Kapitel 7
Der Römerbrief
übersetzt von Carl Weizsäcker
- Oder wisset ihr nicht, Brüder, - rede ich doch zu Leuten, die etwas von Gesetz verstehen - daß das Gesetz Herr ist über den Menschen, eben so lange als er lebt?
- Die verheiratete Frau ist gesetzlich an den lebenden Mann gebunden; wenn aber der Mann stirbt, so ist sie ausgethan aus dem Mannesrecht.
- So lange also der Mann lebt, heißt sie Ehebrecherin, wenn sie einem anderen Mann zu eigen wird; stirbt der Mann, so ist sie frei vom Gesetz, derart daß sie nicht mehr Ehebrecherin ist, wenn sie einem andern Mann zu eigen wird.
- Demgemäß seid nun auch ihr, meine Brüder, getötet für das Gesetz mittelst des Leibes des Christus, um einem anderen zu eigen zu werden, dem der von den Toten auferweckt ward, damit wir Gott Frucht bringen.
- Denn da wir im Fleische waren, bewiesen sich die durch das Gesetz erregten sündlichen Leidenschaften wirksam an unseren Gliedern, Frucht zu bringen für den Tod.
- Nun aber sind wir für das Gesetz ausgethan, weil wir gestorben sind mit dem, wodurch wir gebunden waren, so daß wir nun dienen im neuen Geisteswesen und nicht im alten des Buchstabens.
- Was wollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Nimmermehr. Aber die Sünde wäre mir nicht zur Erkenntnis gekommen, wenn nicht durch das Gesetz. Hätte ich doch auch von der Lust nichts gewußt, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: Laß dich nicht gelüsten;
- die Sünde aber hat das Gebot benutzt, um alle Lüste in mir ins Leben zu rufen; denn ohne Gesetz fehlt der Sünde das Leben.
- Ich aber lebte ohne Gesetz so dahin; wie jedoch das Gebot kam, da kam neues Leben in die Sünde, für mich aber der Tod.
- Und so schlug das Gebot, dessen Zweck das Leben ist, für mich zum Tod aus:
- die Sünde benutzte das Gebot, mich durch dasselbe zu betrügen und zu töten.
- Mithin: das Gesetz ist heilig, das Gebot ist heilig, gerecht und gut.
- Ist nun das Gute mir zum Tod geworden? Nimmermehr. Sondern die Sünde war es; sie sollte als Sünde offenbar werden, indem sie mir mittelst des Guten den Tod bewirkte; erst recht versündigen sollte sich die Sünde mittelst des Gebotes.
- Wissen wir doch, daß das Gesetz geistlich ist; ich aber bin von Fleisch, verkauft unter die Sünde;
- denn was ich vollbringe, weiß ich nicht. Denn nicht was ich will thue ich, sondern das, was ich hasse, das treibe ich.
- Wenn ich es aber wider Willen thue, so erkenne ich die Güte des Gesetzes an;
- dann aber bin ich nicht mehr der, der es vollbringt, sondern die Sünde thut es, die in mir wohnt.
- Ich bin mir ja bewußt, daß in mir, das heißt in meinem Fleische, nichts Gutes wohnt. Das Wollen ist da, das Vollbringen des Guten aber nicht.
- Denn ich thue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse treibe ich, das ich nicht will.
- Wenn ich aber das thue, was ich nicht will, so bin ich es nicht mehr, der es vollbringt, sondern die Sünde thut es, die in mir wohnt.
- So nehme ich also ein Gesetz wahr, unter dem ich stehe: nämlich daß mir, während ich das Gute thun will, das Böse zur Hand ist.
- Denn ich stimme mit Freuden dem Gesetze Gottes zu nach dem innern Menschen,
- ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, welches gegen das Gesetz meines Denkens kämpft und mich gefangen setzt in dem Gesetze der Sünde, das in meinen Gliedern ist.
- Ich unglücklicher Mensch, wer wird mich erlösen von diesem Leibe des Todes?
- Dank sei Gott durch Jesus Christus unseren Herrn. Nämlich also: ich für mich diene wohl mit dem Herzen dem Gesetze Gottes, mit dem Fleische dagegen dem Gesetze der Sünde.