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Jesaja, Kapitel 49

Jesaja, Kapitel 49

49:1 Höret mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Der HERR hat mich gerufen von Mutterleib an; er hat meines Namens gedacht, da ich noch im Schoß der Mutter war,

49:2 und hat meinen Mund gemacht wie ein scharfes Schwert; mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt; er hat mich zum glatten Pfeil gemacht und mich in seinen Köcher gesteckt

49:3 und spricht zu mir: Du bist mein Knecht Israel, durch welchen ich will gepriesen werden.

49:4 Ich aber dachte, ich arbeite vergeblich und brächte meine Kraft umsonst und unnütz zu, wiewohl meine Sache des Herrn und mein Amt meines Gottes ist.

49:5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knechte bereitet hat, daß ich soll Jakob zu ihm bekehren, auf daß Israel nicht weggerafft werde (darum bin ich dem HERRN herrlich, und mein Gott ist mein Stärke),

49:6 und spricht: Es ist ein Geringes, daß du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels wiederzubringen; sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, daß du seist mein Heil bis an der Welt Ende.

49:7 So spricht der HERR, der Erlöser Israels, sein Heiliger, zu der verachteten Seele, zu dem Volk, das man verabscheut, zu dem Knecht, der unter den Tyrannen ist: Könige sollen sehen und aufstehen, und Fürsten sollen niederfallen um des HERRN willen, der treu ist, um des Heiligen in Israel willen, der dich erwählt hat.

49:8 So spricht der HERR: Ich habe dich erhört zur gnädigen Zeit und habe dir am Tage des Heils geholfen und habe dich behütet und zum Bund unter das Volk gestellt, daß du das Land aufrichtest und die verstörten Erbe austeilest;
Es braucht eine Zeit von Seiten des HErrn zur Erhörung und zur Hilfe. Wenn ich heute bete, folgt nicht, daß augenblicklich komme, was ich bete. Es wird auf die gnädige Zeit, auf den Tag des Heils, aufgeschoben; oder eigentlich, es vollendet sich die Erhörung und die Hilfe bis auf den Heilstag. Die Gebete aber wirken darauf hin, daß sich's aus den Heilstag vollenden kann. So ist's, um es deutlich zu machen, wenn wir um das Kommen des HErrn bitten, wie wir ja angewiesen sind, zu beten: „Dein Reich komme!“ Da können wir nicht erwarten, daß es gleich da sei.; sondern wir müssen warten auf den Heilstag, auf die gnädige Zeit. Aber unsre Bitte: „Komm, HErr JEsu!“ hat doch die Wirkung, daß es einen Schritt vorwärts geht, oder daß die Vorbereitungen zum Kommen des Herrn im Gange bleiben oder in den Gang kommen.
Der Heilstag und die gnädige Zeit sind auch nicht unabänderlich festgesetzte Zeiten; sondern sie werden und kommen, je nachdem gebetet wird. Wenn nicht und nirgends gebetet wird, steht gleichsam der Wagen stille, und kommt so nicht vorwärts. Wenn recht ernstlich gebetet, gerungen und gekämpft wird, dann läuft er und kommt er schon wieder dem Ziele näher. Je mehr die wahren Kinder Gottes mit Aufrichtigkeit und Ernst anhalten, desto schneller ist der Wagen am Ziel, kommt also die gnädige Zeit und der Tag des Heils. Es ist einer der ungeschickteste Glaubenssatze, wenn man sich alles nach der Zeit so bestimmt denkt, wie's kommen müsse, und meint also, ungefähr in dem und dem Jahre, da werde es. Solches hindert am ernstlichen Anhalten, das doch der HErr verlangt. Denn dann könnte jemand sagen.: „Wenn's so ist, nun, dann brauche ich auch nicht zu beten; es kommt doch, ob ich bete oder nicht bete.“ Das ist sicher ganz falsch. Sein Kommen und überhaupt alle seine Gnadenerweisungen stellen sich, wie die Aufforderungen zum Gebet deutlich anzeigen, nur als Erhörungen auf geschehene Bitten und Seufzer heraus. Sie kommen also nicht, wenn nicht gebetet und geseufzt wird, weil es dann keine Erhörungen sind, - und sollen doch Erhörungenseyn. So hat Israel in Ägypten in der Trübsal geseufzt; und endlich hieß es: „Gott erhörete ihr Wehklagen und Seufzen und erbarmte sich seines Volkes,“ und sandte ihnen Mose zum Retter. Ohne das fromme Seufzen des Volks zu dem HErrn, daß Er darein sehe, hätte ein Mose noch lange auf sich warten lassen. So geht's durch alles hindurch, bis in's Kleinste. Alles muß hergebetet werden. Aber es braucht auch alles seine Reife, - das übersehen wir oft, - daß Eines das Andere bringen, Eines das Andere machen muß, bis die rechte Zeit geworden ist. Doch je ernstlicher gearbeitet wird mit Bitten und Flehen, desto rascher ist auch die gnädige Zeit da und der Heilstag.
Nun merket's euch! (Christoph Blumhardt)


Der Herr Jesus Christus selber ist Summe und Inhalt des Bundes, und als Bundesgabe ist Er Erbe und Eigentum jedes Gläubigen. Du gläubige Seele, vermagst du's zu schätzen, was du in Christo alles empfangen hast? „In Ihm wohnet die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ Betrachte das Wort „Gott“ und seine Unermeßlichkeit, und dann betrachte, was es heißt: „Vollkommener Mensch“, und welche Schönheit dieser Ausdruck birgt; denn alles, was Christus als Gott und als Mensch je hatte oder noch hat und haben kann, ist dein eigen - dein eigen aus reiner, freier Gnade, ist dir zugesprochen zum völligen, ewigen Eigentum. Unser hochgelobter Herr Jesus ist als Gott allwissend, allgegenwärtig, allmächtig. Ist's nicht ein großer Trost für dich, daß du nun weißt, alle diese großen und herrlichen Eigenschaften gehören dir? Besitzt Er Macht? Siehe, diese Macht ist dein und trägt und stärkt dich, daß du deine Feinde überwinden und daß du beharren kannst bis ans Ende. Ist Er die Liebe? O, dann ist kein einziger Tropfen Liebe in seinem Herzen, der nicht dir gehört; ja, versenke dich nur ganz ins endlose Meer seiner Liebe; dennoch darfst du sagen: „Sie ist ganz mein.“ Ist Er gerecht? Welch ein Ernst drängt sich in dies Wort zusammen, und doch ist auch seine Gerechtigkeit dein Eigentum, denn nach seiner Gerechtigkeit hält Er darauf, daß alle Verheißungen des Gnadenbundes dir unfehlbar in Erfüllung gehen. Und ebenso ist alles, was Er als vollkommener Mensch hat, dein eigen. Weil Er ein vollkommener Mensch war, ruhte des Vaters Wohlgefallen auf Ihm. Der Höchste hat Ihn mit Freuden auf- und angenommen. Liebe gläubige Seele, Gott hat in Christo dich selber angenommen; denn weißt du nicht, daß die Liebe, mit welcher der Vater den vollkommenen Menschen Jesus umfaßt, schon jetzt auch dich überströmt? Denn alles, was der Heiland getan, ist dein. Jene vollkommene Gerechtigkeit, die der Herr Jesus gewirkt hat durch seinen reinen, fleckenlosen Wandel, und womit Er das Gesetz erfüllt und herrlich gemacht hat, siehe, sie ist dein eigen und wird dir zugerechnet. Christus ist Inhalt und Summe des Bundes. (Charles Haddon Spurgeon)

49:9 zu sagen den Gefangenen: Geht heraus! und zu denen in der Finsternis: Kommt hervor! daß sie am Wege weiden und auf allen Hügeln ihr Weide haben.
Das Evangelium lehret, damit alle wissen, daß sie nicht durch ihr Thun oder Werke, sondern durch die freiwillige Barmherzigkeit Gottes, so ihnen im Worte angeboten wird, sollen erlöset werden. Es ist aber nicht allein ein Befehlswort, sondern vielmehr eine Verheißung, daß die Kirche hierinnen soll eine Dienerin sein, daß die, so in Aberglauben und in ihrer Gerechtigkeit gefangen liegen und unvermögend sind, Gutes zu thun, in Freiheit gesetzet werden. Denn das Gesetz ist ein Gefängniß, in so ferne man es gleichsam für eine Lehrerin der Werke ansiehet, und hält die Gewissen gefangen. Aus diesem Gefängniß werden wir allein durch das Amt des Evangelii erlöset, welches lehret, daß wir nicht durch unsere Werke in die Freiheit gesetzt werden, sondern durch die freiwillige Barmherzigkeit, um Christi willen, der für uns am Kreuze ist dahin gegeben worden. Diese Lehre befreiet die Gewissen von den Sünden, vom Gesetz, von Menschensatzungen und allen Lasten. (Martin Luther)

49:10 Sie werden weder hungern noch dürsten, sie wird keine Hitze noch Sonne stechen, denn ihr Erbarmer wird sie führen und wird sie an die Wasserquellen leiten.

49:11 Ich will alle meine Berge zum Wege machen, und meine Pfade sollen gebahnt sein.

49:12 Siehe, diese werden von ferne kommen, und siehe, jene von Mitternacht und diese vom Meer und jene von Lande Sinim.

49:13 Jauchzet, ihr Himmel, freue dich, Erde, lobet, ihr Berge, mit Jauchzen; denn der HERR hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden.1)
So süß sind die Tröstungen des Herrn, daß nicht nur die Heiligen selber davon singen, sondern sogar der Himmel und die Erde in den Gesang einstimmen können. Es gehört etwas dazu, einen Berg singen zu machen; und dennoch ruft der Prophet einen ganzen Chor von ihnen auf. Libanon und Sirion und die hohen Berge von Basan und Moab, er möchte sie alle singen lassen von der Gnade Jahwes gegen sein Zion. Können wir nicht auch Berge der Schwierigkeiten, des Leidens, der Dunkelheit und der Arbeit zu Gelegenheiten machen, um unsren Gott zu loben? „Lobet, ihr Berge, mit Singen!“
Mit diesem Wort der Verheißung, daß unser Gott sich seiner Elenden erbarmen will, ist ein ganzes Glockenspiel verbunden. Hört die Klänge: „Singet!“ „Freue dich!“ „Lobet mit Singen!“ Der Herr will, daß sein Volk sich freuen soll über seine nie aufhörende Liebe. Er will uns nicht traurig und zweifelnd haben; Er verlangt von uns die Verehrung gläubiger Herzen. Er kann uns nicht im Stich lassen; warum sollten wir seufzen und stöhnen, als wenn Er es tun würde? O, daß wir eine wohlgestimmte Harfe hätten! O, daß wir Stimmen hätten wie die der Cherubim vor dem Throne! (Charles Haddon Spurgeon)


Gott hatte durch Jesajas vom vierzigsten Kapitel an bis auf das achtundvierzigste mit großem Nachdruck weissagen lassen, wie die Zerstörung Jerusalems durch die Chaldäer, die babylonische Gefangenschaft, und der vermeinte Sieg, welchen die Abgötterei der Heiden dadurch erhalten zu haben schiene, Seiner Ehre nicht nachtheilig sei, und Seinen Rathschluß in Ansehung Israels nicht vernichte; wie Er dann nicht nur durch Seinen Knecht Cores dem Volk Israel eine Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft verschaffen, sondern auch zu rechter Zeit Seinen eingebornen Sohn, dem ein Vorläufer den Weg bahnen werde, in die Welt senden, und durch Ihn sowohl Israel, als auch den Heiden ein großes Heil gewähren werde. Die Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft war, um des Zusammenhangs willen, den sie mit der Ehre Gottes und mit der Sendung des Messias hatte, so wichtig, daß Jes. 44,23. ihret wegen gesagt wird: jauchzet ihr Himmel, denn der HErr hat’s gethan: rufe du Erde hienieden; ihr Berge frohlocket mit Jauchzen, der Wald und alle Bäume drinnen; denn der HErr hat Jakob erlöset, und ist in Israel herrlich.
Nachdem nun obiges geweissagt war, so gab der Geist Gottes, welcher den Propheten des Alten Testaments die besonderen Schicksale der christlichen Kirche, die aus Juden und Heiden bestand, nie offenbaren wollen, dem Jesajas einen Blick auf die entferntesten Zeiten, und ließ ihn von der Bekehrung Israels, welche noch jetzt zukünftig ist, und welche auch Paulus Röm. 11,25.26. verkündiget, und aus Jes. 59,20. bewiesen hat, weissagen. Hier kommt nun kein Babel, aber auch kein Cores mehr vor. Die Noth Israels wird aber als sehr groß beschrieben, s. Jes. 49,14. 51,7.19.20.21. 54,6.11. Die Feinde Israels sind zu dieser Zeit nicht die Chaldäer, sondern gewisse Leute, welche der Prophet Schinder oder Tyrannen nennt, wie auch Anhänger einer falschen Kirche, die er Kap. 57,3. eine Hure nennt, und eines Königs, dessen V. 9. gedacht wird. Dem Volk Israel wird zum Trost in dieser Noth der Messias vor die Augen gemalt, wie Er in Seinem schweren Leiden von allen Menschen verlassen gewesen, und doch glaubig geblieben sei und obgesiegt habe. Es wird auch dem Volk die Versicherung gegeben, daß es wie der Messias selber aus der Noth werde errettet werden, und alsdann seinen ehemaligen Unglauben bereuen, Jes. 53. Die Errettung selber wird dem Messias selbst unmittelbar zugeschrieben, wie Er denn dazu keine tauglichen Werkzeuge finden wird, Jes. 63. Das Heil, welches dem Volk Israel alsdann widerfährt, ist nach der Weissagung des Propheten viel vollständiger, herrlicher und dauerhafter als jenes, welches ihm durch die Erlösung aus der babylonischen Gefangenschaft widerfuhr. Wegen dieses Heils nun sagt der Geist Gottes: jauchzet ihr Himmel und die ihr drinnen wohnet, freue dich Erde, und die ihr darauf wohnet, lobet ihr Berge, und die ihr auf denselben wandelt, mit Jauchzen; denn der HErr hat Sein Volk, das traurig war, getröstet, und erbarmet Sich Seiner Elenden. Auch dieser Spruch beweiset, daß Sünder durch Traurigkeit und Elend zur Erfahrung des göttlichen Trostes und der göttlichen Erbarmung zubereitet werden, und Gott für diese Führung ein großes und allgemeines Lob gebühre. Was ganzen Völkern widerfährt, widerfährt auch in gewissem Maße einzelnen Menschen. (Magnus Friedrich Roos)

49:14 Zion aber spricht: Der HERR hat mich verlassen, der Herr hat mein vergessen.

49:15 Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, daß sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie desselben vergäße, so will ich doch dein nicht vergessen.

49:16 Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet; deine Mauern sind immerdar vor mir.
Das Wort des Propheten geht auf Jerusalem, überhaupt auf das Volk des HErrn, das zerstört war, oder von dem Propheten Jesaja, der etwas früher lebte, als zerstört gedacht wurde, und welches wiederherzustellen Gott beständig im Auge hatte. „In die Hände habe Ich dich gezeichnet,“ sagt der HErr, d. h. „zur beständigen Erinnerung habe Ich's in Meine Hand geschrieben, daß Ich's, wenn Ich nur Meine Hand aufmache, lese.“ Natürlich ist das menschlich gesprochen, um es lieblich und wohltuend für uns zu sagen. Es wird vorgestellt, wie wenn unser Eins sich ein Zeichen macht, um durch dieses Zeichen beständig erinnert zu werden. So wirds auch hier von Gott vorgestellt, als habe Er sich zur Erinnerung ein Zeichen in der Hand gemacht. Es drückt das nachdrücklich aus, wie es Gottes ernstester Vorsatz war, Jerusalem wieder herzustellen und das Volk wieder in Ordnung zu bringen. „Deine Mauern, deine zerstörten Mauern sind immerdar vor Mir,“ sagt der HErr, d. h. „Ich muß immer an sie denken, sie wieder aufbauen zu lassen.„ Dieß ist nun auch wirklich geschehen. Denn schon 70 Jahre nach der Zerstörung wurden die Anfänge zur Wiederaufrichtung des Staats gemacht.
Des HErrn Wort hat aber auch eine allgemein gültige Bedeutung. Was nemlich vom ganzen Volk gesagt wird, daß der HErr seiner gedenke, darf das einzelne Volksglied auch auf sich anwenden, als ein Teil des Ganzen. Was ferner zum alten Bundesvolk gesagt wird, giebt auch dem neuen etwas, und wiederum wie dem ganzen neuen Bundesvolke, so auch den einzelnen Bundesgliedern. Denn Gott bleibt Sich in Seiner Treue gleich, und was Er einem Geschlechte in der Vorzeit war, ist ein Vorbild dessen, was Er zu allen Zeiten denen ist und sein will, die Er Sein nennen kann, oder zu Seinem Eigenthum machen will. So hat Er jetzt alle Völker in Seine Hund gezeichnet, und deren Verstörung ist immerdar vor Ihm, weil Er den bestimmten Vorsatz hat, alle aufzurichten und in Sein Reich hereinzubringen, durch das inzwischen eingetretene Evangelium. Ebenso hat Er alle Gläubigen wieder besonders in Seine Hand gezeichnet, ihrer zu gedenken, daß Er das, was in ihnen noch Verstörtes und Verheertes liegt, möge noch in Ordnung bringen.
Hienach dürfen alle Menschen, namentlich die bereits als in Seine Gnade aufgenommen gelten, sich als solche ansehen, die der HErr in Seine Hände gezeichnet habe, die Ihm also beständig anliegen, daß sie möchten aus aller Verwirrung und Verkommenheit herauskommen, und etwas werden für Ihn, und gerettet werden durch Ihn. Besonders, die in großem Jammer und Elend sind, leiblich oder geistlich, dürfen sich's wohl denken, daß der HErr ihrer gedenke, und beständig ihrer gedenke, gleichsam ihretwegen sich ein Zeichen gemacht habe, um sie nicht zu vergessen, und daß Er sicher seiner Zeit ihnen die nötige Hülfe leiste. Jede Seele liegt Ihm unzweifelhaft an mit größter Sorgfalt. Zum rechten Glauben aber gehört, - und wir sind ja durch des HErrn Wort selbst dazu berechtigt, - daß man sich als unter der besondersten Pflege Gottes durch JEsum Christum stehend denkt. Solches ist der Höhepunkt des christlichen Glaubens, dabei man's festhält, daß die eigene Seele so viel vor Gott gelte, daß Er alles im Stande ist zu tun, um sie zu erretten. - Hingegen darin tut der Feind uns am Meisten Tuck an, wie der Lehrtext uns andeutet. (Christoph Blumhardt)


Ohne Zweifel ist ein Teil der Verwunderung, die sich in dem Worte „Siehe“ kundgibt, durch die ungläubige Klage des vorausgehenden Ausspruchs veranlaßt. Zion sprach: „Der Herr hat mich verlassen, der Herr hat meiner vergessen.“ Wie scheint das göttliche Gemüt ob solchem bösem Unglauben sich so sehr zu entsetzen! Was kann's auch Befremdenderes geben als die grundlosen Zweifel und Befürchtungen der Lieblinge Gottes? Das liebevolle Strafwort des Herrn sollte uns tief beschämen; Er ruft aus: „Wie kann ich dich doch vergessen haben, dieweil ich dich habe in meine Hände gezeichnet? Wie darfst du noch zweifeln, daß ich unaufhörlich deiner eingedenk sei, wenn der Denkbrief in mein Fleisch eingegraben ist?“ O Unglaube, was bist du doch für ein unbegreifliches, erstaunliches Ding! Ich weiß nicht, worüber ich mich mehr verwundern soll, ob über die Treue Gottes oder über den Unglauben seines Volkes. Er hält seine Verheißung zum tausendsten mal, und doch zweifeln wir bei der nächsten Anfechtung wieder an Ihm. Er versagt seine Hilfe nie; Er ist nie ein versiegter Born; Er ist nie eine untergehende Sonne; Er ist nie eine verglimmende Lichterscheinung, nie ein verschwindender Nebel; und doch lassen wir uns beständig von jeder Sorge in Angst versetzen, lassen uns zu zweifelndem Verdacht hinreißen, lassen uns von Befürchtungen verwirren, als ob unser Gott ein bloßes Luftbild der Wüste wäre. „Siehe“, das ist ein Wort, das unsre Bewunderung erwecken soll. Ja, wahrlich, hier ist Ursache, zum höchsten Erstaunen. Himmel und Erde dürfen wohl voller Verwunderung sein, daß Empörern eine so große Gnade zuteil wird und sie so nahe zum Herzen der unendlichen Liebe gezogen und in ihre Hände gezeichnet werden. „Ich habe dich gezeichnet.“ Es heißt nicht: „Deinen Namen.“ Der Name steht wohl da, aber das ist nicht alles: „Ich habe dich gezeichnet.“ Siehe und betrachte diese Fülle! Ich habe deine Person, dein Bild, dein Anliegen, deine Verhältnisse, deine Sünden, deine Versuchungen, deine Schwachheiten, deine Bedürfnisse, deine Werke eingegraben; ich habe dich gezeichnet, alles, was dich angeht, alles, was dich berührt; ich habe dich ganz hierher gesetzt. Willst du nun je wieder sagen, daß dich dein Gott verlassen habe, wenn Er dich in seine eignen Hände gezeichnet hat? (Charles Haddon Spurgeon)


Die Hände bedeuten die göttliche Macht und göttliche Wirkungen. So spricht er nun: Ich kann deiner nicht vergessen, denn du bist in meine Hände gezeichnet, das ist, ich bin deiner bei allem, was ich thue, eingedenk; ich mag Tyrannen oder Secten wider dich erwecken; in Summa, alles, was ich thue, das thue ich zu deinem Besten; gleichwie Paulus spricht: Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen, Röm. 8,28. Also öffnete der Kaiser Augustus durch den Frieden die Welt, damit das Evangelium desto weiter könnte ausgebreitet werden; also hat der König zu Babel die Juden gen Babel geführet, damit das Wort und Gesetz Gottes auch unter die Heiden ausgestreuet würde; also fand Joseph an dem Hofe des Königs Pharao einen Zutritt, damit er die Religion daselbst pflanzete und ihr Wachsthum beförderte. Also spricht er: Alles was ich wirke, es sei Gutes oder Böses, das geschieht um deiner und deines Nutzens willen. Du bist mir allezeit vor meinen Augen, weil du in meine Hände gezeichnet bist. Das sind Worte des Glaubens, die man glauben muß. Denn wenn man die Vernunft zu Rathe zieht, so lässet sich das Widerspiel ansehen. (Martin Luther)

49:17 Deine Baumeister werden eilen; aber deine Zerbrecher und Verstörer werden sich davonmachen.

49:18 Hebe deine Augen auf umher und siehe: alle diese kommen versammelt zu dir. So wahr ich lebe, spricht der HERR, du sollst mit diesen allen wie mit einem Schmuck angetan werden und wirst sie um dich legen wie eine Braut.

49:19 Denn dein wüstes, verstörtes und zerbrochenes Land wird dir alsdann zu eng werden, darin zu wohnen, wenn deine Verderber fern von dir weichen,

49:20 daß die Kinder deiner Unfruchtbarkeit werden noch sagen vor deinen Ohren: Der Raum ist mir zu eng; rücke hin, daß ich bei dir wohnen möge.

49:21 Du aber wirst sagen in deinem Herzen: Wer hat mir diese geboren? Ich war unfruchtbar, einsam, vertrieben und verstoßen. Wer hat mir diese erzogen? Siehe, ich war allein gelassen; wo waren denn diese?

49:22 So spricht der Herr HERR: Siehe, ich will meine Hand zu den Heiden aufheben und zu den Völkern mein Panier aufwerfen; so werden sie deine Söhne in den Armen herzubringen und deine Töchter auf den Achseln hertragen.

49:23 Und Könige sollen deine Pfleger, und ihre Fürstinnen deine Säugammen sein; sie werden vor dir niederfallen zur Erde aufs Angesicht und deiner Füße Staub lecken. Da wirst du erfahren, daß ich der HERR bin, an welchem nicht zu Schanden werden, die auf mich harren.
In den Wegen Gottes geht die Nacht vor dem Tag, die Enge vor dem weiten Raum, der Sturm vor der Stille, der Kampf vor dem Sieg, die Erniedrigung vor der Erhöhung, das Glauben vor dem Schauen, der Tod vor dem Leben her. Wenn nun ein Mensch mit seinem Glauben eine Verheißung oder ein evangelisches Wort Gottes ergreifen und dabei harren kann, bis es erfüllt wird, so ehrt er Gott und wird nicht zu Schanden. Er muß aber bei diesem Harren etwas wagen und leiden, und wenn er sieben Tage geharret hat, hernach, wie Noah im Kasten, noch andere sieben Tage harren, ja er muß harren, bis dasjenige kommt, was er nach der Verheißung Gottes erbeten und gehofft hat. Wo sind aber die Glaubigen, die so harren? Wie Viele werden nach einem kleinen Anlauf wieder müde und lässig, versinken in’s Murren und Klagen, und geben wohl gar die ganze Anbetung, ja den ganzen Dienst Gottes auf, weil Gott nicht alsbald gibt und thut, was sie wollen. Jes. 49,4. bekennt der Messias: Er habe selbst einmal gedacht, Er arbeite in Seinem prophetischen Amt vergeblich, und bringe Seine Kraft umsonst und unnützlich zu, wiewohl Seine Sache des HErrn und Sein Amt Seines Gottes sei. Er mußte also auch auf den HErrn harren, und die Erfüllung der Verheißungen Seines Vaters erwarten, die V. 5-9. stehen. Hernach wird V. 14. von Zion oder dem Volk Gottes gesagt, daß es unter seinen schweren Bedrängnissen spreche: der HErr hat mich verlassen, der HErr hat mein vergessen. Es muß also harren, bis die Verheißungen in die Erfüllung gehen, die V. 15-23. stehen, und erfährt zuletzt, daß Gott, der diese Worte geredet hat, der Jehovah, der Ewige und Unveränderliche sei, an welchem nicht zu Schanden werden, die auf Ihn harren. Wer wird aber zu Schanden? Zu Schanden werden Alle, die im Unglauben dahingehen, und auf’s Eitle, nämlich auf Menschengunst, auf ihre eigene Klugheit, oder auf den Reichthum ihr Vertrauen setzen. Zu Schanden werden die losen Verächter, welche das Wort Gottes für etwas Unsicheres und Ungewisses, ja für ein loses Geschwätz, und das Harren auf die Erfüllung der göttlichen Verheißungen für eine Thorheit halten, ja welche diejenigen in ihren Herzen verachten, die sich an Gott halten, den man nicht siehet, und die um unsichtbarer und zukünftiger Dinge willen gegenwärtige Wollüste und mit Sünden verbundene Vortheile, wie Moses, verläugnen. Zu Schanden werden überhaupt alle Heuchler und Gottlosen, denn sie sind wie Spreu, die der Wind zerstreut. Ihr Weg vergeht. Ihre Hoffnung ist verloren. Vielleicht denkt Manche, er wollte gern auf den HErrn harren, wenn nur dieses Harren bei ihm nicht mit Unglauben vermengt wäre, wen nur nicht täglich Fehler mit unterliefen, und wenn nur im Gewissen keine Anklage wegen der vorher begangenen Sünden vorhanden wäre. Allein wenn diese Einwendungen gälten, so dürfte unter allen Menschen Keiner auf den HErrn harren. Was sagt aber der himmlische Vater V. 6. zu Seinem Sohn? er sagt: Ich habe Dich zum Licht der Heiden gemacht, daß Du Mein Heil seiest bis an der Welt Ende. Nun wenn Christus das allgemeine Heil der Menschen ist, so dürfen alle Menschen auf den HErrn harren; um Seinetwillen und in Seinem Namen dürfen sie harren, wenn sie schon schwach sind und keine eigene Gerechtigkeit haben. Harre also des HErrn, sei getrost und unverzagt und harre des HErrn.(Magnus Friedrich Roos)

49:24 Kann man auch einem Riesen den Raub nehmen? oder kann man dem Gerechten seine Gefangenen losmachen?

49:25 Denn so spricht der HERR: Nun sollen die Gefangenen dem Riesen genommen werden und der Raub des Starken los werden; und ich will mit deinen Haderern hadern und deinen Kindern helfen.
Gott redet in dem 49. Kapitel Jesaiä von der noch zukünftigen Bekehrung, Begnadigung und Versammlung der Israeliten, und leitet dieselbe aus der Erlösung Seines Sohnes Jesu Christi her, welcher sogar auch in Seinem Lehramt auf Erden, ungeachtet Er die Frucht davon eine Zeit lang nicht gesehen, den Grund dazu gelegt habe, V. 1-8. Indem aber der HErr das große Heil beschreibt, das Er Seinem Volk Israel erzeigen wolle, so redet Er auch von einem Riesen, oder Starken, dem der Raub genommen, und von einem Gerechten und fürchterlichen Feind, dessen Gefangene los werden sollen. Wer ist nun der Riese, und der Gerechte, und der Starke, dessen V. 24.25. Meldung geschieht? Entweder ist dieser Riese der Antichrist, das Thier aus dem Abgrund, das Haupt über große Lande, der König, der sich wider Alles, das Gott ist, erhebt und aufwirft, und Sein sich bekehrendes Volk wird verderben und verschlingen wollen, oder er ist der Drache, die alte Schlange, das ist der Teufel, der jenem Thier seine Kraft und seinen Stuhl und große Macht gibt, und überhaupt als ein Feind Gottes in der Finsterniß dieser Welt herrscht. Der Teufel ist freilich vornämlich ein Riese oder ein Starker, wie ihn denn auch der HErr Jesus einen starken Gewaffneten genennet hat. Er hat, ob er schon mit Ketten der Finsterniß gebunden ist, noch von der Schöpfung her eine große Stärke in seiner Natur, mit welcher er, wo es Gott zuläßt, großen Schaden thun kann. Er ist der Arge, wie er denn mehrmals im Neuen Testament so genannt wird, und doch wird er V. 24. der Gerechte genennet; weil er in Ansehung der Menschen sich auf dasjenige Recht berufen kann, dessen Petrus 2 Petr. 2,19. Meldung thut, da er sagt: von welchem Jemand überwunden ist, deß Knecht ist er worden. Die Menschen haben sich nämlich von dem Satan überwinden lassen, darum sind sie von Rechtswegen seine Knechte und Gefangenen, bis sich ein Erlöser ihrer annimmt, der ein größeres Recht an sie hat, als jener arge Ueberwinder. Dieser ist aber auch ein gräulicher, harter Tyrann, ein Feind der Menschen, der ihr Verderben zum Zweck hat, und sie wirklich verderbt, wenn sie ihm nicht entrissen werden.
Was will aber der große und barmherzige Gott thun? Um Seine Güte und Macht als herrlich anzupreisen, fragt Er zuerst: kann man auch dem Riesen den Raub nehmen? oder kann man dem Gerechten, der sich auf das Recht eines Ueberwinders beruft, seine Gefangenen los machen? Niemand unter den Menschen kann solches. Niemand kann dem Riesen eine größere Stärke und dem Gerechten ein größeres Recht entgegensetzen, als der Sohn Gottes, Jesus Christus, der als der Stärkere über den starken Gewaffneten kommt, und der die Menschen durch Seinen Tod erlöset und mit Seinem Blut erkauft hat, daß sie Seine Heerde, Sein Volk, Sein Leib, Seine Braut sein sollen, folglich dem Recht des Satans ein viel stärkeres und größeres Recht entgegensetzen kann. Niemand fürchte also den Teufel allzusehr, Niemand lasse sich seine Anfälle verzagt machen. Die Macht Jesu und die Gerechtigkeit Jesu reicht über Alles hinaus. Wer Seinen Namen anruft, soll errettet und bewahrt, und endlich in die himmlische Freistadt geführt werden.(Magnus Friedrich Roos)

49:26 Und ich will deine Schinder speisen mit ihrem eigenen Fleisch, und sie sollen von ihrem eigenen Blut wie von süßem Wein trunken werden; und alles Fleisch soll erfahren, daß ich bin der HERR, dein Heiland, und dein Erlöser der Mächtige in Jakob.

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