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Psalm 66

Psalm 66

66:1 Ein Psalmlied, vorzusingen. Jauchzet Gott, alle Lande!

66:2 Lobsinget zu Ehren seinem Namen; rühmet ihn herrlich!
Es bleibt nicht unserm eignen Gutdünken überlassen, ob wir Gott loben wollen oder nicht. Auf seinen Preis und Ruhm hat Gott das allergrößte Recht, und jeder Christ ist als ein Gefäß seiner Gnade dazu verpflichtet, Gott täglich zu loben und zu erheben. Es ist freilich wahr, daß uns kein bestimmtes Gebot zum täglichen Preise Gottes gegeben ist; wir besitzen kein Gesetz, das uns gewisse Stunden zum Lobsingen und Danken vorschreibt; aber das Gesetz, das ins Herz geschrieben ist, lehrt uns, daß wir Gott lobpreisen sollen; und der ungeschriebene Befehl dringt so gewaltig in uns, wie wenn er auf den steinernen Tafeln eingegraben, oder von den Höhen des donnernden Sinai herab eingeschärft worden wäre. Ja, es ist des Christen Pflicht, Gott zu loben. Es ist nicht eine Unterhaltung zum Zeitvertreib, sondern es ist eine unumgängliche Lebensaufgabe. Ihr, die ihr stets voll Trauer seid, meint nicht, ihr wäret deshalb entschuldigt, bildet euch auch nicht ein, ihr dürftet euch eurer Pflicht gegen euren Gott entschlagen und Ihm eure Loblieder vorenthalten. Ihr seid verpflichtet durch die Bande seiner Liebe, seinen Namen zu erheben, so lange ein Odem in euch wohnt, und sein Lob sollte allezeit in eurem Munde sein, denn dazu hat Er euch gesegnet, daß ihr Ihn wieder segnet; „dies Volk habe ich mir zugerichtet, es soll meinen Ruhm erzählen;“ und wenn ihr Gott nicht preist, so bringet ihr die Frucht nicht, welche Er als der göttliche Weingärtner mit Recht von euch erwartet. So lasset denn eure Harfen nicht hängen an den Weiden zu Babel, sondern holt sie herab, und stimmt sie und sucht ihr mit dankbarem Herzen die lieblichsten Töne zu entlocken, und lasset euer lautes Loblied herrlich erschallen. Erhebt euch, und singt seinen Ruhm. Mit jedem neu dämmernden Morgen erhebt eure Melodien des Danks und jedem Sonnenuntergang folge eure Dankeshymne nach. Umgürtet die Erde, mit eurem Lob; umhüllt sie mit einem Lustkreis lieblicher Weisen, so wird Gott vom Himmel euren Gesang hören und euer Lobgetöne mit Wohlgefallen annehmen. (Charles Haddon Spurgeon)

66:3 Sprechet zu Gott: „Wie wunderbar sind deine Werke! es wird deinen Feinden fehlen vor deiner großen Macht.

66:4 Alles Land bete dich an und lobsinge dir, lobsinge deinem Namen.“ (Sela.)

66:5 Kommet her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun unter den Menschenkindern.

66:6 Er verwandelt das Meer ins Trockene, daß man zu Fuß über das Wasser ging; dort freuten wir uns sein.

66:7 Er herrscht mit seiner Gewalt ewiglich; seine Augen schauen auf die Völker. Die Abtrünnigen werden sich nicht erhöhen können. (Sela.)

66:8 Lobet, ihr Völker, unsern Gott; lasset seinen Ruhm weit erschallen,

66:9 der unsre Seelen im Leben erhält und läßt unsre Füße nicht gleiten.

66:10 Denn, Gott, du hast uns versucht und geläutert wie das Silber geläutert wird;

66:11 du hast uns lassen in den Turm werfen; du hast auf unsere Lenden eine Last gelegt;

66:12 du hast Menschen lassen über unser Haupt fahren; wir sind in Feuer und Wasser gekommen: aber du hast uns ausgeführt und erquickt.

66:13 Darum will ich mit Brandopfern gehen in dein Haus und dir meine Gelübde bezahlen,

66:14 wie ich meine Lippen habe aufgetan und mein Mund geredet hat in meiner Not.

66:15 Ich will dir Brandopfer bringen von feisten Schafen samt dem Rauch von Widdern; ich will opfern Rinder mit Böcken. (Sela.)

66:16 Kommet her, höret zu alle, die ihr Gott fürchtet; ich will erzählen, was er an meiner Seele getan hat.
Davids Herz ist voll von Lob und Dank gegen Gott, der ihm geholfen; und nun kann er's nicht für sich behalten. Er will seine Freude mit andern teilen, und möchte es gerne erzählen. Daher ruft er herzu alle, welche Gott fürchten. Nur an die, welche Gott fürchten, will er sich wenden. Er weiß wohl, daß er's nicht jedermann sagen kann und darf. Denn es giebt viele, bei denen man muß stille seyn, und denen man nichts der Art sagen darf, weil sie nur lachen oder spotten, ja schelten oder lästern. Denen aber, die Gott fürchten, tuts wohl, von Liebestaten Gottes zu hören, welche andere erfahren haben. Wenn dann die so beisammen sind und miteinander die Gnaden Gottes preisen, so ist das ein schönes Häuflein, das dem HErrn Freude macht, und das glücklicher ist, als alle sonstigen Vereine und Klubs in der Welt, die nur pochen und ihr selbst Werk preisen.
Bei Freunden Gottes aber verrät es Undankbarkeit, wenn sie gegen jedermann über das, was sie Großes vom HErrn erfahren haben, so schweigsam sind; und es macht einen üblen Eindruck, wenn jemand, auch da, wo ihm Gelegenheit sich darbietet, erfahrene Hilfe oder Freundlichkeit Gottes zu erzählen, den Mund nicht auftun mag. Da giebt es Leute, die nehmen alles so stumm hin, was der liebe Gott tut, ohne ein rechtes Gefühl selbst für ihren Gott zu haben; und die müssen sich's daher auch gefallen lassen, wenn sie Gott wieder darben und in's Elend kommen läßt, damit sie ein andermal die Güte Gottes schätzen lernen. Oft schämen sie sich gleichsam, nur ein freudiges Gesicht zu zeigen, dabei ein geheimer Stolz zu Grund liegt, wenn nicht gar eine Verleugnung des HErrn. Wer aber fröhlich seyn kann, und mit seinen Brüdern sich Gottes freuen, der darf sich vom lieben Gott noch mehr versprechen.
Andererseits giebt's wieder viele, die zu schnell und ungescheut vor jedermann über alles reden; und die verursachen damit oft großen Schaden, weil sie dem Lästerer den Mund öffnen. Merk's, wie David nur die zuhören heißet, die Gott fürchten. Noch ungeschickter ist es, wenn man vollends prahlt mit den erfahrenen Gnaden Gottes, und den Eindruck macht, als wollte man's ausbreiten, wie man bei Gott so besonders wohl daran sei. Es ist aber eine große Sünde, aus der Gnade Gottes einen Selbstruhm zu machen, und mit dem Preisen Gottes mehr seiner Eigenliebe zu dienen. Da gibts Leute, welche Tage lang fortmachen können, vor andern sich als Lieblinge Gottes hinzustellen.
Wollen wir uns das alles zur Beachtung und Vorsicht gesagt sein lassen. Ein lauterer, kindlicher, wahrer Dank, der sich laut macht, ist etwas Schönes; aber Demuth und Furcht Gottes muß zu Grund liegen, bei welcher man sich alles Guten unwert achtet, das man erfahren darf. (Christoph Blumhardt)

66:17 Zu ihm rief ich mit meinem Munde, und pries ihn mit meiner Zunge.

66:18 Wo ich Unrechtes vorhätte in meinem Herzen, so würde der Herr nicht hören;

66:19 aber Gott hat mich erhört und gemerkt auf mein Flehen.

66:20 Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.1)
Wie lieblich ist die Jahreszeit, in welche wir durch Deine Gnade, Herr und Vater unseres Lebens, zurückkehren. Durch Thäler und Höhen beginnt der Odem des Lebens und der Freude zu wehen. Schön ist die Erde, ein unermeßlicher Schauplatz täglich sich erneuernder Wunder. Der Himmel, der im milden Sternenlicht über uns glänzt, verkündigt Deine Ehre, o Herr; die Vögel, die ihr Lied wieder hören lassen; das Würmchen, das im Grase wie ein Edelstein funkelt; die Blume, die mit lieblichen Farben und süßen Wohlgerüchen prangt; alle mannigfaltigen Reize, die jetzt die Natur zu schmücken beginnen, sind lauter unwiderlegliche Zeugen Deiner Macht und Liebe, Du aller Wesen Vater und Freund! Verherrlicht, in ihrer ganzen Fülle anerkannt und verehrt sei überall Deine unaussprechliche Größe!
Auch unsere Seele erhebe Dich, Schöpfer des Frühlings! Du erneuerst die Gestalt der Erde, die brausenden Stürme des Winters verstummen auf Dein Geheiß, durch Dich erwachen die Fluren vom Todesschlafe und kleiden sich, neu belebt, mit jugendlicher Anmuth und Fülle. Denn Du hältst die Sonne in ihrer Bahn und die Erde in ihrem Kreislaufe, daß, so lange sie stehet, nicht aufhöre der Wechsel der Saatzeit und der Erndte, des Frostes und der Hitze, des Tages und der Nacht. Dir sein Anbetung und Ehre! Zu Dir erhob sich in der Morgenstunde dankvoll unser Herz; mit dem Gedanken an Dich wollen wir auch den heutigen Tag enden; ja, der Gedanke an Dich sei unsere selige Beschäftigung, so lange wir hienieden noch leben. Stärke, o Herr, unser Herz, daß die seligen Gefühle des Dankes, der Liebe, des Vertrauens nie in uns erkalten. Denn Du hast uns ja nicht für diese vergängliche Erde geschaffen, sondern willst uns durch Jesum Christum, Deinen Sohn, unsern Erlöser, mit ewigen Gütern und Freuden beseligen. Gieb uns Deinen Geist, daß auch wir hienieden blühen und reifen für die Gefilde ewigen Friedens, zu denen Du Deine Treuen dereinst erheben willst. Jetzt umfang uns die Ruhe der Nacht, und der Schlummer schließe unsere Augen. Dir, treuer Vater, übergeben wir uns, und liegen und schlafen ganz im Frieden; denn Du, Herr, behältst unsere Seele im Leben und lässest unsere Füße nicht gleiten, Du verwirfst unser Gebet nicht und wendest Deine Güte nicht von uns. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Wenn wir aufrichtig auf die Beschaffenheit unsrer Gebete zurückblicken, so müssen wir von Staunen darüber ergriffen werden, daß Gott sie überhaupt je erhört hat. Vielleicht gibt's etliche unter uns, welche meinen, ihre Gebete seien wohl der Erhörung wert - das hat auch der Pharisäer gemeint; aber der wahre Christ, dessen Blick heller erleuchtet ist, weint und trauert über seine Gebete, und wenn er das Vergangene wieder nachholen könnte, so möchte er gern seine Gebete mit mehr Ernst und Eifer würzen. Bedenke, lieber Christ, wie kalt deine Gebete gewesen sind. In deinem Kämmerlein hättest du mit Gott ringen sollen, wie einst Jakob; aber statt dessen war dein Flehen kraftlos und saftlos, ferne von jenem demütigen, vertrauensvollen, inbrünstigen Glauben, welcher ausruft: „Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn.“ Ja, es ist wunderlich und merkwürdig; Gott hat diese deine kalten Gebete gehört, und nicht nur gehört, sondern auch erhört. Bedenke dann, wie selten deine Gebete gewesen sind, wie nachlässig du in diesem Stücke warst; ja, wenn du in Trübsal und Traurigkeit warst, dann kamst du oft vor den Gnadenthron; wenn dir aber die Erlösung aus deinen Nöten zuteil ward, wo kam denn dein anhaltendes Flehen hin? Und trotzdem du aufgehört hast, so eifrig zu beten wie sonst, hat dennoch Gott nicht aufgehört, dich mit Segen zu überschütten. Wenn du weggeblieben bist vom Gnadenstuhl, so hat Gott ihn nicht verlassen, sondern der helle Glanz seiner Gnadengegenwart ist allezeit sichtbar geblieben zwischen den Flügeln der Cherubim. O, wie wunderbar! daß der Herr solche Rücksicht nehmen mochte auf diese unregelmäßig erscheinenden Kämpfe unsrer Zudringlichkeit, welche mit unsern Bedürfnissen kamen und gingen. Was ist doch das für ein Gott, daß Er so die Gebete derer erhört, die zu Ihm kommen, wenn sie dringende Wünsche haben, und Ihn wieder vernachlässigen, wenn ihnen eine Gnade zuteil geworden ist; die zu Ihm nahen, wenn sie genötigt sind zu kommen, und die es fast vergessen, sich an Ihn zu wenden, wenn die Segen stark gehen und die Sorgen verwehen. O, daß doch seine Gnade und Güte, womit Er so armselige Gebete erhört, unsre Herzen rühren möchte, und wir hinfort erfunden würden als solche, die da „stets beten in allem Anliegen, mit Bitten und Flehen im Geist.“ (Charles Haddon Spurgeon)

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