Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl – Der Name Jesus ist der offene Brunnen gegen alle Sünde und Unreinigkeit. Durch den Glauben an diesen Namen werden wir allein gerechtfertigt. Wir müssen so arm in uns selbst werden, dass wir es auch ganz umsonst haben wollen.

Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl – Der Name Jesus ist der offene Brunnen gegen alle Sünde und Unreinigkeit. Durch den Glauben an diesen Namen werden wir allein gerechtfertigt. Wir müssen so arm in uns selbst werden, dass wir es auch ganz umsonst haben wollen.

In unserm gesegneten Heilande Jesus Christus herzlich geliebte Freundin und Schwester!

Deinen erbaulichen und erquicklichen Brief vom 30. Oktober 1736 habe ich mehr wie einmal gelesen und mit einem herzlichen Amen beantwortet, obschon ich es mit der Feder nicht tun konnte. Ich fühle, dass wir einander im Herrn liebhaben, und diese gegenseitige Liebe führt zum Herrn, und kann uns nur noch tiefer in den Schoß des Vaters führen, in dem wir allein ruhen müssen und können in Zeit und Ewigkeit. Da vertraue ich, begegnen und segnen wir einander oft im Geiste, so wie wir einander einmal durch Gottes gütige Vorsehung leiblich in dieser Welt begegnet sind. Mein Geist beugt sich mit Dir, Vielgeliebte, und ich hoffe es ewig zu tun mit dem tiefsten Danke dafür, dass Gott uns armen Kindern die Verborgenheit seines Sohnes Jesus Christus bekannt macht, dass wir ihn in dem Namen Jesu, als einen Gott der Gnade, des Friedens und der Liebe so innig nahe, und in ihm alles Heil finden können. In der Ewigkeit werden wir es vollkommener sehen, wie gebührlich es ist, dass sich alle Knie in dem Namen Jesu beugen. Nun er für uns gelitten hat, ist dieser süßeste Name wie ein köstlicher Balsam ausgegossen und wie ein Brunnen der Gnade, des Friedens und der Seligkeit in dem Grunde unsrer Seelen uns nahe gekommen, uns so zärtlich suchend und einladend, wiederzukehren und uns von ihm einnehmen und beseelen zu lassen; dies allein ist der gegen alle Sünde und Unreinigkeit geöffnete Brunnen. Darum kann auch dem ärmsten Sünder geholfen werden. In der Welt ist Angst und in uns Sünde und Hölle, aber in Jesu Frieden; wer das Erste schmerzlich empfunden hat, weiß allein das Letzte zu schätzen. O wie süß und köstlich ist diese innige Öffnung und Verborgenheit für eine lang beunruhigte und abgemattete Seele! Wie angenehm wird man überrascht, eine Sache, die man so weit und mit so vieler Mühe sucht, so nahe und so einfach zu finden! Indessen ist dieses bloße Gnade, man kann es weder Andern noch sich selbst verleihen; der Herr weiß seine Zeit.

Nichtsdestoweniger ist es innig und für Tausende zu wünschen, dass Gott die Grundwahrheit des Evangeliums je länger je mehr an Einzelne entdecken möge: dass nämlich im Menschen und in allem seinen eignen Tun und Mühen keine Ruhe und kein Heil zu finden sei, sondern dass wir allein gerechtfertigt werden durch den wahrhaften Glauben in dem Namen Jesu und durch ein immer zunehmendes Austreten aus uns selbst und aller Kreatur, seinem zärtlichen Zuge in dem Grunde folgend, um durch ein inniges Loslassen allein in ihm erfunden und je länger je mehr in ihm vertieft zu werden. Wie lange arbeitet man nicht in der Unwissenheit dagegen an, dieses nicht so ganz umsonst haben zu wollen! Dennoch muss man endlich bis zu dieser Armut kommen, und einmal so weit gelangt, ist sie uns lieber, wie alle Reichtümer. So sei und bleibe dann der Herr unser einziger Schatz! Wir spüren es, Vielgeliebte, dass er es so ganz in uns sein will, und wie arm wird man doch, wenn man es ihn nicht so gänzlich sein lässt! Wir wollen daher durch seine Gnade suchen, immer einfältiger und kindlicher bei diesem guten Herrn zu bleiben, dem Verlangen feiner Liebe genügend und uns ihm ganz mit geschlossenen Augen anvertrauend. Ach! er ist so unendlich gut und so allgenügend, dass man nur schweigen und diese nicht zu ergründende Tiefe anbeten muss. Verherrlicht werde sein Name bis in Ewigkeit!

Vielgeliebte, ich wollte Dich nur mit einigen Zeilen in Liebe grüßen, und schreibe doch unvermerkt so viel. Ich umarme Dich im Geiste wie auch, wiewohl unbekannt, Deinen Mann. Trage mich Unwürdigen in Deinen Gebeten auch dem Herrn auf, damit er sein Werk in mir vollbringe, ehe ich von hinnen gehe. Liebe den Herrn doch sehr, denn er ist Dir gut.

In ihm hoffe ich zu bleiben

Dein

verbundener schwacher Bruder.

Mülheim, den 2. Juni 1737.

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autoren/t/tersteegen/briefe_in_auswahl/tersteegen-briefe-91.txt · Zuletzt geändert: von aj
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