Thomas von Kempen - Buch 3 - Kapitel 47
Daß man alle Beschwerden um des ewigen Lebens willen ertragen muß.
1. Sohn! laß dich nicht beugen die Mühseligkeiten, die du meinetwegen auf dich genommen hast, noch die Trübsale dich zu Boden schlagen; sondern meine Verheißung stärke und tröste dich in jedem Geschick.
Ich habe die Macht, zu vergelten über jegliches Maß und Ziel.
Nicht lange wirst du hier dich mühen, noch immer von Schmerzen gequält werden.
Harre ein wenig, und du wirst schnell das Ende deiner Uebel sehen.
Es wird die stunde kommen, wo all deine Mühe und Unruhe aufhören wird.
Gering und kurz ist Alles, was mit der Zeit vergeht.
Thue, was du thust; arbeite treu in meinem Weinberge, ich werde dein Lohn sein.
Schreibe, lies, singe, seufze, schweige, bete, trage männlich Widerwärtigkeiten: aller dieser und noch größerer Kämpfe ist das ewige Leben werther.
2. An einem Tage, der dem Herrn bekannt ist, wird der Friede kommen, und dann wird nicht mehr Tag noch Nacht sein, wie in dieser Zeit, sondern immerwährendes Licht, unendliche Klarheit, dauerhafter Friede und sichere Ruhe.
Alsdann wirst du nicht sagen: „Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes?“ noch wirst du rufen: „Weh mir, daß die Tage meiner Pilgerschaft verlängert sind!“ denn der Tod wird in den Abgrund geworfen, und es wird sein unvergängliches Heil, und keine Angst mehr, sondern seliges Entzücken, liebliche und herrliche Gemeinschaft.
3. Könntest du schauen die unvergänglichen Kronen der Heiligen im Himmel, schauen die Herrlichkeit, in welcher die nun frohlocken, die in dieser Welt aller Ehre, ja des Lebens selbst unwerth geachtet wurden! fürwahr, dann würdest du alsbald bis zur Erde dich demüthigen, und begehren, lieber Allen unterthänig, als einem Einzigen vorgesetzt zu sein.
Auch würde es dich nicht nach dieses Lebens fröhlichen Tagen gelüsten, sondern vielmehr freuen, um Gottes willen Trübsal zu leiden, und dir für den größten Gewinn gelten, unter den Menschen für nichts geachtet zu werden.
4. O wenn du daran Geschmack fändest und es dir tief zu Herzen ginge; wie würdest du es wagen, dich auch nur einmal zu beschweren?
Muß man nicht um des ewigen Lebens willen alle Mühsale tragen?
Es ist nichts Geringes, das Reich Gottes zu verlieren oder zu gewinnen!
Darum erhebe dein Angesicht zum Himmel. Siehe, ich und mit mir alle meine Heiligen, die in dieser Zeitlichkeit großen Kampf hatten, freuen sich nun, werden nun getröstet, sind nun sicher, ruhen nun und werden ohne Ende bei mir in dem Reiche meines Vaters bleiben.