Hesekiel, Kapitel 5
5:1 Und du, Menschenkind, nimm ein Schwert, scharf wie ein Schermesser, und fahr damit über dein Haupt und deinen Bart und nimm eine Waage und teile das Haar damit.
5:2 Das eine dritte Teil sollst du mit Feuer verbrennen mitten in der Stadt, wenn die Tage der Belagerung um sind; das andere dritte Teil nimm und schlag's mit dem Schwert ringsumher; das letzte dritte Teil streue in den Wind, daß ich das Schwert hinter ihnen her ausziehe.
5:3 Nimm aber ein klein wenig davon und binde es in deinen Mantelzipfel.
5:4 Und nimm wiederum etliches davon und wirf's in ein Feuer und verbrenne es mit Feuer; von dem soll ein Feuer auskommen über das ganze Haus Israel.
Allmächtiger Gott! Du hast uns an dem Alten Volke ein solches Beispiel deiner furchtbaren Strafe zu schauen gegeben, und nun wollest du uns schenken, daß wir am Schaden anderer klug werden und uns dir in solchem Gehorsam unterwerfen, daß du uns in Gnaden annehmen und dich solchergestalt an uns gnädig erzeigen mögest, daß wir durch deine Vergebung aus dem Tode wieder ins Leben gebracht werden, bis daß wir die ewige Seligkeit genießen dürfen, die uns dein eingeborener Sohn erworben hat, unser Herr. Amen. (Jean Calvin)
5:5 So spricht der Herr HERR: Das ist Jerusalem, das ich mitten unter die Heiden gesetzt habe und ringsherum Länder.
Vom Angesichte des Herrn kommt Erquickung, wenn Er mit uns redet, wenn wir Buße tun, wenn unsere Sünden getilgt sind. Nach Erquickung seufzt heute die Gemeinde Jesu, nach Erquickung jedes Jüngerherz. Wo finden wir erquickte Christen? Es ist köstlich, Brüdern und Schwestern zu begegnen, denen der Herr besonders hat nahetreten können. Ihre Freude lässt uns ahnen, dass auch uns ein Tisch gedeckt ist. Für kräftige Speise hat Gott väterlich gesorgt. Im Angesicht der Feinde deckt Er den Seinen einen Tisch. Aber siehe da - andere sinken ohnmächtig zu Boden, weil es ihnen an Lebenskraft gebricht, an Jesu Hand durch die Wüste der Welt zu pilgern Herzenskälte wird von vielen als edle „Nüchternheit“ hingestellt; möchten sie doch von Liebesmacht durchdrungen werden, - wie ganz anders müssten sie reden! Vom Angesichte des Herrn kommt die Erquickung. Solange wir geschieden sind von Gott, sitzen wir bei aller vermeintlichen Frömmigkeit im Finstern, sind leer und frieren und darben. Gott ist gegenwärtig! Ist uns das klar? Wie weit entfernt vom Herrn sind die Selbstgerechten! Sie tun, was sie nur wollen! Nach den ärgsten Zornesausbrüchen straft sie ihr Gewissen nicht. Die Sünde trennt. Bist du erlöst, so breitet sich über dich ein nebelfreier Himmel aus. Jesus steht vor dir, du weißt Ihn sehr nahe, Er erfüllt dich wie die Luft. Friede ist in Ihm. Kraft, Licht, Trost, Hilfe, alles findest du in Ihm. Ein Lebensstrom durchfließt dein Herz, und Ströme lebendigen Wassers gehen aus von dem Leibe des, der sich an Jesum hält und an Ihn glaubt. (Markus Hauser)
5:6 Aber es hat mein Gesetz verwandelt in gottlose Lehre mehr denn die Länder, so ringsherum liegen. Denn sie verwerfen mein Gesetz und wollen nicht nach meinen Rechten leben.
5:7 Darum spricht der Herr also: Weil ihr's mehr macht denn die Heiden, so um euch her sind, und nach meinen Geboten nicht lebt und nach meinen Rechten nicht tut, sondern nach der Heiden Weise tut, die um euch her sind,
5:8 so spricht der Herr HERR also: Siehe, ich will auch an dich und will Recht über dich gehen lassen, daß die Heiden zusehen sollen;
5:9 und will also mit dir umgehen, wie ich nie getan habe und hinfort nicht tun werde, um aller deiner Greuel willen:
5:10 daß in dir die Väter ihre Kinder und die Kinder ihre Väter fressen sollen; und will solch Recht über dich gehen lassen, daß alle deine übrigen sollen in alle Winde zerstreut werden.
5:11 Darum, so wahr als ich lebe, spricht der Herr HERR, weil du mein Heiligtum mit allen deinen Greueln und Götzen verunreinigt hast, will ich dich auch zerschlagen, und mein Auge soll dein nicht schonen, und ich will nicht gnädig sein.
5:12 Es soll ein drittes Teil an der Pestilenz sterben und durch Hunger alle werden in dir, und das andere dritte Teil durchs Schwert fallen rings um dich her; und das letzte dritte Teil will ich in alle Winde zerstreuen und das Schwert hinter ihnen her ausziehen.
5:13 Also soll mein Zorn vollendet und mein Grimm an ihnen ausgerichtet werden, daß ich meinen Mut kühle; und sie sollen erfahren, daß ich, der HERR, in meinem Eifer geredet habe, wenn ich meine Grimm an ihnen ausgerichtet habe.
5:14 Ich will dich zur Wüste und zur Schmach setzen vor den Heiden, so um dich her sind, vor den Augen aller, die vorübergehen.
5:15 Und sollst eine Schmach, Hohn, Beispiel und Wunder sein allen Heiden, die um dich her sind, wenn ich über dich das Recht gehen lasse mit Zorn, Grimm und zornigem Schelten (das sage ich, der HERR)
5:16 und wenn ich böse Pfeile des Hungers unter sie schießen werde, die da schädlich sein sollen, und ich sie ausschießen werde, euch zu verderben, und den Hunger über euch immer größer werden lasse und den Vorrat des Brots wegnehme.
5:17 Ja, Hunger und böse, wilde Tiere will ich unter euch schicken, die sollen euch kinderlos machen; und soll Pestilenz und Blut unter dir umgehen, und ich will das Schwert über dich bringen. Ich, der HERR, habe es gesagt.
Allmächtiger Gott! Da wir so langsam und träge sind, so bitten wir dich, du wollest uns geben, daß wir uns frühzeitig durch deine Drohungen aufwecken lassen und uns deiner Macht unterwerfen, damit wir nicht an unserem eigenen Verderben, wie furchtbar es ist, sondern vielmehr unter deinen Ruten gebessert werden, wenn du uns väterlich züchtigst, und dergestalt umkehren, daß wir im ganzen Lauf unseres Lebens immerfort mit ganzem Eifer nach wahrer Buße trachten, alle Verkehrtheit, allen Schmutz unseres Fleisches von uns tun und zu wahrer Reinheit gestaltet werden, bis wir endlich zum Teilhaben an der himmlischen Herrlichkeit gelangen, die uns bewahrt ist in Christus Jesus, unserm Herrn. Amen. (Jean Calvin)
In diesem Kapitel zeiget Gott der HErr dem Propheten Ezechiel die Strafen, welche er über Israel ergehen lassen wolle, erstlich in einem Bild an, indem Er dem Propheten befiehlt, ein Schwert zu nehmen, scharf wie ein Schermesser, und damit seine Haare und seinen Bart abzuscheren - und ein Drittel davon mit Feuer zu verbrennen, unter das andere Drittel aber mit dem Schwert zu schlagen - und das letzte Drittel endlich in den Wind zu streuen, doch auch ein klein wenig davon in seinen Mantel zu binden.
Darauf folgt aber auch eine Erklärung und Auslegung solchen Bildes, wie nämlich Er, der HErr, über das damalige Jerusalem und dessen Kinder verhängen wolle, daß ein Drittel von ihnen an der Pestilenz sterben oder vor Hunger verschmachten, ein anderes Drittel aber durchs Schwert fallen, wieder ein Drittel endlich in alle Winde zerstreut werden solle.
Hiemit aber, fügt der HErr hinzu, werde der Stadt Jerusalem und ihrem Volk nicht etwa Unrecht geschehen, sondern Er werde damit nur ihr wohlverdientes Recht über sie ergehen lassen. Denn Er habe Jerusalem und Israel mitten unter die rings um sie her liegenden Heiden gesetzt, verstehe: dazu gesetzt, daß sie unter dem unschlachtigen Geschlecht solcher Heiden scheinen sollten, wie die Lichter, und denselben vorleuchten mit einem guten Exempel, durch welches die Heiden, wenn sie es vor sich sehen würden, zu dem wahren Gottesdienst gewonnen und angelocket werden möchten. Allein da hätten es die Israeliten umgekehrt, und anstatt daß die Heiden von ihnen den wahren Gottesdienst hätten lernen sollen, hätten sie vielmehr den Heiden ihre Abgötterei und andere Gräuel und Sünden abgelernet, so zwar, daß sie darin alle um sie her liegenden Heiden sogar noch übertroffen - und es mit solchen Gräueln und Sünden noch viel ärger und gröber gemacht, als selber die Heiden.
Wie nun dafür den Israeliten mit allen den vorgedachten Strafen, die ihnen der HErr drohet, allerdings nicht mehr, als nur recht geschiehet, so wollte Er ihnen solches ihr Recht auch widerfahren lassen - und so mit ihnen umgehen, wie Er sonst noch nie gethan habe - und auch hinfort nicht thun werde. Denn „der Knecht, der seines Herrn Willen weiß und hat sich nicht bereitet, auch nicht (fein) nach seinem Willen gethan, der wird viel (doppelte) Streiche leiden müssen“; wie unser HErr Jesus Luc. 12, 47 sagt.
Darnach haben auch wir uns die Rechnung zu machen, was wir zu gewarten haben, wenn wir dem Worte Gottes, das wir doch haben, auch nicht folgen, sondern gleichfalls ärger leben, als die Heiden; wie denn leider von so vielen unter uns Christen geschiehet.
Für die Frommen dagegen ist es sehr tröstlich, daß dem Propheten Ezechiel von Gott dem HErrn befohlen wurde, ein wenig von seinen abgeschorenen Haaren in seinen Mantel zu binden - und dies Wenige nicht auch mit Feuer zu verbrennen - oder mit dem Schwert zu schlagen - oder in den Wind zu streuen, wie das Uebrige. Denn durch das Wenige werden bedeutet die Frommen , die sich unter den damaligen Israeliten noch befanden, und wie Gott deren mit den gedroheten Strafen, die über die Bösen kommen sollten, verschonen wolle.
Solcher Frommen waren allerdings leider nur gar wenige unter ihnen, und es sind dieselben auch sonst überall gar dünn gesäet; daher denn auch nicht nur David sagt im 12. Psalm: „Hilf, HErr, die Heiligen abgenommen, und der Gläubigen ist wenig unter den Menschenkindern,“ sondern unser HErr Jesus hat deßwegen auch so manchmal gekündet: „Viele sind (zwar) berufen, aber (nur) wenige sind auserwählet.“
Wie viel besser aber ist es doch, unter das kleine Häuflein solcher Frommen zu gehören, ob derselben gleich nur so wenige sind, als hingegen unter die Rotte der Gottlosen! Denn die letzteren werden von Gott gar gräulich gestrafet; jene aber, die Frommen, werden von Ihm, dem HErrn, in das Bündlein der Lebendigen gebunden - und solchen Strafen gnädig entrissen werden; wie Petrus dorten schreibet in seiner 2. Ep. 2, 9: Der HErr weiß die Seinen allerdings aus der Trübsal zu erlösen, mit welcher Er die Gottlosen heimsuchen will, und wird es auch thun.
Ebenso hat Er den frommen Noah mit den Seinen bei der Sündfluth - und den stemmen Lot bei dem Untergang Sodoms und Gomorras erhalten, und was solcher Exempel noch andere mehr sind. Darum spricht auch David im 91. Psalm: „Ob tausend fallen zu deiner Seite, und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es doch dich nicht treffen; denn der HErr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht.“
Lasset uns deßhalb nicht der Menge zum Bösen folgen, sondern, lieber das kleine Häuflein der Frommen vermehren helfen; wozu uns Gott auch Seines heiligen Geistes Gnade verleihen wolle - durch unsern HErrn Jesum Christum. Amen. (Veit Dieterich)