Luther, Martin - Vorrede auf den Propheten Haggai.
(zuerst 1532 erschienen.)
Haggai ist der erste Prophet, so nach dem Gefängniß Babel dem Volk gegeben ist, durch welches Weissagung der Tempel und Gottesdienst wieder angerichtet ward. Dazu ihm hernach uber zween Monden Sacharia zum Gesellen gegeben ward, auf daß durch zweier Zeugen Munde Gottes Wort deste gewisser gegläubt würde. Denn das Volk war fast in Zweifel gefallen, ob der Tempel sollt wiederumb gebauet werden.
Und wir achten, daß von diesem Propheten Danielis am 9. (V. 25.) gesagt sei, da er spricht: Von der Zeit an, so der Befehl ausgehet, daß Jerusalem soll wiederumb gebauet werden, bis auf den Fürsten Christum, sind sieben Wochen und zwo und sechzig Wochen rc. Denn wiewohl zuvor auch durch den König Kores ein Befehl war ausgangen, daß man zu Jerusalem sollt von seiner (des Königs) Kosten den Tempel bauen, so wards doch verhindert, bis auf Haggai und Sacharia Zeit, da Gottes Befehl ausging durch ihr Weissagung, da gings von Statten.
Er schilt aber das Volk, daß sie den Tempel und Gottesdienst anzurichten nicht geachtet, sondern allein auf ihre Güter und Häuser fleißig gegeizt hatten. Darumb sie auch geplagt wurden mit theurer Zeit, und Schaden am Gewächs, Weins, Korns und allerlei Getraids, zum Exempel allen Gottlosen, die Gottes Wort und Dienst nicht achten, und immer in ihren Sack geizen. Solchen allein gilt dieser Text, da er sagt: Ihr Sack soll löchericht sein.
So findet man auch in allen Historien, wo man Gottes Diener nicht näheren will, noch sein Wort helfen erhalten, da läßt er sie getrost geizen fur sich selbs, und immer sammlen. Aber er macht doch zuletzt den Sack löchericht, und bläset drein, daß es zustäubet und zurinnet, daß Niemand weiß, wo es bleibt. Er will auch mit essen, oder sie sollen auch nicht zu essen finden.
Er weissagt auch von Christo im 2. Kapitel, daß er schier kommen sollte, ein Trost aller Heiden, damit er heimlich anzeigt, daß der Jüden Reich und Gesetz sollt ein Ende haben, und aller Welt Königreich zerstöret, und Christo unterthan werden; welchs bisher geschehen ist, und bis an jüngsten Tag immer geschicht, da wirds denn alles erfüllet werden.