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Psalm 22

Psalm 22

22:1 Ein Psalm Davids, vorzusingen; von der Hinde, die früh gejagt wird. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? ich heule; aber meine Hilfe ist ferne.
Auch die Verlassenheit von Gott wird zur Offenbarung Gottes. Darin zeigt er uns seine Herrlichkeit und vollendet seine Gemeinschaft mit uns. Der Psalmist macht uns die Verlassenheit von Gott in ihrer ganzen grauenvollen Tiefe erkennbar. Er lässt keiner Hoffnung mehr Raum. Über jene Zustän-de, in der ein Mensch fürchtet, Gott könnte ihn verlassen, und deshalb bittet: Verlass mich nicht, ist der Psalm gänzlich hinausgehoben. Es ist zur unzweifelhaften Tatsache geworden, dass Gott seine Hand abzog, seine Hilfe versagte und seine Gegenwart wegnahm. Damit, dass Gott ihn verlassen hat, ist ihm der Boden unter den Füßen verschwunden und alle Bedingungen des Lebens sind zer-schnitten. Es gibt keine Hand mehr, die helfen könnte. Von Seiten der Menschen ist nichts zu erwar-ten, nicht als der Spott über den, den Gott preisgegeben hat. Und nun tritt das Wunder ein: in der Verlassenheit von Gott vollendet sich Gottes Gemeinschaft mit ihm, auf Gottes Seite, weil er die Verlassenheit in die Erhöhung verwandelt, die den von ihm Verlassenen verklärt, auf der Seite des Beters, weil er, obgleich er von Gott verlassen ist, zu ihm ruft. Sein Blick geht unverwandt zu dem, der sich verborgen hat, und sein Herz kann sich von dem nicht lösen, der heilig ist, dem die Väter trauten und von dem sie die Hilfe empfingen, weil sie ihm trauten, der einst auch sein Gott gewesen ist und es auch jetzt noch ist. Denn es gibt keinen Gott als ihn allein, der ihn jetzt verlassen hat. Warum ist das Gottes Weise? Ist es die Weise des Zornes? Nein. Der Heilige wird hier offenbar, nicht der Zürnende, der Leben Gebende, nicht der Verderbende. Wer ehrt ihn aber, der, der ihn in der Fülle seine Gaben preist, oder der, der in der Verlassenheit zu ihm ruft? „Gott um Gottes wil-len“, das steht über jedem Verkehr Gottes mit uns und über allem, was uns in die Gemeinschaft mit ihm einführt. Er gibt sie mir nicht um meinetwillen, damit ich geborgen und selig sei, sondern um seinetwillen, damit er in voller Wahrheit allein der sei, den wir ehren. Wie schwer wird es uns aber, auch aus unserem Christenstand die eigensüchtige Verderbnis auszutreiben! Deshalb gehört die Gottverlassenheit zur Offenbarung Gottes und darum steht dieser Psalm in der Schrift, und er stand nicht nur in der Schrift, sondern auch in der Seele Jesu, als er das Kreuz ergriff.
Reinige mich, damit ich wirklich Dir glaube. Gepriesen bist Du, Lamm Gottes, das auf das Feuer des Altars gelegt wurde, weil es Gottes Eigentum war. Du bist der Versöhner auch für unser mit Eigensucht beflecktes Christentum. Amen. (Adolf Schlatter)


Hier erblicken wir den Heiland in der tiefsten Tiefe seiner Leiden. Kein andrer Ort bezeugt die Bangigkeit und Schmerzen Jesu so laut wie Golgatha, und kein andrer Augenblick seiner großen Trübsal ist so voller Todesschrecken, wie der Augenblick, wo sein Schrei die Luft durchschneidet: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ In diesem Augenblick vereinigte sich große leibliche Erschöpfung mit der furchtbarsten geistigen Qual ob der Schmach und dem Fluch, durch welche Er hindurchgehen mußte; und damit sein Leiden die höchste Stufe erreiche, erduldete Er eine innere Seelenangst, die alle Worte übersteigt, eine Bangigkeit, die in dem Gefühl des Verlassenseins vom Vater ihren Grund hatte. Dies war die schwarze Mitternacht seiner furchtbarsten Schrecknisse; jetzt stieg Er hinab in den tiefsten Abgrund seines Leidens. Kein Mensch vermag sich zu versenken in den vollen Inhalt dieser Worte. Manche von uns meinen zuweilen, sie müßten ausrufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Es gibt Zeiten, wo das strahlende Lächeln unsers Vaters von Wolken und düstern Schatten verhüllt ist, aber wir müssen bedenken, daß Gott uns in Wahrheit nie verläßt. Es ist bei uns nur ein scheinbares Verlassensein von Gott, aber bei Christo war's ein wirkliches Verlassensein. Wir bekümmern uns über eine kleine Entziehung der Liebe des Vaters; aber Gottes wirkliches Abwenden seines Antlitzes von seinem Sohn - wer vermag zu schätzen, welch eine tiefe Seelenpein Ihm dies verursachte?
Laß mich Gottes Zorn erkennen,
Teures Heil! in Deiner Not;
Denn sie war der Hölle brennen.
Uns gibt gar oft der Unglaube diesen Angstruf ein; bei Ihm war's der Ausdruck der furchtbarsten Wahrheit, denn Gott hatte sich Ihm wirklich eine Zeitlang entzogen. O du arme, betrübte Seele, die sonst im Sonnenschein des göttlichen Angesichts wohnte, jetzt aber im Dunkel der Bangigkeit schmachtet, halte daran fest, daß Er dich nicht wirklich verlassen hat. Gott ist auch in Wolken so gut unser Gott, wie wenn Er im vollen Glanz seiner Gnade leuchtet; wenn aber schon der Gedanke, daß Er uns verlassen habe, uns in schwere Kämpfe hineinführt, wie groß muß erst das Leiden unsers Heilandes gewesen sein, als Er ausrief:
Alle, die mich sehen, spotten meiner, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf. (Charles Haddon Spurgeon)

22:2 Mein Gott, des Tages rufe ich, so antwortest du nicht; und des Nachts schweige ich auch nicht.

22:3 Aber du bist heilig, der du wohnst unter dem Lobe Israels.

22:4 Unsre Väter hofften auf dich; und da sie hofften, halfst du ihnen aus.

22:5 Zu dir schrieen sie und wurden errettet; sie hofften auf dich und wurden nicht zu Schanden.

22:6 Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und Verachtung des Volks.
Die heilige Schrifft ist Gottes wort / geschrieben / und (das ichs also rede) gebuchstabet / und in buchstaben gebildet / Gleich wie Christus ist das ewige Gottes wort / in die Menscheit verhüllet. Und gleich wie Christus in der Welt gehalten und gehandelt ist / So gehets dem schrifftlichen Gottes wort auch.
Es ist ein Wurm / und kein Buch / gegen andern buchern gerechnet. Denn solche ehre mit studiren / lesen / betrachten / behalten und brauchen / geschicht jm nicht / wie andern Menschen schrifften / Wirds jm gut / so ligts unter der banck etc.
Die andern zureissens / creutzigens / geisselns / und legen jm alle Marter an / bis sie es auff jre Ketzerey / sinn / mutwillen deuten und dehnen / zu letzt gar verderben / tödten und begraben / das es aus der Welt gestossen / und vergessen wird / An seine stat aber sitze die Hurr mit dem gülden Kelche / Drecketen und Drecketalen / und andern Rotten büchern. Aber es mus doch bleiben und wider auffkomen / da hilfft kein hüten noch wehren.
Darumb ist das ein gut zeichen / wem die tewre gabe geschenckt ist / das er lieb und lust zur Schrifft hat / sie gerne lieset / hoch und werd helt. Den ehret Gott gewislich widerumb / das er das rechte Siegel hat der beruffenen und erweleten Heiligen / und unter der apostel und anderer Heiligen hauffen gehöret / die mit der verdampten Welt nicht halten / das Christus ein Wurm / ein Spot der Leute und verachtung des Volcks sey. Sondern mit S. Peter bekennen / Er sey des lebendigen Gottes son / Und die Schrifft sey von dem heiligen Geist geschrieben. (Martin Luther)

22:7 Alle, die mich sehen, spotten mein, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf:
Spott und Hohn hatten großen Anteil an den Leiden unsers Herrn. Judas verhöhnte Ihn im Garten; die Hohenpriester und Schriftgelehrten verlachten und verspotteten Ihn; Herodes verachtete Ihn; die Kriegsknechte und Diener schmähten Ihn und mißhandelten Ihn aufs empörendste; Pilatus und seine Söldlinge machten sich lustig über sein Königtum, und am Kreuz umschwirrten Ihn von allen Seiten wie vergiftete Pfeile die entsetzlichsten Scherze und die scheußlichsten Schmähreden. Hohn und Spott ist immer schwer zu ertragen; aber wenn wir in großen Nöten sind, wird er so unbarmherzig, so grausam, daß er bis ins tiefste Fleisch einschneidet. Denkt euch den gekreuzigten Heiland, von übermenschlicher Todesangst und leiblichen Qualen gemartert, und dann denkt euch diese mitleidslose Menge; sie schütteln alle die Köpfe und zischen und martern mit herzloser Härte des heillosesten Spottes ein armes, leidendes Opfer! O, gewiß, es muß in dem Gekreuzigten etwas mehr gewesen sein, als ihre Augen wahrnehmen konnten, sonst hätte nicht eine solche große wirre Menge Ihn so einmütig mit ihrer Verachtung geehrt. War es nicht ein böses Urteil der Selbstverdammung dieser bösen Welt, daß sie im Augenblick ihres höchsten scheinbaren Triumphs doch am Ende diese allüberwindende Güte, die an dem Kreuze thronte, nicht anders verhöhnen konnte, als mit dem Zeugnis seiner aufopfernden Liebestreue? O Jesu, Du „Allerverachtetster und Unwertester, so verachtet, daß man das Angesicht vor Dir verbarg,“ wie konntest Du für Menschen sterben, die Dich so arg mißhandelten? O, das ist überschwengliche, göttliche Liebe, eine Liebe über alle Maßen! Auch wir haben Dich verachtet in den Tagen unserer Unwissenheit, und auch seitdem wir wiedergeboren sind, haben wir die Welt, Deine Feindin, in unserm Herzen wieder überhand nehmen lassen, und doch blutetest Du, um unsere Wunden zu heilen, und starbest, um uns das Leben zu geben! Ach, daß wir Dich doch in aller Menschen Herzen erhöhen könnten auf einem herrlichen, erhabenen Thron! Wir möchten gern Dein Lob verkünden über Länder und Meere hinaus, bis daß Dich endlich die Menschen so einmütig anbeten, wie sie Dich einst verachteten! (Charles Haddon Spurgeon)

22:8 „Er klage es dem HERRN; der helfe ihm aus und errette ihn, hat er Lust zu ihm.“

22:9 Denn du hast mich aus meiner Mutter Leib gezogen; du warst meine Zuversicht, da ich noch an meiner Mutter Brüsten war.

22:10 Auf dich bin ich geworfen von Mutterleib an; du bist mein Gott von meiner Mutter Schoß an.

22:11 Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer.

22:12 Große Farren haben mich umgeben, gewaltige Stiere haben mich umringt.

22:13 Ihren Rachen sperren sie auf gegen mich wie ein brüllender und reißender Löwe.

22:14 Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Gebeine haben sich zertrennt; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzen Wachs.
Hat je Himmel und Erde einen schmerzlicheren Anblick erlebt? An Seele und Leib fühlte sich unser Herr matt wie Wasser, das auf den Boden geschüttet wird. Das Aufrichten des Kreuzes und seine Befestigung in der Erde hatte seinen armen Körper aufs heftigste erschüttert, hatte jede seiner Muskeln auseinander gerissen, alle seine Nerven aufs furchtbarste aufgeregt, und alle seine Gebeine mehr oder weniger verrenkt. Von der Last seines eignen Leibes gemartert, fühlte Er, wie während sechs langer, banger Stunden jeder Augenblick die Qual steigerte. Das Gefühl der Ermattung und der körperlichen Schwäche war übergroß; Er war in seinen eignen Augen nichts mehr als lauter Elend und ohnmächtiges Siechtum. Als einst Daniel das große Gesicht erblickte, beschrieb er seine Empfindung mit diesen Worten: „Es blieb aber keine Kraft in mir, und ich ward sehr ungestaltet und hatte keine Kraft mehr;“ wieviel mehr mußte unser größerer Prophet zittern und zagen, als Er das erschreckliche Gesicht schaute vom Zorn Gottes und diesen Gerichtszorn in den eignen Eingeweiden wüten fühlte! Für uns wären solche Empfindungen, wie unser Herr sie schmecken und trinken mußte, unerträglich gewesen, und eine barmherzige Ohnmacht hätte sich unser erbarmt; Er aber war verwundet und fühlte bei vollem Bewußtsein das bohrende Schwert; Er trank den Kelch, und kostete jeden Tropfen seiner Hefe.
Ach, das hat unsere Sünd'
Und Missetat verschuldet,
Was Du an unserer Statt
Aus freier Lieb' erduldet!„
Wenn wir jetzt vor dem Thron unseres erhöhten Heilands liegen, so wollen wir bedenken, womit Er diesen Thron zu einem Thron der Gnade für uns zubereitet hat; wir wollen im Geiste seinen Kelch trinken, damit wir mögen Stärkung empfangen für die Trübsalsstunden, die unser warten. An seinem natürlichen Leibe litt jedes Glied, und so muß auch seine Gemeinde, das ist sein geistlicher Leib, in jedem ihrer Glieder teilhaben an seinem Leiden; aber gleichwie sein Leib aus allen Schmerzen und Leiden unversehrt hervorging zur Herrlichkeit und Kraft, so wird auch sein geistlicher Leib unversehrt durch den Feuerofen gehen, und wird an seinen Gliedern kein Brand zu riechen sein. (Charles Haddon Spurgeon)


Unser hochgelobter Herr litt unter einer furchtbaren Zerknirschung und Zerschmelzung seiner Seele. „Wer ein fröhliches Herz hat, der weiß sich in seinem Leiden zu halten; wenn aber der Mut liegt, wer kann es ertragen?“ Eine tiefe Niedergeschlagenheit des Geistes ist das schwerste aller Leiden; alles andre ist nichts dagegen. Wohl mochte der leidende Heiland zu seinem Gott schreien: „Sei nicht ferne von mir; denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer.“ Mehr als zu jeder andern Zeit hat ja ein Mensch seinen Gott nötig, wenn ihm das Herz im Leibe zerschmilzt vor Schwermut. Lieber Bruder, komm jetzt mit mir zum Kreuz, und bete demütig den König der Herrlichkeit an, der einmal viel tiefer eingetaucht war in geistige Nöten und innerliche Ängsten, als irgend einer unter uns; und achte, wie Er so ganz dazu angetan ist, ein treuer Hoherpriester zu werden, der da Mitleiden haben könnte mit unserer Schwachheit. Möchten doch vor allem jene unter uns, deren Traurigkeit in der Entziehung des Gefühls von der Liebe des Vaters ihren Grund hat, in einen vertraulichen und innigen Umgang mit dem Herrn Jesu treten. Gebet nicht Raum der Verzweiflung, denn unser Meister ist uns durch alle Dunkelheiten hindurch vorausgegangen. unsere Seelen mögen wohl manchmal von Ungeduld und Furcht gequält werden und fast verschmachten vor Sehnsucht, ob sie das Licht vom Angesicht des Herrn erblicken möchten; aber dann wollen wir uns aufrichten an der lieblichen Gewißheit, daß unser großer Hohepriester Mitleid mit uns hat. unsere Angsttröpflein müssen verschwinden vor dem Meere seiner Leiden; aber wieviel höher sollte eben darum unsere Liebe steigen! Brich herein, du starke und tiefe Jesusliebe, wie das Meer heraufwallet zur Flutzeit, überströme alle meine Kräfte, ersäufe alle meine Sünden, schwemme hinweg alle meine Sorgen, hebe empor meine erdengefesselte Seele, und trage sie hinauf zu meines Herrn Füßen, und laß mich dort zurück als eine arme zerbrochene Schnecke, die seine Liebe aus dem Meeresgrund herausgespült hat, - die unwert und unwürdig, Ihm nur zuflüstern möchte, daß sein lauschendes Ohr in ihr den schwachen Widerhall vernehmen könne von den mächtigen Wogen seiner Liebe, die mich zu seinen Füßen hingelegt hat, mir zur ewigen Wonne und Seligkeit. (Charles Haddon Spurgeon)

22:15 Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub.
Bist du schwach, elend, krank, sind deine Gebeine matt und müde, quält auch dich ein brennender Durst? Haben dich „Stricke des Todes umgeben“, sind deine Säfte gänzlich vertrocknet, ist es dir, als glichest du einem dürren Baume, der völlig erstorben dasteht? Hüte dich in diesen starken Nöten vor der naheliegenden Gefahr, an Gottes Liebe zu zweifeln. O, klage Ihn nicht an! Wenn du stöhnen musst in großem Weh, so denke doch an deinen Gott und Heiland, wende dich an Ihn! Sein Schmachten kommt dir zugute. Wieviel hat der Gerechte für die Ungerechten gelitten! Und du solltest ohne alle Schmerzen aus diesem Leben scheiden wollen? Hadre nicht. Danke für die Pflege, die du genießest, und glaube es fest, das Bitterste ist von deinem Heiland gekostet worden, du bleibst davor verschont. Blicke auf Ihn, Er stärkt dich. Ihn dürstete nach dem heiligen Vater. Und wir? Kennen wir dieses Schmachten nach dem lebendigen Gott? Welch ein Ringen, Flehen und Weinen entsteht in solcher Jammerlage! Ja, der Durst ist eine große Not. Und doch: Wohl allen, die nach Gott dürsten! Auch persönliche Schuld und Sünde kann Leib und Seele derart peinigen, dass wir dastehen wie eine von großer Hitze versengte Aue. Uns dürstet! rufen wir aus. O, möchte auf alle vertrockneten Christen recht bald ein gnädiger Regen kommen! Richte dein Innerstes auf Gott hin, lass dich durchtränken vom Worte des Lebens, so wird deine Seele mit himmlischen Gütern gelabt. Das kommt auch dem Leibe zugute. Herr, erbarme dich unser! Suche uns heim um Deines Namens willen. (Markus Hauser)

22:16 Denn die Hunde haben mich umgeben, und der Bösen Rotte hat mich umringt; sie haben meine Hände und Füße durchgraben.

22:17 Ich kann alle meine Gebeine zählen; aber sie schauen und sehen ihre Lust an mir.

22:18 Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand.

22:19 Aber du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen!

22:20 Errette meine Seele vom Schwert, meine einsame von den Hunden!

22:21 Hilf mir aus dem Rachen des Löwen und errette mich von den Einhörnern!

22:22 Ich will deinen Namen predigen meinen Brüdern; ich will dich in der Gemeinde rühmen.

22:23 Rühmet den HERRN, die ihr ihn fürchtet; es ehre ihn aller Same Jakobs, und vor ihm scheue sich aller Same Israels.

22:24 Denn er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des Armen und sein Antlitz vor ihm nicht verborgen; und da er zu ihm schrie, hörte er's.

22:25 Dich will ich preisen in der großen Gemeinde; ich will mein Gelübde bezahlen vor denen, die ihn fürchten.

22:26 Die Elenden sollen essen, daß sie satt werden; und die nach dem HERRN fragen, werden ihn preisen; euer Herz soll ewiglich leben.

22:27 Es werden gedenken und sich zum HERRN bekehren aller Welt Enden und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden.

22:28 Denn des HERRN ist das Reich, und er herrscht unter den Heiden.

22:29 Alle Fetten auf Erden werden essen und anbeten; vor ihm werden die Kniee beugen alle, die im Staub liegen, und die, so kümmerlich leben.

22:30 Er wird einen Samen haben, der ihm dient; vom Herrn wird man verkündigen zu Kindeskind.

22:31 Sie werden kommen und seine Gerechtigkeit predigen dem Volk, das geboren wird, daß er's getan hat.
“Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Herr Jesu, was ist mir dieses Wort werth! Wärest Du in dem Stillschweigen gestorben, da Du die drei Stunden der Finsterniß beobachtetest, so hätte ich nicht gewußt, daß Du die Hölle für mich geschmeckt, und welch ein Trost wäre mir da entgangen! Aber Du redest wohl mit recht beklemmtem Herzen, das zeigt die Wiederholung Deiner Worte. Was Du bei dem Aussprechen derselben empfunden has, das erreicht kein Mensch in der Sterblichkeit. Ein jedes Wort in Deiner Jammerklage ist von der größten Wichtigkeit. Das schöne Glaubenswort mein setzest Du voran, und das versüßt mir Dein ganzes Klaggeschrei. lehre mich alle meine Gebete auch damit anfangen, und Dich und Deinen Vater dadurch gleichsam zu mir reißen. Du nennest aber an Deinem Kreuze nichts Dein, als nur Gott, das allerhöchste Gut. So arm Du freiwillig wurdest und Alles fahren ließest, so lässest Du Dir doch Deinen Gott nicht rauben. O laß mich fleißig in diese Glaubensschule gehen, Herr Jesu, und von Dir glauben lernen; aber Deinen verdienstlichen Glauben laß mir dabei zu Statten kommen. Der süße Vatername ist gegenwärtig nicht auf Deinen Lippen, Dein Vater hatte sich in einen Grausamen verwandelt gegen Dich, den Bürgen des menschlichen Geschlechts. Aber die Veränderung Deiner Sprache, da Du nicht Vater, sondern Gott sagtest, soll mich eben tiefer in das Geheimniß Deiner Verlassung führen: ach, gieb mir Kraft und Gnade dazu. Du sprichst gar bedenklich: warum hast Du mich verlassen? Du wußtest es wohl, warum; aber mir willst Du diese Frage in den Mund legen, ich soll fleißig mich um die Ursache bekümmern, welche Dich in solchen Jammerstand gesetzt. Ach, es ist meine Sünde! Darum mußt Du von Gott verlassen werden, damit ich ewig wieder mit dem höchsten Gute könnte vereinigt werden. Du sprichst: mich, Deinen gehorsamen Sohn. Ja, mein Erlöser, weil Du eben das Menschengeschlecht vom Fluch, Zorn, Tod und Hölle erlösen solltest und wolltest, deswegen steckst eben Du, und kein Anderer, in dieser Angstgrube. Ach, keine andere Kreatur wäre auch solches zu ertragen im Stande gewesen. Sei in Ewigkeit dafür gelobet, und laß mir die Sünde nun auch recht sündig und mich derselben recht gram werden. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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