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Matthäus, Kapitel 11

Matthäus, Kapitel 11

11:1 Und es begab sich, da Jesus solch Gebot an seine zwölf Jünger vollendet hatte, ging er von da weiter, zu lehren und zu predigen in ihren Städten.

11:2 Da aber Johannes im Gefängnis die Werke Christi hörte, sandte er seiner Jünger zwei

11:3 und ließ ihm sagen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir eines anderen warten?
Ich kenne die Frage des Täufers auch und trage sie beständig in mir. Sie kommt mir, wenn ich die Macht spüre, die mein Leib über mich hat; sie kommt mir, wenn ich auf den Lebenslauf manches Christen sehe, der sich zeitlebens mit der Bürde seines Unverstandes schleppt; sie kommt mir bei der Betrachtung der Geschichte unserer Kirche mit allen Dunkelheiten, die auf ihr liegen, und nicht weniger beim Blick auf die gegenwärtige Christenheit und das, was sie zersplittert und entzweit. Ich halte es dabei wie der Täufer, der nicht imstande war, sein Warten einzustellen, auch wenn Jesus gegen seine Erwartung gesagt hätte: Ich bin nicht der Kommende. Auch dann bliebe er der Wartende. Ohne Hoffnung kann er nicht leben. Wäre er nicht ein Wartender, wie könnte er es in seinem Israel aushalten, dass er, als es zur Taufe kam, in seiner Not gründlich kennen lernte? Jesus lässt sich so fragen. Er hat den Täufer nicht gescholten, weil er ihn fragte, sondern hat ihn eben damals den Größten von allen Menschen genannt. Ihn fragte Johannes, bereit, an sein Wort sich zu halten, und damit erwies er ihm Glauben. Das ist für jede Frage das Merkmal, ob sie aus dem Glauben kommt, dass sie bereit ist, die Antwort Jesu zu hören. Sieh, sagte er dem Täufer, was ich mache. Blinde sehen, Lahme gehen. Ich bringe die gnädige Hilfe denen, die sie bedürfen. Den Herodes lasse ich in Ruhe und ziehe ihn nicht herab von seinem Thron. Gamaliel hole ich nicht aus seinem Lehrsaal und Kaiphas nicht aus dem Tempel heraus; sie sollen weiter ihres Amtes warten. Die Welt neu zu machen, dafür ist die Stunde noch nicht da. Da aber, wo aus einem zerbrochenen Leben die Bitte kommt: erbarme dich, da helfe ich. Ist die Antwort Jesu heute undeutlich geworden? Ist nicht das, was er mir gibt, gerade das, was ich brauche? Wo sehe ich den Vater, wenn nicht bei Ihm? Wo lerne ich glauben, wenn nicht bei Ihm? Was macht aus meinem Wirken, mag es noch so sehr mit Sündlichem vermengt sein, einen Gottesdienst, wenn er das nicht kann? Nun aber fasse es: Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert; selig ist der, dem ich nicht zum Anlass werde, dass er fällt.
Wir schreiten, lieber Herr, nicht über die Wellen, ohne zu schwanken. An das Unsichtbare uns zu halten, das bringen wir nicht fertig ohne die Angst, wir verlieren den Grund. Aber Deine Hand erfasst auch die auf den Wellen Schwankenden. Gelobt seist Du. Amen.(Adolf Schlatter)

11:4 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Gehet hin und saget Johannes wieder, was ihr sehet und höret:

11:5 die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein und die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das Evangelium gepredigt;1); 2)

11:6 und selig ist, der sich nicht an mir ärgert.
Von dem HErrn Jesu wird niemals in der Bibel gesagt, daß Er sich an etwas geärgert habe, ob Er gleich viel Böses unter den Menschen gesehen und gehört hat: denn nur derjenige ärgert sich, dessen Glaube, oder Liebe, oder Hoffnung durch dasjenige, was er sieht oder hört, geschwächt, oder der durch das Gehörte und Gesehene in die Gottlosigkeit, worin er schon steckt, noch weiter hineingetrieben wird. Wer aber das Böse, das er sieht und hört, in dem göttlichen Licht weislich beurtheilen, und Gottes Zulassung dabei preisen kann, ärgert sich nicht; wer aber in der Finsterniß wandelt, stößt oder ärgert sich leicht, ja er ärgert sich an Vielem, das heilig und gut ist. Es ist wunderbar, daß sich Viele auch an dem HErrn Jesu, der das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes war, geärgert haben, so lange Er auf Erden war, und Er deßwegen denjenigen selig gepriesen, der sich damals nicht an Ihm ärgerte. Es hat aber schon Jesaias Kap. 8,14.15. und Kap. 52,14. 53,23.3.4 von diesem Aergerniß geweissagt. Man ärgerte sich an Jesu wegen Seiner armen Mutter und Anverwandten, wegen Seines unansehnlichen Aufzuges, wegen Seiner Lehre, in welcher Er von Gott als Seinem Vater redete, und unter Anderem auch sagte: was zum Munde eingehe, verunreinige den Menschen nicht. Auch ärgerte man sich an Seiner Leutseligkeit, nach welcher Er mit den Leuten aß und trank, und insonderheit Sich zu Zöllnern und Sündern freundlich neigte, und nannte Ihn deßwegen einen Fresser und Weinsäufer, einen Zöllner- und Sündergesellen. Man ärgerte sich auch, weil Er den Sabbath nicht auf eine so abgeschmackte und übertriebene Weise hielt, wie die Juden nach der Anleitung ihrer blinden Lehrer zu thun gewohnt waren, und z.B. an demselben Kranke gesund machte. Vielleicht ärgerten sich auch Einige daran, daß Er dem Täufer Johannes nicht durch ein Wunder aus dem Gefängniß half. Man ärgerte sich auch an dem geringen Stand Seiner Anhänger; am allermeisten aber an Seinem letzten Leiden, und an Seinem Kreuzestod. Die Ursache dieses Aergernisses war diese, daß die Juden sich von dem Messias und von der Heiligkeit falsche Begriffe gemacht hatten, und lieber Jesum und Seine Lehre und Werke verwarfen, als daß sie von ihren eigenen Vorstellungen etwas abgegeben hätten. Heut zu Tage ist unter den Christen das Aergerniß an der Vorsehung Gotte, und an Seinen Kindern sehr gemein. Der Weg, demselben zu entgehen, ist dieser: haltet euch nicht selbst für klug; bleibet immer Schüler der Weisheit, und redet nie, als ob ihr Meister wäret; Gott ist allein weise, Alles, was Er thut, das ist recht; lasset euren Augen Seine Wege wohlgefallen; wandelt im Licht und in der Liebe; sehet auf euch selbst, und ziehet die Balken aus euren Augen; richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Kein Licht auf der Erde ist ohne Schatten, keine Heiligkeit ohne Mängel. Auch sind mancherlei geistliche Stufen und Gaben, und der HErr führt Seine Heiligen wunderlich. Endlich wird ein Jeder für sich selbst Rechenschaft geben müssen. Auch du, der du immer richtest, und dich ärgerst, und nirgends keine frommen Leute nach deiner Vorstellung finden kannst, wirst endlich Rechenschaft geben müssen, warum du nicht fromm, ja nicht frömmer als Andere, die du richtest, worden seiest.(Magnus Friedrich Roos)


DAs ist warlich ein seltzam Ergernis / da sich die Welt an Christo ergert / der Todten aufferwecket / Blinden sehend macht / Tauben hörend / und den Armen das Evangelium prediget etc. Wer solchen Heiland fur einen Teufel helt / was wil der fur ein Gott haben?
Aber da ligts / Er wil das Himelreich geben / So wil die Welt das Erdreich haben. Er wil gewisse / unvergengliche / ewige / selige und himlische Güter schencken / So wil die Welt irdische / vergengliche (da sie mehr sorge und angst von hat / denn lust und freude / der sie dazu kein augenblick sicher ist) haben.
Darüber scheiden sie sich / da ergert sichs. Denn auch die hohe heiligkeit der Heuchler / im grund nichts anders sücht / denn irdische ehre / fleischlichen willen / menschlichs Leben / Das doch alles vergehen und auffhören mus / und eben denn / wenn man am meisten drauff pocht und trotzt. (Martin Luther)

11:7 Da die hingingen, fing Jesus an, zu reden zu dem Volk von Johannes: Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu sehen? Wolltet ihr ein Rohr sehen, das der Wind hin und her bewegt?

11:8 Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Menschen in weichen Kleidern sehen? Siehe, die da weiche Kleider tragen, sind in der Könige Häusern.

11:9 Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch, der auch mehr ist denn ein Prophet.

11:10 Denn dieser ist's, von dem geschrieben steht: „Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.“3); 4); 5); 6)

11:11 Wahrlich ich sage euch: Unter allen, die von Weibern geboren sind, ist nicht aufgekommen, der größer sei denn Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer denn er.

11:12 Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis hierher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, die reißen es an sich.

11:13 Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis auf Johannes.

11:14 Und (so ihr's wollt annehmen) er ist Elia, der da soll zukünftig sein.

11:15 Wer Ohren hat, zu hören, der höre!

11:16 Wem soll ich aber dies Geschlecht vergleichen? Es ist den Kindlein gleich, die an dem Markt sitzen und rufen gegen ihre Gesellen

11:17 und sprechen: Wir haben euch gepfiffen, und ihr wolltet nicht tanzen; wir haben euch geklagt, und ihr wolltet nicht weinen.

11:18 Johannes ist gekommen, aß nicht und trank nicht; so sagen sie: Er hat den Teufel.

11:19 Des Menschen Sohn ist gekommen, ißt und trinkt; so sagen sie: Siehe, wie ist der Mensch ein Fresser und ein Weinsäufer, der Zöllner und der Sünder Geselle! Und die Weisheit muß sich rechtfertigen lassen von ihren Kindern.

11:20 Da fing er an, die Städte zu schelten, in welchen am meisten seiner Taten geschehen waren, und hatten sich doch nicht gebessert:

11:21 Wehe dir Chorazin! Weh dir, Bethsaida! Wären solche Taten zu Tyrus und Sidon geschehen, wie bei euch geschehen sind, sie hätten vorzeiten im Sack und in der Asche Buße getan.

11:22 Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon erträglicher gehen am Jüngsten Gericht als euch.

11:23 Und du, Kapernaum, die du bist erhoben bis an den Himmel, du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden. Denn so zu Sodom die Taten geschehen wären, die bei euch geschehen sind, sie stände noch heutigestages.

11:24 Doch ich sage euch, es wird dem Sodomer Lande erträglicher gehen am Jüngsten Gericht als dir.

11:25 Zu der Zeit antwortete Jesus und sprach: Ich preise dich, Vater und HERR Himmels und der Erde, daß du solches den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.
Der Anfang dieser Schriftstelle lautet sonderbar: „Zu derselbigen Zeit antwortete Jesus.“ Wenn man den Zusammenhang übersieht, so ist hier nirgends die Rede davon, dass Ihn jemand etwas gefragt, oder dass Er mit irgendeinem Menschen ein Gespräch geführt hätte. Dennoch heißt es: „Zu derselbigen Zeit antwortete Jesus und sprach: „Ich preise Dich, Vater.“ Wenn ein Mensch antwortet, so antwortet er einer Person, die mit ihm gesprochen hat. Wer hatte also mit Christo gesprochen? Sein Vater. Und doch wird an dieser Stelle nichts hiervon erwähnt; nun, das soll uns zeigen, dass der Herr Jesus in beständigem Umgang mit seinem Vater lebte, und dass Gott so oft, so unaufhörlich in seinem Herzen mit Ihm redete, dass dieser Umstand keiner besonderen Erwähnung bedurfte. Es war des Herrn Jesu Leben und Odem, mit seinem Gott zu reden. Und wie dies mit dem Herrn Jesu hienieden der Fall war, so sollte es auch mit uns der Fall sein; und darum wollen wir uns die wichtige Lehre aneignen, die sich aus dem angeführten Umstande aus dem Leben Jesu für uns ergibt. Möchten auch wir diesen stillen Herzensumgang mit dem Vater pflegen, und Ihm oft antworten; und wenn die Welt auch keine Ahnung davon hat, mit wem wir reden, so wollen wir doch jener Stimme antworten, die für jedes andre Ohr unhörbar ist, die aber unser von Gott, dem Heiligen Geiste, geöffnetes Ohr mit Freuden vernimmt. Gott hat zu uns geredet, so wollen wir denn auch zu Ihm reden, um entweder zu bezeugen und zu besiegeln, dass Gott treu und wahrhaftig ist in seinen Verheißungen; oder um die Sünde zu bekennen, welche uns Gott, der Heilige Geist, zum Bewusstsein gebracht hat; oder um die Gnadenerweisungen zu rühmen, die Gottes Vorsehung uns geschenkt hat, oder um unsre Bewunderung der großen Wahrheiten auszudrücken, für welche uns Gott, der Heilige Geist, das Verständnis geöffnet hat. Welch ein Gnadenvorrecht ist doch die innige Gemeinschaft mit dem Vater unsrer Seelen! Es ist ein Geheimnis, das der Welt verborgen ist, eine Freude, von welcher selbst der nächste unsrer Freunde nichts weiß. Wenn wir das Lispeln der Liebe Gottes vernehmen wollen, dann muss unser Ohr zuvor gereinigt und zum Hören seiner Stimme zubereitet werden. (Charles Haddon Spurgeon)


O mein Gott! nur mit deinen Kindern ist deine Vertraulichkeit unbegrenzt. Den Andern giebst du große Wissenschaften und Tugenden. Allein das ist nicht der beste Theil, welchen du für deine liebsten Kinder aufbehalten hast. Diese ruhen mit Johannes an deiner Brust. Die Großen, die da immer fürchten, sich herunter zu lassen und klein zu werden, die lässest du in ihrer Großheit. Sie werden nie etwas von deiner freundlichen Liebe und Vertraulichkeit genießen. Man muß ein Kind seyn, und mit dir gleichsam auf deinen Knien spielen, um dieser Vertraulichkeit gewürdiget zu werden. (Franciscus Fenelon)


Der HErr Jesus hat oft mit Seinem Vater geredet, und Niemand zuhören lassen, aber Matth. 11,25. u.ff. Joh. 11,41.42. Joh. 12,27.28. Joh. 17. und in der Leidensgeschichte sind einige Seiner Ansprachen an Seinen Vater beschrieben, bei deren Betrachtung unter anderem auch zu bemerken ist, wie Er Ihn genannt habe. Er nannte Ihn aber gemeiniglich Vater, am Oelberg: Mein Vater, Joh. 17.: heiliger Vater. Am Kreuz in tiefster Noth: Mein Gott, Mein Gott, Matth. 11,25. aber: Vater und HErr Himmels und der Erden. Alle diese Benennungen waren Ausdrücke Seines Herzens, und ein jeder derselben kam mit dem Zustand, worin Er jedesmal war, und mit der Sache, von welcher Er redete, überein. Niemand hat den Namen Gottes so geheiligt wie Er, Niemand hat ihn mit einer so geziemenden lautern und vollkommenen Ehrerbietung und Liebe ausgesprochen wie Er. Auch hierin ist Er unsere Gerechtigkeit worden, weil wir unreine Lippen haben, und unsere Reden von Gott und mit Gott viele Mängel haben, und einer Vergebung bedürfen.
Was nun die Ansprache Jesu an Seinen Vater anbelangt, die Matth. 11,25. beschrieben ist, so drückt in derselben das Wort Vater die lauterste Liebe, und der Name: HErr Himmels und der Erden die reinste Ehrerbietung aus. Der HErr Jesus glaubte immer, daß Er der Sohn Gottes sei, obschon der Teufel in der Wüste und ohne Zweifel auch zu andern Zeiten diesen Seinen Glauben angefochten hat, und nennt deßwegen Denjenigen, der aller Menschen Gott ist, mit der größten Gewißheit Vater, ja Er sagte am Oelberg mit einer großen Inbrunst zu Ihm: Mein Vater, welches keiner Seiner Jünger jemals gethan hat, oder hat thun dürfen, wie Er denn diese sagen hieß: unser Vater. Da Er Ihn aber den HErrn Himmels und der Erden nannte, so redete Er als derjenige, der freiwillig ein Knecht dieses HErrn worden, und Ihm in allen Stücken gehorsam war. Er betrachtete damals die Frucht Seines Lehramts, welches Er auf der Erde führte, um die Menschen zur Aufnahme in den Himmel tüchtig zu machen. Er dachte daran, wie das Evangelium, so deutlich Er’s auch vortrage, Einigen verborgen bleibe, Andern aber so klar werde, daß sie es glauben können. Jene nannte Er weise und kluge Leute, weil ihre gewohnte Weise zu denken sich zu dem Wesen der eitlen Welt reimte, und sie deßwegen dieselbe nicht aufgeben wollten, wenn sie das Evangelium, welches ihren Sinn ändern sollte, hörten: diese aber nannte Er Unmündige, weil sie wie Kinder keine vorausgefaßte Weisheit und Klugheit dem Evangelio entgegen setzten, sondern sich sagen ließen und glaubten. Anstatt Sich zu kränken, erhub Er Sein Herz bei dieser Betrachtung fröhlich zu Seinem Vater und sagte, derselbe habe, als der HErr Himmels und der Erden, das Evangelium jenen verborgen und diesen geoffenbart. Er entschuldigte damit jene nicht, weil Er ihnen sonst V. 21-24. keine Strafe hätte androhen können, sondern gab zu verstehen, der Vater habe Ihm ein solches Evangelium zu predigen befohlen, welches die Weisen und Klugen nicht fassen, und nur die Unmündigen durch seine Wirkung glauben können. Die Sünde solcher Weisen und Klugen besteht darin, daß sie nicht Unmündige werden wollen.(Magnus Friedrich Roos)

11:26 Ja, Vater; denn es ist also wohlgefällig gewesen vor dir.

11:27 Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater. Und niemand kennet den Sohn denn nur der Vater; und niemand kennet den Vater denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.
Habe ich ein Auge für Gottes Wirken? Soweit ich es habe, ist es Jesu Gabe. Ohne ihn wüsste ich nicht, ob ich irgendwo eine Spur von Gott wahrnähme, ob ich mich zur Natur, so mächtig sie von Gott spricht, anders stellte als ein Tierlein, ob ich mich auch bei der Betrachtung der Menschen und ihrer Geschichte irgendwo an Gott erinnern ließe, ob ich nicht mein eigenes Leben einig als mein Werk betrachten und, da diese Betrachtung immer scheitert und undurchführbar bleibt, nicht auch von einem blinden, vielleicht sogar grausamen Schicksal spräche, das mich vielfach gehindert habe. Ja, auch in der Schrift, auch im Neuen Testament würde ich schwerlich Gott erkennen, hätte mich die Wirkung Jesu nicht erfasst. Man kann auch ihn selbst betrachten, ohne Gott wahrzunehmen, und kann auch seiner Geschickte den gottlosen Sinn geben, den die Geschichte dann bekommt, wenn wir in ihr nur die in die Natur hinein gesetzten und von ihr bewegten Menschen sehen. Darin macht uns Jesus die Einzigkeit seiner Sohnschaft Gottes wahrnehmbar, dass er es ist, der uns den Vater zeigt, während da, wo er fehlt, Gott die Züge der Natur oder des Schicksals bekommt oder uns zum Gesetzgeber wird, der uns durch sein heiliges Buch regiert, wie Mohammed ihn gesehen hat. Dagegen den Vater zu erkennen, so dass ich durch ihn und bei ihm bin und für ihn lebe, das gibt uns Jesus allein. Die Einzigkeit seiner Sohnschaft gibt ihm die königliche Vollmacht, die uns alle von seinem Willen abhängig macht. Wenn ich dir den Vater offenbaren will, sagt er mir, dann erkennst du ihn; wenn ich dir dagegen meinen Dienst versage, bleibt er dir unbekannt. Er spricht als der Herr, dem niemand seine Gnade abzwingt. Soll ich mich deshalb vor ihm fürchten? Hier übt die Herrschaft nicht ein eigenwilliger Machthaber, sondern der Sohn, der keinen wegstößt, den der Vater zu ihm führt.
Das ist das ewige Leben, dass wir Dich kennen, allmächtiger Schöpfer und Vollender. Aber, ob wir auch umringt sind von Deinen Werken, erkennen wir Dich doch nicht, bis Du Dich uns im Kreuz Deines Sohnes offenbarst. Dort nimmt Deine gnädige Hand von unseren Augen die Hülle weg, dass wir Deine Liebe schauen, die es uns schenkt, dass wir Deine Kinder heißen. Amen.(Adolf Schlatter)


Gleichwie bei den tiefsten Aeußerungen der Niedrigkeit Jesu, nämlich bei Seiner Geburt und bei Seinem Kreuz und Grab, immer auch Offenbarungen Seiner Herrlichkeit durch Erscheinungen der Engel und durch Wunder zum Vorschein kamen, um das Aergerniß, das man an Seiner Niedrigkeit nehmen konnte, zu verhüten, also hat auch der HErr Jesus selbst durch Worte oft zu verstehen gegeben, daß, ob Er schon zuweilen dem Vater Alles zuschreibe, und von Sich selbst als des Menschen Sohn demüthig rede, solches doch nicht so zu deuten sei, als ob Er nicht auch der HErr über Alles sei. Joh. 5. hatte Er etlichemal gesagt, daß Ihm der Vater Alles zeige und gegeben habe; damit Er aber die Menschen vor der ihnen schädlichen Geringschätzung Seiner Person verwahren möchte, setzte Er hinzu: was der Vater thut, das thut der Sohn gleichermaßen, der Sohn macht Todte lebendig, welche Er will, es sollen Alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren, u.s.w. Mit eben dieser Vorsichtigkeit redet Er Joh. 10,29.30.; denn nachdem Er gesagt hatte: der Vater, der Mir Meine Schafe gegeben hat, ist größer denn Alles, so setzte Er, um allen Mißverstand zu verhüten, hinzu: Ich und der Vater sind Eins. Joh. 14. redete Er von Sich selbst sehr demüthig, und sagte sogar in der Rücksicht auf den Stand Seiner Erniedrigung: der Vater ist größer denn Ich, und: Ich thue, wie Mir der Vater geboten hat. Er mengte aber immer auch Zeugnisse von Seiner Herrlichkeit in Seine Rede ein, und sagte z.B.: glaubet an Gott, und an Mich glaubet; wer Mich siehet, der siehet den Vater; was ihr bitten werdet in Meinem Namen, das will Ich thun u.s.w. Ja Er schließt V. 23. den Vater und Sich in das Wörtlein Wir zusammen, welches keiner Person, die nur ein erschaffenes Wesen hat, gebührte, und sagt: Wir werden zu demjenigen kommen, der Mich liebet und Mein Wort hält, und Wohnung bei ihm machen. Diese Weise zu reden, die in vielen Stellen wahrzunehmen ist, trifft man auch Matth. 11,25-30. an; denn zuerst sagte der HErr Jesus mit einer innerlichen Freude: Ich preise Dich, Vater und HErr Himmels und der Erden, daß Du solches, nämlich das Evangelium, den Weisen und Klugen verborgen hast, und hast es den Unmündigen offenbaret. Ja Vater; denn es ist also wohlgefällig gewesen vor Dir. Damit man aber nicht meine, der Vater habe diese Einrichtung und Verordnung ohne den Sohn gemacht, so setzte Er hinzu: alle Dinge sind Mir übergeben von Meinem Vater. Wem also der Vater etwas verbirgt oder offenbart, dem verberge oder offenbare Ich’s auch. Gleichwie Niemand den Sohn kennt, denn nur der Vater, folglich die Erkenntniß des Sohns von der Offenbarung des Vaters durch den Heiligen Geist herkommt: also kennt Niemand den Vater, denn nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren. Er setzt hinzu: zu Ihm müsse man kommen, Er könne und wolle erquicken, Sein Joch müsse man aufnehmen, und von Ihm lernen, damit man Ruhe für seine Seele finde u.s.w. Aus diesem Allem erhellt, daß der Sohn der HErr über Alles, die Quelle alles Guten, und das höchste Ziel des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung sei, wie der Vater. Der Vater hat Ihm, insofern Er ein Menschen-Sohn ist, Alles übergeben, folglich kann Er nun als Gott und Mensch mit der höchsten Vollmacht offenbaren und verbergen, geben und nehmen, selig machen und verdammen. Ihm gebühret also eine unbegränzte Ehre und Anbetung. (Magnus Friedrich Roos)

11:28 Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
Kommet! ist der liebliche Zuruf, den die evangelische Heilsbotschaft an uns richtet. Das alttestamentliche Gesetz befahl in strengem Tone: „Gehe, habe acht auf deine Tritte, dass du richtig wandelst. Brich das Gesetz, so wirst du umkommen; halte die Gebote, so wirst du leben.“ Das Gesetz war ein Bund der Schrecknisse, der die Menschen vor sich hintrieb wie mit Geißelhieben; das Evangelium zieht die Sünder mit Seilen der Liebe. Jesus ist der gute Hirte, der vor den Schafen hergeht, der sie Ihm nachfolgen heißt und sie zu den lieblichen Höhen des Himmels leitet mit dem süßen Lockruf: „Kommet.“ Das Gesetz verstockt, das Evangelium lockt. Das Gesetz offenbart die Kluft, die zwischen Gott und Menschen befestigt ist; das Evangelium überbrückt den schauerlichen Abgrund, und trägt den Sünder sicher hinüber.
Vom ersten Augenblick deines geistlichen Lebens an bis hinaus zu deinem Eingang zur ewigen Herrlichkeit lautet Christi Einladung an dich: „Komm, ja, komm her zu mir.“ Gerade wie eine Mutter, die ihrem Kindlein den Finger darreicht und es zum Gehen ermutigt mit den Worten: „Komm,“ so macht‘s auch der Herr Jesus. Er bleibt allezeit vor euren Augen und heißt euch Ihm nachfolgen, wie ein Krieger seinem Heerführer nachfolgt. Er schreitet unaufhörlich vor euch her, um euch den Weg zu bahnen und euren Pfad zu ebnen, und ihr vernehmt seine aufmunternde Stimme, wie Er euch durch euer ganzes Leben hindurch Ihm nachfolgen heißt; und in der feierlich ernsten Stunde des Todes ruft Er euch mit dem köstlichen Zuruf ab in die himmlische Heimat: „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters.“ Aber dies ist nicht allein Christi Zuruf an dich, sondern, wenn du an Ihn glaubst, so ist‘s auch dein Sehnsuchtsruf nach Ihm: „Komm! ja, komm!“ Dich verlangt sehnlich nach seiner zweiten Zukunft; du rufst aus: „Komm bald; ja, komm, Herr Jesu!“ Du seufzest nach innigerem und herzlicherem Umgang mit Ihm. So wie seine Stimme dir zuruft: „Komm,“ so antwortet Ihm deine Stimme zurück: „Komm, o Herr, und bleibe bei mir. Komm, und nimm alleinigen Besitz von meinem Herzen, wohne und throne darin; herrsche darin unumschränkt und mit ungeteilter Gewalt, und heilige mich ganz zu Deinem Dienst.“ (Charles Haddon Spurgeon)


Wir, die errettet sind, finden Ruhe in Jesu. Die, welche nicht errettet sind, werden Ruhe empfangen, wenn sie zu Ihm kommen, denn hier verheißt Er, sie zu „geben“. Nichts kann freier sein, als eine Gabe; laßt uns fröhlich annehmen, was Er fröhlich gibt! Ihr sollt sie nicht kaufen noch borgen, sondern sie als eine Gabe annehmen. Ihr mühet euch ab unter der Peitsche des Ehrgeizes, der Habgier, der Lüste oder der Sorge: Er will euch aus dieser eisernen Knechtschaft befreien und euch Ruhe geben. Ihr seid „beladen“, - ja, schwer beladen mit Sünde, Furcht, Sorge, Gewissensangst, Todesfurcht, aber, wenn ihr zu Ihm kommt, will Er euch entlasten. Er trug die zermalmende Masse unsrer Sünde, damit wir sie nicht länger trügen. Er machte sich zum großen Bürdenträger, damit jeder Schwerbeladene aufhörte, unter dem furchtbaren Drucke sich zu beugen.
Jesus gibt Ruhe. Es ist so. Willst du es glauben? Willst du die Probe versuchen? Willst du das sogleich thun? Komme zu Jesu, indem du jede andre Hoffnung aufgibst, an Ihn denkst, Gottes Zeugnis über Ihn glaubst und Ihm alles anvertrauest. Wenn du so zu Ihm kommst, so wird die Ruhe, die Er dir geben wird, tief, sicher, heilig und immerwährend sein. Er gibt eine Ruhe, welche sich zum Himmel entwickelt, und Er gibt sie noch diesen Tag allen, die zu Ihm kommen. (Charles Haddon Spurgeon)


Jesus sagt: „Kommet zu mir, - nicht zu jemand anders, sondern zu mir.“ Er sagt auch nicht: „Hört eine Predigt über mich,“ sondern er sagt: „Kommet zu mir. Kommet zu mir, gleich und ohne Vermittler.“ Ja, kommt gleich zu Jesus, kommt zu Jesus selbst. Ihr braucht einen Vermittler zwischen Gott und euch, aber ihr braucht keinen Mittler zwischen euch und Christus. Jesus Christus ist der Mittler zwischen euch und dem Vater; ihr braucht niemanden, der zwischen euch und Christus steht. Zu ihm dürfen wir unmittelbar und mit unverhülltem Angesicht aufschauen, so sündhaft wir auch sein mögen. Erquickung und Herzensfrieden ist mehr wert als alles Gold. Friede zu haben, dar die Seele nicht mehr hin- und hergeworfen wird; sich sicher, fröhlich, glücklich zu fühlen, das ist besser als alle Schätze der Welt. Eines Menschen Leben besteht nicht darin, daß er die Fülle aller Güter hat; mancher Arme ist glücklicher als der Besitzer großen Gutes, denn nicht Reichtum, sondern Genügsamkeit gibt Frieden.
Das Kräutlein Seelenfrieden wächst oft in einem kleinen Garten; glücklich, wer es immer am Herzen trägt. Denn dieses Gut,. das Jesu allen verheißt, die zu ihm kommen, leuchtet heller als Perlen und Edelsteine. Unser Herr Jesus kann allen Mühseligen und Beladenen Ruhe geben. Er verheißt nicht mehr als er leisten kann. Du magst noch so schwarz und greulich aussehen - er kann dich befreien, er kann es und er will es, zweifle nicht daran.
Kommet zu mir, sagt er, und ich will euch Erquickung geben. Das ist das Evangelium. Du sagst: „Herr, ich kann dir nichts geben.“ Er verlangt auch nichts. Er gibt. Nicht was du Gott gibst, sondern was er dir gibt, dient zu deiner Seligkeit. So komm doch und nimm; Gottes Gabe liegt offen vor dir. Wenn du auch als Jesu Jünger ihm dein ganzes Leben dientest, du machst ihn dadurch nicht reicher. Er ist für dich gestorben, kannst du ihm daß jemals vergelten? Er lebt im Himmel und bittet für dich und liebt dich; kannst du ihn dafür belohnen? Unsere Hoffnung liegt nicht in dem, was wir ihm etwa geben könnten, sondern in dem, was er uns gibt. Es kommt für uns alle ein Tag, wo wir uns nach Ruhe und Erquickung sehnen. Wir brauchen sie auch jetzt schon notwendig, und ohne sie führen wir ein trostloses Leben. Wenn wir auch haben, was unser Herz wünscht, fühlen wir doch, daß wir nicht glücklich wären ohne unseren Heiland. Wir alle müssen sterben, und was dann? Ein junger Mann sagte zu seinem Vater: „Es geht mir jetzt ausgezeichnet in meinem Geschäft; wenn es so weiter geht, wohin führt das schließlich?“ „Ins Grab,“ antwortete der Vater. Ja, so ist es. Alles Irdische endet hier auf Erden. Wären wir doch immer bereit zum Sterben! Wer recht zum Leben bereit ist, der ist auch bereit zum Sterben. Der Tod brauchte keinen plötzlichen Ruck in unsrem Dasein zu machen, das Leben sollte dahinfließen wie ein Strom, der ganz von selbst endlich ins Meer einmündet; aber das ist nur möglich, wenn es in dem rechten Bette dahinfließt. Wenn wir jetzt auf dem rechten Wege sind, auf dem Weg des Glaubens, der Liebe, der Gottesfurcht, und auf dem Weg beharren, so wird Jesus am letzten Gerichtstage wieder zu uns sagen: „Kommet her; kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, und ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt.“ (Charles Haddon Spurgeon)


Wie ein schwerer Stein kann die Erinnerung an Gott auf unsere Seele fallen, so dass sie uns zur Last wird, die wir mühsam und keuchend schleppen. Auch für viele, die sich zur Kirche halten, ist ihr Anteil an ihr eine drückende Bürde, die man tragen muss, weil man sie nicht entbehren kann, aber nur mühsam trägt. Was würde aus dem Menschen, was würde aus unserem Volk, wenn es keine Religion mehr gäbe? Davor erschrickt man; aber schwer bleibt es doch, fromm zu sein, schwer, richtige Busse zu tun, schwer, mit Gott ins Reine zu kommen. Aus solchem Druck kann angestrengte Arbeit entstehen, die sich entschlossen und ernsthaft um die Erreichung des religiösen Ziels bemüht. In der Gemeinde, in der Jesus stand, waren solche „Arbeitende“ und „Lastträger“ zahlreich vorhanden. Weil sie im Aufblick zu Gott einzig an sein Gesetz dachten, bekam ihr Gottesdienst leicht Ähnlichkeit mit dem, was der Lastträger tut. Mich selber fromm zu machen ist freilich ein hartes Geschäft, das immer von neuem anfängt und nicht zum Ziele kommt. Kommt zu mir, sagt Jesus allen, die sich mit ihren religiösen Pflichten abmühen, allen, die nach Gerechtigkeit ringen und bei diesem Bemühen scheitern, allen, deren Frömmigkeit ein Suchen nach Gott blieb, das nicht zum Frieden kam. Bei ihm sehen wir eine andere Frömmigkeit als die der atemlos Arbeitenden, als die der Lastträger. Was Gott dem Volk verhieß, als er ihm den Sabbat gab, das war Jesu Eigentum. Er ruht und sein Ruhm gibt nicht nur der Hand, sondern der Seele die Ruhe. Was hilft es, wenn die Hände ruhen und die Gedanken toben und die Begehrung fiebert und das Herz mit wildem Stoß sich selbst bekämpft? Arbeitete denn Jesus nicht? Ich wirke, sagte er, denn der Vater wirkt. Trug er keine Last? Gottes Lamm trug die Sünde der Welt und trug sie an das Kreuz. Das zieht ihn aber nicht aus seiner Ruhe heraus; er hat sie in seinem Wirken und seinem Leiden. Was hat diesen völligen Unterschied hervorgebracht? In der mühseligen und belasteten Frömmigkeit beschaut der Mensch sich selbst, beschäftigt sich mit sich selbst und bleibt immer bei sich selbst. Bei Jesus wird Gott sichtbar und seine Gnade tut ihr Werk. Wenn Gott erscheint, entsteht Stille. Nun ruhen wir.
Weil ich mich oft mit mir selber beschäftige und plage und unter dem, was ich tun soll, müde und wund werde, höre ich, o Herr, mit tausend Freuden auf Deinen Ruf; Komm zu mir, die Ruhe findest du bei Mir. An der Herrlichkeit Deiner Sohnschaft Gottes sehe ich, was auch mir die Ruhe gibt. Amen. (Adolf Schlatter)

11:29 Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
David sagt Ps. 23,1.2.3.: der HErr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln – Er führet mich zu den Wassern der Ruhe – Er erquicket meine Seele. Ps. 19,8. aber und in vielen Stellen des Ps. 119. preiset er die erquickende Kraft des göttlichen Wortes. Das Hohe Lied aber ist eine sehr rührende Beschreibung geistlicher Erquickungen, so treue Seelen von dem Sohn Gottes empfangen. Jesaias gibt dieses als den Inhalt der Verheißungen und des Evangelii an, daß man zu den Menschen sage: so hat man Ruhe, so erquicke man die Müden, so wird man stille, wiewohl er hinzusetzt: aber sie wollen doch solcher Predigt nicht. Der HErr Jesus entdeckt aber Matth. 11,28. am deutlichsten, wer eine geistliche Erquickung gebe, und worauf es hiebei ankomme. Die Mühseligen und Beladenen, sagt Er, sollen zu Ihm kommen, Er wolle sie erquicken. Die Seele ist nämlich nicht nur ein denkendes, sondern auch ein empfindendes Wesen, und hat, wenn sie wiedergeboren ist, neue Sinnen, wodurch sich der HErr Jesus ihr zu genießen geben, und sie erquicken kann. Nach denselben kann sie schmecken und sehen, wie freundlich Er ist, Ps. 34,9. Wenn Er unsichtbar zu ihr nahet, so kann sie die angenehme Inbrunst fühlen, welche die Jünger auf dem Weg nach Emmaus empfunden haben. Ja wenn diese ihre geistlichen Sinnen recht erstarkt sind, so ist ihr nichts von allem demjenigen versagt, wovon Salomo im Hohen Lied zeugt. Dieses sind geheime Erfahrungen, wovon schon viele Heilige und Geliebte Gottes gezeugt haben, die man aber denen, welche sie nicht haben, mit Worten nicht begreiflich machen kann. Der HErr Jesus erquickt also die Mühseligen und Beladenen, wenn sie das erste Mal zu Ihm kommen, zum ersten Mal, hernach aber noch öfter, und richtet dadurch die Frucht des Geistes in ihnen an, welche das Gesetz nicht hervorbringen konnte; diese Frucht aber ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmuth, Keuschheit, Gal. 5,22. Welch’ eine süße Frucht ist dieses, die gewiß aus einer süßen Wurzel hervorwachsen muß! Wenn also gleich diese Erquickungen nicht an Einem fort währen, so bleibt doch ihre Frucht beständig. Nach einer andern Vorstellung kann man sagen, daß solche Christen das Joch Christi, welches sanft ist, anstatt der vorigen Bürde auf sich lieben haben, das ist, von Ihm als ihrem HErrn freundlich regiert werden, und von Ihm täglich lernen, was sie glauben und thun sollen, folglich Seine leichte Last tragen, wie denn die Propheten ihre Lehre oder Weissagung eine Last des HErrn zu nennen pflegten. Hiebei dürfen sie sich nicht mehr mit den Kräften ihrer Natur zerarbeiten, wie vorher, weil die Last oder Lehre Jesu ihnen selbst geistliche Kräfte gibt. Weil sie schwach sind, kommt ihnen die Sanftmuth Jesu, und weil sie gering und verächtlich sind, Seine herzliche Demuth zu statten. Und so finden sie eine Ruhe für ihre Seelen, welche ein Angeld und Vorschmack der ewigen Ruhe ist. Sind wir nun zu Jesu gekommen? Und kommen wir, so oft wir uns mit irdischen Dingen bemüth, oder gar befleckt haben, täglich zu Ihm? Ach es geschehe also; denn wir dürfen nicht meinen, daß Er bei Seiner unermeßlichen Liebe unserer müde werde; wie Er denn selber Joh. 6,37. sagt: wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.(Magnus Friedrich Roos)


Sanftmütig und zugleich einladend steht Jesus hier vor uns. Manche halten sich für sanft, wenn sie teilnahmslos zusehen, wie andere des Herrn Kriege führen und Schlachten schlagen. Weit gefehlt! Eine feige Natur mag solches Betragen an den Tag legen, Sanftmut nicht. Berufene können dem Fortgang des Werkes Christi nie gleichgültig gegenüberstehen. Sie dürfen nicht mit verschränkten Armen zusehen, was andere leisten. Auch haben sie sich frei zu halten von dem gefährlichen Wahn, als mache sich alles nur so von selbst nach einem unabänderlichen Rat und Willen Gottes. Ebenso dürfen die Begnadigten keine Kellerpflanzen sein. An die freie Luft gehören Gottes gerechte Pflanzungen. Im Geistesleben ist die Entfaltung und Entwicklung sehr wichtig. Mit stillem Schweigen ist noch lange nicht alles getan. Schweigen kann eine schmähliche Verleugnung des Herrn und der Zugehörigkeit zu seiner Gemeinde bekunden. Wenn Sünden und Laster um uns her im Schwange gehen, dürfen wir nicht schweigen. Sollte dir diese Sprache fremd klingen? Jesus ist der Sanftmütige. Schaue hinein in Sein Leben, und du verstehst, was ich sage. Er war keineswegs empfindlich. Und wie energisch ist Er den Pharisäern entgegengetreten! Schwache Jünger aber konnte Er tragen, und Er trug sie mit großer Geduld. Dies ist der rechte Priestersinn. „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“, sagte Er zu Petrus. Wir verspüren und erkennen es, dass wir Ihm auch hierin durchaus ähnlich werden müssen. In der Gemeinschaft mit Ihm nur wirst du Seiner Natur teilhaftig. (Markus Hauser)


Wenn ein Mensch vom Geist Gottes erweckt und angetrieben wird, für seine Seligkeit zu sorgen, so strengt er gemeiniglich aus Mangel des nöthigen Lichts zuerst die Kräfte seiner Natur an, um fromm zu werden, und dadurch Ruhe für seine Seele zu erlangen. Nun ist zwar solches nicht ohne allen Nutzen, und der Geist Gottes wirkt unter die menschlichen Bemühungen auch hinein: doch wird der Mensch nach und nach inne, daß es nicht an seinem Wollen oder Laufen liege, sondern an Gottes Erbarmen, daß Christus die Wahrheit gesagt habe, da Er gesprochen habe: ohne Mich könnet ihr nichts thun, und daß diejenige Arbeit in der Bekehrung, wobei man nicht zu Christo kommt und an Ihn glaubig wird, keine Ruhe gewähre, sondern nur ermüde. Neben dieser Arbeit gibt es auch Lasten gesetzlicher Lehren und Menschen-Gebote (Matth. 23,4.), und andere Plagen, auch fühlt der Mensch seine Sünde als eine schwere Last. Was ist nun solchen Mühseligen und Beladenen zu rathen? Sie sollen zu Christo kommen. Er ruft ihnen selber zu: kommet her zu Mir. Wie sollen sie aber zu Ihm kommen, da sie nichts vermögen? Sein Ruf gibt ihnen Kraft zum kommen, und ziehet sie zu Ihm. Wenn sie aber zu Ihm kommen, wie wird Er sich gegen ihnen erzeigen? So, wie Er Matth. 11,28. versprochen hat, da Er sagte: Ich will euch erquicken. Und fürwahr Er ist’s allein, der die müden Seelen erquicken kann, wenn er Sich mit Gnade zu ihnen wendet, sie der Vergebung ihrer Sünden vergewissert, sie freundlich anblickt, und Seine Liebe fühlen läßt. Sie sollen aber auch fromm und weise werden. Freilich: aber auch dafür will der freundliche und treue Heiland sorgen. Sie sollen’s durch Ihn werden; Er sagt deßwegen: nehmet auf Mein Joch, lasset mich euren HErrn sein, unterwerft euch williglich dem sanften Regiment, das Ich durch Meinen Geist in euch führen will, damit ihr einen wohlgeordneten und heiligen Wandel führen könnet, und lernet von Mir, damit ihr weise werdet; denn Ich will euch das Verständniß öffnen, daß ihr die Schrift in allen nöthigen Artikeln und bei allen vorkommenden Fällen verstehet. Allein solche Seelen sind blöde und schwach und sehr elend und verächtlich. Wohlan, der Heiland ist aber sanftmüthig, und weiß die Blöden zu trösten und der Schwachen zu warten. Er zerbricht kein zerstoßenes Rohr, und löscht kein glimmendes Docht aus, sondern bringt beide durch eine sanftmüthige Behandlung zurecht. Was entsteht endlich aus diesem Allem? dieses, daß die Kommenden Ruhe für ihre Seelen finden; diejenige Ruhe nämlich, welche ihnen ihre eigene Arbeit nicht verschaffen konnte, und woran sie die Lasten, die sie tragen müssen, gehindert hatten: das Joch oder Regiment Christi aber hindert sie nicht daran, denn es ist sanft, und Seine Last oder Seine Lehre stört sie ihnen nicht, denn sie ist leicht. Unter dem Joch Christi arbeiten sie auch, aber in der Ordnung und bei dem Genuß des Friedens Gottes, und Seine Last hält sie auch in den Schranken eines demüthigen Gehorsams, läßt sie aber dabei eine erquickliche Seelenruhe empfinden.(Magnus Friedrich Roos)

11:30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.7); 8); 9)
Christus hat allein die Macht, die mühseligen und beladenen Seelen zu erquicken. Und doch versucht man es zuerst mit jedem andern Trost und Tröster, ehe man dem einen und rechten Raum giebt. Vielen Menschen darf man gar nicht von Christus reden; sie wittern gleich Bekehrungssucht oder Pietismus. Andere sind noch nicht mühselig und beladen genug; sie nippen noch gern an den Freudenbechern der Welt, auch mit einem halbkranken Herzen und einem halbgeschlagenen Gewissen. Andere erkennen wohl, daß es anders mit ihnen werden muß, aber nur heute nicht; morgen vielleicht, übermorgen gewiß. Und so geht der Freund der Mühseligen und Beladenen von einer Thür zur andern, und findet doch keinen Eingang. – Ach, Herr Jesu, mache Du mich nur recht mühselig und beladen in einer ernstlichen Buße, daß ich mein Sündenelend einsehe, schmerzlich empfinde und bereue; aber bei dem Gesetze laß mich dann nicht zu lange bleiben, mich darunter zu ängstigen und zu quälen durch einen knechtischen und furchtsamen Geist. Durch Dein gnadenreiches Evangelium rufe meiner geängstigten und betrübten Seele, daß ich mit Begierde und in Zuversicht des Glaubens zu Dir komme und mit Deinem Trost der Vergebung der Sünden innig und süß erquickt werde. Neige endlich auch meinen Nacken unter das Joch Deiner Gebote und Deines Kreuzes, und stelle Dich meinem Herzen beständig zum Beispiel der Demuth und Sanftmuth vor, so werde ich wahre innerliche und äußerliche, zeitliche und ewige, leibliche und geistliche Ruhe für meine Seele finden und erlangen. Ach, gieb mir’s in der That zu erfahren, was Du gesagt hast: Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht!
O sanftes Joch, o leichte Bürde, die Jesus auf die Seele legt, o höchstes Glück, o größte Würde für den, der es mit Freuden trägt! Dem, der es willig auf sich faßt, dem hilft der Heiland selbst es tragen, so daß er kann mit Wahrheit sagen: o sanftes Joch! o leichte Last! Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Wir haben Ruhe in Gott nach Maßgabe unseres Seins in Ihm. Der Anfänger kann aufgeregt sein; wer rein ist von den Sünden durch das Opfer Christi, der ruht in Gott. Manche sind jahrelang fromm, und doch kennen sie die Ruhe noch nicht. Warum? Sie sind nicht abgewaschen vom Zorn, vom Neid, von lieblosen Urteilen über andere. Die Sünde herrscht noch in ihren Gliedern, darum sind sie unruhig und unselig. Wessen Übertretungen vergeben sind, dessen Herz findet Frieden in Gott. Dieser Friede wächst. Er wird tiefer, umfassender, völliger, je länger und treuer wir wandeln vor Ihm. Aber erst dann wird die Ruhe des Volkes Gottes vollkommen sein und den ganzen Menschen erfüllen, wenn wir Jesus in Seiner Herrlichkeit sehen werden und als Verklärte stehen dürfen vor Seinem Angesicht. Menschen, die in Gott ruhen, kennst du daran: sie werden nicht mehr zornig, böse, bitter, nicht mehr hochmütig und verzagt. Freilich nur solange, als sie sich vom Heiligen Geist regieren lassen. Dennoch genießen sie die Ruhe erst vollkommen im ewigen Leben. Auch ihr Herz hat noch ungestillte Tiefen. Je erprobter unser Glaube ist, desto bestimmter und ausgeprägter ist auch unser Verlangen und Sehnen nach der Vollendung, nach dem Schauen Gottes. „Wir möchten sehen dein Angesicht!“ seufzen wir. Darum nur getrost, wenn wir Jesu Eigentum sind und in Gottes Wegen wandeln, werden wir mehr und mehr und endlich ganz zur Ruhe kommen im dreieinigen Gott. Der Vater führt zum Sohne, und wenn Jesus durch den Heiligen Geist sich hat offenbaren können, dann führt Er hin zum Vater. Gott aber ist unser seliges Ziel. (Markus Hauser)


Glaube ich das wirklich oder trete ich denen bei, die sagen, das Gebot Jesu sei schwer, sogar unerfüllbar, niemand könne es halten? War es nicht leichter, nach der jüdischen Weise fromm zu sein? Man blieb bei der Sitte, tat, was sie vorschrieb, und war dadurch ein Glied der Gemeinde, vor den Menschen in Ehren und bei Gott wohl angeschrieben. So stellt sich Jesus nicht zu uns, sondern greift nach uns und macht sich unser inwendiges Leben untertan. Er lässt nichts Halbes zu, keinen halben Gehorsam, keine zersplitterte Liebe. Das ist freilich schwer, ja unmöglich, wenn ich auf mich selbst sehe. Ich müsste träumen, wenn ich den Mut nicht verlöre, wenn ich das, was Jesus gebietet, neben das stelle, was ich bin und kann. Allein Jesus ruft uns zu sich, heraus aus der Schar der Lastträger, denen ihre Frömmigkeit wie eine schwere Last auf dem Nacken liegt. Sein Joch nennt er sanft, das, mit dem er uns unter seine Leitung stellt und ihm folgsam macht, und seine Last heißt er leicht, die, die seine Hand uns reicht. Sowie ich meinen Blick von mir los machen kann und ihn anschaue, dann verstehe ich, dass er mir sagt: ich quäle dich nicht und stelle dich nicht in einen freudlosen Dienst und mute dir nichts zu, was dich erdrückt. Sehe ich auf ihn, so weiß ich: hier spricht die Güte, auch wenn er gebietet; hier spricht der Vergebende, auch wenn er verpflichtet; hier spricht der Gebende, auch wenn er fordert. Er fordert alles; denn er gibt alles. Er fordert Glauben; denn er hat die Gnade; er fordert Gehorsam; denn er versöhnt uns mit Gott. Er kann auch verlangen, dass ich mein Kreuz anfasse; denn er gibt das Leben. Weil er gibt, fordert er und darum ist sein Joch sanft und seine Last leicht. Uns umtönt, lieber Herr, beständig das Gerede der Menschen und ihre Gedanken setzen sich in uns fest. Sie heißen Dich einen harten Herrn, weil sie nicht gehorchen wollen, und nennen Deinen Weg unmöglich, weil es der der Liebe ist. Ich will nicht auf die Menschen hören, auch nicht auf meine Stimme, sondern auf Dich und Du wirst es mich erfahren lassen, dass Deine Hand, die mich führt, gütig ist. Amen. (Adolf Schlatter)


Hier haben wir erstlich eine ernstliche Strafpredigt vor uns, darinnen unser Heiland dem jüdischen Volk seine Unart und Bosheit zu Gemüth führet, indem es die Weisheit Gottes diesen Leuten niemals hat recht machen können. Sie haben nämlich an Johannes, dem exemplarischen Bußprediger, dieses, an Ihm, dem HErrn Jesu, hingegen wiederum was anderes zu tadeln gewußt - und keinem von beiden gehorchet, daß sie wahre, rechtschaffene Buße gethan hätten.
Es ist ja erschrecklich zu hören, wenn Christus bezeuget, Er habe Seine meisten Thaten in den Städten des Landes Galiläa gethan, die sich aber dadurch nicht gebessert; wie Er denn deßwegen über Chorazin, Bethsaida und Capernaum das Wehe ausrufet - und nicht nur meldet: wenn in Tyro und Sidon - oder auch in Sodoma dergleichen Thaten vormals geschehen wären, so würden die Inwohner im Sack und in der Asche Buße gethan - und damit das Verderben von ihren Städten abgewendet haben, sondern auch verkündiget, daß es Tyro und Sidon - und der Sodomer Lande am jüngsten Tage träglicher, als jenen, ergehen, das ist, daß ihre Verdammniß nicht so groß seyn werde.
Das sollten denn unsere heutigen Christen, die sich des heiligen Evangelii mit dem Munde rühmen, und bei welchen Gott der HErr an Zeichen und Beweisthümern Seiner Macht und Gnade es nicht fehlen lasset, die aber wenig Christliches an sich haben - und größtenteils dem Evangelio gar nicht gemäß handeln, ja es ärger treiben in der Welt, als manche ungläubige Heiden und Türken, - unsere heutigen Christen, sage ich, sollten jene Verkündigung Christi zu ihrer Warnung merken, damit sie nicht, wie die Knechte, die ihres Herrn Willen wissen, sich aber nicht bereiten, darnach zu thun, einstens doppelte Streiche leiden müßten, sondern sich lieber beizeiten vor Christo, dem Heiland, demüthigen - und Seiner wohlgemeinten Unterweisung ergeben möchten.
Dazu läßt denn auch derselbe in dem Verfolg dieses Kapitels sie und alle, welche ihrer Sünden wegen herzlich betrübt und angefochten, das ist, wie der Text sagt, mühselig und beladen sind, auf das freundlichste ein, indem es heißet: „Kommet her zu Mir alle, die ihr mühselig und beladen seyd, Ich will euch erquicken. Nehmet auf euch Mein Joch, und lernet von Mir; denn Ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn Mein Joch ist sanft, und Meine Last ist leicht.“
Wollen nun die Weisen und Klugen dieser Welt Christi Joch und Last, das ist. Seine Lehre und Sein Kreuz, Seine Sanftmuth und Demuth nicht achten, kommt ihnen das Christenthum allzuschwer und verdrießlich vor, so mögen sie auch zusehen, wenn dermaleinst - bei aller ihrer Weisheit und Klugheit - ihre Seele keine Ruhe noch Erquickung finden kann. Denn „die Gottlosen haben keinen Frieden“, spricht Gott Jes. am 48.
Hingegen offenbaret sich der Rath der göttlichen Weisheit in Jesu Christo den Unmündigen, das ist, dem kleinen, verachteten Häuflein derer, die in Einfalt des Glaubens Christo nachwandeln - und immer mehr in Seiner Schule Demuth und Sanftmuth lernen - zu ihres Glaubens Trost und Stärke.
Der HErr Jesus dämpfe in uns allen Widersinn des sündlichen Fleisches, allen Stolz und Hochmuth des Herzens - und lasse uns nach Seinem Vorbild, da Er Sich so tief erniedriget - und für Seine Kreuziger gebeten hat, auch sanftmüthig und demüthig werden. Amen. (Veit Dieterich)

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