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Tholuck, August - Oster-Predigt,

Tholuck, August - Oster-Predigt,

gehalten am 27. März 1826 in der Dreifaltigkeits-Kirche zu Berlin

Gebet.

Vater unseres Herrn Jesu Christi! Aus der Vergänglichkeit und dem Jammer dieses Lebens blicken wir zu Dir auf. Trübsal und Angst, Noth und Mühe, Krankheit und Tod ist um uns her. Auferstehn, ja Auferstehn! Das ruft unsere sehnende Seele, auferstehn nach dem Geiste, auferstehn nach dem Fleische! das ist das Gebet jedes gläubigen Herzens. So gieb denn auch in dieser Stunde aus Deinem ewigen Friedensreiche, wo der Tod nicht mehr herrscht, und keine Vergänglichkeit ist, gieb ein Auferstehungsgefühl auch in unsere Seelen, als den Vorschmack einer unvergänglichen Seligkeit. Amen. - Mache dich auf, mache dich auf Zion, zeuch deine Stärke an; schmücke dich herrlich du heilige Stadt des geistlichen Jerusalems! denn die Seele deines Heiligen hat Gott nicht in der Hölle gelassen, und sein Fleisch hat nicht die Verwesung gesehen. Es hat gesieget der Löwe aus dem Stamme Juda! Er, der eine kleine Zeit mußte geringer seyn als die Engel, ist mit Preis und Ehren gekrönt, und in seinem Namen beugen sich die Knie aller derer, die auf Erden, im Himmel und unter der Erden sind. Er, der verspeiet und verhöhnet war, ist eingesetzt zum Herrn des Himmels und der Erden, zum gesalbten Könige der erlösten Menschheit, zum A und O der ganzen Schöpfung. Der verherrlichte Jesus, welcher die sieben Sterne hat in seiner Rechten, und dessen Angesicht leuchtet wie die Sonne, spricht: „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war todt, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel der Hölle und des Todes!“

Predigt.

Text: II. Timotheus 2, 11.

Das ist je gewißlich wahr: Sterben wir mit, so werden wir mit leben; leiden wir mit, so werden wir mit herrschen; verläugnen wir, so wird er uns auch verläugnen.

O meine Brüder, die ihr nun zu Ihm aufschaut, dieweil ihr noch wandelt in diesem Thränenthal, deren Thun so voll Mühe ist, und die ihr euer Brod esset mit Sorge, die ihr gejagt werdet von Furcht, Hoffnung und Leid, und zuletzt vom bittern Tode getroffen, kommt nicht auch euch die Sehnsucht an, Theil zu haben an der Herrlichkeit des Erhöheten, und mit eurem Könige da zu seyn, wo nicht Leid sein wird, noch Geschrei, noch Schmerzen, in der Stadt, die keine Sonne bedarf des Tages und keines Mondes des Nachts, weil die Herrlichkeit Gottes sie erleuchtet, und ihre Leuchte das Lamm ist? O gewiß, es giebt kein Christen-Herz, das aus den Thränen und Sorgen dieses elenden Lebens zu dem verherrlichten Erlöser aufschaut, ohne in heißer Sehnsucht zu begehren, da zu seyn, wo er ist, und so zu seyn, wie er ist. Und aus seiner unausdenklichen Gnade hat sich unser Gott also zu uns bezeuget, daß er uns, weil wir angenommen sind in dem Geliebten, so viel ihrer angenommen sind, auch die Gemeinschaft mit der Herrlichkeit seines Sohnes geschenkt hat. Jesus hat gebetet in den Tagen seines Fleisches: Vater, ich will, daß wo ich bin, auch bei mir seyen, die du mir gegeben hast, daß sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast! Und er hat den Seinigen verkündet, da er noch erniedrigt war gleich wie sie: wenn ich werde erhöhet seyn, will ich sie alle zu mir ziehn. Darum, sind wir eingepflanzet in den Weinstock, so werden auch die Reben mit dem Weinstock verherrlicht werden, und die Glieder mit dem Haupte und die jüngern Brüder mit dem Erstgebornen. Du kleine, viel bedrängte Heerde, du wandelst in Schmach und in vielem Elende, und deine Dränger hassen dich ohne Ursache und wollen dich verschlingen, und oft meinst du selbst, du seyest schon verschlungen; aber es ist deines Vaters Wohlgefallen, daß du das Reich ererben sollst. Getrost, deine Macht wird Sonnenglanz, deine Thränen werden Lachen und deine Kyrie-eleisons werden Hallelujahs werden. Sollen wir aber verherrlicht werden mit unserm Herrn, weil wir eingepflanzt sind in sein Leben, und richtet sich oftmals sehnsuchtsvoll unser Blick auf diese stetige Zeit hin, o so laßt uns nicht vergessen, daß, wer eingepflanzt seyn will in sein Leben, auch eingepflanzt seyn muß in seinen Tod. „Es hat geziemet dem, um des willen alle Dinge sind, und durch den alle Dinge sind, daß er den Herzog unserer Seligkeit durch Leiden vollkommen mache.“ Ist er nun als Herzog uns auf der Bahn des Leidens vorangedrungen, so müssen wir auf derselbigen ihm nachfolgen. „Denn das ist je gewißlich wahr: sterben wir nicht mit, so werden wir nicht mit leben; leiden wir nicht mit, so werden wir nicht mit herrschen.“

Laßt uns demnach zuerst betrachten das Leiden und das Sterben, durch welches der Herzog unserer Seligkeit zum Leben eingedrungen ist, und sodann das Leiden und das Sterben, durch das die Seinigen ihm zur Herrlichkeit nachwandeln.

Als der Gottes- und Menschensohn noch nicht auf Erden erschienen war, als noch alle Völker in der Irre wandelten, und ein jedes auf seinen Weg sah, als die ganze Welt, von den Leiden dieses Lebens und von der Sünde gedrückt, der Erscheinung eines Erretters sehnsuchtsvoll entgegen sah, wenn da die Geschlechter der Erde gefragt worden wären, von welcher Art und Beschaffenheit wohl derjenige seyn sollte, der ein Wiederherstellet des ganzen gefallenen Geschlechtes Adams würde, welche Antwort meinet ihr wohl, daß sie gegeben haben würden? Die Einen würden einen Weisen verlangt haben, der in den Wissenschaften aller Zeiten und Völler erfahren, die Geheimnisse des Himmels und der Erde den neugierigen Sterblichen enthüllte. Die Andern würden einen König genannt haben, der im Glänze der Herrlichkeit dieser Welt erschiene, mit Macht seine Feinde unterthan machte, und seinen Freunden die Fülle des Reichthums und der Würden gäbe. Die Einen hätten einen Menschen erwartet mit aller Herrlichkeit, die diese Erde bietet, die Andern eine himmlische Gestalt mit aller Herrlichkeit des Reichs der himmlischen Geister; aber was in keines Menschen Sinn gekommen war, das geschah, und was keines Menschen Auge gesehen, das erschien. Es erschien der Gottessohn in der Knechtsgestalt und als ein Mann der Schmerzen, er opferte in den Tagen seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Thränen, er erniedrigte sich selbst bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze. Das war ein Hersteller und Erretter, wie der menschliche Hochmuth ihn nie würde erwartet haben, das war ein Erretter, der noch jetzt dem Hochmuthe nicht zusagt; denn nicht durch das Verachtete und nicht durch die Knechtsgestalt will der Mensch hergestellt werden. - Als Elia geeifert hatte für den Herrn und auf den Berg Gottes Horeb gegangen war, da geschah die Stimme Gottes an ihn: Gehe heraus und tritt auf den Berg vor den Herrn. Und siehe, der Herr ging vorüber, und ein großer starker Wind, der die Berge zerbrach und die Felsen zerriß, vor dem Herren her; aber der Herr war nicht in dem Winde. Nach dem Winde aber kam ein großes Erdbeben; aber der Herr war nicht in dem Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht in dem Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles sanftes Säuseln. Da war der Herr innen. Also war auch die Erscheinung des Heilands auf Erden. Er erschien in der Gestalt der Demüthigung und der Erniedrigung, darum ward er auch nur von dem Auge der Demuth erkannt. - Er wird geboren, an welchem Orte, in der Hauptstadt, dem schönen Zweige, des sich das ganze Land tröstet, wo die Meister der Schrift wohnen? Nein, in der, die zu klein ist, um genannt zu werden unter den Tausenden Juda's. In welchem Hause, in dem Pallaste irgend eines Großen Israels? Nein, in der Herberge, in der Krippe, da kein Raum mehr ist. Von welchen Eltern, von einem Geschlechte der Weisen in Israel? von einem Gliede des Königlichen Hauses? Nein, als der Zimmermannssohn. Die Heerschaaren Gottes feiern den Triumph seiner Geburt; und wem verkündigen sie dieselbe? dem hohen Rathe in Jerusalem, den Schriftgelehrten, die auf Mosis Stuhl sitzen? Nein, den Hirten auf dem Felde. - Er ist nun da, der Verheißene seines Volks, dessen sie zwei Jahrtausende begehrten, die Engel haben ihn verkündigt, die Weisen des Morgenlandes ihm gehuldigt. Wer erwartet nicht, daß sein Licht schnell aufgehen werde, als eine Sonne in dem verfinsterten Volke, daß das Gerücht seiner Wunderthaten mit jedem neuen Jahre wachsend sich verbreitet werde in dem Lande, da er erschienen ist. Aber 30 Jahr bleibt er den Seinigen verborgen. Menschliche Größe, ungewiß ob sie sich werde geltend machen können, eilt sich zu offenbaren und Thaten zu thun; göttliche Größe, des Erfolgs gewiß, der bei Gott steht, harrt bis die Stunde gekommen ist. Gott bereitet ihn vor auf die Zeit seines Amtes, und diese Vorbereitung ist Kampf. Er, der zweite Adam, muß wie der erste mit dem Versucher ringen. Aber sein Kampf ist Sieg. - Und er beginnt sein Lehramt. Unter wem? Unter den weisen Forschern der Schrift, unter den Gelehrten und Gebildeten des Volks? Nein, unter denen, die träges Herzens sind und harter Ohren. Er lehrt und wird nicht verstanden, er wird verstanden und wird verworfen. Im Gefühl der Schwere seines Amtes ruft er aus: O ihr Kleingläubigen, vernehmt ihr denn noch nicht? Und wiederum: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch seyn? Und welche Früchte seiner Lehre sieht er vor sich? Haben sich Tausende um ihn gesammelt? hat seine Lehre das ganze Land erfüllt, daß alle Herzen ihm zufallen? hat er Weise gebildet, die seinen Ruf auf die Nachwelt bringen? Ach nein, 12 Jünger stehen um ihn, arm an Licht der Erkenntniß, schwach an Liebe und Treue, der eine ein Verräther. - Und sollen wir Ihn nun noch auf seinem letzten Leidensgange begleiten? Die heilige Schrift meldet nur den Ausbruch seiner Leiden. Was im innersten Grunde der Seele vorging, läßt sie uns nur errathen. Aber was errathen wir, wenn wir den, mit dem ein Elias und ein Moses auf dem Berge der Verklärung von seinem Ausgange gesprochen hatten, bitten ehe, daß der Kelch vorübergehen möchte, der ihm gereicht wird - wenn wir den, der mit Gewißheit wußte, daß er vom Vater kommen war und wieder zum Vater ginge, mit dem Tode ringen sehen und heftiger beten, bis sein Schweiss wie Blutstropfen zur Erde fiel - wenn wir den, der da verkündigte, daß er eins sey mit dem Vater, und daß der Vater von niemanden erkannt werde, als vom Sohne - wenn wir den klagen hören: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen! Hat dieser, der mit der Gewißheit eines göttlichen Bewußtseyns wußte, daß der Tod ihn nicht halten konnte, und daß er auferstehen würde, um aufgenommen zu werden in die Herrlichkeit seines himmlischen Vaters, hat dieser also gestritten und also gerungen blos aus Angst vor der Hinnahme aus der Welt zum Vater, so hat er geringeren Glauben gehabt, als jeder seiner Zeugen, die mit freudiger Zuversicht ihr Leben darboten für den, den sie liebten, obwohl sie ihn nicht sahen. Es ist nur die Wahl, entweder ist er gestorben gleich wie die, so keine Hoffnung haben, oder es war noch ein ganz anderer Stachel seines Todes. Entweder ist sein Zagen selbst Schwäche und Kleinmuth gewesen, öder er hat das Gewicht der Sünden der Welt getragen und ist darunter gebeugt worden. Ja er, das Lamm Gottes, trug die Sünden der Welt und die Last der Verschuldung, die alle Geschlechter der Menschen drückt; er hat in seinem geheimnißvollen Todeskampf sie übernommen und hat für die Menschheit sie überwunden. Gläubige, Ungläubige, Feinde und Freunde des Gekreuzigten: sehet, welch ein Mensch! Er hatte keine Schönheit, daß wir ihn ansehen möchten und keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war so verachtet, daß man das Angesicht vor ihm verbarg, darum haben wir ihn für nichts geachtet. Derselbige ist ein erhöheter Heiland und König, derselbige ist ein Haupt und Herr, weil er, obwohl er in göttlicher Gestalt war, es doch nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu seyn; darum hat ihn auch Gott erhöhet und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, so daß alle Zungen bekennen müssen, daß Jesus Christus der Herr sey, zur Ehre Gottes des Vaters.

Verlangt euch nun auch, Theil zu nehmen an dieser Herrlichkeit des erhöheten Menschensohnes? Sehnt auch ihr euch hinaus aus diesem Leben voll ziehender Freuden und stehender Schmerzen, voll Sünde und voll Gebrechen, nach dem Abendmahle des Lammes und dem Hallelujah derer, die vom Lamme geleitet werden zu den lebendigen Wasserbrunnen? Nun ihr wisset den Weg. Immer nach auf der Bahn, die Jesus brach durchs Gedräng' von innen und außen! Es hub einer der Aeltesten an und sprach zu Johannes: Wer sind diese mit weißen Kleidern angethan, und woher sind sie gekommen? Und ich sprach: Herr du weißt es. Und er sprach zu mir: diese sind es, die gekommen sind aus großer Trübsal, und haben ihre Kleider gewaschen, und haben ihre Kleider helle gemacht im Blute des Lammes; darum sind sie vor dem Stuhle Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel, und der auf dem Stuhle sitzt, wird über ihnen wohnen. Vernimmst du es, Gemeinde des Herrn? Es sind die, so aus großer Trübsal gekommen sind. „Es ist je gewißlich wahr: sterben wir nicht mit, so werden wir nicht mit leben; leiden wir nicht mit, so werden wir nicht mit herrschen. -“ Wie alle Menschen durch den Zusammenhang mit dem ersten Adam sein Bild an sich tragen, und auch Theil haben an seiner Uebertretung und an seinem Elende, also findet auch ein geheimnißvoller Zusammenhang statt aller derer, die durch die Wiedergeburt Mitglieder des Reiches Jesu geworden sind, mit dem zweiten Adam, mit dem Anfänger des neuen Menschengeschlechts, mit Christo. Der Apostel nennt diesen Zusammenhang ein Eingepflanztseyn in Christum, er erläutert ihn an einer andern Stelle durch das Gleichniß von der Ehe. In allen diesen Ausdrücken liegt deutlich ausgesprochen, daß der Gläubige in allen Stücken mit seinem Erlöser einen gleichen Weg geht, daß das Leben des Erlösers sein Leben ist, und das Sterben des Erlösers sein Sterben. Mithin liegt es in der Natur des Christen, es gehört zu feinem Wesen, daß er auch auf keinem andern Wege zur Verherrlichung gelangt, als auf dem seines Erlösers; und dieß ist der Weg des Leidens und des Sterbens. Welcher Christ dieses erkannt hat, der wird aufhören zu erschrecken, wenn sich Welt und Teufel und sein eigenes Fleisch verbinden, um ihm Tage des Duldens und des Sterbens zu bereiten. Er wird auch nicht meinen, daß ihm die Gnade seines Gottes entzogen sey, er wird vielmehr gerade darin das Siegel und Unterpfand erkennen, daß er in die Lebensgemeinschaft seines Herrn eingetreten ist, und wird, weil er mit seinem Herrn leidet, auch die fröhliche Gewißheit schöpfen, daß er mit ihm einst zu herrschen berufen sey. Darum sagt der Apostel Petrus: „Ihr Lieben, lasset euch nicht die Hitze, die euch begegnet, befremden, als wiederfühle euch etwas Seltsames; sondern freuet euch, daß ihr mit Christo leidet, auf daß ihr auch zu der Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben möget.“ So ist es denn also ein Kennzeichen des wahren Jüngers, wenn er zum Leiden und Sterben berufen ist. Können auch wir sagen, daß wir so unser Leiden betrachten? Da denkt der eine nur an die Bosheit der Menschen, die ihm Leid zufügen; da denkt der andere an den Zorn Gottes, der über ihm offenbar wird. Laßt uns, meine Lieben, in der Gemeinschaft mit dem Herrn immer mehr dazu kommen, in unserem Leiden das Unterpfand zu unserer Herrlichkeit zu erkennen, sie als eine Gnade dankbar aus seiner Hand zu nehmen. Ich habe gesagt, daß es nothwendig ist, ja und ich wiederhole es: Nur durch Trübsal kann der Christ in das Reich Gottes eingehen. Du Christ, der du von nichts als von guten Tagen weißt, der du in deiner Gemächlichkeit nichts von Kampf und nichts von Thränen weißt, nichts von dem Schweiß, den das Ringen nach der engen Pforte kostet, du hast noch nicht angefangen, in die Gemeinschaft deines Erlösers einzugehen.

Laßt uns nun noch bei der Beschaffenheit unseres Leidens und Sterbens mit Christo verweilen. Es ist ein äußeres und ein inneres. Es ist ein äußeres, denn wen Gott lieb hat, den züchtiget er, und er nimmt keinen Sohn an, er stäupe ihn denn. Wer sollte nicht meinen, daß die überschwänglichen Liebesbeweise Gottes im Stande seien, alle Herzen zu schmelzen und ihm unterthan zu machen! Aber es ist ein Zeichen des tiefen Verderbens des menschlichen Herzens, daß es nach der Sonne, so lange sie freundlich über ihm leuchtet, aufzublicken verschmäht, und nur dann nach ihr umblickt, wenn Sturmwolken sie überzieht,. Nur dann, wenn ihm die Gaben entrissen werden, sieht der Mensch zu seinem Geber auf. Darum ist kaum irgend eines Christen Leben, der nicht von Zeiten der äußern Anfechtung und Noth zu sprechen wüßte, in denen Gott durch seine züchtigende Gnade ihn zu seinem lieben Kinde zubereiten will. Freilich giebt es auch lange Zeiten, wo der Christ hingeht im Gedeihen, und alle seine Wünsche sich erfüllen sieht, denn Gott kennt die Schultern seiner Kinder, er weiß, wie viel sie tragen können. Aber eine äußere Noch bleibt ja immer dem Christen aufbehalten, das ist die Lästerungstaufe, mit der die Welt einen jeden tauft, der sich des Namens des Gekreuzigten nicht schämt und von ihren Wegen abweicht. Das ist der kalte Hohn, mit dem zu allen Zeiten die Jünger des Nazareners gehöhnt wurden. Getrost mein Christ! auch mit dieser Taufe ist dein Heiland getauft worden, und ergeht sie über dich, so bringt sie dir die Gemeinschaft seines Sterbens, damit sie durch diese dich auch zur Gemeinschaft seines Lebens führe. Es giebt kein wirksameres Mittel, um den Christen von allem Gefallen an den Dingen dieser Welt frei zu machen, als wenn sie ihn von sich ausstößt, gleichwie das Meer seine Tobten auswirft, und seinen Namen nennt, als einen boshaftigen. Da geht er denn recht in sein eigenes Inneres zurück, nicht gerade was die Welt ihm aufbürdet, demüthigt ihn; er sieht aber in die argen Tiefen seines Herzens, über welche die Welt, wenn sie sie kennte, ein weit ärgeres Geschrei erheben würde. Je mehr er sich ausgeschieden sieht von den Kindern dieser Welt, desto näher fühlt er die Verbindung mit seinem Gotte. Er sucht nicht blos mit Worten nicht wieder zu schmähen, er weint vor dem Angesichte Gottes in heißem Gebete, um eine wahrhaftige Liebe zu seinen Widersachern zu erhalten, und so wird auch dieses Sterben ihm zum Leben. - Doch mehr als dieses äußere Leiden und Sterben ist das innerliche. Ist doch auch im Leben des Herrn selbst das innere Leiden das tiefste gewesen. Wir werden alle geboren unter dem Zorne Gottes, und der alte Mensch wird groß und stark in dem Sündenleben der Welt. Kommt nun die Gnade Gottes in ein Herz, so wird der alte Mensch gekreuzigt, daß wir der Sünde hinfort nicht mehr dienen; doch ist dieser Kreuzestod nur ein allmähliger. Von Tage zu Tage, von Stunde zu Stunde geht das Gebet und das Ringen und der Kampf. Da leiden wir Gewalt vom Feinde unserer Seelen und von dem eigenen Fleische. Da sterben wir mit Christo, da stehen wir wieder mit ihm auf. Auch in diesem innerlichen Kampfe ist unser Heiland uns vorangegangen. Zwar hat er nicht zu kämpfen gehabt mit der Lust des alten Menschen; aber er hat die Angst und den Kampf unserer aller auf sich genommen, und ist von Gott verlassen gewesen um unseretwillen, und was wir leiden, das leiden wir in seiner Gemeinschaft.

Laßt uns denn, im Herrn Geliebte, bei diesem Fest der Auferstehung unseres Herrn, laßt uns zuerst mit froher Hoffnung hinausblicken auf die Zeit, wo wir leben werden mit ihm; dann aber auch uns bereiten, den Weg zum Siege zu gehen, den er gegangen ist durch Kampf und Thränen, und mit dem Apostel Jakobus uns freuen in allerlei Anfechtung, als welche das Unterpfand unserer Gemeinschaft mit ihm ist. Dazu stärke uns der heiligt Gottesgeist des Auferstandenen! Amen.

Schlußgesang.

Herr Jesu, wahrer Sieges-Fürst!
Wir glauben, daß du schenken wirst
Uns deinen Frieden, den du bracht
Mit aus dem Grab und aus der Schlacht.
Triumph, Triumph, Triumph, Triumph, Victoria!
Und ewiges Halleluja.

Triumph! Triumph! dich ehren wir,
Und wollen durch dich kämpfen hier,
Daß wir als Reichsgenossen dort,
Dir folgen durch die Sieges-Pfort‘.
Triumph, rc.

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