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Matthäus, Kapitel 26

Matthäus, Kapitel 26

26:1 Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte, sprach er zu seinen Jüngern:

26:2 Ihr wisset, daß nach zwei Tagen Ostern wird; und des Menschen Sohn wird überantwortet werden, daß er gekreuzigt werde.

26:3 Da versammelten sich die Hohenpriester und Schriftgelehrten und die Ältesten im Volk in den Palast des Hohenpriesters, der da hieß Kaiphas,

26:4 und hielten Rat, wie sie Jesus mit List griffen und töteten.

26:5 Sie sprachen aber: Ja nicht auf das Fest, auf daß nicht ein Aufruhr werde im Volk!

26:6 Da nun Jesus war zu Bethanien im Hause Simons, des Aussätzigen,

26:7 da trat zu ihm ein Weib, das hatte ein Glas mit köstlichem Wasser und goß es auf sein Haupt, da er zu Tische saß.

26:8 Da das seine Jünger sahen, wurden sie unwillig und sprachen: Wozu diese Vergeudung?

26:9 Dieses Wasser hätte mögen teuer verkauft und den Armen gegeben werden.

26:10 Da das Jesus merkte, sprach er zu ihnen: Was bekümmert ihr das Weib? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.

26:11 Ihr habt allezeit Arme bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.

26:12 Daß sie dies Wasser hat auf meinen Leib gegossen, hat sie getan, daß sie mich zum Grabe bereite.

26:13 Wahrlich ich sage euch: Wo dies Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.

26:14 Da ging hin der Zwölf einer, mit Namen Judas Ischariot, zu den Hohenpriestern

26:15 und sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten. Und sie boten ihm dreißig Silberlinge.

26:16 Und von dem an suchte er Gelegenheit, daß er ihn verriete.

26:17 Aber am ersten Tag der süßen Brote traten die Jünger zu Jesus und sprachen zu ihm: Wo willst du, daß wir dir bereiten das Osterlamm zu essen?

26:18 Er sprach: Gehet hin in die Stadt zu einem und sprecht der Meister läßt dir sagen: Meine Zeit ist nahe; ich will bei dir Ostern halten mit meinen Jüngern.

26:19 Und die Jünger taten wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Osterlamm.

26:20 Und am Abend setzte er sich zu Tische mit den Zwölfen.

26:21 Und da sie aßen, sprach er: Wahrlich ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.

26:22 Und sie wurden sehr betrübt und hoben an, ein jeglicher unter ihnen, und sagten zu ihm: HERR, bin ich's?

26:23 Er antwortete und sprach: Der mit der Hand mit mir in die Schüssel tauchte, der wird mich verraten.

26:24 Des Menschen Sohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch welchen des Menschen Sohn verraten wird! Es wäre ihm besser, daß er nie geboren wäre.

26:25 Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Bin ich's Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.

26:26 Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.

26:27 Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus;

26:28 das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.
So redete Jesus bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls, und drückte dadurch ein großes Geheimniß aus, welches zum Neuen Testament gehört. Zur Zeit des Alten Testaments hatte man Schatten der zukünftigen Güter, und nicht das Wesen der Güter selber, Hebr. 10,1. Man hatte also Opfer als Vorbilder des Leibes und Blutes Jesu, aber nicht den Leib und das Blut Jesu selber. Jene Opfer wurden dem großen Gott dargebracht: hingegen wurde der Leib Christi damals noch nicht selber für die Menschen hingegeben oder geopfert, und Sein Blut noch nicht selber für sie zur Vergebung der Sünden vergossen. Die Israeliten aßen auch von denselbigen Opfern, und kamen dadurch, wie Paulus 1 Kor. 10,18. sagt, in die Gemeinschaft des Altars: das ist, sie bekannten durch das Essen, daß das Opfer für sie auf dem Altar verbrannt worden sei, und ihnen gelte; den geopferten Leib Jesu aber konnten sie noch nicht essen, und Sein vergossenes Blut noch nicht trinken, weil sie noch nicht wesentlich vorhanden waren. Nun unterscheidet sich aber das Neue Testament dadurch von dem Gesetz oder von dem Alten Testament, daß man in jenem das Wesen der Güter selber hat. Wir essen also unter dem Neuen Testament, wie die Worte Jesu selber anzeigen, den verklärten und mit den Kräften der Gottheit erfüllten Leib Christi nach seinem Wesen, und trinken auch Sein verklärtes Blut nach seinem Wesen. Auch bei dem ersten Abendmahl wurde etwas von dem Leib und Blut Jesu abgesondert, und als unsichtbar und verklärt den Aposteln gegeben. Paulus sagt Hebr. 1310.11.12.: wer noch der Hütte pflege, oder an den Satzungen des Alten Testaments habe, dürfe nach denselben nicht von dem Altar des Neuen Testaments essen, folglich den Leib Jesu nicht wesentlich genießen, denn nach jenen Satzungen haben die Leichname aller Thiere, deren Blut in das Heilige gebracht worden, außer dem Lager Israels müssen verbrannt werden, und Niemand habe davon essen dürfen. Nun habe zwar Christus auch außer dem Lager Israels, das ist außer der Stadt Jerusalem gelitten, und sei dadurch ein Sündopfer für die Menschen worden: auch sei Sein Blut in das himmlische Heiligthum gebracht worden, und doch esse man Seinen geopferten Leib: folglich gelten die Rechte des Alten Testaments in diesem Stück nicht mehr. Es ist klar, daß Paulus hier von dem wesentlichen Leib Christi, den man esse, und nicht nur von der glaubigen Zueignung Seines Opfers rede, denn diese Zueignung war bei dem Sündopfer auch zur Zeit des Alten Testaments erlaubt. Wir essen also den wesentlichen Leib Christi mit dem Brod, und trinken Sein Blut mit dem Wein, damit wir vergewissert werden, daß Sein Opfer auch uns gelte, aber auch damit wir zur innigsten Gemeinschaft mit Jesu Christo selber gelangen. Was haben die Glaubigen des Neuen Testaments Gutes vor Andern, und was haben sie Schönes vor Andern? Sie haben Korn, das ist ein Brod, das Jünglinge, und Most oder Wein, der Jungfrauen zeuget, Zach. 9,17. Geistesstärke und Reinigkeit soll man also durch den Leib und das Blut Jesu erlangen. Den Müden soll dadurch eine neue Kraft geschenkt, und die häßlichen Seelen sollen dadurch verschönert werden.(Magnus Friedrich Roos)


Die Jünger sagten: Der Tod trennt ihn von uns. Jesus sagte: Ich bleibe wirksam in euch; mein Leib ist das Brot, das euch nährt. Die Jünger sagten: Der Tod zerstört seinen Leib. Jesus sagte: der Tod macht aus meinem Leib eure Speise. Die Jünger sagen: Am Kreuz wird sein Blut verschüttet. Jesus sagte: Am Kreuz wird mein Blut zum belebenden Trank für euch. Die Jünger sagten: Seine Kreuzigung ist die schwerste Schuld. Jesus sagte: Mein Kreuz bringt euch die Vergebung der Sünden. Die Jünger sagten: Jetzt wird uns unser Herr geraubt. Jesus sagte: Mein Tod stellt euch in den neuen Bund. Er sprach aber nicht nur, er handelte und gab ihnen seinen Leib und sein Blut. Sein Abschied von ihnen geschah so, dass er sie begnadete und begabte. Alles gab er ihnen, was er hatte, sein eigenstes Eigentum, seinen Leib und sein Blut, sich selbst. Er gab es Gott und darum gab er es auch seinen Jüngern. Dadurch hat Jesus die Christenheit mit seinem Tisch beschenkt, an dem er sie begnadete. Er gab seinen Leib und sein Blut seinen Jüngern, weil sie seine Boten waren; was ihnen gegeben war, war allen gegeben. Der Leib und das Blut Jesu sind der gemeinsame Besitz der Christenheit. Er sammelt sich um seinen Tisch, ob der Kreis der Versammelten klein oder groß sei, immer ein Teil der einen Christenheit. Das Abschiedsmahl Jesu war ein festliches Mahl; denn Jesus schloss seine Gemeinschaft mit den Jüngern mit der Danksagung. An dieser Danksagung hat die ganze Christenheit Anteil. Sie vereint sich am Tisch Jesu nicht zur Beweinung ihrer Schuld oder zur Erweckung einer Sehnsucht, sondern zum Danken, damit sie nicht vergesse, dass alles, was sie besitzt, ihr von Jesus durch seinen Tod erworben ist. Sie sieht im Licht des Kreuzes ihre gemeinsame Schuld und sieht, dass sie ihr vergeben ist. Sie schaut ihren unsichtbaren Herrn an seinem Tisch und sieht, dass er ihr seine Gemeinschaft für immer gegeben hat. Darum wird sie am Brot und Wein Jesu froh und feiert die göttliche Gnade.
Du hast, o Jesus, Deinen Leib und Dein Blut Gott dargegeben; darum sind sie unsere Speise. Du hast sie für Gott geheiligt; darum heiligen sie uns. Du hast Gott durch sie verherrlicht. Darum bringen sie uns die Vergebung der Sünden und Deinen Frieden. Gib mir und Deiner ganzen Christenheit, dass wir Dir mit ganzem Glauben und ganzem Gehorsam Dank sagen. Amen. (Adolf Schlatter)


Auch unser, die wir seine holdselige Rede nicht gehört, in sein liebevolles Auge nicht geblickt, unter seinem Kreuze nicht gestanden, sein Haupt nicht sich neigen gesehen, auch unser hat der Herr in unendlicher Liebe gedacht. Für alle Geschlechter und Zeiten hat er in jener stillen Abendstunde das Mahl der Gemeinschaft gestiftet, in welchem er uns nahe und gegenwärtig ist, in welchem er uns seinen Leib und sein Blut spendet, und damit Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit.
Ja, das hochwürdige Sacrament des Abendmahls ist die köstlichste Perle der Kirche, das allertheuerste Kleinod der Gemeinde. Es ist der unversiegliche Brunnen, aus dem wir immer neu schöpfen Gnade um Gnade. Wenn wir nirgends in der Welt Trost und Erquickung finden, im heiligen Mahle sind alle Güter für unsere Seele reichlich vorhanden. Hier ist Freudenöl für Traurigkeit, hier ist Schmück für Asche. Hier verbindet der Herr sein Herz mit unserem Herzen, reicht uns seine Gerechtigkeit für unsere Ungerechtigkeit, sein Verdienst für all unser Verschulden, seine Kraft für unsere Schwäche, seinen Frieden für unsern Unfrieden.
Und wie er den Seinen zur innigsten Vereinigung sich hingiebt, so sollen die Genießenden Eins sein, „Viele Ein Leib, dieweil sie Eines Brodes theilhaftig sind.“ Die alten Lehrer haben gesagt: Christus habe darum zu seinem Abendmahl Brod und Wein gebraucht, daß, gleichwie viel Körnlein ein jedes seinen eigenen Leib und Gestalt haben und mit einander gemahlen und zu einem Brode werden, also ist wohl ein jeder Mensch eine eigene Person und sonderlich Geschöpf, aber weil wir im Sacrament Alle Eines Brodes theilhaftig sind, sind wir Alle ein Brod und Leib; denn da ist einerlei Glaube, einerlei Bekenntniß, Liebe und Hoffnung. Also zum Wein kommen viel Trauben, viel Beerlein, da ein jegliches seinen eigenen Leib und Gestalt hat; sobald sie aber ausgedrückt sind und zu Wein worden, so ist keine Ungleichheit im Wein, sondern es ist ein einiger seiner, schöner Saft; also sollen die Christen auch sein. So ist das heilige Abendmahl auch das rechte Bundes- und Liebesmahl der Christenheit unter einander. - O Herr, deine Liebe und Treue ist groß. Gelobt seist du, daß du uns dein heiliges Sacrament zurückgelassen, dies Licht in unsrer Nacht, diesen Trost in unsrer Kümmerniß, die Erquickung in der Wüste dieser Erde. Laß mich dein heiliges Mahl allezeit würdiglich genießen. Amen. (Christian Wilhelm Spieker)

26:29 Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesen Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich's neu trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.

26:30 Und da sie den Lobgesang gesprochen hatte, gingen sie hinaus an den Ölberg.

26:31 Da sprach Jesus zu ihnen: In dieser Nacht werdet ihr euch alle ärgern an mir. Denn es steht geschrieben: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen.“

26:32 Wenn ich aber auferstehe, will ich vor euch hingehen nach Galiläa.

26:33 Petrus aber antwortete und sprach zu ihm: Wenn sich auch alle an dir ärgerten, so will ich doch mich nimmermehr ärgern.
„Wie?“ ruft jemand, „dies ist keine Verheißung Gottes!“ Ganz recht, aber es war eine Verheißung eines Menschen, und deshalb ward nichts daraus. Petrus meinte, er würde sicherlich ausführen, was er sagte; aber eine Verheißung, die keine bessere Grundlage hat, als einen menschlichen Entschluß, wird auf die Erde fallen. Kaum war die Versuchung da, so verleugnete Petrus seinen Meister und gebrauchte Eide, um seine Verleugnung zu bekräftigen.
Was ist des Menschen Wort? Ein irdener Topf, der mit einem Streiche zerbrochen wird. Was ist dein eigner Entschluß? Eine Blüte, die durch Gottes Sorgfalt zur Frucht werden kann, die aber sich selbst überlassen, auf den Boden fallen wird bei dem ersten Wind, der den Zweig bewegt.
An des Menschen Wort hänge nur das, was es tragen wird. Auf deinen eignen Entschluß verlasse dich ganz und gar nicht.
An die Verheißung deines Gottes hänge Zeit und Ewigkeit, diese Welt und die nächste, dein alles, und all deiner Lieben alles.
Dies Bändchen ist ein Checkbuch für Gläubige, und diese Seite will eine Warnung sein, damit sie sich vorsehen, auf welche Bank sie ziehen und wessen Unterschrift sie annehmen. Baue auf Jesum ohne Einschränkung. Traue nicht dir selber oder irgend einem vom Weibe Gebornen, über die gebührenden Grenzen hinaus; sondern traue du einzig und völlig auf den Herrn. (Charles Haddon Spurgeon)

26:34 Jesus sprach zu ihm: Wahrlich ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.

26:35 Petrus sprach zu ihm: Und wenn ich mit dir sterben müßte, so will ich dich nicht verleugnen. Desgleichen sagten auch alle Jünger.

26:36 Da kam Jesus mit ihnen zu einem Hofe, der hieß Gethsemane, und sprach zu seinen Jüngern: Setzet euch hier, bis daß ich dorthin gehe und bete.

26:37 Und nahm zu sich Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus und fing an zu trauern und zu zagen.

26:38 Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibet hier und wachet mit mir!

26:39 Und ging hin ein wenig, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch von mir; doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst!
Es kommen verschiedene lehrreiche Umstände bei dem Gebet unsers Heilandes in seiner Trübsalsstunde vor. Es war ein einsames Gebet. Er ließ sogar seine drei Lieblingsjünger zurück. Gläubige Seele, lass dir das Gebet in der Einsamkeit angelegen sein, besonders in Zeiten der Trübsal. Das Gebet in der Familie, das Gebet im Freundeskreis, das Gebet in der Gemeinde tut‘s noch nicht; sie sind wohl köstlich, aber der kostbarste Weihrauch steigt dann aus eurem Rauchfass auf, wenn ihr in einsamer Stille zum Herrn ruft, wo nur Gottes Ohr euch hört. Es war ein demütiges Gebet. Lukas sagt: Er kniete nieder; aber ein andrer Evangelist berichtet: Er „fiel nieder auf sein Angesicht.“ Welche Stellung gebührt denn dir, du geringer Knecht des großen Meisters? Mit wie viel Staub und Asche sollte dein Haupt bedeckt sein? Demut ist ein guter Fußschemel beim Gebet. Wir dürfen nicht hoffen, bei Gott etwas zu vermögen, wenn wir uns nicht selbst erniedrigen, damit Er uns erhöhe zu seiner Zeit.
Es war ein kindliches Gebet: „Abba, lieber Vater.“ Ihr werdet es erfahren, dass die Berufung auf eure Gotteskindschaft euch eine feste Burg ist zur Zeit der Trübsal. Als Untertanen habt ihr auf keine Rechte Anspruch, denn ihr habt euch ihrer durch euren Abfall verlustig gemacht; aber nichts kann eines Kindes Recht an das Vaterherz austilgen. Fürchtet euch nicht, zu sagen: „Mein Vater, höre mein Geschrei.“ Achtet darauf, dass es ein anhaltendes Gebet war. Er betete dreimal. Lasst nicht nach, bis dass ihr Erhörung findet. Macht‘s wie die unverschämte Witwe, die durch wiederholtes Anhalten erlangte, was ihr erstes Flehen nicht zustande brachte. „Haltet an am Gebet, und wachet in demselben mit Danksagung.“
Endlich war‘s ein Gebet voller Ergebung. „Doch nicht wie ich will, sondern wie Du willst.“ Gib nach, so gibt Gott nach. Lass alles geschehen, wie Gott will, und Gott wird‘s zum Besten wenden. Begnüge dich, dein Gebet in seiner Hand zu lassen, der da weiß, wann Er geben, wie Er geben, was Er geben, und was Er verweigern soll. Wenn du so betest, ernstlich, eindringlich, anhaltend, aber demütig und ergeben, so wirst du überwinden. (Charles Haddon Spurgeon)


„Ich habe den Vater verklärt“, sagte Jesus, als er Judas zum Hohenpriester geschickt hatte. Er trat seinen Gang ans Kreuz nicht mit Seufzen, sondern mit der vollendeten Freude dessen an, der dem Vater gehorsam dient. Das verlangte aber von ihm, dass er wahrhaftig blieb. Mit sehenden Augen ging er in den Tod, nicht mit den verträumten Blicken eines Schwärmenden. Er ermisst, was er sagen will, auf diese Weise den Vater zu verklären. Nun wird er zum Ärgernis, zum Fluch und zum Stein des Anstoßes, an dem auch die Jünger fallen. Sie werden alle sagen: Du lästerst Gott, wenn er sich jetzt zu seiner Sohnschaft Gottes und zu seinem königlichen Recht bekennt. Der Druck, den er auf sich nahm, war unergründlich schwer. Den Kelch, den der Vater ihm jetzt reicht, hatte er bisher noch nicht getrunken, obwohl er unverwandt auf das Kreuz hinsah und nie etwas anderes tat als das, was er in seinem Gleichnis den Sohn tun ließ, der zu den empörten Weingärtnern tritt und damit in das Sterben geht. Er unterschied aber zwischen dem, was innerlich in seiner Seele vor sich ging, und dem, was er jetzt mit seiner Verhaftung auf sich nahm. Auch jenes war ein Leiden; denn er weinte um Jerusalem; aber es war ein Leiden, das er in der Stille vor dem Vater trug und überwand. Jetzt erst kommt der bittere Kelch zu ihm herzu; denn jetzt wird das Gedachte wirklich und das Inwendige sichtbar. Das gibt nicht nur allen anderen an seinem Leiden teil, sondern beruft auch ihn zu einem neuen Entschluss und darum auch zu einem neuen Gebet. Dass er sich jetzt gefesselt zu Gottes Allmacht bekennen und als Gekreuzigter sagen muss: ich bin der Herr, und als der Sterbende zu bezeugen hat: Ich bin das Leben, das ging in erhabener Neuheit über alles hinaus, was bisher sein Beruf gewesen war. Er bedarf dazu der Gewissheit, die ihm sagt, dass er mit dem, was er jetzt tut, den Willen des Vaters vollbringt. Nur auf den Vater ist sein Blick gerichtet; alle anderen, Welt und Teufel, verschwinden ganz. Er gibt Gott dadurch die Ehre, dass er sein Kreuz aus Gottes Händen nimmt. Er bespricht sich mit dem Vater nicht über den Zweck seines Leidens und sieht nicht hinaus auf das, was aus ihm entstehen wird. Der Gehorsam fragt nicht: warum tust du dies? Nur das Eine muss er wissen, dass es Gottes Wille ist, und dies erfährt er durch das Gebet. So hat uns Jesus durch das, was er in Gethsemane tat, die Herrlichkeit des Kreuzes vollständig enthüllt. Gehorsam war das, was hier geschah, und der Gehorsam Jesu gibt seinem Kreuz seine Herrlichkeit.
Weil Du in der Herrlichkeit des vollendeten Gehorsams vor mir stehst, glaube ich Dir, Herr Jesus Christ, dass Du mir meine Sünden vergibst, glaube ich Dir, dass Du Gottes gnädigen Willen an mir tust, glaube ich Dir, dass Du uns alle zu Gottes herrlichem Ziel hinaufträgst. Es gibt für mich keinen anderen Platz bei Gott als bei Dir, der Du gehorsam warst am Kreuz. Amen. (Adolf Schlatter)

26:40 Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Könnet ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?

26:41 Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.
Wäre unser Fleisch nicht der Sitz der Reizungen, Empfindungen und Begierden, die Stelle, wo Lust und Schmerz das große Wort führen, hätte die Anfechtung keinen Sinn und keine Gefahr. Engel, die kein Fleisch und Blut haben, sondern nur Geist sind, haben seit dem Augenblick, wo sie in der ersten Versuchung sich für Gott entschieden haben, keine Versuchung mehr zu bestehen. Wir aber stehen so lange in der Versuchung, als uns noch ein Nerv weh tut, ein Gefühl uns Lust bereiten kann. Wachen und Beten soll uns aufmerksam erhalten und gegen eine Überrumpelung schützen. Wo wir uns ganz gemütlich gehen lassen, sind wir in größerer Gefahr, als wenn eine Stunde der Angst da ist oder Schrecken der Hölle uns überfallen. Im dunklen Tal der Not sind weniger Gotteshelden entgleist als im lustigen Sonnenschein des Leichtsinns. Fleisch und Blut sind wie starke, übermütige Pferde; der Geist ist ihr Lenker, die Zügel sind Wachen und Beten. Dein Blick muß stets vorwärts auf den Weg und die Pferde gerichtet sein. Die meisten Unglücksfälle kamen daher, daß man diese Aufmerksamkeit vernachlässigte. Wer beizeiten vorbeugt, beruhigt, zurückhält, wird siegen!
Und wenn ich achtlos würde, Herr Jesu, erinnere, warne mich beizeiten. Du weißt, wie es in unserem Fleisch und Blut einem zu Sinn ist. Du bist versucht wie wir und hast stets gesiegt. Jetzt hilf mir Unbeständigem zur Stille und zur Kraft durch deinen Geist. Amen. (Samuel Keller)

26:42 Zum andernmal ging er wieder hin, betete und sprach: Mein Vater, ist's nicht möglich, daß dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dein Wille!

26:43 Und er kam und fand sie abermals schlafend, und ihre Augen waren voll Schlafs.

26:44 Und er ließ sie und ging abermals hin und betete zum drittenmal und redete dieselben Worte.

26:45 Da kam er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Ach wollt ihr nur schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist hier, daß des Menschen Sohn in der Sünder Hände überantwortet wird.

26:46 Stehet auf, laßt uns gehen! Siehe, er ist da, der mich verrät!

26:47 Und als er noch redete, siehe, da kam Judas, der Zwölf einer, und mit ihm eine große Schar, mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern und Ältesten des Volks.

26:48 Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist's; den greifet.

26:49 Und alsbald trat er zu Jesus und sprach: Gegrüßet seist du, Rabbi! und küßte ihn.

26:50 Jesus aber sprach zu ihm: Mein Freund, warum bist du gekommen? Da traten sie hinzu und legten die Hände an Jesus und griffen ihn.1)

26:51 Und siehe, einer aus denen, die mit Jesus waren, reckte die Hand aus und zog sein Schwert aus und schlug des Hohenpriesters Knecht und hieb ihm ein Ohr ab.

26:52 Da sprach Jesus zu ihm; Stecke dein Schwert an seinen Ort! denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.

26:53 Oder meinst du, daß ich nicht könnte meinen Vater bitten, daß er mir zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel?

26:54 Wie würde aber die Schrift erfüllet? Es muß also gehen.

26:55 Zu der Stunde sprach Jesus zu den Scharen: Ihr seid ausgegangen wie zu einem Mörder, mit Schwertern und Stangen, mich zu fangen. Bin ich doch täglich gesessen bei euch und habe gelehrt im Tempel, und ihr habt mich nicht gegriffen.

26:56 Aber das ist alles geschehen, daß erfüllet würden die Schriften der Propheten. Da verließen ihn die Jünger und flohen.
Er verließ sie nie, sie aber verließen Ihn in feiger Furcht für ihr Leben und flohen schon beim Beginn seiner Leiden. Dies ist nur ein einzelnes lehrreiches Beispiel von der Unzuverlässigkeit der Gläubigen, wenn sie sich selbst überlassen sind; sie sind im besten Falle wie Schafe, und fliehen, wenn der Wolf kommt. Sie waren alle vor der Gefahr gewarnt worden, und hatten beteuert, sie wollten lieber sterben, als ihren Meister verlassen; und doch ergriff sie plötzliche Angst, und sie liefen davon.
Vielleicht habe auch ich beim Beginn dieses Tages meinen Sinn gestählt, damit ich möchte um des Herrn willen Trübsal ertragen, und ich traue mir fest zu standhafte Treue zu üben; aber ich muss mich sehr vor mir selbst in Acht nehmen, damit ich nicht mit dem gleichen bösen Herzen des Unglaubens von meinem Herrn hinwegeile wie die Apostel. Es ist etwas andres, etwas zu versprechen, und etwas andres, das Versprochene zu halten. Es hätte den Jüngern zur ewigen Ehre gereicht, wenn sie Jesu recht mannhaft zur Seite gestanden hätten; sie flohen vor ihrer eigenen Ehre, zu ihrer Schande; ach, dass ich doch bewahrt würde vor ähnlicher Schmach! Wo hätten sie irgend besser aufgehoben sein können, als bei ihrem Herrn und Heiland, welcher den Vater hätte bitten können, dass Er Ihm zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel? Sie flohen hinweg von ihrem sichern Hort. O Gott, lass mich doch nicht in solche Torheit fallen! Die göttliche Gnade kann auch den Feigling zum Helden machen. Der glimmende Flachs kann aufflammen wie das Feuer auf dem Altar, wenn es der Herr will. Sogar diese Apostel, die doch furchtsam waren wie die Hasen, wurden erfüllt mit Löwenmut, nachdem der Heilige Geist auf sie herabgekommen war; und so kann auch der Geist Gottes meine furchtsame Seele mutig machen in dem Bekenntnis meines Herrn und im Zeugnis für seine Wahrheit.
Welche Angst muss den Herrn ergriffen haben, als Er seine Freunde so treulos sah! Es war ein bitterer Tropfen in seinen Leidenskelch; aber der Kelch ist geleert; ich will nicht abermals Wermut und Galle hineingießen. Wenn ich meinen Herrn verlasse, so kreuzige ich Ihn aufs neue, und mache Ihn öffentlich zuschanden. Bewahr mich, o Geist der Erbarmung, vor einem so schmachvollen Ende, und erhalte mich in der Demut und in der furchtlosen Liebe zu meinem teuren Freund und Heiland. (Charles Haddon Spurgeon)

26:57 Die aber Jesus gegriffen hatten, führten ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas, dahin die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten.

26:58 Petrus aber folgte ihm nach von ferne bis in den Palast des Hohenpriesters und ging hinein und setzte sich zu den Knechten, auf daß er sähe, wo es hinaus wollte.

26:59 Die Hohenpriester aber und die Ältesten und der ganze Rat suchten falsch Zeugnis gegen Jesus, auf daß sie ihn töteten,

26:60 und fanden keins. Und wiewohl viel falsche Zeugen herzutraten, fanden sie doch keins. Zuletzt traten herzu zwei falsche Zeugen

26:61 und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen ihn bauen.

26:62 Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts zu dem, was diese wider dich zeugen?

26:63 Aber Jesus schwieg still. Und der Hohepriester antwortete und sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagest, ob du seist Christus, der Sohn Gottes.

26:64 Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch ich sage euch: Von nun an wird's geschehen, daß ihr werdet sehen des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen in den Wolken des Himmels.
Ach Herr, Du warst am tiefsten erniedrigt, als Du vor Deinen Verfolgern wie ein Verbrecher stehen mußtest! Doch konnten die Augen Deines Glaubens über die gegenwärtige Demütigung hinweg in Deine künftige Herrlichkeit hinein sehen. Was für Worte sind diese: „Dennoch - hernach“! Ich möchte Dein heiliges Voraussehen nachahmen, und inmitten der Armut, Krankheit oder Verleumdung möchte ich auch sprechen: „Dennoch - hernach“. Anstatt Schwachheit hast Du alle Kraft; statt Schande alle Herrlichkeit; statt Verhöhnung alle Anbetung. Dein Kreuz hat nicht den Glanz Deiner Krone getrübt, ebensowenig hat das Anspeien die Schönheit Deines Antlitzes entstellt. Nein, eher bist Du um Deiner Leiden willen desto mehr erhöhet und geehret.
Ebenso, Herr, möchte auch ich Mut schöpfen aus dem „hernach.“ Ich möchte die gegenwärtige Trübsal über dem künftigen Triumph vergessen. Hilf mir, indem Du mich in Deines Vaters Liebe und in Deine eigne Geduld hinein führst, so daß ich, wenn ich um Deines Namens willen verspottet werde, nicht wanke, sondern immer mehr und mehr an das „hernach“ denke und deshalb um so weniger an das heute. Ich werde bald bei Dir sein und Deine Herrlichkeit schauen. Darum schäme ich mich nicht, sondern sage in meiner innersten Seele: „Dennoch - hernach.“ (Charles Haddon Spurgeon)


Der Priester fragte Jesus nach seinem königlichen Recht, das in seiner Sohnschaft Gottes seinen Grund hat, und Jesus antwortete ihm: So ist es, aber nicht ich sprach die hohen Namen aus, die meine Herrschaft verkünden und meine Gemeinschaft mit Gott preisen. Du hast sie genannt, nicht ich. Du hast ausgesprochen, was ich bin und was du sagst, ist so, wie du es sagst. Nicht erst im Gerichtssaal und in den Banden wurde er unfähig, seine Herrlichkeit auszurufen; er hat es nie gekonnt. Schweigend ging er hinab in den Jordan; da kam die himmlische Stimme. Der Vater sprach, nicht er, und bezeugt ihm, dass er der Sohn seines Wohlgefallens ist. Du sagst es, war die selige Antwort Jesu, mit der er den Willen des Vaters zum seinigen macht. Das war der Anfang Jesu. Schweigend kam er aus der Wüste zum Täufer zurück. Da sagte dieser: Sieh, Gottes Lamm, das die Sünde der Welt wegträgt! Du sagst es, war die Antwort Jesu; er gab sein Ja zu dem, was ihm Johannes als sein Amt und Werk beschrieb. Er nahm seine Jünger zu sich und gab ihnen seine Gemeinschaft, und als die Zeit kam, um nach Jerusalem zu gehen, fragte er sie: wer sagt ihr, dass ich sei? Du bist der Christus, sagte Petrus. Du sagst es, sagte Jesus. Er hat ihm nicht selber seinen Namen vorgesagt und ihn nicht durch ein Gebot zum Bekenntnis verpflichtet. Es muss das eigene Wort des Jüngers sein, das er deshalb spricht, weil der Vater es ihm geoffenbart hat. Als er aber das große Wort sprach, mit dem er sich Jesus ganz ergab, da empfing er auch die Antwort Jesu, die seinem Bekenntnis die Gewissheit gab. Als er zum Beginn seines Leidens nach Jerusalem kam, rief nicht er selbst in die Stadt hinein: Siehe, dein König kommt zu dir. Das war das Amt seiner Jünger; ihre Pflicht war es, mit lautem Ruf den zu ehren, der im Namen Gottes kommt. Als aber seine Feinde ihm zumuteten, dass er sie schweigen heiße, sahen sie zu ihrer Überraschung, dass ihr Bekenntnis ganz und gar das seine war. So handelt er nun auch vor dem Rat. Er schwieg und nötigte dadurch Kaiphas zum Sprechen. Sage du, was du als mein Ziel und Amt erkennst! Und als er den Namen sprach, neben dem es keinen höheren Namen gibt, antwortete er: So ist es, wie du es sagst. Das war nicht eine absonderliche Eigentümlichkeit Jesu, sondern kam aus seinem Amt, dass er der Zeuge für die Wahrheit ist. Die Wahrheit spricht selbst für sich und das Licht scheint durch sich selbst, und Jesu Amt ist es, dass er durch sein Zeugnis die Wahrheit dem bestätige, der sie kennt. Das ist auch heute sein Gebot an seine Christenheit. Schweigend in stiller Verborgenheit tut er sein Werk: sagt ihr, was ich bin. Es ist die Sache seiner Christenheit, seinen Namen zu nennen und ihn zu verkündigen. Wenn wir uns aber zu ihm bekennen, so sagt er: ihr nennt mich Meister und Herr; ich bin es auch; ihr glaubt es mir, dass ich in meiner Gottheit bei euch bin; es ist so, wie ihr es sagt; ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.
Dich zu bekennen, ist, Herr Christus, der selige Beruf deiner Christenheit. Wie wir uns zu Dir bekennen, bekenne Dich auch zu uns. Gib uns zu Deinem Wort Deine Kraft, die es wahr macht, und zu unserem Dienst Deinen Geist, der ihn heilsam macht. Amen. (Adolf Schlatter)


Zweimal wurde der HErr Jesus gefragt, ob Er Christus der Sohn Gottes sei. Diese zwei Namen wurden zusammengesetzt, weil nach der Lehre der Propheten, welche den Rathsherren zu Jerusalem wohl bekannt war, derjenige, der Christus ist, auch der Sohn Gottes ist. Das erstemal wurde der HErr Jesus von dem Kaiphas unter einer starken Betheurung so gefragt, und Er antwortete: du sagst es; doch Ich sage euch, von nun an wird’s geschehen, daß ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft, und kommen in den Wolken des Himmels. Dieses geschahe in der Nacht zwischen dem Donnerstag und Freitag, und zwar in dem Palast des Hohenpriesters, worin der ganze Rath auf eine außerordentliche Art versammelt war. Ob nun gleich damals die Rathsherren den HErrn Jesum alsbald zum Tode verdammten, so fehlte doch noch etwas zu der rechtlichen Form, welche dieses Todesurtheil haben sollte. Es war nämlich nicht am rechten Ort ausgesprochen; und deßwegen versammelten sich die Rathsherren, welche schon bei Nacht den Schlaf gebrochen hatten, Morgens früh in ihrem gewöhnlichen Rathhaus, und führten Jesum auf den Tempelberg, wo dasselbe stand, hinauf; da dann das Verhör ganz kurz war; denn sie sprachen zu Jesu: bist du Christus? Sage es uns. Er sprach aber zu ihnen: sage Ich’s euch, so glaubet ihr nicht; frage Ich aber, so antwortet ihr nicht, und lasset Mich doch nicht los. Darum von nun an wird des Menschen Sohn sitzen zur rechten Hand der Kraft Gottes. Da sprachen sie Alle: bist du denn Gottes Sohn. Er sprach zu ihnen: ihr sagt’s, denn Ich bin’s; Sie aber sprachen: was dürfen wir weiter Zeugniß? Wir haben’s selbst gehört aus seinem Munde, Luk. 22,66-71. Und nun wurde der HErr Jesus durch Mißdeutung des Gesetzes, das 3 Mos. 24,16. steht, zum Tod verdammt, hernach aber, weil der Rath damals kein Todesurtheil vollstrecken durfte, dem Pilatus zugeführt, wo seine Ankläger, weil die Steinigung bei den Römern nicht gewöhnlich war, auf die Kreuzigung drangen. Niemand verwundere sich, daß der HErr Seine Antwort mit keinen Beweisen unterstützt habe; denn Er sprach selber Luk. 22,67.68., Sein Sagen und Fragen würde bei den Rathsherren nichts verfangen. Und was könnte man bei Männern für Beweise führen, die als Bösewichte dachten: lasset uns Ihn tödten, so wird das Erbe unser sein, Matth. 21,38. Mark. 12,7. Sie wußten nämlich wohl, daß wenn Jesus der Messias und der Sohn Gottes sei, sie Alle sich Ihm unterwerfen müssen. Sie dachten also. lasset uns Ihn tödten, so wird das Erbe, das jüdische Land, unser sein, und wir können alsdann ferner gewaltthätig handeln, und uns bereichern. Der HErr Jesus verwies sie also geradezu auf den jüngsten Tag, und sagte, an demselben werden sie Ihn sehen sitzen zur rechten Hand der Kraft, und kommen in den Wolken des Himmels. Alsdann werden sie nämlich zitternd glauben müssen, was sie jetzt zu ihrem heil nicht glauben wollen, nämlich daß Er Christus der Sohn Gottes sei. Wehe dem, dem erst der jüngste Tag die Wahrheit der Glaubensartikel beweisen muß!(Magnus Friedrich Roos)

26:65 Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiteres Zeugnis? Siehe, jetzt habt ihr seine Gotteslästerung gehört.2)
Der Priester stand vor dem Priester, der Priester des alten Bundes vor dem des neuen Bundes. Für den alten war der neue Priester eine Gestalt, vor der er erschrak, so dass er sein Kleid zerriss. Das war die Gebärde angstvollen Erschreckens und tiefster Trauer. War es nur Gebärde? Der alte Priester verstand sich auf Schauspielerei. Er stellte den Priester nur dar, ohne es in Wahrheit zu sein. Sein Priesteramt war seine Rolle, die er so zu spielen gelernt hatte, dass er Eindruck machte. Wer sieht aber in die Herzen hinein? Grund, erschrocken zu sein, hatte Kaiphas in der Tat. Denn im neuen Priester stand etwas völlig Neues vor ihm, was er sich nicht erklären konnte. Es ist die Pflicht des Priesters, dass er die Ehre Gottes wahre. Beide taten es in ihrer Weise. „Nun ist der Vater verklärt“, sagte Jesus, als Er sein Leiden begann. „Er lästert Gott“, sagte Kaiphas, als ihm Jesus seine Frage nach seinem königlichen Recht und seine Sohnschaft Gottes bejahte. Nach dem Urteil des Kaiphas war die Ehre Gottes auch die seines Priesters und in der Macht des Priesters ward Gottes Große offenbar. Denn sein Gott war die Macht. Bei Jesus ward Gottes Ehre dadurch offenbar, dass er gefesselt war und verurteilt wurde und zum Kreuz ging. Auch er bekannte sich zur Macht Gottes und gab ihr eine Herrlichkeit, die sich über den rationalen Gedankengang eines Sadduzäers weit erhob. Denn er sprach in den Banden von seiner Erhebung zu Gottes Thron und, als er gerichtet wurde, von seinem weltrichterlichen Amt. Aber sein Gott gibt seinem Priester nicht nur die Macht, sondern verlangt den Gehorsam von ihm, der allem entsagt und dennoch an Gott festhält. Er stellte vor die Erhöhung die Erniedrigung, vor die Verherrlichung die Entsagung, vor die Herrschaft den Gehorsam. Hatte Kaiphas nicht Grund zu erschrecken? Christus zu sein und alles zu leiden, Sohn zu sein und allem zu entsagen, alles herzugeben und eins mit Gott zu sein, das hieß Kaiphas unmöglich und nicht nur dies, er hieß es einen finsteren Gedanken, eine Entstellung des Gottesbilds, eine Verzerrung des göttlichen Willens ins Schreckliche. Er dachte, wie der Mensch denkt, der Gott gern für seine Zwecke benützt, und Jesus dachte, wie der Sohn denkt, der den Vater ehrt und in Ihm bleibt, weil er der Vater ist.
Für Dich, Herr Jesus, war der Psalm geschrieben: Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde; wenn mir gleich Leib und Seele verschmachteten, so bist doch Du meines Herzens Fels und mein Teil. Weil dies durch dich zur Wahrheit geworden ist, bist Du unser Friede und unsere Gerechtigkeit. Amen. (Adolf Schlatter)

26:66 Was dünkt euch? Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig!

26:67 Da spieen sie aus in sein Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Etliche aber schlugen ihn ins Angesicht

26:68 und sprachen: Weissage uns, Christe, wer ist's, der dich schlug?

26:69 Petrus aber saß draußen im Hof; und es trat zu ihm eine Magd und sprach: Und du warst auch mit dem Jesus aus Galiläa.

26:70 Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: Ich weiß nicht, was du sagst.

26:71 Als er aber zur Tür hinausging, sah ihn eine andere und sprach zu denen, die da waren: Dieser war auch mit dem Jesus von Nazareth.

26:72 Und er leugnete abermals und schwur dazu: Ich kenne den Menschen nicht.

26:73 Und über eine kleine Weile traten die hinzu, die dastanden, und sprachen zu Petrus: Wahrlich du bist auch einer von denen; denn deine Sprache verrät dich.

26:74 Da hob er an sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne diesen Menschen nicht. Uns alsbald krähte der Hahn.

26:75 Da dachte Petrus an die Worte Jesu, da er zu ihm sagte: „Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich dreimal verleugnen “, und ging hinaus und weinte bitterlich.3)

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