielem gebricht, ja dass sie weit entfernt sind von der reichen Vollsaftigkeit, wie sie zu einem schönen Fruchtertrag erforderlich ist, deswegen folgt jetzt dieser ausdrückliche Zusatz: mag den Gliedern Christi auch noch mancherlei fehlen, so liegt doch für sie jegliche Hilfe bereit, sobald sie nur darum bitten. Bist du in Christo, so wisse, - was dir auch fehlen mag, sobald du Gott anflehst, ersetzt seine Hilfe deinen Mangel. Wie nützlich ist doch diese Erinnerung! Um uns in eifrigem Beten zu üben, duldet es der Herr nicht selten, dass wir inneren Mangel haben. Fliehen wir aber zu ihm, so wird er sich niemals unseren Bitten entziehen, wird aus seiner unerschöpflichen Fülle uns darreichen, was uns not tut (1Kor 1, 5). Wenn Jesus sagt: Wenn meine Worte in euch bleiben, so deutet er damit an, dass wir durch den Glauben in ihm Wurzel treiben. Sobald du dich von der Lehre des Evangeliums entfernst, suchst du Christus da, wo er nicht ist. - Wenn Jesus übrigens verheißt: Ihr werdet bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren, so räumt er uns damit nicht eine unbegrenzte Bittfreiheit ein. Wie schlecht würde Gott unser wahres Wohl bedenken, wenn er zu allem zu haben wäre und uns jeden Gefallen täte. Bekanntermaßen betreiben die Menschen in zahllosen Fällen eine ganz verkehrte Beterei. Gerade an dieser Stelle bindet Christus das Gebetsleben seiner Jünger an fest abgemessene Schranken: alle ihre Gedanken haben sie dem heiligen Gotteswillen unterzuordnen. Man beachte den ganzen Zusammenhang unserer Stelle. Das „Wollen“, von dem Jesus hier redet, bezieht sich nicht auf Reichtum, irdische Ehren oder dergleichen Dinge, wie sie ein fleischlicher Mensch in seiner Torheit sich ausbitten würde, sondern es bezieht sich auf den Lebenssaft heiligen Geistes, der den Christen zu einer traubenbeladenen Rebe macht. (Jean Calvin)
Notwendigerweise müssen wir in Christo Jesu sein, um Ihm zu leben, und wir müssen in Ihm bleiben, um die Gabe dieser Verheißung von Ihm beanspruchen zu können. In Jesu bleiben, das heißt, Ihn niemals um einer andren Liebe oder eines andren Gegenstandes willen verlassen, sondern in einer lebendigen, liebevollen, bewußten, willigen Verbindung mit Ihm bleiben. Der Zweig ist nicht nur stets dem Stamme nahe, sondern empfängt beständig Leben und Fruchtbarkeit von demselben. Alle wahren Gläubigen bleiben in diesem Sinne in Christo; aber es gibt noch einen höhern Sinn, und diesen müssen wir kennen, ehe wir unbeschränkte Macht am Throne erhalten können. Das „Bitten, was ihr wollt“ ist für Henoche, die mit Gott wandeln, für solche, die wie Johannes an des Herrn Brust liegen, für die, deren Verbindung mit Christo zu einer fortwährenden Gemeinschaft mit Ihm führt.
Das Herz muß in der Liebe bleiben, die Seele muß im Glauben gewurzelt sein, die Hoffnung muß mit dem Wort verkittet sein, der ganze Mensch muß mit dem Herrn verbunden sein, sonst wäre es gefährlich, uns Macht im Gebet anzuvertrauen. Die carte blanche kann nur einem gegeben werden, dessen eigentliches Leben ist: „Doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ O ihr, die ihr eure Gemeinschaft unterbrecht, was für Macht verliert ihr! Wenn ihr mächtig in eurem Flehen sein wollt, so muß der Herr selber in euch bleiben und ihr in Ihm. (Charles Haddon Spurgeon)
Beachtet wohl, daß wir Jesum sprechen hören müssen, wenn wir erwarten, daß Er uns sprechen hören soll. Wenn wir kein Ohr für Christum haben, so wird Er kein Ohr für uns haben. In dem Maße, wie wir hören, sollen wir gehört werden.
Überdies muß das Gehörte in uns eingehen, in uns leben und muß in unsrem Inneren bleiben als eine Kraft und als eine Macht. Wir müssen die Wahrheit aufnehmen, die Jesus lehrte, die Vorschriften, die Er gab, und die Regungen seines Geistes in uns; sonst werden wir keine Macht am Gnadenstuhl haben.
Gesetzt, daß wir unsres Herrn Worte aufnehmen und daß sie in uns bleiben, welch ein schrankenloses Feld des Vorrechtes ist uns geöffnet! Wir sollen unsren Willen im Gebet haben, weil wir unsren Willen dem Befehl des Herrn schon übergeben haben. So werden Eliase eingeübt, die Schlüssel des Himmels zu handhaben und die Wolken zu verschließen oder zu lösen. Ein solcher Mann ist tausend gewöhnliche Christen wert. Wünschen wir in Demut, Fürbitter für die Kirche und die Welt zu sein und wie Luther von dem Herrn haben zu können, was wir wollen? Dann müssen wir unser Ohr neigen zu der Stimme des Hochgeliebten, seine Worte aufbewahren und ihnen sorgfältig gehorchen. Wer wirksam beten will, der muß „fleißig hören“. (Charles Haddon Spurgeon)
Notwendigerweise müssen wir in Christo Jesu sein, um Ihm zu leben, und wir müssen in Ihm bleiben, um die Gabe dieser Verheißung von Ihm beanspruchen zu können. In Jesu bleiben, das heißt, Ihn niemals um einer andren Liebe oder eines andren Gegenstandes willen verlassen, sondern in einer lebendigen, liebevollen, bewußten, willigen Verbindung mit Ihm bleiben. Der Zweig ist nicht nur stets dem Stamme nahe, sondern empfängt beständig Leben und Fruchtbarkeit von demselben. Alle wahren Gläubigen bleiben in diesem Sinne in Christo; aber es gibt noch einen höhern Sinn, und diesen müssen wir kennen, ehe wir unbeschränkte Macht am Throne erhalten können. Das “Bitten, was ihr wollt” ist für Henoche (Anm.d.Webmaster: Henoch “wandelte” mit Gott, s. 1. Mose 5,22), die mit Gott wandeln, für solche, die wie Johannes an des Herrn Brust liegen, für die, deren Verbindung mit Christo zu einer fortwährenden Gemeinschaft mit Ihm führt.
Das Herz muß in der Liebe bleiben, die Seele muß im Glauben gewurzelt sein, die Hoffnung muß mit dem Wort verkittet sein, der ganze Mensch muß mit dem Herrn verbunden sein, sonst wäre es gefährlich, uns Macht im Gebet anzuvertrauen. Die carte blanche kann nur einem gegeben werden, dessen eigentliches Leben ist: “Doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.” 0 ihr, die ihr eure Gemeinschaft unterbrecht, was für Macht verliert ihr! Wenn ihr mächtig in eurem Flehen sein wollt, so muß der Herr selber in euch bleiben und ihr in Ihm. (Charles Haddon Spurgeon)
DIe Kirche Gottes/ hat auff Erden keinen gewissen Grund noch bestendigen Trost/ darauff sie sich verlassen künde/ das sie möge schutz/ hülffe und rettunge haben / in so mancherley fahr und not/ wider des Teufels gewalt und schalckheit/ und der Welt verfolgung/ falscheit und untrew/ zu bestehen/ denn diese und der gleichen tröstliche Verheissunge/ so uns diese zwey stücke leren.
Erstlich/ das wir Christus wort im glauben behalten/ bekennen und da bey bleiben/ Da durch wir gewis sind/ das wir Gottes gnad haben.
Zum andern/ Das wir/ wenn wir unser schwacheit und not fülen/ In anruffen/ und beten sollen. Und wissen/ das Er uns gewislich erhören wölle/ wie Er verheissen hat. Das wir nicht mit zweifel und unglauben uns engsten/ noch unsern trost und hülffe anderswo suchen dürffen. (Caspar Cruciger)
DIeses ist eine grosse herrligkeit / und ein trefflicher hoher trost der Christen/ Das sie des mögen sicher sein/ das sie bey gott so angeneme und wol gehört sollen sein/ das sie gewislich alles was sie bitten wöllen/ das jnen nutz und not ist/ von jm haben und gewehret sind.
Solchs (spricht Christus) sol jnen gewis sein/ und nicht feilen / So sie in Jm/ und seine Wort in Jnen bleiben/ das ist / So sie in rechtem glauben und bestendiger bekentnis des Euangelii bleiben / und also in jren nöten/ den ewigen Vater des HErrn Jhesu Christi/ anruffen.
Das sol unser höchste und fürnemeste sorg sein/ das wir in solch4em glauben und anruffen beharren. So wil Er da fur sorgen/ das uns widerfare und gegeben werde/ was wir bedürffen. Auff das er warhafftig erfunden/ und nicht an uns zum Lügener werde.
Wer das weis und gleubet/ der hat trost und stercke/ schutz und wehre/ ja trotz und sieg/ wider der Sünden/ des Tods/ Teufels und Hellen schrecken. (Caspar Cruciger)
DIeses ist Christlichen hertzen ein grosser trost/ das sie wissen/ wie sie in so grosser jrer schwacheit und unwirdigkeit/ Auch in so mancherley schwerer fahr und not dieses Lebens/ gewisse erhörung/ hülffe und rettung/ bey Gott haben mögen.
Nemlich/ so sie die lere des Euangelii/ von dem Son Gottes/ unserm Heiland/ mit festem glauben behalten/ und in dem selben auch Gott anruffen/ erhörung und hülffe von jm warten/ umb dieses Mittlers willen Jhesu Christi.
ZUm andern/ Ist auch tröstlich/ das wir hören/ das Gott seine Kirche/ das ist eben das Heufflin/ so sein Wort in jnen bleibend haben/ und jn anruffen/ fur und fur schützen und erhalten wil.
Darumb sollen wir nicht zweiveln/ Er werde dieser seiner Zusage nach/ auch jtzund diese Kirchen/ so sein Wort haben/ und jn durch Christum anruffen/ gnediglich erhalten/ das sie fur seiner Feinde wüten und toben mögen bleiben/ und nicht da durch vertilget werden/ Amen. (Caspar Cruciger)
DIeses ist gar ein hohe tröstliche herrliche Verheissung / so der HErr Christus / der waren Kirchen / allen iren Gliedmassen / welche das Euangelium hören / annemen / und der gantzen Christenheit / thut.
Das Gebet und aller Gottesdienst / alle mühe und arbeit / deren / so das Euangelium nicht annemen / die Predigt verachten / und derhalb in Christo nicht sein konnen / noch bleiben / ist umb sonst und verloren.
Diese aber / so eine klieine ungnad bey der Welt wagen / Gottes wort hören und annemen / haben den trost / Das sie in Christo sind / und das sie getrost und künlich / Gott / die hohe ewige Maiestet / in allen nöten mögen anruffen / fur Gott mit irem gebet komen / Und sol alles veterlich / gnediglich / gewis erhöret sein. Doch das sie auch zuvor sein heiliges Wort hören / dasselb annemen und dabey bleiben.
Wie unselig / ja verdampt sind nu die Werckheiligen und Heuchler / die solch schöne herrliche Verheissunge verachten / und die / so sich der selben trösten und darnach richten / verfolgen / und als Ketzer verdammen.
Und ob sie gleich viel thun und leiden / auch viel und offt beten (denn sie wollen weit frömer und heiliger sein / denn andere Leute) so ists doch alles vergeblich / weil sie leren solche Lere / die nichts denn Menschen gebot sind / Esa. xxix. Matth. xv. Darumb auch ir Gebet / wie der cix. Psalm saget / zur sünde wird. (Justus Jonas)
Des Heilands wahre Jünger beten nicht nur ab und zu, sie führen ein Gebetsleben. Durch diese beständige und innige Gemeinschaft mit Ihm wird ihr Gottvertrauen immer stärker. Solche Seelen müssen sich nicht erst besonders aufraffen, um wieder einmal etwas auf den Herrn hin zu wagen und dann zu sehen, ob Er nun zu ihnen stehen werde oder nicht. Die im Herrn bleiben, nehmen Ihn beim Wort und erwarten Großes von Ihm. Darum gehen sie mit allen Anliegen zuerst und zunächst zu Jesus. Sie können nichts tun, ohne es Ihm zuerst gesagt zu haben. Wer unser Herz hat, der hat unser Vertrauen, und wer unser Vertrauen hat, der hat uns ganz. Vertrauen wir doch dem Herrn völlig! Je mehr wir Ihn erkennen, je tiefer unsere Beziehung zu Ihm ist, desto stärker ist unser Vertrauen. Das Vertrauen ist eine Frucht des Seins und Bleibens in Ihm; die Ihn kennen, vertrauen Ihm allein. Seelen, die in Ihm sind und in Ihm bleiben, haben ein aufrichtiges, lauteres Wesen. Der Umgang mit dem Herrn macht sie Ihm ähnlich. Sie sind aus der Wahrheit und reden die Wahrheit. Die Lüge und alles unlautere, unredliche, unheilige Wesen ist ihnen sehr zuwider. Dies ist eine köstliche Folge und Frucht des Bleibens in Jesus Christus. Die in Ihm bleiben, sind Erben Gottes und Miterben Christi. Der Seligkeiten im Herrn und durch den Herrn sind unzählige. Lasst uns danach trachten, von Augenblick zu Augenblick in Ihm erfunden zu werden! (Markus Hauser)
DEr ewige Gott hat den Menschen geschaffen / das Er durch uns angeruffen und gepreiset werde / und das der Son Jhesus Christus erkand werde. Und das solchs erkennen und preisen ewig sey / gibt er seiner Kirchen ewiges Leben und seligkeit.
Da mit man aber zu diesem erkentnis komen könde / hat Gott dem ersten Menschen eine sonderliche gewisse Predigt / von seinem Willen gegeben / Und die selbige hernach durch seine Propheten / Christum und die Apostel / erkleret. Und wer on diese lere Gott suchet / der feilet sein.
Darumb berufft Er alle zu diesem Wort / und verheisset / das allein alda seine Kirche oder Volck / das Er allein erhören wölle / sein sol und werde / da sein Evangelium lautet.
Das meinet Christus / da er sagt / So ir in mir bleibet / und meine Wort in euch bleiben / werdet ir bitten was ir wöllet / und es wird euch widerfaren. (Philipp Melanchthon)
DIeses sind tröstliche Wort / darin uns Christus / des versichert. Wo die lere des Evangelii / von diesem Heiland ist und bleibet / Das da gewislich auch seine Kirche ist / die zu der ewigen Gemeinschafft mit Gott / erwelet ist. Und hat den gewissen Trost / das sie Gott recht anruffet / und von im erhöret wird.
Und das es nimer auff Erden so böse mag werden / es sollen die / so an Christi wort halten / und an in gleuben / dennoch haben was sie bitten / Das Gottes reich und die Kirche nicht untergehe.
So ist auch tröstlich / das Er leret / Das dieses Gotte der liebeste und angenemeste Dienst ist / das Evangelium lernen / bekennen und fördern. Und verheisset / das solche vleis und arbeit / nicht sol vergeblich sein / Sondern viel frucht und nut schaffen. (Philipp Melanchthon)
MErck diesen grossen herrlichen trost / Wer die lere Christi annimpt / und da bey bleibt / Der wird gewislich von Gott erhöret / und hülffe und sleigkeit erlangen.
Widerumb / wo die lere Christi nicht ist / da ist kein erhörung / kein trost / hülffe noch seligkeit.
Darumb sol man das liebe Evangelium vleissig hören / lernen / gleuben / und fest dran halten. (Philipp Melanchthon)
15:8 Darin wird mein Vater geehrt, daß ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger.
Glücklich ist nur, wer seine göttliche Bestimmung erreicht. Aus Gott und für Ihn Frucht zu bringen, ist der Christen Bestimmung. Nicht darin besteht unsere Fruchtbarkeit, dass wir alles Mögliche unternehmen und voller Unruhe immer wieder fragen: Was könnte ich jetzt tun für meinen Herrn? sondern vielmehr darin, dass wir in Ihm erfunden werden. Ihm nahen, fort und fort Christus anziehen, Ihn in uns wirken lassen, Sein Lebenswort in einem dankbaren Herzen bewahren, und dass wir mit aller Sorgfalt die Glaubensverbindung mit Ihm pflegen. Erfüllt von Jesus will ich sein; bin ich von Ihm erfüllt, so kann die Frucht nicht ausbleiben. Gewiss wird der Christen Leben eine Verherrlichung Gottes darstellen, wenn sie ohne Unterlass nehmen aus Seiner Fülle Gnade um Gnade. Von uns Jüngern sollte nur das ausfließen, was wir von Gott durch Jesus Christus empfangen haben. Unser Bestreben muss darum vor allem darauf gerichtet sein, in der richtigen Stellung zu Ihm zu stehen, reine Glieder des erhöhten Hauptes zu sein. Von der Auferstehung und Himmelfahrt Christi soll die Welt den großen Gewinn haben, dass sich nun durch tausend und aber tausend lebendige Kanäle das Leben Christi in die in Sünden tote Menschenwelt ergießt. Die Geheiligten sind die Organe, durch welche Jesus in der Welt fortwährend wirkt. Aber wir erzielen nur Scheinerfolge, „wenn wir nicht in engster Verbindung mit unserm verklärten Haupte bleiben. (Markus Hauser)
15:9 Gleichwie mich mein Vater liebt, also liebe ich euch auch. Bleibet in meiner Liebe!
Gleichwie der Vater den Sohn liebt, so liebt Jesus auch die Seinen. Was ist das für eine göttliche Art! Er liebt Ihn ohne Anfang, und so liebt der Herr Jesus, das Haupt, seine Glieder. „Ich habe dich je und je geliebt.“ Du kannst die Spuren jeder menschlichen Liebe bis zu ihrem Anfang zurück verfolgen; du kannst leicht finden, wann deine Liebe zu Christo ihren Ursprung genommen hat; aber seine Liebe zu uns ist ein Strom, dessen Quelle in der Ewigkeit verborgen liegt. Gott der Vater liebt den Herrn Jesum unwandelbar. Lieber Christ, nimm dir das zum Trost, dass keine Veränderung und kein Wechsel der Liebe ist in Jesu Christo gegen die, die in Ihm bleiben. Gestern warst du auf Tabors Höhe, und du sprachst: „Er liebt mich;“ heute bist du im Tal der Niedergeschlagenheit, aber dennoch liebt Er dich noch als der Gleiche. Auf dem kleinen Berge und im Lande am Jordan und Hermonim hörtest du seine Stimme, die so lieblich zu dir redete mit dem Hauch der Liebe gleich Turteltauben; und siehe, jetzt auf dem Meere, ja, mitten im Meere, wo alle seine Fluten und Wogen über dich ergehen, ist sein Herz treu gegen dich, denn du bist wie vordem seine Liebe. Der Vater liebt den Sohn ohne Ende, und so liebt der Sohn auch die Seinen. Erlöster, du brauchst nicht zu fürchten, dass du den silbernen Faden verlierst, denn seine Liebe zu dir hört nimmer auf. Lebe der getrosten Zuversicht, dass auch hinaus bis zum Grabe Christus mit dir geht, und dass Er aus des Grabes Tiefe dich wieder hinaufgeleitet zu den himmlischen Höhen. Der Vater aber liebt den Sohn auch ohne Maß und Ziel, und gleiche unermessliche Liebe strömt vom Sohn aus auf seine Auserwählten. Das ganze Herz Christi ist seinem Volke geweiht. Er „hat uns geliebt und sich selbst dargegeben für uns.“ Er ist die Liebe, die alle Erkenntnis übertrifft. O, wir haben wahrlich einen unwandelbaren Heiland, einen köstlichen Heiland, einen Heiland, der über alle Maßen liebt, ohne Wandel, ohne Anfang und ohne Ende, gleichwie der Vater Ihn liebt! Welch eine Erquickung liegt darin für die, welche es erfassen können! Möge Gott der Heilige Geist uns von diesem Liebesmahl das Fett und das Mark zu genießen geben! (Charles Haddon Spurgeon)
Ist es möglich, im Gnadenzustande der ersten Liebe bis ans Ende zu verharren? Können die mächtigen Heilandstaten je an Wert oder Kraft verlieren? Der Herr wird Sein teuer erkauftes Eigentum immerdar lieben, nie wird Er Seiner Braut Sein Herz entziehen. Und Er will auch ohne Unterlass geliebt sein. Er will, dass Ihm die Liebe, mit der Er Seine Erwählten liebt, immerfort entgegenstrahle. Weil Jesus ununterbrochen Seine Erlösten liebt, darum können sie Ihn auch immer lieben und in Seiner Liebe bleiben. Der herben Arbeit und des sauren Kampfes aber können Berufene nie enthoben werden. Adam und Eva sollten im Paradiese nicht fallen; in der ersten Liebe zu bleiben, war ihr Beruf. Aber sie sollten den Garten bauen und auch bewahren. Das Böse war schon da, drum mussten sie den Kampf aufnehmen und sie sollten sich bewähren. Wir stehen in einer Welt, die im argen liegt. Der Versucher ist da, die Sünde umringt uns und wir sind schwache Anfänger. Es ist die Aufgabe der Jünger, sich zu bewähren. Bis aufs Blut gilt es Widerstand zu leisten im Kampfe wider die Sünde. Auf der einen Seite steht der ganze Reichtum Christi vor uns, es ist unsere Sache, uns denselben gläubig anzueignen und durch Gottes Gnade in uns auszugestalten, untadelig zu wandeln in den Geboten des Herrn und durch Gehorsam und Treue Ihm ähnlich zu werden. Auf der anderen Seite ist der Böse und das Böse; da müssen Jünger Jesu Tag und Nacht in Waffen stehen. Als Überwinder werden sie gekrönt. (Markus Hauser)
15:10 So ihr meine Gebote haltet, so bleibet ihr in meiner Liebe, gleichwie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe.
15:11 Solches rede ich zu euch, auf daß meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.
Ob wir solche Worte Jesu hienieden ganz ausschöpfen können? Seine Freude? Das ist nicht die Freude, die wir an ihm haben - und das ist auch schon eine große Sache und ein köstliches Gut - sondern seine Freude, die er hatte. Das sagt einer in dem Augenblick, wo ein Kilometer davon die Fackeln seiner Häscher schon angezündet werden und er weiß, was für Qualen seiner warten. Was muß das für eine Freude gewesen sein! Freude in Gott, Freude über den Glauben der Jünger, über sein gleich beendetes Erdenwerk, Freude über die Erlösung der Welt - ich weiß nicht, was da alles hineingehört. Genug, daß er die Absicht hat, seine Jünger durch sein Wort mit wunderbarer Freude zu erfüllen. Wie wenig gelang es ihm damals! Gelingt es ihm bei uns? Wieviel günstiger liegen heute die Aussichten, wo eine ganze Geschichte seiner Kraftwirkungen hinter uns liegt, und er aus der Harmonie beim Vater heraus uns seine Freude übermitteln kann. Und doch, wie bruchstückartig pflegt diese Jesusfreude bei uns zu sein! Als ob wir es nicht vertrügen, uns lange nur in ihm und an ihm zu freuen! Als müßten noch Erdendinge dabei sein, die uns törichte Menschen mithelfen zur Freude zu stimmen. Darum freue ich mich auf die Ewigkeit!
Was wir von deiner Freude hier geschmeckt, Herr Jesus, das hat uns den Sinn geschärft, zu unterscheiden zwischen echter und wahrer, zwischen reiner und gefärbter Freude. Hilf uns hindurch! Amen. (Samuel Keller)
15:12 Das ist mein Gebot, daß ihr euch untereinander liebet, gleichwie ich euch liebe.
15:13 Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde.
15:14 Ihr seid meine Freunde, so ihr tut, was ich euch gebiete.
15:15 Ich sage hinfort nicht, daß ihr Knechte seid; denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid; denn alles, was ich habe von meinem Vater gehört, habe ich euch kundgetan.
15:16 Ihr habt mich nicht erwählt; sondern ich habe euch erwählt und gesetzt, daß ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibe, auf daß, so ihr den Vater bittet in meinem Namen, er's euch gebe.
Wenn wir heute von der Erwählung reden, so denken wir dabei an das Ausersehensein für die Erstlingsgemeinde des Herrn. Er kennt die Seinen; Er ruft sie, und sie folgen Ihm. Erwählt sein von Jesus, wie groß ist das! Auf einen denkenden Menschen macht es einen tiefen Eindruck. Eine wunderbare Macht liegt in diesem Ausspruch. Zur völligen Übergabe an den Herrn erweckt uns diese Macht. Wir schälen uns glücklich, Sein Eigentum sein zu dürfen. Das ist unser Heil, dass wir vor Grundlegung der Welt in Jesus erwählt worden sind, Heilige und Geliebte zu sein. O lasset uns darum Ihn lieben, denn Er hat uns zuerst geliebt. Von Ewigkeit her kannte Er uns; Er kann sich an uns nicht täuschen; Er vermag das angefangene Werk in uns zu vollenden. Eine tiefe Ruhe in Not und Tod, einen beständigen Frieden in allem Erdenleid bringt uns die Erwählung des Herrn. Wir ruhen nicht in vorübergehenden Gefühlen; wir ruhen in der unumstößlichen Wahrheit, dass Jesus uns ohne unser Dazutun erwählt hat. - Wärest du gerne ein Erwählter des Herrn? Wie können wir es wissen, ob wir es sind? Wenn wir Freude gewinnen an Jesus! Fühlst du einen Zug der Liebe zu Ihm? Wenn beim Lesen und Hören der Worte Jesus unser Innerstes gegen Ihn entbrennt, wenn unter Seinem Kreuze uns bittere Reue durchdringt, wenn wir einen Zug haben, Sein Eigentum zu werden, dann ist das ein Hinweis darauf, dass Er uns sucht und Besitz von uns ergreifen will. Folge diesem Liebeszuge und sei auf ewig Sein. (Markus Hauser)
Siehe, das ist nun die große Herrlichkeit, so die Christen durch Christum haben. Erstlich, daß er sie durch sein Wort berufen und erwählet hat, daß sie sollen seine liebe Reben sein, und alles haben, was er erworben hat, Sieg und Herrschaft wider Sünde, Tod und des Teufels Gewalt. Zum andern, daß wir auch sollen seine Diener sein, und sein Reich helfen ausbreiten, viel Gutes schaffen und thun, welches er heisset: viel Früchte bringen, und solche Früchte, die da ewig sollen bleiben und vor Gott bestehen, ob sie wol vom Teufel angefochten und von der Welt gelästert und verfolget werden. Zum dritten, setzet er nun noch eines dazu,, und spricht: Auf daß, so ihr den Vater bittet in meinem Namen, daß er’s euch gebe. Das ist auch ein Stück, ja die Kraft und folge seiner Erwählung. Denn die Gnade haben wir in Christo, daß nicht allein wir durch ihn Gottes Freunde werden, und ihn zum Vater überkommen, sondern auch darzu erwählet sind, daß wir mögen von ihm bitten, was wir bedürfen, und gewiß sein sollen, daß es soll uns gegeben werden. (Martin Luther)
15:17 Das gebiete ich euch, daß ihr euch untereinander liebet.
15:18 So euch die Welt haßt, so wisset, daß sie mich vor euch gehaßt hat.
15:19 Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich habe euch von der Welt erwählt, darum haßt euch die Welt.
In diesen Worten liegt erwählende Gnade und heiligende Bewahrung ausgedrückt; denn ihrer etliche werden hiernach zum ganz besondern Gegenstand der göttlichen Liebe und Zuneigung erkoren. Fürchte dich nicht, lieber Christ, den prüfenden Blick auf diese erhabene Lehre von der Gnadenwahl zu lenken. Wenn dein Gemüt schwer beladen und gedrückt ist, so wirst du erfahren, dass dir diese Wahrheit zur lieblichsten Herzensstärkung gereicht. Wer an der Lehre von der freien Gnade zweifelt oder sie in den Schatten stellen kann, beraubt sich selbst der herrlichsten Trauben von Eskol; er bringt sich um das fette Mahl, das Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darinnen keine Hefen sind. Keine Salbe in Gilead kommt ihr gleich. Wenn der Honig am Stab Jonathans schon beim bloßen Kosten die Augen hell machte, so ist dies Honig, der dein Herz fest machen kann und erleuchten zur Liebe, und es kann die Geheimnisse des Reiches Gottes lehren. Iss, und fürchte nicht, du werdest dich überessen; nähre dich mit diesem köstlichen Leckerbissen, und fürchte nicht, er werde eine allzu leckere Nahrung sein. Speise von des Königs Tische widerstrebet keinem seiner Höflinge. Trachte danach und lass dir‘s angelegen sein, dass du deine Geisteskräfte entwickeln mögest, damit du mehr und mehr die ewige, unvergängliche, heiligende Liebe Gottes erfassen und begreifen könnest. Wenn du die Höhen der Gnadenwahl einmal erstiegen hast, so verweile auch auf dem Schwesterberge: dem Bund der Gnade. Bundesverheißungen sind die Befestigungen der gewaltigen Burg, hinter welcher wir verschanzt sind; Bundesverheißungen mit der sicheren Bürgschaft unseres Erlösers und Heilandes Jesu Christi sind die stillen Ruhestätten zitternder Seelen.
Wenn Jesus sich verpflichtet hat, mich einzubringen zur Herrlichkeit, und wenn der Vater verheißen hat, dass Er mich dem Sohn schenken wolle als Anteil an dem unendlichen Lohn für seine Seelenleiden, dann, liebe Seele, bist du wohlgeborgen, so lange bis Gott untreu wird, so lange bis Jesus aufhören wird, der Weg, die Wahrheit und das Leben zu sein. Als David vor der Bundeslade her tanzte, sagte er zu Michal, seine Erwählung mache ihn so fröhlich. Komm, meine Seele, tanze vor dem Gott der Gnade, und jauchze vor Freude deines Herzens. (Charles Haddon Spurgeon)
Zur Bereitschaft gehört, dass wir dem inneren Menschen nach jetzt schon dieser Welt tatsächlich entrückt sind. Fasse dieses Wort. Als Christ gehörst du nicht mehr dieser „Welt“ an. Sie liegt im argen, du lebst in der Wahrheit; „ich habe euch von der Welt erwählt“, spricht der Herr. Wir gehören dem Herrn und Seinem Hause an. Pilgrime und Fremde sind wir hienieden; darum wollen wir uns nirgends einwurzeln. Unsere Herzen seien Jesus geweiht, rein von Ehrsucht, Selbstsucht und Weltliebe. Und auch unsere Leiber seien Ihm dargegeben, der Seinen heiligen Leib zum Sühnopfer für uns gab. Er will unsere Leiber auferwecken, verwandeln, verklären, entrücken; darum sollen sie heute und morgen und solange wir hienieden wallen, lebendige Tempel Gottes sein. Wir wollen Ernst damit machen, jetzt gleich in Christi Kraft so zu leben, wie wir einst im Himmel beim Herrn zu leben gedenken. Wandle vor Gott. Nie trenne dich einen Augenblick von Jesus. Nur in Seiner Gegenwart ist's uns wohl; nichts scheide uns von Ihm. Ist der innere Mensch der Eitelkeit, der Ehrsucht, der Sinnlichkeit, der Sünde und der „Welt“ entrückt, o, so kann sich Gott offenbaren, Seinen Willen kundtun und Sein Heil mitteilen. Wir sind als die Seinen nicht mehr „von der Welt“, aber „in der Welt“ und haben einen nahen, gnadenreichen Herrn. Das macht uns froh vor Gott, dem heiligen Vater, dass der Heiland bei uns ist und wir auf ihn warten dürfen zur Seligkeit. Und sind wir so dieser „Welt“ entrückt, ist unser Bürgerrecht im Himmel, so trachten wir nach dem, das droben ist und rühmen uns der zukünftigen Herrlichkeit. (Markus Hauser)
15:20 Gedenket an mein Wort, das ich euch gesagt habe: „Der Knecht ist nicht größer denn sein Herr.“ Haben sie mich verfolgt, sie werden euch auch verfolgen; haben sie mein Wort gehalten, so werden sie eures auch halten.
15:21 Aber das alles werden sie euch tun um meines Namens willen; denn sie kennen den nicht, der mich gesandt hat.
15:22 Wenn ich nicht gekommen wäre und hätte es ihnen gesagt, so hätten sie keine Sünde; nun aber können sie nichts vorwenden, ihre Sünde zu entschuldigen.
15:23 Wer mich haßt, der haßt auch meinen Vater.
15:24 Hätte ich nicht die Werke getan unter ihnen, die kein anderer getan hat, so hätten sie keine Sünde; nun aber haben sie es gesehen und hassen doch beide, mich und den Vater.
15:25 Doch daß erfüllet werde der Spruch, in ihrem Gesetz geschrieben: „Sie hassen mich ohne Ursache.“
15:26 Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von mir.
Eine jede Partei unter den Christen rühmt sich des Heiligen Geistes; Johannes aber schrieb schon zu seiner Zeit 1 Joh. 4,1.: ihr Lieben, glaubet nicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind. Woran kann man aber den Heiligen Geist als den Geist der Wahrheit erkennen? Daran, daß Er von Jesu zeuget. Seine erleuchtende Kraft, Sein Trieb, Sein Trost und Seine Gaben, wenn es auch Wundergaben wären, zielen darauf, daß der HErr Jesus verherrlicht werde, und die Menschen zum Glauben an Ihn gebracht und darin befestigt werden. Wenn ein Geist die Menschen, die doch Sünder und eines Heilands höchst bedürftig sind, in’s weite Feld führen, ihnen die Tiefen der Gottheit erklären, die Geisterwelt nach dem Abriß, den die Einbildung davon machen kann, zeigen, die innerliche Beschaffenheit erschaffener Dinge auslegen, aber keinen Jesum vor die Augen malen und doch zur Seligkeit weise machen will: so ist es nicht der Geist der Wahrheit. Wenn er aber auch Christum nennt, aber einen andern Christum schildert, als derjenige ist, den die Apostel und Propheten gepredigt haben, so ist er ebenfalls ein falscher Geist und nicht der Geist der Wahrheit.
Der Geist der Wahrheit, oder der wahrhaftige Heilige Geist, welcher nichts als Wahrheit lehret, ist ein Tröster oder Beistand der Glaubigen, und lehret sie, was sie beten, reden und thun sollen. Sie dürfen also nicht nach ihrem eigenen Willen und Gutdünken leben, sondern müssen diesem Tröster unterthan sein und sich von Ihm lehren und leiten lassen. O aber ein seliger Zustand, wenn man sich von diesem göttlichen Geist regieren läßt! Vor wie vielen beschämenden Ausschweifungen und wehthuenden Verstößen wird man durch Ihn bewahrt! Seine Leitung ist mit Licht und Kraft verbunden, und indem Er von Jesu zeuget, so bringt Er die Seele zur wahren Ruhe und erhält sie darin. Er geht vom Vater aus, weil Er der Geist des Vaters ist, Er geht aber auch von dem Sohn aus, wie das Wasser von einem Brunnen, Joh. 7,38. Welch‘ eine Gnade ist es, daß uns der Vater Seinen Geist zum Beistand geben und der HErr Jesus eben denjenigen Geist mittheilen will, mit welchem Er selbst ohne Maßen gesalbt worden ist! Wir werden also durch den Heiligen Geist mit dem Vater und Sohn vereinigt, aber auch mit allen Gliedern am Leib Christi, sie mögen im Himmel oder auf Erden sein, verbunden, weil Ein Geist in Allen ist. HErr Jesu, ohne deinen Geist sind wir Menschen finster, todt, trocken und zu allem Guten untüchtig. Sende Ihn auch in unsern Tagen zu uns und vielen Andern. Die Menschen sind immer bemüht, sich und Andere zu bessern und lassen es an Gesetzen, Anstalten und mündlichen und schriftlichen Unterweisungen nicht fehlen. Nur fehlt gemeiniglich noch Eins, nämlich die Sendung des Geistes der Wahrheit, welcher allein die Todtenbeine lebendig, Ezech. 37., und die dürren Wüsteneien fruchtbar machen kann, Jes. 44. So gib denn diesen gnädigen Regen, und lasse durch denselben die Bemühungen Deiner Knechte gesegnet, und ihre Wünsche erfüllt werden! (Magnus Friedrich Roos)
15:27 Und ihr werdet auch zeugen; denn ihr seid von Anfang bei mir gewesen.2); 3); 4)
Nämlich von ihm, ihrem erhöhten Meister, werden diese bangen, unklaren, unfertigen Menschen zeugen. Und zwar wie! Was hat doch Jesu Tod und Auferstehen, Himmelfahrt und Pfingsten aus diesen Jüngern gemacht! Erfahrungen machen eben mehr aus als Bücher und Predigten, und erst recht Erfahrungen von Gott her: solche Erlebnisse, da der Lebendige sich selbst bezeugt durch ein Geschehen, das unserem Leben die Richtung und den Reichtum gibt. Dann bekommt unser Zeugnis einen eigentümlichen Silberklang der Wirklichkeit und wird ein Wärmeleiter für andere. Geschehen weckt neues Geschehen. Was Gott in unserem Leben tat, weckte in uns ein Echo, und als wir ordentlich gedrängt wurden, es weiter zu geben, riefen wir ein vielstimmiges Echo bei andern wach. Aber nicht nur ein Echo von Worten oder Tönen, sondern das Zeugnis löste bei denen, die sich ihm hingaben, ein neues Geschehen aus: auf ihren Wortglauben folgte eine Erfahrung um die andere, bis sie selbst solch eine Überzeugung bekamen, daß sie weiter Lebensträger für andere wurden. Dann aber brandet solche Wirkung unseres Zeugnisses auf uns selbst zurück als Segen und Kraft und Freude: darum ist's eine selige Sache, ein Zeuge Jesu zu sein.
Behalte mich in der Bereitung des Heiligen Geistes für und für, Herr Jesu! Es würde ohne deine Leitung ein unfruchtbarer Baum aus mir. Und ich sehne mich nach dem Echo des Zeugnisses. Stärke mir den Glauben und die Liebe. Amen. (Samuel Keller)
Dieses Kapitel ist eine Fortsetzung derjenigen Predigt, so unser liebster Heiland JEsus Christus in der letzten Nacht vor Seinem bittern Leiden und Sterben - nach der Einsetzung des heiligen Abendmahls - auf dem großen Saal zu Jerusalem angefangen, woselbst Er sich mit Seinen Jüngern versammelt hatte.
Der erste Theil unsers Kapitels begreift eine sehr anmuthige Gleichnißrede, durch welche der Heiland anzeigen will, wie und welchergestalt Er mit Seinen Gläubigen, und sie mit Ihm - in der allersüßesten Vereinigung stehen könnten und müßten, wenn Er gleich der sichtbaren Gegenwart nach von dieser Welt Seinen Abschied werde genommen haben.
Da vergleicht Er nämlich, wie Er vorher in Seinen Predigten öfters gethan, Seinen himmlischen Vater einem Weingärtner, Sich selbst aber einem Weinstock - und Seine Jünger und Gläubigen den Neben an diesem Weinstock, und zwar den fruchtbaren Reben, welche der himmlische Vater reinige, das ist, durch die Kraft Seines Geistes und Wortes und des lieben Kreuzes immer mehr von der Liebe dieser Welt und deren vergänglichen Lüsten abziehe, dagegen täglich geschickter und williger mache, im Glauben und in der Liebe Gottes zuzunehmen.
Gleichwie aber ein Rebe keine Frucht bringen kann, er bleibe denn am Weinstock, von welchem er Saft und Kraft an sich ziehet, ebenso, spricht Christus, können wir ohne Ihn, der unser Leben ist und heißt, nichts thun. Daraus stehet man, wie keine wahre Gottseligkeit und Frömmigkeit ohne die lebendige Erkenntniß Jesu Christi seyn könne, und wie es ohne den Glauben unmöglich sey, Gott zu gefallen.
So sagt der Heiland bedenklich: darinnen werde Sein Vater geehret, daß wir Seine, des HErrn Jesu, Jünger werden - und viele Frucht bringen, das ist, wie Paulus in seiner Epistel an die Philipper am 1. vermahnet, daß wir erfüllet seyen „mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum in uns geschehen zu Ehre und Lobe Gottes“, welcher im Gegentheil die unfruchtbaren, unnützen Reben wegwerfen - und denjenigen, der nicht in Jesu Christo durch den Glauben bleiben will, in das Feuer werfen lassen wird.
Da sollen wir uns denn billigermaßen fleißig prüfen und versuchen - nach Pauli Worten in der 2. Epistel an die Corinther am 13., ob wir im Glauben seyen; was sich zeigen wird, wenn wir Achtung geben, ob Jesus Christus in unseren Herzen durch Sein Wort und Seinen Geist alles Gute wirke, so daß wir der Sünde absterben - und täglich frömmer werden. Wo das nicht ist, so sind wir untüchtig - und keine Reben des himmlischen Weinstocks, Jesu Christi.
Darum dringet auch Jesus in Seinem Gespräch weiter auf den Beweis der Liebe als eine Frucht des Glaubens bei Seinen Jüngern, indem Er erstlich sagt: „Das ist Mein Gebot, daß ihr euch unter einander liebet“, hernach aber dazu setzet: „gleichwie Ich euch liebe.“
Nun zeiget Er ferner an, wie niemand größere Liebe habe, denn daß er Sein Leben lasse für Seine Feinde; was Er bald thun - und damit vor aller Welt an den Tag legen wolle, wie weit sich Seine Liebe gegen sie erstrecke. Gleichwie nun das für eine große und unverdiente Ehre zu achten ist, daß hier der Sohn Gottes Menschen, welche der Sünden halber Seine und Gottes Feinde waren, dennoch Seine Freunde nennet, ebenso preiset und erweiset Gott nach der Epistel an die Römer am 5. darinnen Seine Liebe vor aller Welt, daß Christus gar für die Menschen insgesammt gestorben ist - und sie mit Gott wieder versöhnet hat, so daß sie von demselben zu Gnadenkindern an- und aufgenommen worden sind, deren Gebet, wenn es in Jesu Namen geschieht, das ist, in rechtem Glauben und kindlicher Zuversicht, auf Jesu Wort, Geheiß und Verdienst, Er erhören - und ihnen den heiligen Geist, ja alles Gute geben will.
Dies deutet unser Heiland hier selbst an, schärft auch das Gebot der Liebe noch ferner ein, verwahret sodann Seine Jünger gegen den Haß der gottlosen Welt mit Trost, bestraft weiter der ungläubigen Juden Verstockung - und beschließt endlich das Kapitel mit Verheißung des Trösters.
Wer demnach unter uns ein rechter Jünger Jesu seyn und heißen will, der lasse sich die Liebe des Nächsten wohl empfohlen, der Welt Anfechtung und Widerwärtigkeit aber nicht zuwider seyn, und dazu gebe uns der HErr Jesus Seinen Geist - um Seiner ewigen Liebe willen. Amen. (Veit Dieterich)
Das Bleiben in Jesus zieht nicht nur bleibende Freude nach sich, sondern auch den Haß der Welt. Jesus hat scheidend in der Sünderwelt gewirkt; die einen nahmen das Licht der Welt an, die andern haßten es. Der volle Ausbruch dieses Hasses war die Verurteilung Jesu zum Kreuzestod. Jesus beantwortet diesen Haß mit Liebe und versöhnte am Kreuz die Sünderwelt mit Gott. Die Gemeinde Christi ist eine Kreuzgemeinde und hat als solche in den Fußstapfen Jesu zu gehen, das heißt, den Haß der Welt zu tragen. Daß die Welt uns in Ruhe läßt, hat vielfach seinen Grund darin, daß wir sie in Ruhe lassen und in falschem Sinn die Stillen im Lande sind. Wir sollen seinen Namen bekennen und von Jesus zeugen, aber wie der schönste Gesang durch schlechte Begleitung verdorben wird, so muß auch das Wortzeugnis durch das rechte Tatzeugnis ergänzt werden. Wie viele Gläubige stellen sich aber in diesem Stücke der Welt gleich durch Kleidung, Geschäftsgebaren, Freundschaften, Heiraten usw. Wir werden auch vielfach mit Ursache gehaßt, auch durch die Zerrissenheit des Volkes Gottes geben wir oft unberechtigten Anstoß; ob dieser Ärgernisse haben wir wohl Ursache, uns zu beugen. Nun die Frage: Wie kommen wir zu der Gott wohlgefälligen Stellung zur Welt? Bleibt in mir, dem Weinstock! Tiefer hinein in die Lebensgemeinschaft mit Jesus. Erfahren wir dann den größeren Haß der Welt, so wird auch der Zufluß an Kraft aus dem Weinstock größer, bis daß wir einst trinken das Gewächs des Weinstocks in seines Vaters Reich. (Eduard Wächter)