Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl – Wir können Gott jederzeit haben, wenn wir nur wollen; und im Streben, Ihn allein zu wollen, werden wir gleichsam unveränderlich bei allen Veränderungen.

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Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl – Wir können Gott jederzeit haben, wenn wir nur wollen; und im Streben, Ihn allein zu wollen, werden wir gleichsam unveränderlich bei allen Veränderungen.

In unserm teuren Heilande, der Dich segnen und Dir Frieden schenken möge, sehr werter Bruder! Meinen vorigen Brief hast Du ohne Zweifel erhalten, und da ich seitdem nichts von Dir vernommen habe, so würde es mir lieb sein, wenn ich wieder einige Nachricht von Deinem Befinden erhielte. Ich wüsste nicht, dass ich je von der Winterluft so viel zu leiden gehabt hätte, wie diesen Winter. Ein anhaltender Schnupfen greift meinen Kopf und meine Augen so schmerzlich an. Ich wünsche nur mich nach Gottes Willen zu richten. Alles kommt von Ihm, und Er will bei allem unser Bestes. Er bedarf unser nicht, und wir nur seiner; und wir können Ihn jederzeit haben, wenn wir nichts anders als Ihn allein wollen. Dieses nur Ihn allein Wollen-o! das kürzt den Weg so ab, und lässt uns tausend Dinge mit andern und friedlicheren Augen ansehen als vorher, und macht uns gleichsam unveränderlich bei allen Veränderlichkeiten. Mir dünkt, in dieser Spitze müsse sich alles verlieren; es ist, als wenn dann alles auf dem rechten Flecke stände. Und dieses findet immer einfältiger und einfacher, aber eben darum auch oft unbemerkbarer statt. Man mache es doch nur so gut, wie man kann, dann hat der HErr auch Geduld mit uns, und weiß uns mit langsamer Hand in der göttlichen Langmut den rechten Pfad zu führen. So müssen wir auch lernen, mit uns selbst Geduld zu haben, uns und das Unsrige friedlich tragend, und den Händen unsres einzigen Heilandes anvertrauend, der uns so unendlich liebt und sein Werk in uns vollbringen will durch sich selbst und um seiner selbst willen. Dass daher alles, was in uns ist, seiner Herrlichkeit ewig geopfert werde! Amen, Jesus! Verrichte dieses in uns und was Dir ferner gefällt! Amen.

Ich muss abbrechen, Dich innig grüßend und dem HErrn empfehlend, und durch die Gnade bleibend

Dein schwacher in Liebe verbundener Bruder.

Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl – Was Gottes Güte und Weisheit für uns erwählt, ist immer das Beste für uns. Nichts Gutes in sich finden, macht, dass man mit allem zufrieden ist, was der HErr schenkt oder verweigert.

In unserm teuren Heilande Jesu, der unser Leben und alles sei und bleibe, sehr herzlich geliebter Bruder!

Es war mir recht erfreulich, wieder einmal einen Brief von Deiner Hand zu sehen und da dies in langer Zeit nicht stattgefunden hatte, so folgerte ich daraus, dass es sich mit Deiner Krankheit jetzt bessere; aber ich sah mit herzlicher Betrübnis, dass dieses keineswegs der Fall ist. Nun, so sei auch hierin der HErr geliebt und angebetet! Wir sind unverständige Kinder, wir wissen nicht, was für uns das Beste ist; aber das wissen wir, dass alle Handlungen unsres guten Gottes und Vaters aus Weisheit und Güte entspringen, und wir nichts Besseres erwählen könnten, als das, was Er für uns nach Leib und Seele in der Zeit und Ewigkeit erwählt. Darum haben wir uns in allen Stücken zu unwissenden Kindern umzuwandeln, und keine Ursache, viel nachzudenken oder uns um irgend etwas zu bekümmern, sondern wir müssen alles mit Ehrfurcht aus des Vaters Hand empfangen und uns ihrer Führung ganz überlassen, diesen großen Gott mit seinem Geschöpf, das Ihm angehört, und das Er bis auf den Grund kennt, und daher weiß, wie mit ihm umzugehen ist, nach Wohlgefallen schalten lassend. Ich finde so ganz und gar kein Verdienst, noch irgend etwas Gutes in mir, dass ich es mit Worten nicht auszudrücken vermag; aber ich befinde mich so ausnehmend wohl dabei, nichts, auch gar nichts in mir zu finden; denn nun habe ich ja auch nichts zu fordern oder zu erwarten für Leib und Seele in der Zeit und Ewigkeit. Was mir der HErr schenkt oder verweigert, o! es muss mir alles gleich lieb sein; ich habe nichts dabei zu tun, als nur wohl zufrieden dabei zu bleiben, und Gott zu lieben, so gut ich es vermag. Darum scheint mir dieses: dass ich nämlich durchaus nichts in mir finde, um wohlgemut zu sein, und mich folgsam, ganz und gar in die Hände Gottes ohne alle Bekümmernis zu legen. O, wie gut ist Gott gegen uns Sünder, dass wir uns gänzlich Ihm überlassen dürfen! Jesus Christus allein hat uns diese Gnade erworben. Herrlichkeit sei in alle Ewigkeit seinem Namen! Amen! ja Amen!

Nun, mein lieber Bruder, so befehle ich Dich denn innig diesem guten Gott im Namen Jesu. Er sei mit Deinem Geist! Er stärke, erquicke und segne Dich durch sich selbst! Auch Deine Krankheit gereiche zu seiner Verherrlichung und zur Vollendung seines Werkes in Dir!

In seiner Gnade grüße ich Dich und bleibe mit treu verbundener Liebe

Dein
Dich liebender schwacher Bruder.

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