Zeller, Johannes - Erinnerung an Gottes ewiges Wort, welches unter euch verkündigt worden ist.
Text: 1 Petri I, 24. 25.
Denn alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt, und die Blume abgefallen; aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt ist.
Teure im Herrn Geliebte!
Vielleicht erregt es einiges Staunen in euch, dass ich diese Textesworte unserer heutigen Betrachtung, welche unsere letzte gemeinschaftliche in diesem Kreise und an dieser Stätte ist, zu Grunde lege; aber ich glaube schon dadurch in meiner Wahl gerechtfertigt zu sein, wenn ich euch daran erinnere, dass ja nirgends auf Erden die Wahrheit, dass das Irdische vergänglich ist und darum ein Ewiges gesucht werden soll, uns so überzeugend und unwiderstehlich vor die Seele geführt wird, als da, wo wir jetzt stehen, in dem Hause der Leidenden! Nehmt darum die gewaltigen Worte des Apostels Petrus als einen Ausspruch der Erfahrung, die mir in meinem bald zweijährigen Berufskreise, den ich nun zu verlassen im Begriff bin, zu Teil wurde, nehmt jene Worte als eine Mahnung, dass euer aller Gewinn für die Seele, den ihr fortan hier empfangen könnt, diese heilsame Überzeugung sein soll, nehmt sie als ernsten und doch freundlichen Wunsch von mir, dass mitten durch die Vergänglichkeit, der ihr Alle auch unterworfen seid, hierdurch das Kraft, Trost, Licht und Frieden gebende, ewige Wort Gottes bei euch bleibe, nehmt sie als ein Gelübde, das wir gemeinschaftlich ablegen wollen, nicht zu vergessen, wie das Gras verdorrt und die Blüte abfällt, und fest zu halten an dem bleibenden Wort Gottes, das uns verkündigt worden; nehmt sie als eine Bitte zu Gott, dass er uns sein Wort der Zucht und der Gnade erhalte, um uns dadurch der Vergänglichkeit und ihrem schweren Dienste zu entreißen. - In diesem Allem werdet ihr eine Rechtfertigung für mich finden, hier noch einmal euch zuzurufen: „Alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt, und die Blume abgefallen. Aber des Herren Wort bleibt in Ewigkeit. Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt worden ist durch das Evangelium.“
Indem wir nun diese gewaltige Rede des Petrus näher auslegen, und sie mit der besonderen Rücksicht auf die gegenwärtige Abschiedsstunde betrachten, fassen wir sie auf als eine Erinnerung an Gottes ewiges Wort, welches unter euch verkündigt worden ist, und reden zuerst von diesem Worte des Herren selbst, das ihr gehört habt, dann von seinem Bleiben in Ewigkeit, im Gegensatz zu der vergänglichen Herrlichkeit des Menschen, und zuletzt von den Folgerungen, die sich aus beiden für uns ergeben, Herr, wenn es dein Wort ist, das hier verkündigt wird, so segne es, dass es einen göttlichen Nachdruck hat, und überwindet die untreuen, stärkt die zerschlagenen Herzen. Amen.
I.
Wohl erinnern sich Einige aus euch noch jenes Wortes, das ich euch bei meinem ersten Auftreten in diesem Kreise zurief; es war der freudige, Zweifel beschwichtigende Ruf des Philippus, welcher den Messias gesunden hatte; es war der Ruf an Nathanael: Komm' und siehe! und von da an wär all mein Reden zu euch nichts anders, als die Wiederholung und weitere Ausführung dieser Aufforderung: Komm' und siehe Jesum Christum den Heiland, der auf Erden vom Thron des Himmels kommen ist, dein Bruder hier zu werden. Denn mit Petrus, der einst vor den Obersten Israels, die Jesum gekreuzigt hatten, dem Leibe nach gebunden, aber in der Seele als ein Erlöster voll des Heiligen Geistes Zeugnis von dem Gekreuzigten ablegte, und mit den übrigen Aposteln und all den tausend und Millionen Gläubigen, die in Jesu den Seelenfrieden wieder gesunden haben, und mit der Kirche Christi in allen Jahrhunderten bin ich fest davon überzeugt, dass in keinem andern das Heil, dass auch kein anderer Name den Menschen gegeben ist, darinnen wir sollen selig werden! Der Inhalt des Wortes, das ihr hört, ist also der Name: Jesus Christus, auf den schon die Weissagung im Paradiese nach dem Sündenfall hinwies, dessen Wesen und Werk, dessen Leiden und Herrlichkeit die Propheten in immer hellerem Lichte verkündeten, auf dessen Reich alle Frommen in Israel harrten. Jesus Christus, der die Knechtesgestalt annahm, und die Verlorenen in Israel aufsuchte, der die Sünder aufweckte und Sünden vergab, von dem die Stimme aus dem Himmel zweimal zeugte: „Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe, den sollet ihr hören!“ der versucht wurde in Allem durch die Lust und den Schrecken der Welt, wie wir, doch ohne Sünde, der Tote auferweckte und doch von den Juden in der Heiden Hände sich überliefern, sich verspotten, anspeien, sich geißeln und töten ließ, weil er gehorsam war in seines Vaters Willen der am dritten Tage wieder auferstand, noch oft seinen Jüngern erschien und ihnen alle Schriften auslegte, die von ihm gesagt waren, so dass ihr Herz in ihnen brannte und der dann sichtbar gen Himmel fuhr und von dort den früher durch ihn verheißenen Geist ausgoss über die Gläubigen, Jesus Christus, der die Apostel und durch sie alle, welche an ihr Wort glaubten, zu neuen Menschen machte, so dass sie einen heiligen Wandel nach dem Gesetz Gottes führten, und um seinetwillen die Welt und ihre Freuden verleugneten, freudig Mühsal und Verfolgung, Bande und selbst den Tod ertragen, von dem alle ihre Reden und Schriften Zeugnis geben, zu dem auch der Seher des neuen Bundes, als er das Buch seiner Offenbarungen schloss, mit dem zugleich auch die ganze Bibel endet, betet: Ja komm, Herr Jesu Jesus Christus, der einst auch wieder kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten, dem Gott einen Namen gegeben hat, der über alle Namen ist, so dass in Ihm sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes, des Vaters, - dies ist das Wort, das ihr hört; verkündigt wird unter euch das Evangelium, das eine Kraft Gottes ist, die da selig macht alle, die daran glauben - das Wort von dem Gerechten, durch den wir gerecht werden, von dem Sohne des lebendigen Gottes, von dem Mittler zwischen uns und Gott, von dem einen wahren Hohenpriester, von dem Tröster der Traurigen, dem Erretter aus Zweifeln, dem Sündenvergeber, dem Weltüberwinder, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, der heute und gestern und in alle Ewigkeit derselbe, der bei uns ist bis an der Welt Ende.
In Ihm aber sehen wir die Fülle der Gottheit leibhaftig, so dass, wer ihn sieht, auch den Vater sieht. Ja, hier sind alle Geheimnisse, die zu wissen uns nötig sind, offenbart. Die Allmacht Gottes, die wir wohl auch aus der Natur kennen, in ihr preisen können, ist hier noch herrlicher geoffenbart; denn hier ist Tod und Sünde überwunden. Die Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes, die wir schon in der Geschichte der Menschen und in unserem Gewissen ahnen können, ist auf Golgatha mit blutiger Schrift aufgezeichnet; aber mehr noch als dies: woher weißt du, dass Gott die Liebe ist? woher weißt du fest und unerschütterlich, dass er gegen alle Hilfsbedürftigen gütig, gegen die Leidenden und Elenden barmherzig, gegen die gefallenen Sünder langmütig und voller Gnade ist? woher gewinnst du den starken Mut, vor Ihn, „den Heiligen hinzutreten“ und mit Ihm zu reden, Ihn Vater zu nennen? was öffnet dein verschlossenes Herz, so dass du dem Unsichtbaren alle deine Not klagen, deine Übertretung bekennen, deine Wünsche aussprechen, dein Innerstes, vor Menschen nie Ausgesprochenes ausschütten kannst? Wahrlich nur durch den Geist seines Sohnes, der euch verkündigt worden ist. Ihr wisst nun, dass, wenn auch die Wogen des Lebens über euch zusammenschlagen, wenn auch die Last der Leiden euch erdrücken, wenn auch der Blick von der Finsternis dieser Erde euch umdunkelt wird, ein Vater im Himmel wohnt, der durch seinen Sohn zu uns spricht: Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? und ob sie desselbigen vergäße, so will ich doch deiner nicht vergessen. Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet!
Aber wie die Tiefen der Gottheit uns in dem Worte von Christo aufgeschlossen sind, so auch die der sonst unergründlichen, vielgestaltigen Menschennatur. Die ganze Würde des Menschen, als eines Geschöpfes Gottes, als eines Kindes Gottes, unsere hohe Bestimmung, hienieden nur Pilger und doch schon Bürger des Himmelreichs zu sein, hier in einem Prüfungsstand zu leben, in dem es gilt, einen guten Kampf zu kämpfen, und dort bei dem Heiland ewig selig zu sein, zugleich aber unsere tiefe Erniedrigung durch die Sünde, die vor Gott ein Gräuel ist, die Größe der Schuld, von Gott, dem Gütigen, abgefallen zu sein, das demütigende Bewusstsein, kraftlos zum Guten zu sein, das schonungslose Urteil, nur die Verdammnis, nicht den Himmel verdient zu haben, die Überzeugung aber, dass nur der Glaube uns rechtfertigen kann, dieser aber uns wirklich erlöst, dass wir aus Gnaden selig werden dies habt ihr auch gehört in dem Worte, das euch verkündigt worden. - Alle Forderungen und Verheißungen, aller Ernst und alle Freundlichkeit, der Segen für diese Erde und die Hoffnungen der kommenden Güter - alles ist euch in jenem: komm' und siehe! vorgelegt. (Darf ich, liebe Zuhörer, nun glauben, dass ich das Wort Gottes euch verkündigt habe? Nach bester Einsicht wenigstens habe ich es getan, und ich glaube, dass Paulus von diesem Evangelium sagt: So auch ich selbst oder ein Engel vom Himmel euch würde Evangelium predigen, anders, denn das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht! - Oder eine andere Frage ist: ob diese Verkündigung in euch, in uns allen Frucht gebracht hat? ob ich mich eines Segens freuen könne? Gott weiß es, einst wird es offenbar werden. Ein Trost, eine Zuversicht, eine Hoffnung ist mir darin gegeben, dass dieses Wort ein bleibendes ist, denn es ist der unvergängliche Same, der aufgehen soll, aus dem wir wiedergeboren werden.
II.
Dies Wort des Herren bleibt, es bleibt in Ewigkeit; dagegen alles Fleisch wie Gras ist, und alle Herrlichkeit der Menschen, wie des Grases Blume; das Gras ist verdorrt und die Blume ist abgefallen. Offenbar setzt hier der Apostel das Wort Gottes als das allein ewige dem Menschlichen entgegen, von dem Alles vergänglich ist. Leicht wäre es nun, zum unwiderleglichen Beweise dieser letzteren Wahrheit die Geschichte der Vorzeit anzuführen, in der Männer und ganze Königreiche und Staaten gelebt und gewirkt haben, die jetzt spurlos verschwunden sind, und wenn auch ihre Namen aufbewahrt sind, so kennen doch nur Wenige unter den Menschen denselben und dieser Name selbst ist ja die stärkste Erinnerung daran, dass es einst eine Zeit, Menschen, Staaten, eine Kunst, eine Übung der Wissenschaft war, die jetzt nicht mehr ist. Nun, dieser Vergänglichkeit, welcher auch die Blüte, die Herrlichkeit der Menschen anheimfällt, gegenüber sehen wir das Wort Gottes noch immer lebenskräftig und wirksam, das Buch, in dem es enthalten ist, die Bibel in so Vieler Hände, wie früher noch nie, das Reich Gottes, von dem dieses heilige Buch erzählt, sich immer weiter ausbreiten und, während die irdischen Reiche untergehen, sich immer tiefer auf Erden einwurzeln und befestigen, so dass wir hier schon bekennen: das Wort des Herrn aber bleibt in Ewigkeit. Uns aber liegt es näher, die Vergänglichkeit in andrer Gestalt zu sehen. Hier sehen wir sie ja in ihrer gegenwärtigen Macht, und dies ergreift mehr als der Blick auf das Vergangene. Schon dass sich auch unsere Gemeinschaft wieder löst, ich einem andern folgte, mir so bald ein anderer nachfolgt, ist der Tod, wie wir ihn hier in allen Gestalten erblicken können, wie er schnell und unvermutet über die Menschen herfällt, wie er ihnen alle leiblichen Kräfte aufzehrt, den Geist hemmt und verwirrt, wie er die aufblühende Jugend, das männliche Alter hinrafft, ist wahrlich Zeugnis genug, dass alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume ist. Aber noch mehr finden wir hier in diesen Häusern Bestätigung davon. Die hier versammelten Menschen erzählen von ihren Schicksalen, da treffen wir viele, die einst keinen Mangel hatten und jetzt hier vor dem Hunger geschützt werden müssen; sie hatten Freunde und Verwandte, und jetzt einsam in der Welt, nahmen sie ihre Zufluchtsstätte hierher. Hier, wo aus dem ganzen Lande die Schicksalswege Vieler zusammentreffen, hören wir, sehen wir nicht nur, wie die Gesundheit, das Glück des Einzelnen vergänglich, sondern wie bald auch dasjenige ganzer Familien zerstört ist, und fassen wir das Zusammenleben der hierhergekommenen selbst ins Auge, so erfahren wir, wie bald die Dankbarkeit derselben sich in Gleichgültigkeit und Undank, die Geduld in Ungeduld, der Friede in Streit und Hass verwandelt; und fassen wir uns selbst ins Herz und bekennen wir, wie auch unser Eifer bald erkaltet, unsere Freude bald in Unlust sich verlor - kurz wer stets die Blüte, die Herrlichkeit des Menschen abfällt, sagt: sollen wir denn hierbei gleichgültig bleiben, darüber hingehen, ohne etwas zu denken? sollen wir uns, wenn der stets sich hier drängende Wechsel von Menschen uns zu den Gedanken an die Vergänglichkeit nötigt, hier stehen bleiben? Nein, ein Ewiges muss von uns dann gesucht werden, damit wir nicht verloren gehen, einen Stab müssen wir haben, an dem wir wandern können, eine Leuchte auf unserem Wege, und dies ist eben jenes Wort des Evangeliums, das euch verkündigt worden ist; denn des Herren Wort bleibt in Ewigkeit, und wer dasselbe in sich aufgenommen hat, daran glaubt, danach lebt, ist dann auch dieses ewigen Wesens teilhaftig geworden. Das Wort Gottes bleibt, wie es dem Widerspruch und der alle Waffen aufbietenden Bosheit bis heute widerstand und heute noch als Wahrheit gilt, und wirkt, so bleibt es auch wider all den Unglauben, die Zweifel, die Gleichgültigkeit, die Untreue der Menschen dennoch Wahrheit und eine Gotteskraft in Ewigkeit. Dies ist ja eben der Aufschluss des großen Lebensgeheimnisses, das wir täglich sehen: dass, je mehr die Menschen entfernt sind vom Worte Gottes, je weniger sie den göttlichen Samen in sich haben, je weniger sie nach Gottes Geboten leben, je weniger sie Jesum lieben, und auf seine Gnade nicht achten, desto mehr sind sie der Vergänglichkeit Preis gegeben. Die Sünde ist das Verderben der Leute, das ist die eine große Wahrheit, die uns hier eingeprägt wird, und auf der andern Seite sehen wir: je treuer sich ein Mensch an Gott und sein Wort hält in all seinem Tun und Denken, in seinem Wünschen und Hoffen, desto bleibender ist er, denn er ist wiedergeboren nicht aus einem vergänglichen, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewiglich bleibt. Oder ahnt ihr nicht, wenn ihr Leidende seht, die täglich an ihrem Leibe abnehmen, die aber der Vergebung ihrer Sünde gewiss sind und ruhig auf ihre Auflösung harren, dass hier ein Bleibendes ist?1)
Ahnet ihr nicht mitten im Jammer der Schmerzen, wenn in einer Seele die Hoffnung aufs ewige Leben aufgeht, dass hier etwas Festes und Unvergängliches ist? - Ahnet ihr nicht, wenn Einer, fast zu ohnmächtig, zu schwach, um ferner zu tragen, doch nicht murrt, nicht verzagt, dass der Herr den Schwachen stark macht? Ahnet ihr nicht, dass, wo Selbstverleugnung, Bekämpfung von Leidenschaften ist, dass da ein ewiger Lohn kommt? dass, wo ein Sterben ist im Herrn, im Gebet, „Vater, in deine Hände befehl ich meinen Geist!“ dass da nicht Vernichtung, nicht Unseligkeit sein kann? Alles nur durch das Wort Gottes! Nein, des Herren Wort bleibt in Ewigkeit, und wer sich an dasselbe hält, der vergeht nicht, sondern er hat das ewige Leben, und ob er auch stürbe, er wird doch leben, die ewigen treuen Verheißungen werden sich an ihm herrlich erfüllen. Nur das Menschliche vergeht, das Göttliche nicht.
III.
Weniges nur, aber Wichtiges ist es, das ich nun noch euch zu sagen, zu bitten habe. So lange ein Haus, eine Anstalt, ein Staat auf Gott und Gottes Wort gebaut ist, so lange ist Segen da, und so auch beim einzelnen Menschen. Zu jedem Einzelnen rede ich jetzt noch. Euch ist das Wort des Herrn gegeben, ihr wisst mehr als tausende anderer Menschen, dass der Mensch ist wie Gras, und dass das Wort bleibt in Ewigkeit. Wem viel gegeben ist, von dem wird viel gefordert. Verwerft, ich bitte euch, dieses Wort nicht, es würde einst im Gericht die schwerste Anklage wider euch sein. (Die Sünde des Verwerfens, die Verantwortung.)
Nein, achtet sorgfältig darauf, bewahrt es still in der Seele, nährt diese immer mehr durch dasselbe; ihr habt in demselben das, was ihr bedürft, denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.
Ich hebe nur Eines hervor: Euer Beruf in diesem Hause ist schwer, sehr schwer, ihr bedürft Mut und Freudigkeit dazu, aber auch Liebe, denn ohne diese vermögt ihr nicht freudig zu wirken. Grade die Liebe aber wird schwer geprüft: durch die Eigenheiten und Unarten der Menschen, durch die vielen zu überwindenden Gegenstände rc. Selbstverleugnung, Liebe ist nötig; woher aber könnt ihr diese bekommen? aus euch selbst nicht, aber wenn ihr aus dem Wort Gottes wisst, wie Gott euch liebt, und seinen Sohn für uns dahin gegeben. („Er hat uns zuerst geliebt“ rc.) - Darum ermahnt auch Petrus unmittelbar nach unserem Textesworte: Machet keusch eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist zu ungefärbter Bruderliebe, und habt euch unter einander brünstig lieb aus reinem Herzen!
Die Freudigkeit habt ihr nur, wenn ihr den Glauben haben könnt, dass Gott mit euch sei, die Hoffnung, dass einst Jesus kein Glas Wasser, das ihr in seinem Namen dem Leidenden gegeben habt, unvergolten lasse.
Die Geduld, wenn ihr die Geduld Gottes gegen euch kennt. Die Ausdauer, wenn ihr diesen Dienst als einen Dienst in Gottes Auftrag betrachtet; o wahrlich solche Anstalten sind nur durchs Christentum ins Dasein gerufen worden, sie werden nur durch dasselbe erhalten, jeder, der Teil daran hat, hat auch am Segen eines solchen Gotteswerkes Teil.
Kraft im Wirken, Trost im Leiden, Hoffnung in der Trübsal, im Sterben Seligkeit und Friede empfangt ihr im Wort Gottes.
Den Wunsch nun spreche ich noch aus, dass euch allen, die ihr treu seid, der Herr die Gnade gebe, euch zu erleuchten mit seinem Worte und dadurch die himmlischen Güter euch schenke. Den Dank habe ich noch auszusprechen, dass ihr mir Gehör geschenkt, viele von euch mich durch Liebe und Achtung erquickt haben.
Die Bitte habe ich, dass ihr mir vergebt, wo ich nicht getan habe, was ich sollte; dass ihr für mich bittet, wenn ihr beten könnt; dass ihr meinen Nachfolger mit Vertrauen aufnehmt, euren Vorgesetzten, der treu ist, ehret. Alles aber, teure Zuhörer, was uns auf dem Herzen ist, wollen wir nun noch in einem letzten gemeinschaftlichen Gebet vor Gott aussprechen: Vater unsers Herren Jesu Christi und unser Vater! Zu dir erheben wir unsern Geist, stehe uns gnädig bei. Vor Allem bitte ich dich um Vergebung für alle meine Untreue und Fehler, die ich während meines Wirkens hier begangen habe, wissentlich oder unwissentlich; vor Allem vergib' mir, wenn ich in der Prüfung, die mir zugeschickt worden, nicht ganz als dein Knecht mich bewährt habe; decke du durch deine Gnade zu, die dein Wort auch mir zusichert. O Herr erhalte mich und alle, die hier sind, fest in deinem Wort, gib', dass unser Herz sich demselben öffne, unsere Sünde dadurch gestraft, in uns dadurch das ewige Leben gewirkt wird. O segne die Verkündigung deines Evangeliums an Allen, die es hier gehört haben, und gib mir und uns allen Kraft, dasselbe ohne alle Menschenfurcht zu bekennen bis an das Ende des Lebens.
Herr, heiliger Gott, sei doch mit deiner Gnade gegenwärtig dieser Anstalt, die in deinem Namen gegründet ist, wo so Tausende Ruhe und Erquickung finden. Geuß' deinen Heiligen Geist über alle Menschen hier aus, dass Friede, Liebe, Freude walte. Stärke doch vor Allem den treuen Vorsteher dieser Anstalt und sein Haus, dass sein Werk gelinge, und Ordnung und Eintracht hier sei, stärke ihn in Allem durch die Hoffnung des ewigen Lohnes. Herr, du kennst die Herzen aller Beamten und der Diener und Mägde hier, du Herzenskündiger weißt, welche treu sind und vor dir wandeln. Segne sie in ihrem Innern, dass sie deine Liebe erkennen und dich preisen, dass sie den Schwachen und Selbstsüchtigen zum Vorbild und zur Ermunterung, wie zur Warnung dienen. O, dass du aller Dienenden und Befehlenden Herzen hier vereinigest in Liebe und im Gebet.
Wir alle nun flehen dich gemeinsam für alle die Kranken und Leidenden, für alle die Schwachen und Alten, vor allen auch für die Gemütskranken an die hier Heilung oder Ruhe, und Pflege suchen. O schließe allen auf das Geheimnis ihres Lebens, dass das Leiden Zucht der Liebe ist, und du sie dadurch nur zu dir ziehen willst, von der Welt ab, um sie selig zu machen. - Erbarme dich, Herr, des Elends, das oft einzelne tragen müssen, so dass es der Menschen Aug und Ohr kaum ertragen mag, und gib den Leidenden die Hoffnung der ewigen Seligkeit. -, alle, alle, die hier sind und noch kommen, empfehlen wir in deine Hände, dass sie in Dir leben und leiden, in dir entschlafen und selig werden. o Herr, so dass wir einst alle, erlöst aus der Vergänglichkeit dieses Lebens, aus der Sünde, aus dem Gericht, in deinen Wohnungen uns wieder treffen und dich preisen, dass du uns dein Wort gegeben hast, durch das wir wiedergeboren sind, das in Ewigkeit bleibt. - Dir sei Ehre in Ewigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist! Amen.