Theremin, Franz - Die Erweisungen Jesu Christi des Lebendigen.

Apostelgeschichte, K. 1. V. 3.
Welchen er sich nach seinen Leiden lebendig erzeiget hatte, durch mancherlei Erweisungen, und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang, und redete mit ihnen vom Reiche Gottes.

Auf den majestätischen Ostertag und auf seine erschütternde Freude, folgten für die Jünger des Herrn Tage voll eines sanften und milden Entzückens. Der auferstandene Erlöser, der ihnen durch ein so großes Wunder wiedergegeben war, entzog sich nicht sogleich ihren Augen; er verweilte noch eine Zeitlang auf der Erde, und unterhielt mit ihnen einen Umgang, der eine Mittelstufe bildete zwischen dem früheren, und dem himmlischen, zu dem sie dereinst gelangen sollten. O wie glücklich, wie beneidenswerth müssen uns diese Jünger erscheinen, denen, wie unser Text sagt, er sich nach seinem Leiden lebendig erzeiget hatte, durch mancherlei Erweisungen, und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang, und redete mit ihnen vom Reiche Gottes!

Haben wir einen vorzüglich beglückenden und segensreichen Umstand in dem Verhältnisse des Herrn zu seinen Jüngern wahrgenommen, so können wir nicht umhin sogleich an unser Verhältniß zu ihm zu denken, und zu fragen, ob nicht das Gleiche, oder doch das Aehnliche in diesem wie in jenem Statt finden könnte. Und so fragen wir denn auch hier: Sollte nicht der Herr auch uns nahe seyn, auch uns durch mancherlei Erweisungen sich lebendig erzeigen, auch von uns sich im Geiste sehen lassen, auch mit uns von dem Reiche Gottes reden können; und zwar nicht vierzig Tage, sondern unser ganzes Leben hindurch?

Ja, meine Brüder, Er kann es, Er will es, und wenn auch wir es wollen, so wird es gewiß geschehen. Die Jünger waren ungläubig, sie waren traurig, sie waren schwach; und sie wurden durch ihn erleuchtet, getröstet, gestärkt; durch solche Erweisungen erzeigte er sich ihnen lebendig. Und durch solche Erweisungen wird er sich auch uns, wenn wir wollen, lebendig erweisen, indem er erstlich Glauben den Ungläubigen; zweitens Trost den Betrübten; drittens Stärke den Schwachen gibt. So öffnet denn eure Herzen dieser beglückenden Vorstellung, meine Brüder. Und Du, o Herr, sey uns nahe, während wir von Deiner Nähe reden; gewähre uns heute ein Nachgefühl der Osterfreude!

Er gibt Glauben den Ungläubigen. Manche sind ungläubig, nicht weil sie die Wahrheit mit hartnäckigem, sündhaften Entschlusse von sich entfernt halten; sondern weil sie - und alsdann müssen sie uns der Theilnahme, ja selbst der Achtung werth erscheinen - weil sie den Glauben, nach welchem sie ein inneres, tiefes Verlangen empfinden, nur noch nicht in ihr Herz aufnehmen konnten. Zwei Ursachen gibt es vornehmlich, welche dieses verhindern. Die Eine liegt darin, daß sie die Rathschlüsse Gottes zu unserm Heile nicht in ihrem großen und festen Zusammenhange, sondern jeden Umstand darin einzeln, und abgesondert von dem Vorhergehenden und Nachfolgenden zu betrachten pflegen; weshalb ihnen denn Alles zweifelhaft, schwankend, ungewiß bleibt, und jene feste Zuversicht auf Gottes Gnade, die wir Glauben nennen, nicht in ihnen entstehen kann.

Dieß scheint die Ursache des Unglaubens in jenen beiden Jüngern gewesen zu seyn, die am Auferstehungstage des Herrn von Jerusalem nach Emmahus wandeln. Sein Tod hat sie mit einem tiefen, aber doch nur menschlichen und natürlichen Schmerz erfüllt; sie trauern über die empörende Grausamkeit seiner Feinde, über sein schreckliches, unverdientes Leiden, über das Verschwinden mancher, wohl größtentheils weltlicher Hoffnungen, die sie auf ihn gegründet haben mochten. In dem Kreise dieser Vorstellungen bleiben sie eingeschlossen, denn sie gedenken nicht der Prophezeihungen, in welchen der Tod des Messias, unsere Erlösung als der Zweck desselben, und sein Hervorgehn aus dem Grabe verkündigt war. Auch die eigenen Verheißungen Christi, daß er zwar sterben, aber am dritten Tage wieder auferstehen werde, hatten sie vergessen; und deshalb konnten die Gerüchte, die von diesem letzteren frohen Ereignisse schon zu ihnen gedrungen waren, sie nur mit Bestürzung und Schrecken, nicht mit Glauben erfüllen. Siehe! Da gesellt sich ein Wanderer zu ihnen, in dem sie zwar nicht den Herrn erkennen - wie hätten sie das in einer solchen Stimmung vermocht? - zu dem sie aber Vertrauen fassen, dem sie ihre Ungewißheit, ihre Angst offenbaren. Was thut Er? Nachdem er sie gescholten hat - ihm geziemte es, während wir sie nur bemitleiden dürfen; nachdem er ihnen gesagt hat: O ihr Thoren, und trägen Herzens, zu glauben allem dem das die Propheten geredet haben; enthüllet er ihnen den Zusammenhang seiner Schicksale, wie er schon in den Weissagungen des alten Bundes aufgezeichnet war. Er fing an von Mose und allen Propheten, und legte ihnen alle Schriften aus, die von ihm gesagt waren. In seiner Erniedrigung, seinem Tode, seiner Erhöhung zeigt er ihnen die allmählige Entwicklung der göttlichen Absichten; es sind Glieder die zu Einer Kette, Fügungen die zu Einem Rathschlusse gehören. Da fängt ihr Herz an zu brennen, wie sie es selber späterhin sagen: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege, als er uns die Schrift öffnete? Es war ein göttlicher Strahl, der in ihr Herz fiel, es mehr und mehr durchdrang, und darin ein Feuer entzündete, in welchem Licht und Wärme, Erkenntniß und Begeisterung, Glauben und Freude über den Glauben verbunden waren.

Dasselbe Verfahren, Ihr achtungswerthen Ungläubigen, die Ihr Euch vielleicht in dieser Versammlung befindet, muß auch von Euch, zur Heilung eures Unglaubens angewendet werden. Von dem Mittelpunkte der göttlichen Rathschlusse, welchen Jesus Christus bildet, müßt Ihr in die früheren Zeiten hinauf, müßt Ihr in die spätern hinunter gehn, um inne zu werden, wie Alles nur Eine große Fügung und Veranstaltung ist. Den Plan Gottes zum Heile der Menschen findet Ihr niedergelegt und verzeichnet in der Schrift; aber haben ihn Alle darin erkannt; werdet Ihr ihn erkennen? Bedürft Ihr nicht eines Führers der mit Euch wandele durch die vielen, langen Jahrhunderte, und in Euch jenen neuen Sinn hervorrufe, den man nöthig hat, um das Werk Gottes zu verstehn? und wer soll dieser Führer seyn? Etwa ein anderer Mensch? O mißtraut den Menschen, denn sie selber wollen zu oft nur ihrer eigenen Weisheit folgen, und Ihr würdet, unter solcher Leitung, in die traurigste Ungewißheit und Verwirrung gerathen. Nur Einer kann Euch sicher leiten; das ist eben der welcher mit den beiden Jüngern nach Emmahus wandelte; Er selber muß Euch die Schrift öffnen durch seinen Geist, sonst wird sie immer ein verschloßnes Buch für Euch bleiben. Aber er thut es, wenn Ihr ihn darum bittet. Bittet ihn denn um Erleuchtung, und nun öffnet die Schrift und leset. Was leset Ihr? Daß der Mensch nach Gottes Ebenbilde geschaffen, dann aber durch die Verführung der alten Schlange in Verderben und Elend gestürzt ward. Was weiter? Daß Gott einen Nachkommen des Weibes verheißt, der Schlange den Kopf zu zertreten. Kann das befremden; sollte nicht der Schöpfer seinem Geschöpfe zu Hülfe kommen? Kann es befremden, daß die Verheißungen sich mehren im Fortgang der Zeiten, und zu einem Bilde des Erlösers zusammenfließen, in welchem schon viele einzelne Züge hervortreten, und das sein ihm vorangehender Schatten ist? Fängt nicht das Herz bereits an Euch zu brennen, zu brennen vor Erwartung, vor Hoffnung, daß dieses Schattenbild in Wahrheit und Wirklichkeit übergehen werde? Es geschieht! Alles was von Christo geschrieben steht, wird erfüllt; sein Tod, seine Auferstehung sind die höchste Stufe des von Anfang vorbereiteten göttlichen Werks. Und ist es etwa untergegangen? Kann es untergehn? Besieht es nicht bis auf diese Stunde? Wären wir sonst wohl hier versammelt? Seht - und euer Herz fahre fort zu brennen - wie durch Christi Tod und Auferstehung die Menschheit in eine neue Bahn hineingetrieben, wie ein göttlicher, unvertilgbarer Keim in ihr niedergelegt, wie ein Reich Jesu Christi auf Erden gestiftet worden ist, zu dem Ihr gehören könnt, sobald Ihr wollt, und das die Pforten der Hölle nicht überwältigen werden. Wenn es aber also in Euch brennt, meine Brüder, so erkennt in diesem Brennen die Gegenwart des Herrn, wie auch die beides Jünger es ihm, seiner Nähe und Einwirkung zuschrieben, daß ihr Herz brannte auf dem Wege. Er war es selbst, er redete mit Euch von dem Reiche Gottes, er erzeigte sich Euch lebendig durch diese Erweisung.

Eine andere Ursache des Unglaubens bei sonst achtungswerthen Menschen kann darin liegen, daß sie sich noch durch kein unmittelbares, lebhaftes Gefühl von der Wahrheit der göttlichen Lehren versichert haben. Auch die Zweifel, wodurch der Apostel Thomas so bekannt, ja man kann sagen, berüchtigt geworden ist, scheinen aus diesem Grunde entstanden zu seyn. Von den andern Aposteln, denen der Herr nach seiner Auferstehung erschienen war, hatte er diese Kunde vernommen; aber dieß in jeder Rücksicht glaubwürdige Zeugniß genügt ihm nicht; er will selbst sehen und fühlen. Es sey denn, spricht er, daß ich in seinen Händen sehe die Nägelmaale, und lege meine Finger in die Nägelmaale, und lege meine Hand in seine Seite, will ich es nicht glauben. Ein Verlangen das nicht deshalb weil er überhaupt ein Gefühl von Jesu Auferstehung, sondern weil er ein sinnliches, leibliches davon haben wollte, zu mißbilligen war. Auch mißbilligt es der Herr nicht durchaus, denn er befriedigt es. Er tritt abermals in den Kreis der Jünger, als auch Thomas zugegen war. Reiche deinen Finger her, spricht er zu diesem, und siehe meine Hände, und reiche deine Hand her, und lege sie in meine Seite, und sey nicht ungläubig, sondern gläubig. Der Herr gibt ihm das Gefühl seiner vollkommnen, menschlich -göttlichen Gegenwart, gibt es ihm nicht nur leiblich, sondern auch geistig, denn das erste ohne das letzte würde wenig gefruchtet haben. Und Thomas, was geht nun in ihm vor? In den andern Jüngern ward die Veränderung ihres Herzens ein Brennen genannt, wo ein kleiner Funke sich allmählig zu einem großen Feuer erweitert. So ist es hier nicht; hier ist es ein Wetterstrahl der aus der Wolke herabkommt, einschlägt und zündet. Alles geschieht durch eine unmittelbare Wechselwirkung zwischen der Seele und dem Herrn, mit solcher Schnelle, daß man es nicht in seine einzelnen Theile zerlegen kann; und es tritt hervor in dem Ausruf des Thomas: Mein Herr, und mein Gott! Wo ist sein Unglaube? Der kann solchen Wetterschlägen nicht widerstehen; der ist für immer vernichtet. Und was ist es nun, wenn Jesus zu ihm spricht: Dieweil Du mich gesehen hast, Thoma, so glaubest Du. Selig sind die nicht sehen und doch glauben! Ist es ein Tadel? Nur ein halber Tadel! Er mißbilligt nicht das Verlangen ihn zu sehn, und durch das Gefühl ihn zu ergreifen; nur soll dieß ein geistiges nicht ein leibliches Gefühl seyn.

Ein solches geistiges Gefühl daß Jesus euer Herr, euer Gott und euer Erlöser sey, wünsche ich Euch allen, denen es noch daran fehlt. Ihr könnt es Euch nicht schaffen, aber Ihr könnt Euch darauf vorbereiten. Wünscht also - ein lebhafter Wunsch ist eine gute Vorbereitung - der Herr möchte durch einen unmittelbaren Eindruck Euch geben, was Jahrelanges Forschen und Brüten nicht gewähren kann. Wünschet in diesem Sinne, im geistigen Sinne, die Finger in seine Nägelmaale und die Hand in seine Seite zu legen. Legt dann, ebenfalls geistig - die Hand auf euer Herz; seht, fühlt - dieß müßt Ihr, dieß kann man verlangen, - was dieß für ein armes Herz ist, wie viel Sünde, wie viel Elend, wie viel Greuel es in sich verbirgt. Und diesem Herzen gegenüber stellet Euch Jesum dar, ihn, den schönsten unter den Menschensöhnen, ihn den ganz reinen, unschuldigen, heiligen; ihn mit der Fülle ewiger Güter, die er in sich trägt, ihn - das ist besonders wichtig, - mit den kaum vernarbten Wunden in den Händen und in der Seite. Haltet euren Sinn zwischen diesen beiden Gegenständen in der Mitte schwebend, und zugleich auf beide gerichtet. Ich müßte sehr irren, oder es bildet sich schon der Strahl in der Wolke, der herunterfahren und einschlagen wird. Aufspringen werdet Ihr, wie nach einer Entdeckung, die man spät gemacht hat, und die doch so nahe lag, und rufen: Es ist klar, es ist ausgemacht, es ist mir gewisser als wenn ich es mit Händen betastet hätte. Solche Armuth in mir, und in ihm solcher Reichthum; in mir solche Sünde, und solche Gerechtigkeit in ihm: - Er ist mein Erlöser, ich bin sein Erlöseter. Ich Dein, und Du mein, mein Herr und mein Gott! Kommt aber solch ein Augenblick - nun, wollt Ihr dann noch etwa den Thomas beneiden? Wird Euch nicht das Gleiche zu Theil; war das nicht eine Erweisung, wodurch der Herr sich Euch lebendig erzeigte?

Zweitens, er gibt Trost den Betrübten. Betrübt, tief betrübt waren die Jünger zwar Alle; doch Einer unter ihnen, Petrus, muß noch tiefer als die übrigen in Schmerz und in Gram versunken; die Stunden, seit der Nacht, wo der Herr vor den Hohenpriester geführt ward, bis zum Tage, wo er auferstand, müssen für ihn noch schrecklicher, noch qualvoller als für die Andern gewesen seyn. Daß er Jesum, seinen Meister, an dem er hing mit der aufrichtigen Liebe seines feurigen Herzens, verloren, durch den schmach- und qualvollen Tod der Missethäter, verloren hatte; dieß - obwohl keine Steigerung möglich schien - war noch nicht Alles, bei weitem nicht Alles! Er hatte ihn kurz vor seinem Tode verleugnet, hatte, kurz vor seinem Tode, sich von ihm losgesagt; hatte dem Sterbenden den Trost entzogen, den ihm seine Treue gewährt hätte; und der letzte Blick, den der Herr auf ihn richtete, das war nicht der liebende, segnende, den er vom Kreuze herab auf den Johannes senkte, das war ein schmerzlich mahnender Blick gewesen. Von allen Jüngern war Petrus der beklagenswertheste, denn das größte Unglück ist ja die Sünde; er hatte gesündigt, und der innere Vorwurf war mit dem äußeren Schlage, der ihn traf, in eine schauervolle, entsetzliche Verbindung getreten. Deshalb ist er aber auch dem Herrn - o wie deutlich zeigt er sich hier wiederum als den Heiland der Sünder! - einer der ersten Gegenstände seiner Fürsorge. Der Engel, dieser dienstbare Geist, in treuer Erfüllung des ihm gegebenen Auftrags, nennt den Petrus ausdrücklich unter denen, welchen die Auferstehung verkündigt werden sollte; und ehe der große Tag zu Ende ging, da hatte der Herr schon selbst sich ihm lebendig erzeigt und ihn getröstet. Der Herr ist wahrhaftig auferstanden, sagen die Jünger, und Simoni erschienen. Wo geschah es; was sprach der Herr; was erwiederte Petrus? Es wird uns nicht gesagt, wir wissen es nicht. Aber was Petrus mag empfunden haben, das können wir wenigstens ahnden. Es war wohl noch etwas Höheres als das, was die Jünger, die nach Emmahus gingen, empfanden, als das, was Thomas fühlte; es war ein Gefühl der Begnadigung - und dieß ist ohne Zweifel das seligste unter allen! - ein so volles, so überfließendes, wie es nur die Seligen, die der Herr zu seiner Rechten stellt, durchströmen kann.

Wir können es nicht nur ahnden; wir können, wir sollen es auch empfinden. Und wenn es geschieht, wenn eine solche Gnade uns widerfährt, ein solcher Trost uns zu Theil wird, dann laßt es uns keinem Andern zuschreiben als dem Herrn; dann sey es uns ein Kennzeichen seiner Nähe, eine Erweisung Jesu Christi des Lebendigen. Ihr thut zum ersten Mal Buße; erkennt zum ersten Mal, wie verderbt und strafwürdig euer früheres Leben gewesen sey; Ihr verwerft alle Entschuldigungen, und sprecht Euch selber das Urtheil. Wer nimmt Euch an, nachdem Ihr Euch aufgegeben habt; wer liebt Euch, da Ihr vor Euch Abscheu empfindet; wer tröstet Euch, da kein Mensch, kein Engel Euch zu trösten vermag? Er thut es; er allein kann es thun. - Ihr seyd von ihm begnadigt worden, und Ihr habt ihm eine Zeitlang die angelobte Treue bewahrt; aber siehe! da kommt ein schwarzer Augenblick, da kommt eine geringe, aber durch eure Schwäche so gefährliche Versuchung. Und Ihr verleugnet ihn; ihn, der Euch schon einmal aus den Wassern des Meeres, aus den verschlingenden Strudeln der Sünde gerettet hatte; ihn verleugnet Ihr, wie Petrus; denkt, fühlt, handelt als wüßtet Ihr nichts von ihm, wolltet nichts von ihm wissen, als gehörtet Ihr nicht ihm, sondern seinem Feinde. Nun geht Ihr zwar auch hinaus in die Finsterniß, wie der Jünger; - ach, wo Ihr geht und sieht, da ist es finster; - nun weint Ihr zwar auch bittre Thränen. Aber diese Thränen allein, Ihr fühlt es, sie könnten die Schuld nicht auslöschen, sie allein könnten ihn nicht zurückrufen, wenn seine unendliche Gnade und Liebe ihn nicht heranzöge. Aber diese ziehen ihn. Der Herr ist wahrhaftig auferstanden, und Simoni erschienen; so erscheint er Euch den Abgefallenen, den Treulosen; und die Gewißheit seiner Treue und eurer Begnadigung drückt er wiederum, und zwar bei eurer tiefern Trauer Euch noch tiefer in das Herz. - Ihr habt - o welche brennende Wunden mag ich vielleicht jetzt bei Einigen aufreißen, indem ich dieß sage - Ihr habt einen Menschen, der Euch liebte, der Euch nahe verbunden war, den habt Ihr schwer gekränkt und beleidigt, und dieser Mensch ist gestorben. Ihm könnt Ihr es nicht mehr abbitten; durch keine Thränen, keine Opfer könnt Ihr die unermeßliche Schuld gegen ihn tilgen. Sollte es wohl auch für diesen Schmerz einen Trost, auch für diese Wunde einen Balsam geben? O wendet Euch mit euren Thränen, mit eurer Liebe an ihn; an ihn, der auf seinem Todeswege durch die Verleugnung des Petrus so tief betrübt ward, und der, kaum erstanden aus dem Grabe, zu ihm eilt, um ihn zu trösten. Auch zu Euch wird er eilen; er wird mit dem Troste, daß der Hingeschiedene vergab; - doch dieß ist wenig! - er wird mit der Gewißheit, daß auch Er vergeben hat, Euch, vielleicht am Grabe eurer Verstorbenen, erscheinen.

Wem erschien er am Grabe, an seinem eigenen Grabe; wem erschien er zuerst unter allen den Betrübten, die an seinem Auferstehungstage durch seine Erscheinung begnadigt wurden? Der Maria Magdalena, deren weiche Seele den Schmerz über seinen Tod mit unaussprechlicher Innigkeit empfand. An dem Grabe des Herrn, zu welchem sie mit den andern heiligen Frauen gekommen war; an dem Grabe, welches sie leer gefunden, von welchem die Uebrigen sich schon wieder entfernt hatten, war sie allein zurückgeblieben, denn sie konnte es nicht verlassen. Sie sieht draußen und weint, blicket unter dem Weinen in das Grab hinein, wird dort zwei Engel gewahr, die sie tröstend und theilnehmend fragen: Weib, was weinest Du? Sie kümmert sich aber nicht um diesen Anblick, um diese Frage; sie ist eine zweite Rahel, die sich nicht will trösten lassen. Sie wendet sich, da sieht Jesus vor ihr, Jesus selbst, aber sie weiß nicht, daß es Jesus sey, sie ist so blind vor Schmerz, daß sie ihn verkennt; sie fragt ihn nach ihm selbst und nach seinem Leibe, wo dieser hingelegt sey; bis Jesus sie bei ihrem Namen ruft: Maria! und in diesen Ruf, in diesen Namen, einen tief in ihr Herz eindringenden Nachdruck legt. Da erkennt sie ihn und mit Blitzesschnelle wird ihre tödtliche Angst in namenloses Entzücken verwandelt. An wem ist wohl das Wort Jesu: Ueber ein Kleines, das einen solchen plötzlichen Uebergang bezeichnet - an wem ist es wohl in einem höhern Sinne als an ihr erfüllt; wer unter Allen die jemals über Todte getrauert haben, ist wohl wie sie getröstet worden?

Und doch, Ihr Trauernden alle, könnt Ihr einen ähnlichen Trost empfangen. Zwar der Trauernden sind nur Wenige unter diesem leichtsinnigen Geschlecht, aber Einige gibt es dennoch. Da ist eine Tochter; da ist eine Mutter; da ist eine Gattin; ähnlich der Maria Magdalena, die als Zeugin von der Marter des Herrn unter seinem Kreuze stand, haben auch sie, bei dem Gegenstande ihrer Liebe, während einer langen, qualvollen Krankheit, als treue Pflegerinnen ausgeharrt. Und nun, da mit seinem Leben auch die zärtliche Sorge ein Ende hat, stehen sie am Grabe, gehen sie umher in der Welt, als ein sprechendes Sinnbild der Trauer, und wollen sich mit dem Leben, das sie nach Gottes Willen doch noch eine Zeitlang hienieden führen sollen, nicht versöhnen. Theilnehmende Freunde, jenen Engeln gleich, fragen wohl: Weib, was weinest Du? Aber weder von Engeln noch Menschen wollen sie Trost annehmen. Und von dem Herrn selber - Ihr Trauernden - wolltet Ihr Euch von Dem nicht trösten lassen? Er ist Euch nahe, wenn Ihr an dem Grabe verweilt, wenn Ihr in eurer jetzt leeren und öden Wohnung so einsam einhergeht. Er ist Euch nahe, ist es schon seit langer Zeit gewesen; aber Ihr habt ihn nicht erkannt, habt seine Nähe nicht gefühlt; o das ist eine gefährliche Wirkung des Schmerzes, die er niemals haben sollte! Jetzt ruft Er Euch bei eurem Namen; er kennt ihn; auch euer Name ist ja in das Buch des Lebens geschrieben. „Seht, spricht er, Der welchen Ihr beweint, der lebet bei mir in ewiger Freude und Seligkeit; Ihr sollt noch eine kleine Frist hienieden wandeln; dann werde ich kommen und Euch zu mir nehmen, auf daß Ihr send, wo ich bin und wo Jener ist. Indessen bin ich das Band zwischen Euch und ihm, zwischen Himmel und Erde.“ So spricht er; höret seine Stimme; sinket ihm hoch erfreut und getröstet zu Füßen; und dankt ihm für diese Erweisung seiner Gegenwart.

Nicht nur heftig erschütternde Schmerzen, wie diejenigen von denen wir gesprochen haben, sondern auch stille, langsam nagende gibt es, die das Gemüth beinahe noch tiefer als jene herabdrücken und niederbeugen. Von einem solchen Schmerze scheinen die versammelten Jünger am Abend des großen Auferstehungstages erfüllt gewesen zu senn. Manche Gerüchte von diesem beglückenden Ereigniß waren zu ihnen gekommen, hatten aber keine freudige Hoffnung, sondern nur Unruhe und Zweifel in ihnen erweckt. Ihre Thüren hatten sie verschlossen aus Furcht vor den Juden, von deren Feindschaft, die den Meister getödtet hatte, dasselbe Schicksal für die arme verlaßne Heerde zu besorgen war. Welchen sichern Rath, welche mächtige Hülfe hatten sie sonst an ihm gehabt; aber nun war er verschwunden! - aus ihrer Mitte; doch nicht aus ihrem Herzen; ihr Sinn war auf ihn hingewendet; und siehe! da kam Jesus und trat mitten ein, und spricht zu ihnen: Friede sey mit Euch. O welcher Friede ergießt sich in ihre Herzen! Nun sind sie gewiß daß er lebt; daß er, wenn er auch ihren Augen wieder entschwindet, ihnen nahe bleibt, und sie mächtig beschützt. Nun erwarten sie ruhig, was die Zukunft bringen wird, denn sie wissen daß die ganze Welt, sollte sie auch von Feinden wimmeln, ihnen nicht schaden kann.

Wollt Ihr einen ähnlichen Zustand der Trauer? Ach! er kehret oft genug wieder in den Häusern, deren früherer Wohlstand gesunken, deren Beschützer und Versorger geschieden ist. Ein Tag ist nun wieder durchkämpft; unzählige Kränkungen hat man ertragen; zuweilen öffnete sich eine frohe Aussicht, die jedoch sogleich wieder verschwand. Es ist Abend geworden; man hat sich versammelt, Alle sind ermattet, niedergebeugt, zerschlagen. Wie wird es Morgen seyn; was wird man da zu arbeiten, zu ertragen, zu dulden haben? - Was sprecht Ihr von der Zukunft; was sprecht Ihr von euren Sorgen? Hat das Gespräch darüber sie jemals verscheucht? Sprecht doch lieber von Christo, und bereitet euer Herz für den Trost, den er Euch geben will. Erwäget eins seiner Worte; etwa dieß: Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, und nach seiner Gerechtigkeit, so wird Euch solches alles zufallen. Dieß Wort hat schon Manchen beruhigt. Oder dieß: Fürchtet Euch nicht vor denen, die den Leib tödten und die Seele nicht mögen tödten. Dieß Wort hat schon Manchen mit Muth erfüllt. Leset, singet ein Lied; etwa das welches schließt: „In der Nacht, nimm mich in Acht; und erleb* ich ja den Morgen, wirst Du weiter sorgen.“ Dieses Lied hat schon Manchem zu einem ruhigen Schlafe verholfen. Dann - ich glaube es Euch verheißen zu dürfen - wird ein himmlischer Friede sich in eure Herzen senken, ein Friede den Er allein zu geben vermag, und in welchem Ihr seine Nähe, eine Erweisung Jesu Christi des Lebendigen, erkennen müßt.

Drittens: er gibt Kraft den Schwachen. Die Reden die der Herr nach seiner Auferstehung mit den Jüngern führte, betrafen, wie unser Text es bezeugt, vornehmlich das Reich Gottes. Er belehrte sie von dem Rathschlusse Gottes, auf dieser Erde, mitten in dieser Welt, ein Reich zu gründen und zu erhalten, das mit der Gemeinschaft der Seligen im Himmel in genauer Verbindung stände, und dessen Mitglieder von derselben Gesinnung, die in jenen herrscht, beseelt wären. Er wies ihnen, als den ersten und vornehmsten Werkzeugen zur Ausführung dieser göttlichen Absicht, ihren Beruf und ihre Thätigkeit an. Ihr seyd deß alles Zeugen, sprach er; Zeugen meines Todes und meiner Auferstehung. Gehet hin in alle Welt, und predigt das Evangelium allen Völkern; und lehret sie halten Alles was ich Euch befohlen habe. Wie? Und dieser Beruf, gegen den der Beruf Mosis, der Israel aus Aegypten führte, leicht erscheinen muß, ward auf die Schultern dieser armen Jünger gewälzt, deren große Schwäche nur so eben in Unglauben, Flucht und Verleugnung an's Licht getreten war? Der Herr der sie berief, der sie sendet, hat Macht die Schwachen zu stärken. Er bläset sie an mit seinem schaffenden Odem, der das leibliche und der das geistige Leben hervorruft, und spricht: Nehmet hin den heiligen Geist. So wurden sie angethan mit der Kraft aus der Höhe, welche sie bald in noch größerer Fülle empfangen sollten; und die Schwachen, in Gewaltige und Starke verwandelt, gingen nun hin, auf Schlangen und Scorpionen tretend, und beugten die Welt unter den Gehorsam des Glaubens.

Sollten denn nicht auch wir die wir schwach sind wie die Apostel, ja noch viel schwächer als sie, solche Augenblicke erleben können, wo der Gedanke: Es gibt ein Reich Gottes! in seiner ganzen, begeisternden Klarheit vor uns steht; wo wir fühlen daß dieses Reich auch in unser Herz eindringen und alles darin vertilgen will, was noch dem Reiche der Welt angehört; daß keine schönere Bestimmung zu denken ist, als dieß göttliche Reich des Glaubens und der Liebe um uns her zu verbreiten, andere Seelen dafür zu gewinnen; und daß diese Bestimmung, bei allen äußern Hindernissen, doch von einem Jeden nach dem Maße seiner Kräfte erfüllt werden kann? Augenblicke, wo wir den Entschluß fassen: Ja, dieser Bestimmung will ich mich weihen; nicht für mich und für die Welt, - für die Ehre meines Herrn und Heilandes will ich wirken; darauf will ich die geistige oder irdische Thätigkeit meines Berufes beziehen? Augenblicke, wo ein Himmelsodem uns anweht, uns der bisherigen Trägheit und Schlaffheit entreißt, uns mit Kräften eines höheren Lebens stärkt? Ja, solche Augenblicke können wir haben, können von dem Herrn, der sich uns lebendig erweisen will, und von seinem Geiste angehaucht werden; und wir wollen ihn bitten uns oft solche Augenblicke zu schenken!

Dieß wird dann besonders geschehn, er wird dann besonders uns stärken und mit seinem Gnadengeist anhauchen, wenn er die Liebe zu Ihm selber in uns belebt und vermehrt, denn in dieser Liebe ist unsere ganze Kraft enthalten. Deshalb, um den Petrus zu seinem hohen und schweren Berufe vorzubereiten, fragt ihn der Herr, in jener Unterredung am See Genezareth, ob er ihn lieb habe. Danach fragen, wäre zu wenig gewesen, wenn er nicht zugleich das gegeben hätte, wonach er fragte, denn von Natur trägt kein Mensch diese Liebe in sich. Die Fragen sollen in dem Junger den sehnsüchtigen Wunsch hervorrufen, den Herrn zu lieben; und wie hätten sie nicht diese Wirkung haben sollen? Simon Johanna, hast Du mich lieb? So fragt der Herr, fragt es dreimal; und nun denkt der Jünger, wie er ihn dreimal verleugnet hat, wie er von Anfang an eines solchen Meisters unwürdig gewesen ist; wie der Herr ihn berufen, ihn drei Jahre lang ertragen, ihm seine große Schuld verziehen, ihn so hoch begnadigt hat. Nun ringen alle seine Kräfte, nun möchte er daß sein ganzes Leben nichts würde als Liebe zu Christo; nun drückt er dieß sein heißes Verlangen aus, durch die dreimalige Antwort: Ja Herr, Du weißt, daß ich Dich lieb habe; und er sagt die Wahrheit, denn jetzt, jetzt wird durch die Erweisung des lebendig vor ihm stehenden Jesus sein Herz ganz mit dieser Liebe erfüllt.

Möchtet Ihr nicht auch, meine Brüder, eine solche Erweisung von dem Herrn erfahren; möchtet Ihr nicht auch daß euer kaltes Her; eben so von Liebe gegen ihn entzündet, und daß eure Schwäche dadurch gestärkt würde? Wohlan, sobald Ihr in euer Haus zurückgekehrt seyn werdet, fragt Euch eben das was der Herr den Petrus fragte; und wenn dies mit rechtem Ernst von eurer Seite geschieht, dann ist es der Herr selber der die Frage an Euch richtet. Doch weshalb aufschieben? Auch hier ist Galiläa, auch hier ist das Ufer des Sees Genezareth, auch hier ist Christus gegenwärtig; auch hier fragt er einen Jeden unter uns, indem er ihn beim Namen nennt, hast Du mich lieb? Mich, der ich für Dich gestorben bin, mich, der ich Dich aus der Gewalt der Finsterniß und aus tödtlichen Gefahren errettet, der ich Dir schon auf Erden ein so liebliches Loos bereitet habe, Dir im Himmel ein seliges bereite? Liebst Du mich? Was hast Du gethan, um es zu beweisen? Was hast Du, so lange Du lebst, allein für mich und zu meiner Ehre geduldet, unternommen, ausgeführt? So fragt er; und Einige unter uns müssen gänzlich schweigen; Andere dürfen höchstens sagen: Herr, es ist so wenig, daß ich es kaum nennen darf. Aber nun wird doch durch diese Fragen und durch diese Beschämung unser Herz in seinen Tiefen aufgeregt; nun fühlen wir doch, daß im Himmel und auf Erden nichts so schön ist als Liebe zu Christo; nun möchten wir doch ganz darin glühen, möchten doch nicht aus dem Leben scheiden, ohne sie durch etwas Gutes das ihm gewidmet wäre, das ihm gefiele, an den Tag gelegt zu haben. Möchtet Ihr den Herrn lieben, meine Brüder? Ich frage es Euch Alle zusammen, und jeden besonders. Nun seht, wenn Ihr es recht sehnlich wünschet - Er ist hier gegenwärtig, und gibt Euch was Ihr begehrt.

Und wozu sollen wir sie anwenden, die uns geschenkte Kraft? Er wird es uns sagen, wie er es dem Petrus sagte. Zu diesem spricht er: Weide meine Schaafe. Sen treu in deinem Berufe, sey es um meinetwillen, denn es sind nicht deine, es sind meine Schaafe die Du weidest. Diene mir, so spricht er zu einem Jeden unter uns, mit dem Maße der Kräfte, das ich Dir gegeben habe; mir, nicht Dir selbst und der Welt, denn meinem Reiche bist Du verpflichtet. Zu dem Petrus spricht er ferner: Wenn Du alt wirst, wirst Du deine Hände ausstrecken, und ein Anderer wird Dich gürten und führen, wo Du nicht hin willst. Was sind das für Worte, meine Brüder? Wie klingen sie dumpf und schaurig! Was verkündigen sie dem Petrus? Sie deuten, mit welchem Tode er Gott dereinst preisen würde: dieß war der Kreuzestod. Verstand der Jünger sie auch nicht gänzlich, so mag doch wohl eine Ahndung dessen, was Seiner harrte, ihm durch die Seele geflogen seyn. Zittert er aber? Nein; Christus hatte ihn mit seiner Liebe erfüllt, Christus stand neben ihm: da zittert man nicht. Steht Er neben Euch, meine Brüder, stärkt Er Euch - und daß dieß geschehe hängt nur von eurem Willen ab - die trübste Zukunft, die bittersten Leiden, die schwersten Opfer schrecken Euch nicht mehr. Ob sie über Euch verhängt sind - ich weiß es nicht; nur das weiß ich: Ein großes Opfer wird in jedem Falle von Euch verlangt, das Opfer eures eigenen Herzens, eure eigene Kreuzigung. Ihr sollt ihm nachfolgen, und da geht es nothwendig nach Golgatha hinauf, da müßt Ihr nothwendig das Kreuz tragen, müßt nothwendig am Kreuze sterben, geistig sterben, euer Wille, eure Sünde, euer „Ich muß untergehn“. Laßt Euch dazu von ihm stärken; empfanget von ihm diese Wohlthat. Die höchste Liebeserweisung war es, daß er selber für uns starb; die höchste nach dieser ist es, daß er das sündliche Leben in uns tödtet, und sein heiliges Leben an die Stelle setzt.

An dem See von Genezareth sprach der Herr aber auch zu den Jüngern: Kommt, haltet das Mahl. Er nahm das Brot, gab es ihnen, stärkte sie durch diese Speise, und durch seine Gegenwart; denn Er war es selbst; Niemand unter den Jüngern durfte ihn fragen: Wer bist Du? Denn sie wußten, daß es der Herr war. So hatte er sich schon zu Emmahus mit jenen beiden zu Tische gesetzt, und sie hatten ihn erkannt, an dem, daß er das Brot brach. Auch zu Einigen unter Euch, meine Brüder, zu den heutigen Genossen seines heiligen Tisches, spricht Er jetzt: Kommt, haltet das Mahl. Dürft Ihr ihn fragen: Wer bist Du? Wißt Ihr nicht daß es der Herr ist, den Ihr dort findet; müßt Ihr ihn nicht erkennen an dem daß er das Brot bricht? Stärken will er Euch durch seine Gegenwart, und durch die geheimnißvolle Speise, in welcher Er sich selbst euren Seelen zur Nahrung gibt. Kommt denn, Ihr Schwachen im Glauben, und euer Herz brenne, indem Ihr ihm naht, der des Gesetzes Ende ist, der Weissagung und Gesichte zugesiegelt hat; euer Herz werde von einem Flammenstrahle getroffen, indem Ihr die Hände in die Wundenmaale eures Erlösers legt. Kommt Ihr Traurigen, die Ihr Leid traget über eure Sünden, und empfangt in seinem Leibe und in seinem Blute das Unterpfand eurer Begnadigung; Ihr die Ihr einem Todten nachweinet, und höret aus seinem Munde die Worte: Was weinest Du? Ich lebe, und Ihr sollt auch leben. Kommt die Ihr schwach seyd in der Liebe; vernehmt seine Frage: Hast Du mich lieb? Beugt Euch in tiefer Beschämung, und werdet erfüllet mit Liebe. - Herr, der Du wahrhaftig auferstanden bist, o laß uns nicht von hinnen gehen, ohne Dich an uns Allen lebendig erwiesen zu haben! Amen.

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