Die Nikolsburger Artikel
Im NA findet sich unter Papieren aus den Jahren 1527 und 1528 folgendes Actenstück:
Acht artickel des predigers zw Nickelspurck, des zum Lichtenstein, iczt gefangen zw Wien, mit vil anders, die sich zum andern mal haben tauffen lassen.
Das evangelium szol man in der kirchen offentlich nit predigen, sonder allein in die oren und heimlich in den heussern.
Cristus sei in der erbsunden entphangen.
Die junckfraw Maria sei nicht ein mutter Gottes, si sei allein ein mutter Christi.
Cristus sei nit Got, sunder ein prophet, dem das gesprech oder wort Gottes bevollen worden.
Cristus hab nit genug gethan fur die sunt der ganczer welt.
Bei den cristenmenschen szol kein gewalt noch oberkeit sein.
Der jüngst dack ist nach zweien jaren zukunftig.
Die engel sind mit Cristo empfangen und haben das fleisch mit Cristo angenommen.
Und ein zweites Actenstück ebendort:
Artickel der widertaufer.
Die nit horn und 1) bekennen konnen, sollen nit getauft werden.
Wer aigens hat, der mag des Hern abentmals nit tailhaftig sein.
Wer ainicher obrigkait verwant ist, mag nit sellig werden. sol man versteen, das kain obrigkeit sein soll.
Der Sathan und die gotlosen werden auch entlich sellig.
Die heilig schrift ist den glaubigen nit geben, sunder den gotlosen, das sie uberwunden werden.
Innerhalb zwaien jaren wurd der Her von himel komen und mit den weltlichen fursten handeln und kriegen, und die gotlosen werden vertilget, aber die gotseligen und auserwelden werden mit dem Hern herschen uf erden.
Alle die gelert sein und das evangelium verkunden, seind verkerrer der schrift.
Im abentmal des Hern ist allein prot und wein, wiewol sie des nit eins sein.
Got sterckh sie mit gesichten.
Artickel zw Nicklauszpurg in Merhern vor der gemain disputirt.
Item das evanglium sei nit zu predigen in der kirchen, sondern in den fursten hofen und in den aignen heussern.
Item das Cristus empfangen sei in der erbsunt.
Item das die sellig junckfrau Marie nit sei ein mutter Gottes, sunder allein ein mutter Cristi.
Item das Cristus kain Got sei, sunder allein ein prophet, welchem die heimlichkait Gottes vertraut sind.
Item das Cristus nit gnug hab gethan fur die sunt der gantzen welt.
Item kain gewalt noch obrigkait sol sein under den cristen.
Item der letzt tag sol zukunftig sein in zwaien jarn.
Item das die engel mit Cristo unfleischlich sein, und haben das fleisch mit Cristo angenomen.
Sehent die unsinnigkeit diser schelcken, der weihbischof Olomucensis, und diser aposteifzler, und auch doctor Balthasar diser widertauffer helt die artickel also in marchionatu Moravie.
Dieselben Sätze, mit einigen Hutischen Zuthaten, finden sich auch unter den Wenckerschen Acten im TA. Sie tragen dort die Aufschrift:
Artickel die widerteiffer zu Augspurg bekant haben und mit strenger frog bei innen erlernt, der noch uf XXV doselbst gefangel liegen und wol hebig sind.
Darnach scheint es, daß diese Sätze, welche unter dem Titel Nikolsburger Artikel oder Artikel der Augsburger neuen Christen in älteren und neuen Büchern öfters abgedruckt sind, zuerst durch Bekenntnisse Augsburgischer Wiedertäufer zur Kunde des dortigen Raths gekommen und durch denselben andern süddeutschen Obrigkeiten mitgetheilt worden sind.
Quelle: Cornelius, C.A. - Geschichte des Münsterischen Aufruhrs