Lukas - Kapitel 18
(Leander van Eß)
Vom ungerechten Richter. Das Gebet des Pharisäers und Zöllners. Jesus, der Kinderfreund. Der Blinde zu Jericho.
1 Auch lehrte er sie durch ein Gleichniß, daß man im Gebete ausharren und nicht nachlassen müsse,
2 und sprach: In einer Stadt war ein gewisser Richter, der weder Gott fürchtete, noch Menschen achtete.
3 In derselben Stadt war auch eine Wittwe, die zu ihm kam und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Gegner!
4 Lange Zeit wollte er nicht daran. Zuletzt aber sprach er bei sich selber: Wenn ich auch weder Gott fürchte, noch um Menschen mich kümmere;
5 so will ich doch dieser Wittwe, weil sie mir so überlästig ist, Recht schaffen, damit sie zuletzt nicht komme, und es mir gar zu arg mache.
6 Der Herr aber sagte: Höret, was der ungerechte Richter sagt!
7 Und Gott sollte seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm rufen, nicht Hülfe schaffen, wenn er sie ihnen auch verzieht!
8 Ich sage euch: Er wird ihnen bald Rettung schaffen. Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben auf Erden finden?
9 Auch sagte er zu Einigen, die auf sich selbst vertraueten, weil sie gerecht seyen, und die Uebrigen verachteten, dieses Gleichniß:
10 Es gingen zwei Männer hinauf in den Tempel, um zu beten. Der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
11 Der Pharisäer stellte sich für sich allein hin, und betete also: Gott! ich danke dir, daß ich nicht bin, wie die übrigen Menschen, die Raubsüchtigen, die Ungerechten, die Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner da.
12 Zweimal in der Woche faste ich; Alles, was ich besitze, verzehnte ich.
13 Der Zöllner aber stand von ferne, und wagte nicht einmal die Augen zum Himmel zu heben; sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott sey mir Sünder gnädig!
14 Ich sage euch, dieser ging gerechtfertigt in sein Haus hinab, nicht aber jener. Denn wer sich erhöhet, der wird erniedriget, und wer sich erniedriget, der wird erhöhet werden.
15 Man brachte auch Kinder zu ihm, daß er sie anrühren möchte. Da nun die Jünger dieses sahen, hielten sie dieselbe mit Drohen zurück.
16 Aber Jesus rief sie zu sich und sagte: Lasset die Kinder zu mir kommen, und wehret ihnen nicht; denn für solche ist das Reich Gottes.
17 Wahrlich! ich sage euch, wer das Reich Gottes nicht wie ein Kind aufnimmt, der wird nicht hineinkommen.
18 Darauf fragte ihn ein vornehmer Mann und sprach: Guter Lehrer! was soll ich thun, daß ich das ewige Leben erlange?
19 Jesus sprach zu ihm: Was? Mich heißest du gut? Niemand ist gut, als nur Einer, Gott.
20 Die Gebote kennest du, als: Du sollst nicht ehebrechen, nicht tödten, nicht stehlen, nicht falsches Zeugnis ablegen; ehre deinen Vater und deine Mutter.
21 Er sprach: Dieses Alles habe ich von Jugend auf beobachtet.
22 Als Jesus dieses hörte, sagte er weiter zu ihm: Noch eins fehlt dir: verkaufe Alles, was du noch hast, und theile es unter die Armen; so wirst du einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.
23 Da er dieses hörte, ward er sehr betrübt; denn er war sehr reich.
24 Als aber Jesus sah, wie betrübt er wurde, sprach er: Wie schwer hält es doch, daß die Reichen in's Reich Gottes kommen!
25 Leichter ist es, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher in's Reich Gottes komme!
26 Da sagten die Zuhörer: Wer kann dann selig werden?
27 Er sprach zu ihnen: Was bei Menschen unmöglich ist, das ist möglich bei Gott!
28 Petrus redete: Siehe! wie haben Alles verlassen und sind dir gefolgt.
29 Er sprach zu ihnen: Wahrlich! ich sage euch: Niemand verläßt um des Reiches Gottes willen Haus, oder Aeltern, oder Brüder, oder Weib, oder Kinder,
30 der es nicht in dieser Zeit vielfach wieder erhalten wird, und in der künftigen Welt das ewige Leben.
31 Jesus nahm die Zwölfe bei Seite und sprach zu ihnen: Sehet! wir reisen jetzt nach Jerusalem hinauf, und es wird Alles vollbracht werden, was durch die Propheten von dem Sohne des Menschen geschrieben ist.
32 Denn er wird den Heiden überliefert, er wird verspottet, beschimpft und angespieen werden.
33 Man wird ihn geißeln und tödten; aber am dritten Tage wird er wieder auferstehen.
34 Allein sie verstanden von dem Allen nichts; es war ihnen ein verborgenes Wort, und sie begriffen nicht, was er damit sagen wollte.
35 Es ereignete sich, als Er sich Jericho nahete, saß ein Blinder am Wege und bettelte.
36 Da er aber viel Volks vorübergehen hörte, fragte er, was das bedeute?
37 Man sagte ihm, daß Jesus von Nazareth vorbeigehe.
38 Da sprach er schreiend: Jesu, Sohn Davids, erbarme dich meiner!
39 Die Vorangehenden droheten ihm, daß er schweigen sollte; er aber schrie desto lauter: Sohn Davids, erbarme dich meiner!
40 Jesus blieb stehen, und befahl, ihn zu ihm zu führen. Als er näher kam, fragte er ihn und sagte:
41 Was willst du, daß ich dir thun soll? Er sprach: Herr, daß ich sehen möge.
42 Da sagte Jesus zu ihm: Siehe auf! dein Glaube hat dir geholfen!
43 Sogleich sah er wieder, folgte ihm nach, und pries Gott; und das ganze Volk, als es dieses sah, lobte Gott.