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Matthäus, Kapitel 16

Matthäus, Kapitel 16

16:1 Da traten die Pharisäer und Sadduzäer zu ihm; die versuchten ihn und forderten, daß er sie ein Zeichen vom Himmel sehen ließe.

16:2 Aber er antwortete und sprach: Des Abends sprecht ihr: Es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot;

16:3 und des Morgens sprecht ihr: Es wird heute Ungewitter sein, denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler! über des Himmels Gestalt könnt ihr urteilen; könnt ihr denn nicht auch über die Zeichen dieser Zeit urteilen?

16:4 Diese böse und ehebrecherische Art sucht ein Zeichen; und soll ihr kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Propheten Jona. Und er ließ sie und ging davon.

16:5 Und da seine Jünger waren hinübergefahren, hatten sie vergessen, Brot mit sich zu nehmen.

16:6 Jesus aber sprach zu ihnen: Sehet zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!

16:7 Da dachten sie bei sich selbst und sprachen: Das wird's sein, daß wir nicht haben Brot mit uns genommen.

16:8 Da das Jesus merkte, sprach er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, was bekümmert ihr euch doch, daß ihr nicht habt Brot mit euch genommen?

16:9 Vernehmet ihr noch nichts? Gedenket ihr nicht an die fünf Brote unter die fünftausend und wie viel Körbe ihr da aufhobt?

16:10 auch nicht an die sieben Brote unter die viertausend und wie viel Körbe ihr da aufhobt?

16:11 Wie, versteht ihr denn nicht, daß ich euch nicht sage vom Brot, wenn ich sage: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!

16:12 Da verstanden sie, daß er nicht gesagt hatte, daß sie sich hüten sollten vor dem Sauerteig des Brots, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.

16:13 Da kam Jesus in die Gegend der Stadt Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, daß des Menschen Sohn sei?1)

16:14 Sie sprachen: Etliche sagen, du seist Johannes der Täufer; die andern, du seist Elia; etliche du seist Jeremia oder der Propheten einer.

16:15 Er sprach zu ihnen: Wer sagt denn ihr, daß ich sei?

16:16 Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!

16:17 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jona's Sohn; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.

16:18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.2)

16:19 Und ich will dir des Himmelsreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein.

16:20 Da verbot er seinen Jüngern, daß sie niemand sagen sollten, daß er, Jesus, der Christus wäre.

16:21 Von der Zeit an fing Jesus an und zeigte seinen Jüngern, wie er müßte hin gen Jerusalem gehen und viel leiden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen.

16:22 Und Petrus nahm ihn zu sich, fuhr ihn an und sprach: HERR, schone dein selbst; das widerfahre dir nur nicht!

16:23 Aber er wandte sich um und sprach zu Petrus: Hebe dich, Satan, von mir! du bist mir ärgerlich; denn du meinst nicht was göttlich, sondern was menschlich ist.
Konnte Jesus seinen Jüngern seinen Griff nach dem kreuz in seiner hellen, unbedingten Notwendigkeit zeigen oder behandelte er es als ein finsteres Schicksal, das ihn selbst mit dunklem Zwang bedrückte? Für den Blick Jesu war hier alles hell und sein Entschluss stand auf einem einfachen, einleuchtenden Grund. Die Frage war einzig die: wo liegt dein Ziel? Für wen arbeitest du? Liegt das, was du erreichen willst, in die oder in Gott? Wenn ein Mensch für sich sorgt, dann führt ihn sein Weg nicht zum Kreuz. Dann schützt er sich, kämpft für sich und wirkt seine Macht. Darum ist die Absicht des Petrus uns allen völlig verständlich. Vom Standort des Jüngers aus war das Kreuz nicht das, was er wollte, sondern es erschien ihm als das schwerste Unglück, als die fürchterliche Erschütterung, ja Vernichtung seines Glaubens. Unfromm im Sinn, dass Gott missachtet und vergessen wäre, war dieser Gedankengang keineswegs. Gott hilft dir, sagt Petrus, Gott schützt dich; Gott sorgt für Israel und bewahrt es vor diesem schrecklichen Fall; Gott sorgt für uns, deine Jünger, und gönnt uns deine Gemeinschaft mit uns; Gott sorgt für dich und bringt dich an dein Ziel, das dein Christusname uns verheißt, ohne Kreuz und Tod. Das war der andere Wille, den Jesus nicht hatte, dem er den seinigen entgegenstellte. Er dachte an das, was Gottes ist und wollte, was Gottes ist, Gottes Gerechtigkeit, dass sie offenbar sei, Gottes Gnade, dass sie zu uns komme, Gottes Herrlichkeit, dass sie uns erscheine. Das war das Ende des selbstischen Begehrens in der vollendeten Entsagung, im vollkommenen Gehorsam und der völligen Liebe. Das macht aus dem Handeln Jesu das fleckenlose Opfer, mit dem er Gott gepriesen hat. Warum ließen sich aber die beiden Ziele, das von Jesus und das des Petrus, nicht verbinden? Muss sich denn zwischen dem, was Gott zukommt und dem, was dem Menschen hilft, ein Zwiespalt öffnen? Wird nicht Gottes Herrlichkeit am Menschen offenbar? Ist Gottes Gerechtigkeit nicht unser Heil und nicht alles Wirken Gottes uns begabende Gnade? Das war in der Tat das Ziel Jesu; es wird aber nicht auf dem Weg des Petrus erreicht, der die menschlichen Anliegen an die erste Stelle schiebt. Dürften wir uns Gott nur als den Gebenden denken, dann käme immer unser Eigennutz zur Geltung und der Mensch bliebe das Ziel unserer Begehrung. Damit uns Gott in seiner Gottheit sichtbar sei, ging Jesus ans Kreuz. Indem er vor die Gnade seine völlige Entsagung stellte, die alles preiszugeben hat, stellt er fest, was Gott und was der Mensch ist, dass der Mensch nichts und Gott alles ist, dass der Mensch der Schuldige und Gott der Versöhnende ist, dass der Mensch der Sterbende ist und Gott der ist, der ihn auferweckt. Nun steht über aller unserer Frömmigkeit für immer das Wort: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr.
Heiliger Gott, so nenne ich Dich, weil ich vor dem Kreuz Jesu stehe. Dort sehr ich Deine Heiligkeit, vor der wir nichts sind und verstummen, und dort sehe ich, dass Du uns durch Deine Heiligkeit nicht von Dir trennst, sondern zu Dir führst. Dies Dein Wunder betet Deine Gemeinde an in Ewigkeit. Amen. (Adolf Schlatter)

16:24 Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir.
Einen großen Fehler begehen viele Jünger Jesu dadurch, dass sie von Gott immer erwarten, Er werde sie plötzlich mit Seinen Gnaden überschütten und ihnen eine solche Geistesfülle schenken, dass sie für alle Zeiten mehr als genug hätten. Nur durch fortgesetzte Selbstverleugnung, durch täglichen Gehorsam gegen den Herrn, durch beharrliches Tun Seines Willens, durch williges Bleiben unter der heilsamen Zucht des Geistes können Gläubige innerlich Fortschritte machen. Stündlich sein eigenes Herz überwinden, fröhlich sein Kreuz tragen, treu sein in allen Pflichten gegen Gott und den Nächsten, in allen Mühen und Sorgen betend mit dem Heiland verbunden bleiben -, das ist für Christi Jünger der Weg zur wahren Seligkeit inmitten eines bewegten Lebens! Übergib dich deinem Herrn völlig, und dann sei Ihm getreu; suche nichts Auffallendes, erwarte nichts mächtig Großes, sei ein Kind deines himmlischen Vaters und betrage dich als solches, sei täglich in allen Dingen von Jesus abhängig. Gläubige Seelen sind sofort selig, wenn sie auf Jesum blicken und alles stündlich in Seiner Furcht und in Seiner Gnade überwinden. Jesus sagt: „Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.“ Luk. 9, 23. In dieser täglichen Nachfolge Jesu werden Jünger voll des Heiligen Geistes, genießen Frieden und sind wahrhaft glücklich. O, seien wir wachend, betend, treu, so wird der Gott der Liebe und des Friedens mit uns sein! Erfasse nur deinen Heiland und bleibe Ihm in kindlichem Glauben verbunden. (Markus Hauser)


Herr! siehe, ob ich auf bösem Wege bin? So soll ein gläubiger Christ täglich seufzen, Ps. 139, v. 24. Fragt ein behutsamer Wandersmann fleißig nach dem Wege, so soll ein Gläubiger sich fleißig des Himmels-Wegs erkundigen. Es sind viele Verführer ausgegangen, spricht Johannes, darum soll ein wahrer Christ sich wohl fürsehen, daß er nicht verführet werde. Ein gläubiger Christ folgt demnach 1) nicht den Weltkindern, die ihn wollen mitnehmen zu ihren sündlichen Gesellschaften, viel weniger folgt er dem Trieb seines bösen Herzens, sondern er denkt allezeit, so ihm etwas in die Gedanken kommt: ist das auch recht? Er folgt auch nicht dem Satan, sondern er folgt 2) der heiligen Schrift, die ihm vorstellt, was er glauben, was er thun und unterlassen soll, das ist seine Lebens-Regel; was die nicht erlaubt, davor hat er einen herzlichen Abscheu. Er folgt sonderlich 3) dem Herrn Jesu, der uns hat ein Vorbild gelassen, daß wir sollen nachfolgen seinen Fußstapfen; die Fußstapfen Jesu aber sind: seine Demuth, Gehorsam, Geduld, Sanftmuth, Keuschheit, Freundlichkeit und Frömmigkeit. Hierin besteht die heilige und wahre Nachfolge. Er folgt 4) auch dem Exempel frommer Christen. Siehet er an frommen Christen Eifer im Gebet, Ehrerbietigkeit, Mildigkeit, und andere Tugenden, so trachtet er auch solche nachzuahmen. 5) Diese heilige Nachfolge aber soll beständig bleiben bis in den Tod, so wird an solchen Seelen auch erfüllet werden, was Johannes saget, Offenbarung 14, v. 4. Sie folgen dem Lamme nach in dem ewigen Leben. (Johann Friedrich Stark)


Bei jedem Schritt, den ich tue, berate ich mich mit mir selbst. Ich höre auf das, was ich als Glück empfinde und als Schmerz fürchte. Ich erwäge, wie weit meine Mittel reichen, und stelle fest, was meine Lage von mir verlangt. Ohne diese Beratung mit mir selbst kann ich nicht handeln und sie ist wichtiger als jede Beratung mit anderen Menschen; denn ihr Rat kann mir dazu helfen, dass ich mich selber richtig berate. Denn sie kennen mich nicht so, wie ich mich kenne. Nun trifft mich Jesu Wort wieder wie ein Blitz. Höre nicht auf dich, sagt er; tue nicht, was du dir rätst, folge nicht deinem eigenen Urteil, deinem eigenen Empfinden, deinem eigenen Begehren. Verleugne dich. Wenn du einen anderen verleugnest, sagst du: ich kenne ihn nicht und habe keine Gemeinschaft mit ihm. Sage dir selber die Gemeinschaft auf. Was soll denn, lieber Herr, mich leiten? Du willst ja, sagt er, mir nachfolgen. Nun sage dir nicht selber, was du tun willst, sondern lass mich es dir sagen, und miss die Dinge nicht nach deinem Maß, sondern empfange das Maß von mir, mit dem du deine Entschlüsse formst. Ob dein Weg dir gefällt, daran liegt nichts; deine Sorge kann nur sein, dass er mir gefällt. Wieder zeigt mir Jesu Gebot seine Herrlichkeit. Stände er neben mir in derselben Entfernung von Gott wie ich, dann brauchte ich nicht mich selbst verleugnen, um ihm zu gehorchen. Dann meinten wir dasselbe und handelten aus denselben Beweggründen. Nun denkt er aber an das, was Gottes ist, und ich an das, was des Menschen ist. Er will das, was Gott verherrlicht, und ich das, was mir nützt. Er handelt in der Liebe und ich in meiner natürlichen Eigensucht. Darum gibt es zwischen uns keinen gemeinsamen Rat, sondern für mich gibt es nur die Unterweisung unter den seinen, und damit ich das fertig bringe, ziehe ich mein Vertrauen von mir weg und bin nicht für mich selbst die Autorität, der ich folge, sondern höre auf ihn und glaube ihm.
Ich habe es oft erfahren, dass ich mir selbst nicht trauen kann, habe es aber auch reichlich erfahren, dass ich Deinem Wort trauen darf. Du bist das Licht der Welt. Das Licht leuchtet nicht in mir, gibt mir aber die beleuchteten Augen, wenn Dein Licht mich bescheint. Amen. (Adolf Schlatter)


Jesus verpflichtete die Seinen zum Sterben. Als er ihnen den Ausgang zeigte, der in Jerusalem auf ihn wartete, sagte er ihnen: mein Kreuz zeigt euch, wohin ich euch führe. Als die Ausgestoßenen, Verfluchten, zum Tod Verurteilten geht ihr hinter mir her denen gleich, die ihre Kreuze zum Richtplatz tragen. Für solche ist die Welt vergangen und das Leben abgeschlossen; was sie noch vor sich haben, ist nur Schmach und Schmerz und Tod. Das sagte der Herr denen, die er zu Israel sandte, damit sie in heißem Ringen in Jerusalem ausharrten, bis die letzte Möglichkeit, das Wort Jesu zur Judenschaft zu bringen, erschöpft sei. Sagt dieses Wort auch mir etwas, was zum Evangelium Jesu gehört und für keine Zeit die Geltung verliert? Wie feierlich hat Jesus vom Sterben gesprochen, mit dem das Leben gewonnen sei, während es verloren gehe, wenn wir unser Leben erhalten wollen! Galt dies nur seinen ersten Boten oder steht es als Gottes heilige Ordnung über uns allen? Trete ich zu Jesus hinzu, so bedeutet das die Trennung von allem, was mich ohne ihn berührt und beherrscht. Das schneidet durch alle menschlichen Beziehungen durch und löst mich von allen natürlichen Zielen ab. Wenn ich aber die natürlichen Güter hinter mir lasse, so trete ich auf jenen Weg, der zum Sterben führt, und wenn ich den Menschen nicht über mich Herr sein lasse, so mache ich ihn zu meinem Feind. Ich kann nicht auf die Freundschaft der Welt verzichten, ohne dass sie mir zur Feindin wird. So kommt auch zu mir, was Jesus das Kreuztragen nannte. Er legt es uns deshalb auf, weil er selber es trug. Er ging in das Leben durch das Sterben; darum besteht auch der Christenstand in der entschlossenen Bereitschaft zum Sterben. Er war nicht von der Welt und ließ sich von ihr nicht führen und wurde nicht ihr Knecht. Darum besteht auch unser Christenstand in der Trennung von der Welt. Er hatte sein Ziel nicht im Bereich der Natur, sondern schritt ins ewige Leben hinüber. Darum zieht auch uns der Christenstand von allem weg, was unser Fleisch und Blut begehrt, und zeigt uns unser Ziel im ewigen Leben. In diesem Sinn wird auch für uns alle das Leben aus dem Tod geboren.
Dass wir dem Bösen entsagen, das, lieber Herr, ist ganz und gar Gnade und der Natur gemäß. Schwer wird es uns aber, auch auf das Gute zu verzichten, das die Natur uns bereitet, und das Schöne zu missen, das wir bei den Menschen finden. Vor dem Sterben bangt die Seele. Nun gilt es, Dir zu glauben, willig zu entsagen und den Blick auf Dich zu richten, der Du zum Heil der Welt das Kreuz getragen hast. Amen. (Adolf Schlatter)

16:25 Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.

16:26 Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, damit er seine Seele wieder löse?
Die Welt gewinnen, das war das Ziel, das Jesus seinen Jüngern zeigte und unter das er ihr Wirken stellte. Weil er selber in die Welt gekommen ist, hat er auch die Seinen in die Welt gesandt, und wenn wir es einmal erfasst haben, was die Menschen sind, was ihnen fehlt, wenn sie in Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit verderben, und was sie empfangen, wenn wir ihnen die Gabe Gottes bringen, dann gewinnt das Ziel „die Welt gewinnen“ Riesenstärke. So gewiss die Barmherzigkeit Gottes und bewegt, können wir nicht müßig sein, und so gewiss wir glauben, gehen wir an das Werk. Nun stellt sich uns aber Jesus warnend in den Weg; was würde es dir helfen, wenn du den größten Erfolg erreichtest und nicht nur hier und da einige, sondern wirklich die Welt gewönnest, aber selber dem göttlichen Gericht verfielest, wenn du andere ins Leben führest und deine eigene Seele durch das verdammende Urteil Gottes stürbe? „Sorge für dich selbst“, das stellt Jesus neben die Worte, die uns für die anderen verpflichten, und er begründet seine Mahnung damit, dass kein anderer in Gottes Gericht für mich eintreten kann, weil es nichts gibt, wodurch Gottes Urteil entkräftet werden könnte. Ist dies auch heute für die Christenheit eine ernste Gefahr? Ihre Erfahrung zeigt beständig, wie unentbehrlich ihr die Warnung Jesu ist; denn sie hat sich selbst mit dem Bemühen, die Welt zu gewinnen, oft bitterbösem Schaden angetan. Es liegt so nahe, um des hohen Ziels willen auch falsche Mittel für heilig zu erklären und von der Wahrheit abzuweichen, um bei den anderen ein offenes Ohr zu finden. Bald ist es Furcht und bald stolze Eigenmächtigkeit, die aus der christlichen Arbeit Sünde macht. Der Sold der Sünde ist aber für alle der Tod; denn Gott hat keine Günstlinge. Der Dienst Gottes bleibt eine tiefernste Sache. Sieh dich vor, dass du dich nicht durch ihn verdirbst.
Du kennst, Herr Jesus Christus, nur die, die den Willen Deines Vaters tun. Wecke mein Ohr, dass es Dein Gebot höre und bewahre. Ich bitte Dich um Dein Wort, das zwischen Licht und Nacht in mir scheidet und meinen Willen reinigt. Amen. (Adolf Schlatter)


Als Christus Seinen Jüngern verkündiget hatte, daß Er bald werde leiden und getödtet werden, so nahm Ihn Petrus auf die Seite, fuhr Ihn sehr an, und sagte: HErr, schone Dein selbst, das widerfahre dir nur nicht! Diese unbescheidene und unverständige Rede, wegen welcher Petrus einen sehr scharfen Verweis bekam, gab Jesu den Anlaß, unter Anderem zu sagen: wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren: wer aber sein Leben verliert um Meinet willen, der wird’s finden. Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele u.s.w. Es ist Ein Wort, welches Leben und Seele in dieser Rede Christi bedeutet. man darf sein Leben verlieren, wenn es nur um Christi willen geschieht, und wenn man’s nur wieder findet, wie Er’s in der Auferstehung wieder gefunden hat. man kann’s aber auch erhalten wollen, und doch verlieren, und dieses heißt alsdann Schaden an seiner Seele nehmen, oder sein Leben auf eine unwiederbringliche Art einbüßen. Leben oder Seele ist dasjenige, was den sterblichen Leib bewegt, daß der Mensch durch denselben irdische Dinge empfinden, genießen und besitzen könne. Man muß seine Seele oder sein Leben verlieren um Christi willen, das ist, man muß sich selbst verleugnen, sein Kreuz auf sich nehmen, und Ihm nachfolgen, wie Er selber V. 24. gesagt hat. Man muß den Genuß und Besitz irdischer Dinge Seiner Liebe weit nachsetzen, man muß sich darin mäßigen, und endlich jenen Genuß und Besitz im Tod gern wirklich aufgeben: alsdann wird man seine Seele oder sein Leben finden, das ist, man wird ein Leben von einer höhern Art erlangen, da die Seele in einem verklärten Leib wohnen, und durch denselben himmlische Güter genießen wird. Wer aber sein Leben erhalten, oder den Genuß und Besitz irdischer Dinge auch wider die Ehre und den Willen des HErrn eine Zeit lang behaupten will, wird diesen Genuß und Besitz im Tode verlieren, und nichts dafür bekommen; es würde ihn auch nichts helfen, wenn er die ganze Welt gewonnen hätte, folglich für seine Seele oder sein irdisches Leben eine sehr reiche Weide bereitet hätte. Er würde doch sein Leben, wie er’s im irdischen Leib geführt hatte, folglich den Genuß der ganzen Welt auf einmal einbüßen. Seine Seele würde von ihm genommen, und wenn er alsdann unter die Todten gezählt ist, so kann man ihn fragen: weß ist’s nun, das du gewonnen und bereitet hast? Er kann auch, weil er nichts hat, nichts geben, womit er seine Seele oder sein Leben wieder löse; und wenn er auch die ganze Welt noch hätte, so würde sie doch kein gültiges Lösegeld für sein Leben oder seine Seele sein. Er wird todt sein, und auch bei der Auferstehung kein ewiges Leben bekommen, denn er wird nur zum Gericht auferstehen, um nach dem gefällten Urtheil den zweiten Tod leiden zu können. Denn es wird je geschehen, setzt Christus hinzu, daß des Menschen Sohn komme in der Herrlichkeit Seines Vaters mit Seinen heiligen Engeln: und alsdann wird Er einem Jeglichen vergelten nach seinen Werken. Er wird nämlich das Leben in einem verklärten Leib denjenigen geben, die ihr Leben im irdischen Leib um Seinetwillen gehaßt, verleugnet und verloren haben: über diejenigen aber wird ER das Todesurtheil fällen, die ihr Leben haben erhalten wollen.(Magnus Friedrich Roos)

16:27 Denn es wird geschehen, daß des Menschen Sohn komme in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln; und alsdann wird er einem jeglichen vergelten nach seinen Werken.
Christus sagt Matth. 25,31., des Menschen Sohn werde kommen in Seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit Ihm, und Er werde alsdann auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sitzen. Matth. 16,27. aber spricht Er: des Menschen Sohn wird kommen in der Herrlichkeit Seines Vaters mit Seinen Engeln. Die Herrlichkeit des Vaters ist also auch die Herrlichkeit des HErrn Jesu. Nun ist aber die Herrlichkeit des Vaters eine göttliche Herrlichkeit, die Er keinem Andern, der nicht Gott ist, geben kann (Jes. 48,11.), folglich ist der HErr Jesus wahrhaftiger Gott und Eines Wesens mit dem Vater, und anzubeten, wie der Vater, weil Seine Herrlichkeit eine göttliche Herrlichkeit ist. Die heiligen Engel, die sonst Engel Gottes, Engel des Jehovah genannt werden, sind auch Seine Engel, und werden durch die Pracht ihres Wesens, und durch die Willigkeit und Weisheit, womit sie Seine Befehle ausrichten werden, zur Verherrlichung Seiner Zukunft und Seines Gerichts dienen. Auch wird der große weiße Thron, auf dem Er sitzen wird, ein herrlicher Thron sein, wie es sich für einen göttlichen König und Richter geziemt. Wer ist nun dieser König der Ehren? Er ist eben derjenige, dem man im Richthaus Pilati, nachdem Er gegeißelt worden war, unter spottenden Geberden und Reden eine Dornenkrone aufsetzte, ein Rohr in die Hand gab, und einen Purpurmantel anlegte. Wenn Er aber in der Herrlichkeit Seines Vaters mit Seinen Engeln kommen wird, so wird Er einem Jeglichen vergelten nach seinem Werk oder Thun, wie auch Off. 22,12. bezeugt wird. Es kommt aber, wenn der Werth unsers Thuns bestimmt werden soll, nicht auf unsere gute Meinung an; denn denjenigen, welche die Apostel tödteten, meinten auch, sie thun Gott einen Dienst daran, Joh. 16,2. Auch nicht einmal der Nutzen, den der Mensch mit seinem Thun schafft, bestimmt den Werth desselben; denn es gibt Leute der Hand Gottes (Ps. 17,14.), das ist Leute, welche Gott als Werkzeuge braucht, um vielen Andern in gewissem Maße Gutes zu thun, und welche irdische Belohnungen von Ihm bekommen, in Sein Reich aber nicht taugen, weil sie für sich selbst weder die Rechtfertigung, noch die Heiligung erlangen. Man kann sogar Andere die göttliche Wahrheit mit Nutzen lehren, und sich selber nicht lehren, man kann Andern predigen, und selber verwerflich sein. Auch darf sich ein Mensch, der von dem Weg der Gottseligkeit abgewichen ist, auf das Gute, das er ehemals gethan hat, da es noch besser mit seiner Seele stand, nicht berufen; denn weil er abgewichen ist, so wird aller seiner Gerechtigkeit, die er ehemals gethan hat, am Gerichtstage nicht gedacht werden. Ezech. 18,24. Was muß es denn für ein Thun sein, welches dem HErrn Jesu am Tage des Gerichts gefallen kann? Es muß aus der Quelle der Wiedergeburt fließen. Es muß zur Ehre Gottes geschehen nach dem geistlichen Vermögen, das Gott dazu darreicht. Es muß eine Frucht des Geistes sein. Es muß endlich ein Thun sein, worin man bis zum Ende des Lebens fortgefahren ist. Lasset uns dieses Alles fleißig bedenken.(Magnus Friedrich Roos)

16:28 Wahrlich ich sage euch: Es stehen etliche hier, die nicht schmecken werden den Tod, bis daß sie des Menschen Sohn kommen sehen in seinem Reich.3)
Barmherziger Gott und Vater unsers Herrn Jesu Christi, gieb mir die Gnade des heiligen Geistes, daß ich über alle Versuchungen der Welt den Sieg davon trage, und nie meine, was menschlich, sondern allezeit, was göttlich ist, und Dir nie ärgerlich, geschweige denn ein Satan werde, wie Petrus in obigen Worten. Die Welt greift mich an mit Haß, Schmeicheleien und verkehrten Beispielen: lehre mich, den Haß der Welt gering zu achten, ihre Schmeicheleien abwenden, und die Nachahmung der Bösen meiden. Was wird gegen mich der Haß der Welt vermögen, wenn Deine Gnade wie ein Schild mich deckt? Wiederum, was wird mir’s nützen können, wenn alle Menschen mich mit Liebe umfassen, und Du indessen mit dem Grimm Deines Zorns mich verfolgst? Die Welt vergeht, es vergeht der Haß der Welt; Deine beständige Gnade allein aber währt ewig. Warum soll ich mich vor denen fürchten, die den Leib tödten, die Seele aber nicht tödten können? Der Glaube ist unser Sieg, der die Welt überwindet. – Aber nicht nur zur Linken greift mich die Welt mit Haß an, sondern sie sucht mich auch zur Rechten mit ihren Schmeicheleien anzulocken; sie hat einen stechenden Schwanz, aber auch ein schmeichlerisches Gesicht: gieb mir, o Christe, die Lieblichkeit der himmlischen Freude zu schmecken, daß alle Liebe zur Welt in mir untergehe. Der Geschmack meiner Seele ist verdorben, sie begehrt das Irdische, und die Verachtung der weltlichen Schmeicheleien scheint ihr bitter; aber Du, der Du die Dinge nach der Wahrheit schätzest, Du hast mich gelehrt, die Reizungen der Welt zu verschmähen, und hast gewollt, daß meine Seele zum Himmlischen erhoben werde. Wende daher ab mein Herz von den Liebkosungen der Welt, daß es, zu Dir gewandt, die wahren und geistigen Ergötzungen genieße. Was hat den nun verstorbenen Liebhabern der Welt der nichtige Ruhm, die kurze Freude, die geringe Macht genützt? Nichts ist von ihnen übrig geblieben, als Asche und Würmer; jetzt wird ihr Fleisch hier den Würmern zur Speise gegeben, ihre Seele aber dort mit ewigem Feuer gepeinigt; alle ihre Herrlichkeit ist verblüht, und wie Heu auf dem Felde verdorret. Verhüte, o Gott, daß ich nicht auf ihre Wege trete, damit ich nicht zu derselben Grenze des Elendes gelange; sondern führe mich durch die Ueberwindung der Welt zur Krone der himmlischen Herrlichkeit. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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