Lukas, Kapitel 17
17:1 Er sprach aber zu seinen Jüngern: Es ist unmöglich, daß nicht Ärgernisse kommen; weh aber dem, durch welchen sie kommen!
17:2 Es wäre ihm besser, daß man einen Mühlstein an seinen Hals hängte und würfe ihm ins Meer, denn daß er dieser Kleinen einen ärgert.
17:3 Hütet euch! So dein Bruder an dir sündigt, so strafe ihn; und so es ihn reut, vergib ihm.
17:4 Und wenn er siebenmal des Tages an dir sündigen würde und siebenmal des Tages wiederkäme zu dir und spräche: Es reut mich! so sollst du ihm vergeben.
17:5 Und die Apostel sprachen zum HERRN: Stärke uns den Glauben!1)
Wenn wir Gott um die Vermehrung des Glaubens bitten, wollen wir doch auch zugleich Alles vermeiden, was denselben schwächen kann. Dahin gehört die Sorge und Unruhe des Lebens, welche wie die Dornen den guten Samen zurückhalten und ersticken, so daß er unfruchtbar bleibt. Ebenso sollten wir die eiteln und unnützen Geschwätze vermeiden, überhaupt auch nicht viele Worte machen, selbst nicht, wenn wir über geistliche Dinge reden. Es heißt ja: „Wo viele Worte sind, da gehet's ohne Sünde nicht ab; wer aber seine Lippen hält, der ist klug.“ Vermeiden wir es auch, in unsern Gesprächen nicht mehr Glauben zeigen zu wollen, als wir wirklich besitzen! Besonders wenn wir uns lebendigeren Christen als wir sind, gegenüber befinden und uns schwach und gebrechlich fühlen, wollen wir uns lieber so geben wie wir sind, anstatt gewissermaßen uns auf ihre Höhe zu stellen, um nicht den anschein zu haben, als könnten wir nicht mit ihnen über kommen. Was würden wir auch dabei gewinnen? Es handelt sich ja nicht darum, den Schein des Glaubens zu haben, sondern wirklich etwas davon zu besitzen. Ja, mehr noch, wir berauben uns dadurch der Unterweisung und der Fürbitte solcher Brüder, welche mehr befestigt sind als wir. Gewiß wird dieselbe uns von ihnen zu Theil werden, wenn wir offen unsere Schwachheit und unsere Bedürfnisse bekennen. Vor Allem aber ist's eine demüthige und aufrichtige Herzensstellung vor Gott und ein zwartes Aufmerken auf die Zucht des Heiligen Geistes, nebst fleißiger Beschäftigung mit der heiligen Schrift, was mit einem ernsten und wahrhaftigen Gebet um Stärkung des Glaubens immer Hand in Hand gehen muß.
Wer auf diesem Wege Hülfe für seine Glaubensschwachheit sucht, der wird sie finden, vielleicht nicht gerade heute oder morgen schon, aber doch zu der Zeit, die Gott ihm zum Heile und zur Verherrlichung Seiner gnade ersehen hat.
Gott ist getreu und läßt Keinen zu Schanden werden, der auf Ihn traut. (Auguste Rochat)
So unglückselig ein ungläubiger Mensch ist, so glückselig ist die Seele, die im Glauben und in der wahren Erkenntniß Gottes, Jesu Christi und ihres Heils stehet. Denn ein Ungläubiger ist gleich einem Gemach, darin kein Licht ist, darin es finster und unangenehm ist, aber eine gläubige Seele ist gleich einem gemach, darin es helle, und darin ein Licht scheinet, welches Licht der Glaube ist. Diesen Glauben kann sich der Mensch nicht selbst geben, sondern Gott ists, der ihn in uns anzündet. Derowegen soll ein gläubiger Christ 1) Gott danken, daß er ihn zum Glauben und Erkenntniß Jesu Christi gebracht, und dadurch vor Juden, Türken und Heiden glücklich gemacht hat. Er soll 2) sich seines Taufbundes und der darin erlangten Herrlichkeit erinnern, und den mit Gott gemachten Bund nicht muthwillig übertreten. Er soll 3) Gottes Wort fleißig und mit Andacht anhören, damit er immer mehr und mehr erleuchtet zu größerer Erkenntniß gelangen möge, und seinen Willen in den Werken zeige. Daher es einem wahren Christen nicht soll genug seyn, zu sagen: ich glaube, sondern er soll 3) auch die Glaubens-Früchte: Frömmigkeit, Liebe, Keuschheit, Geduld, Sanftmuth und dergleichen in seinem ganzen Leben hervorleuchten lassen. So kann er sich auch getrösten, daß er werde das Ende seines Glaubens davon tragen, nämlich der Seelen Seligkeit. (Johann Friedrich Stark)
Wie hat denn der HErr Jesus damals Seiner Apostel Glauben gestärkt? Erstlich hat Er ihnen das große Privilegium vorgehalten, welches der Glaube habe, wenn er auch einem kleinen Senfkorn ähnlich sei. Wenn ihr Glauben habt, sagt Er, als ein Senfkorn, so werdet ihr sagen zu diesem Maulbeerbaum: reiß dich aus und versetze dich in’s Meer; so wird er euch gehorsam sein, wenn es nämlich zur Verherrlichung Gottes nöthig ist. Hernach warnte Er sie, daß sie nicht mit Werken umgehen, und mit Gott nach einer stolzen Lohnsucht handeln sollen. Ihr seid, sagt Er, den leibeigenen Knechten gleich, denen ihr Herr, wenn sie Alles gethan haben, weder Dank noch Lohn schuldig ist, und die sich selber unnütz sind, weil sie nichts erwerben. lasset also Alles auf die Güte eures HErrn ankommen, und habet das große Vertrauen zu Ihm, daß Er euch mehr geben werde, als ihr in der Thorheit meinen könntet verdient zu haben. Diese Lehre dient in allweg zur Stärkung des Glaubens, denn nichts hindert sein Wachsthum mehr als die Einbildung von einem Verdienst der Werke. Meint der Mensch, sich eine Zeit lang wohl gehalten zu haben, so erwartet er, daß ihm Gott aus Pflicht viel gebe: aber diese Erwartung ist nicht der Glaube, auf den Gottes Augen sehen. Mißlingen ihm aber seine Werke und wird er wegen vieler Mißtritte bestraft, so ist er verzagt. Auf diese Weise wird der Mensch wie ein Schiff auf dem Meer bald in die Höhe gehoben und bald in die Tiefe geführt, und hat keine Glaubensfestigkeit in sich selber, bis er ohne Lohnsucht sich lediglich der Gnade und Güte des HErrn überläßt.
Ein anderesmal hat der Heiland den Glauben Seiner Jünger durch das heilige Abendmahl gestärkt, ein andersmal durch viele freundliche Tröstungen, Verheißungen und Lehren, mit denen Er so lange angehalten, bis Er Joh. 16,31. sagen können: jetzt glaubet ihr. Nach Seiner Auferstehung hat er ihren Glauben dadurch gestärkt, daß er ihnen die Schrift, ja das Verständniß öffnete, wobei aber eine heilsame Bestrafung wegen des Unglaubens vorherging. Am allermeisten wurde ihr Glaube in kurzer Zeit gestärkt, da der Heilige Geist am Pfingsttag über sie ausgegossen wurde.
Die Bitte: HErr, stärke uns den Glauben, ist zu allen Zeiten sehr nöthig, denn der Glaube ist die einzige kraft einer wiedergebornen Seele, womit sie sich zu Gott hinneigt, aus der Fülle Jesu Gnade um Gnade empfängt, die Welt überwindet, durch die Liebe thätig ist, und der Seelen Seligkeit erreicht. Die Stärkung des Glaubens ist aber ein Werk Gottes. Niemand kann auch hierin seiner Länge eine Elle zusetzen, ob er schon darum sorget. Wenn aber Gott den Glauben stärkt, so bekommt die Seele nicht ohne Bestrafung und Zermalmung mehr Licht und mehr Kraft, und hat von dieser Stärkung den Vortheil, daß sie den Frieden Gottes besser behaupten, und im Dienst Gottes heiterer, munterer und thätiger sein kann. Die Seele bekommt durch die Stärkung des Glaubens eine Festigkeit, bei welcher sie nicht mehr wie ein Rohr durch alle Anfälle umgetrieben wird, sondern diesen Anfällen besser widerstehen und ihren Gang gleichförmiger fortsetzen kann. Auch an diesem Abend bitten wir Dich, lieber HErr: stärke uns den Glauben! (Magnus Friedrich Roos)
17:6 Der HERR aber sprach: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn und sagt zu diesem Maulbeerbaum: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer! so wird er euch gehorsam sein.
In diese Bitte der Jünger stimmt die Christenheit immer ein. Wir verstehen die Jünger recht gut, wenn sie fühlen: es steht mit unserem Glauben nicht so, wie Jesus es verlangt; was er vom Glauben sagt, ihm als Verheißung gewährt und ihm als Pflicht zuteilt, geht über das hinaus, was wir haben. Auch darin urteilen die Jünger richtig, dass sie die Vermehrung ihres Glaubens von Jesus erbitten. Sie wissen: Wir können uns den Glauben nicht geben; er ist nicht unser Werk, nicht das Produkt der menschlichen Kunst. Jesus gibt ihn; das haben die Jünger erkannt. Sein Ziel ist, uns zum Glauben zu führen, und er allein hat die Kraft, uns in den Glauben zu erheben. Überrascht hat Jesus seine Jünger auch in dieser Stunde und seine Antwort klang ihnen wunderlich. Mehre uns den Glauben, bitten die Jünger; ihr habt keinen Glauben, antwortet er ihnen. Das müssen wir uns deutlich machen, wenn wir um die Stärkung unseres Glaubens bitten. Das erste, was hier erkannt und gestanden werden muss, ist, dass wir keinen Glauben haben. Damit hat er ihnen aber nicht versagt, um was sie ihn baten, sondern ihre Bitte erfüllt. Mit seiner Verheißung sagt er ihnen, dass der Glaube, sowie er vorhanden ist, die Allmacht Gottes für sich habe. Warum ist ihr Glaube klein? Sie beschauen ihn, messen ihn, ob er wohl groß genug sei, fühlen, er sei klein, und werden dadurch glaubenslos. Das treibt sie hinein in die Berechnung dessen, was ihnen wohl möglich sei, und diese Berechnung endet unvermeidlich mit dem Ergebnis: unmöglich; wir sind ohnmächtig und zum Handeln unfähig. So geht es, wenn der Mensch bei sich selber bleibt und sich auf sich selber stützt, und dies wird nicht anders, wenn er sich an seinen Glauben halten und an seinen Glauben glauben will. Dieser Stützpunkt ist ebenso unbrauchbar, wie wenn ich die Richtigkeit meiner Erkenntnis preise und mich durch meine Lehre Gott empfehle oder wenn ich meine Werke mustere und die Stärke meiner Liebe Gott vorhalte. Der Glaube hält sich an Gott und hat ihn in seiner Herrlichkeit vor Augen, dem alles gehorcht. Auf ihn richtet Jesus den Blick der Jünger und gibt damit ihrer Bitte: mehre uns den Glauben, die Erfüllung. Nun fällt es ganz aus ihrer Erwägung heraus, ob ihr Glaube klein oder groß sei; denn nun glauben sie nicht mehr an ihren Glauben, sondern an Gott.
Ich öffne, Herr, mein Ohr für Dein Glauben schaffendes Wort, für seine reinigende Kraft, da es mir alles nimmt, womit ich mich stützen und stärken möchte, und für seine beseligende Kraft, da es mir die vollendete Herrlichkeit der göttlichen Gnade zeigt. Gepriesen sei deine Heilandstat, durch die Du mich zum Glauben führst. Amen. (Adolf Schlatter)
17:7 Welcher ist unter euch, der einen Knecht hat, der ihm pflügt oder das Vieh weidet, wenn er heimkommt vom Felde, daß er ihm alsbald sage: Gehe alsbald hin und setze dich zu Tische?
17:8 Ist's nicht also, daß er zu ihm sagt: Richte zu, was ich zum Abend esse, schürze dich und diene mir, bis ich esse und trinke; darnach sollst du auch essen und trinken?
17:9 Dankt er auch dem Knechte, daß er getan hat, was ihm befohlen war? Ich meine es nicht.
17:10 Also auch ihr; wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.2)
Was mir befohlen war, habe ich nicht getan, klagt die Reue und dieser Schmerz sitzt so tief in uns, dass wir uns fürchten, das zu sagen, was Jesus seine Jünger sagen hieß: ich habe getan, was ich zu tun schuldig war. Im Dienst, den der Mensch dem Menschen leistet, geschieht es freilich, dass der Knecht nach dem Gleichnis Jesu jeden Befehl seines Herrn ausführt und unverdrossen vom Morgen bis zum Abend seinen Dienst vollzieht. Wie soll aber der Knecht Gottes je dazu gelangen, sagen zu dürfen: ich tat alles, was mir befohlen war? Nimmt nicht der Dienst Gottes unser ganzes Vermögen in Anspruch und wer legt sein ganzes Herz und seine ganze Kraft in seinen Dienst? Und wenn wir diesen Stand erklommen hätten, zu dem wir wie zu einer unerreichbaren Höhe emporsehen, wäre uns dann nicht das Frohlocken des Gerechten beschieden, der jubeln darf, weil er den Fall vermied? Statt dessen legt Jesus in seine Jünger den tiefen Schmerz: wir sind unnütze Knechte, obwohl wir taten, was unser Herr uns befahl; Verschuldung ist nicht entstanden, aber auch kein Dienst, der seine Sache förderte und seine Ehre mehrte. Ist es nach unserer Meinung schon seltsam, dass Jesus von seinen Jüngern verlangt, dass sie ein gutes Gewissen haben, so ist es für uns erst noch ein besonders rätselhafter Anstoß, dass er ihr gutes Gewissen mit der Klage verband, sie seien unbrauchbar. Wenn ich aber das Wort Jesu rätselhaft heiße, so rührt das nur daher, dass ich die Liebe nicht kenne. Darum halten wir es für nötig, beständig unsere Sünden zu bedenken, weil wir uns nur so vor dem Stolz bewahren. Wir müssen das böse Gewissen in uns wach halten, damit uns nicht die Eitelkeit verblende und der Übermut verderbe. Jesus hat dagegen der Liebe zugetraut, dass sie uns jede Überhebung verbiete und alle Selbstgefälligkeit ersticke. Gibt sie uns denn nicht das wache Auge, das sieht, wie weit unser Dienst von dem entfernt bleibt, was geschehen könnte? Was ist unser Wort? Wir sagen es, wie wir es können, und können es nicht anders sagen. Hat es aber die Leuchtkraft, die Jesus offenbart? Wir helfen und stellen zwischen uns die Gemeinschaft her, wie wir es vermögen. Ist aber unser Helfen mehr als ein Tropfen auf einen heißen Stein? Wie ärmlich ist alles, was die Christenheit tut. Sie kann nicht mehr und tut, was sie kann. So ist es in der Tat; dann spreche sie aber, wie Jesus es ihr sagt: unnütze, unbrauchbare Knechte sind wir.
Den Schmerz, den die Liebe mir bereitet, will ich, o mein Herr, nicht fürchten. Du schenkst mir ihn dazu, damit er mich wach erhalte, wenn ich müde werde, und mich beweglich mache, wenn mir Deine Gnade die neue Gelegenheit zum Dienen gibt. Hilf mir, dass ich vergesse, was hinter mir liegt, und nicht bei dem verweile, was vollbracht ist, sondern immer wieder mit neuer Willigkeit bereit sei für Dich. Amen. (Adolf Schlatter)
17:11 Und es begab sich, da er reiste gen Jerusalem, zog er mitten durch Samarien und Galiläa.
17:12 Und als er in einen Markt kam, begegneten ihm zehn aussätzige Männer, die standen von ferne
17:13 und erhoben ihre Stimme und sprachen: Jesu, lieber Meister, erbarme dich unser!
17:14 Und da er sie sah, sprach er zu ihnen: Gehet hin und zeiget euch den Priestern! Und es geschah, da sie hingingen, wurden sie rein.
17:15 Einer aber unter ihnen, da er sah, daß er geheilt war, kehrte um und pries Gott mit lauter Stimme
17:16 und fiel auf sein Angesicht zu seinen Füßen und dankte ihm. Und das war ein Samariter.
17:17 Jesus aber antwortete und sprach: Sind ihrer nicht zehn rein geworden? Wo sind aber die neun?
17:18 Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte und gäbe Gott die Ehre, denn dieser Fremdling?
17:19 Und er sprach zu ihm: Stehe auf, gehe hin; dein Glaube hat dir geholfen.3); 4)
17:20 Da er aber gefragt ward von den Pharisäern: Wann kommt das Reich Gottes? antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden;
17:21 man wird auch nicht sagen: Siehe hier! oder: da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.
17:22 Er sprach aber zu den Jüngern: Es wird die Zeit kommen, daß ihr werdet begehren zu sehen einen Tag des Menschensohnes, und werdet ihn nicht sehen.5)
17:23 Und sie werden zu euch sagen: Siehe hier! siehe da! Gehet nicht hin und folget auch nicht.
17:24 Denn wie der Blitz oben vom Himmel blitzt und leuchtet über alles, was unter dem Himmel ist, also wird des Menschen Sohn an seinem Tage sein.
17:25 Zuvor aber muß er viel leiden und verworfen werden von diesem Geschlecht.
17:26 Und wie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wird's auch geschehen in den Tagen des Menschensohnes:
17:27 sie aßen, sie tranken, sie freiten, sie ließen freien bis auf den Tag, da Noah in die Arche ging und die Sintflut kam und brachte sie alle um.
17:28 Desgleichen wie es geschah zu den Zeiten Lots: sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten;
17:29 an dem Tage aber, da Lot aus Sodom ging, da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um.
17:30 Auf diese Weise wird's auch gehen an dem Tage, wenn des Menschen Sohn soll offenbart werden.
17:31 An dem Tage, wer auf dem Dach ist und sein Hausrat in dem Hause, der steige nicht hernieder, ihn zu holen. Desgleichen wer auf dem Felde ist, der wende nicht um nach dem was hinter ihm ist.
17:32 Gedenket an des Lot Weib!
Der HErr Jesus sagte diese Worte, als Er von dem jüdischen Krieg, worin Jerusalem zerstört wurde, geredet, und gesprochen hatte: an demselben Tage wer auf dem Dache ist, und sein Hausrath in dem Hause, der steige nicht hernieder, dasselbige zu holen; desselbigen gleichen wer auf dem Felde ist, der wende nicht um nach dem, was hinter ihm ist. Hierauf sagte ER: gedenket an des Lots Weib, und setzte hinzu: wer da suchet seine Seele zu erhalten, der wird sie verlieren, und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum Leben verhelfen. Was nun des Lots Weib anbelangt, so gibt Moses, als er die Vertilgung Sodoms beschrieb, diese kurze Nachricht von ihr: sie sahe hinter sich, und ward zur Salzsäule 1 Mos. 19,26. Indem dieses Weib hinter sich sahe, sündigte sie wider das Wort des HErrn, das ihr und ihrem Mann durch den Engel gesagt ward, welcher sprach: errette deine Seele, und siehe nicht hinter dich, auch stehe nicht in dieser ganzen Gegend, V. 17. Man darf auch nicht meinen, sie habe nur deßwegen hinter sich gesehen, damit sie sehen möchte, wie es der Stadt Sodom gehe; denn Christus führt das Beispiel des Weibes an, um Seine Jünger zu warnen, daß sie zur Zeit, da sie eilend fliehen sollten, nicht noch etwas aus dem Hause holen, oder zu demjenigen, was hinter ihnen sei, sich umwenden sollen: da dann nicht Wißbegierde oder Fürwitz, sondern Habsucht und Anhänglichkeit des Herzens an zeitliche Güter der Grund gewesen wäre. Er sagt auch in der allgemeinen Nutzanwendung: wer seine Seele oder Person zu erhalten suche, werde sie verlieren, und setzt also voraus, daß es des Lots Weib, und so auch diejenigen, die zur Zeit des jüdischen Krieges bei dem Einbruch der Feinde sich zu ihrer Habe umwenden werden, um ihre Erhaltung oder Versorgung zu thun gewesen sei. Lots Weib hing mit ihrem Herzen an ihren Freunden und Gütern, die sie in Sodom zurückgelassen hatte. Da sie also aus dieser Stadt ausgegangen war, sahe sie mit einer Sehnsucht zurück. Sie stund zugleich still, sie verweilte sich, sie besann sich, ob sie dem Wort des Engels glauben, ob sie nicht zurückgehen, ob sie nicht von ihrem zurückgelassenen Gut noch etwas holen sollte. Die Vorstellung der Armuth, worin sie mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern hinfort leben müsse, machte sie, weil es ihr am Glauben mangelte, bestürzt. Ihr Gemüth schwebte also hin und her. Ihr Mann ermahnte sie ohne Zweifel fortzugehen: allein sie gehorchte ihm nicht. Plötzlich aber nahm der Feuer- und Schwefelregen seinen Anfang, und erstickte sie, und sie blieb mit einer salzigen Materie überzogen, steif und todt wie eine Säule, stehen. Auf diese Weise konnte auch ein Christ bei dem jüdischen Krieg umkommen, der sich aus Geiz mit Rettung seiner Habe verweilte. Doch reicht die Ermahnung Jesu noch weiter. Gott heißt mich von der Welt durch eine gründliche Bekehrung ausgehen. Wie aber? Wenn ich angefangen habe, dem himmlischen Beruf zu folgen, und die Sehnsucht nach der eitlen Lust der Welt wacht wieder in mir auf, und ich stehe still, zaudere, besinne mich, lasse mich’s reuen, daß ich von der Welt auszugehen angefangen habe? Was wird’s endlich werden? Ich werde endlich von dem Zorn Gottes ergriffen werden, und mit der Welt, die mir so lieb ist, zu Grunde gehen. Wer seine Hand an den Pflug legt, und siehet zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.(Magnus Friedrich Roos)
17:33 Wer da sucht, seine Seele zu erhalten, der wird sie verlieren; und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum Leben helfen.
17:34 Ich sage euch: In derselben Nacht werden zwei auf einem Bette liegen; einer wird angenommen, der andere wird verlassen werden.
17:35 Zwei werden mahlen miteinander; eine wird angenommen, die andere wird verlassen werden.
17:36 Zwei werden auf dem Felde sein; einer wird angenommen, der andere wird verlassen werden.
17:37 Und sie antworteten und sprachen zu ihm: HERR wo? Er aber sprach zu ihnen: Wo das Aas ist, da sammeln sich auch die Adler.
Weshalb verlangt Jesus so ausdrücklich den Dank der geheilten Aussätzigen und aller Menschen, denen Er und Gott Wohltaten erweist? Nicht bloß, weil der Dank das Natürlich, der Undank Unnatur ist, und ein Ersatz für die wirkliche Vergeltung sein möchte, sondern auch weil der Dankende kraft seines Dankes einer neuen Wohltat teilhaftig wird. Die Undankbaren vergaßen bald, welches Kreuz einst auf ihren Schultern gelastet hatte; damit aber zugleich die Hand, welche gnädig geholfen. Der Dankbare hatte aber das vor jenen voraus, wen er auch äußerlich nicht weiter bevorzugt zu sein schien, dass mit eisernen Griffeln und mit spitzigen Diamanten in unauslöschlichen Zügen die Schrift auf seines Herzens Tafeln gegraben ward: „Der Herr hat geholfen, ich bin viel zu geringe der Treue, die Er an mir getan hat.“ Daran knüpfte sich aber noch ein anderer Gewinn, der in dem Worte angegeben liegt: „Gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen.“ Damit konnte Jesus nicht ein einzelnes, vergängliches Gut, damit konnte Er nichts Geringeres meinen als die Heilung des ganzen Menschen, als seine Gemeinschaft mit der nie versiegenden Quelle des Lichts und des Lebens. Mit der Rückkehr zu Jesu begann bei dem dankbaren Samariter die wahre Hülfe, der Anfang einer höheren Genesung; der Dank knüpfte den festen Faden an, welcher die Gemeinschaft mit dem Heiland begründete und dauernd erhielt. Der Dank ist ein Umkehren zum Herrn, ein zweites Herzutreten zu seinem Gnadenthrone, das von einem neuen höhern Segen begleitet ist. Der Undank nimmt zwar die Gabe, aber des Gebers Gnade bleibt dem Herzen wie dem Auge verschlossen. Möge auch ich denn dem Vorbilde des Samariters immer ähnlicher werden! Der Apostel sagt: „Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes an euch,“ und Gott verheißt: “Wer Dank opfert, der preiset mich recht, und das ist der Weg, dass ihm gezeigt werde das Heil Gottes.“ Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)